Karl V. und Martin Luther


Dossier / Travail de Séminaire, 1999

22 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhalt

1 EINLEITUNG

2 KARL V.
2.1 DIE KAISERWAHL
2.2 DIE KAISERLICHE POLITIK UNTER DEM PRIMAT DER MONARCHIA UNIVERSALIS
2.3 BESTIMMENDE FAKTOREN FR KARLS BLICK AUF DAS REICH

3 DAS REICH ZUM BEGINN DES 16. JAHRHUNDERTS

4 LUTHER IM REICH
4.1 ERSTE AUFTRITTE
4.2 SCHRIFTEN
4.2.1 An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung
4.2.2 De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium
4.2.3 Von der Freiheit eines Christenmenschen
4.3 WIRKUNGEN LUTHERS IM REICH

5 SYNTHESE

6 BIBLIOGRAPHIE
6.1 QUELLEN
6.2 SEKUNDRLITERATUR

1 Einleitung

Luther und der zwei Jahre zuvor gekrnte Kaiser Karl V. stehen sich nur einmal am Rande des Reichstages zu Worms 1521 gegenber. Luther weigert sich, seine bis dahin verffentlichten Schriften zu widerrufen. Karl V. lsst daraufhin das Wormser Edikt verlesen und schliet so dem Ketzerurteil des Papstes an. Mehr als 30 Jahre spter finden wir einen Kaiser, der angesichts der Reformation die Segel streicht, obwohl er ber die Truppen des Schmalkaldischen Bundes besiegt hat. Die Suche eines deutschen Provinzprofessors nach einem gndigen Gott hat seine Idee vom dominium mundi zum Scheitern gebracht. Hier steht die Frage im Mittelpunkt, welche Faktoren fr den Erfolg der deutschen Reformation verantwortlich waren. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Entwicklung bis zum Wormser Edikt, dessen Schicksal nach Joseph Lortz das Schicksal der Bewegung bestimmte1.

Es scheint, dass die Unterschtzung der Reformation im Reich durch den kaiserlichen Hof ein wichtiger Faktor fr ihren Erfolg war. Deshalb wird versucht eine doppelte Perspektive anzuwenden und so den Blick Karls V. auf des Reich wie den Blick Luthers und der Reformation im Reich auf den Kaiser zu betrachten. Dabei kann man zwar sicher sagen, dass die Einflussbereiche der beiden Akteure sich beeinflussen, dieser Einfluss wirkt aber durch viele Zwischenstationen und ist deshalb schwer qualifizierbar. In der Literatur liegt der Schwerpunkt deshalb hufig entweder auf Luther oder Karl V.

Um zu zeigen, wo, wie und warum sich die Handlungsrume der beiden Hauptpersonen berschneiden, werden mittel- und langfristige Entwicklungen in Europa und im Reich mit herangezogen. Auerdem den deutschen Reichsfrsten als Gruppe ein zentraler Platz eingerumt, da ihr Umgang mit der causa Lutheri im Rahmen der Reichsverfassung weitgehend das Schicksal der frhen Reformation bestimmte.

2 Karl V.

2.1 Die Kaiserwahl

Auf dem Reichstag zu Augsburg 1518 zeichnet sich ab, dass Kaiser Maximilian nicht mehr lange leben wird. Er versucht deshalb den Kurfrsten seinen Enkel Karl als zuknftigen rmischen Knig schmackhaft zu machen und kann bis auf Sachsen und Trier alle Whler fr sich gewinnen. Als Maximilian im Januar des Folgejahres tatschlich stirbt, nehmen mehrere

Propaganda-Apparate ihre Arbeit auf, um bei den Kurfrsten um ihren Kandidaten zu werben. Als mgliche Nachfolger gelten Karl I. von Spanien, Franz I., Heinrich VIII. und Friedrich der Weise von Sachsen. Lieblingskandidat der Kurfrsten war wohl Friedrich der Weise. Er war der einzige deutsche Kandidat und hatte zudem selbst eine Stimme bei der Wahl. Fr Karl I. sprach, dass er der Enkel Maximilians war, wobei das auch zu seinen Ungunsten ausgelegt werden konnte, da die Kurfrsten darauf achteten, dass kein Kaiser versuchte, die

Wahlmonarchie in ein Erbreich zu verwandeln2. Dem Papst war diese Kandidatur sehr

unangenehm - eine Feindschaft, die vielleicht schon fast wieder eine Empfehlung war3 - denn fr ihn war Karl I.Vertreter einer neuen staufischen Politik. Eine Krone fr den Habsburger bedeutete, dass er sich nicht nur von Sden sondern auch von Norden durch habsburgische Gebiete bedrngt sah. Er frderte deshalb die Kandidatur Franz' I. und Heinrichs VIII. Die Chancen des englischen Knigs waren gering. Franz I. stellte dagegen einen ernsthaften Gegner dar. Um die Kurfrsten von ihren Kandidaten zu berzeugen, versprachen die verschiedenen Parteien den Whlern riesige Summen4. Deren Entscheidung orientierte sich aber offensichtlich nicht nur daran, wer am besten zahlte, denn sie entschieden sich im ersten Wahlgang fr Friedrich den Weisen. Dieser lehnt jedoch ab und vereinbart gleichzeitig mit dem zuknftigen Kaiser einen Heiratsvertrag fr seinen Neffen mit der spanischen Infantin Katharina, der zwischen 1521 und 1524 gltig war5.

Die Motive des frommen Frsten bleiben whrend der Luther-Affre oft im Dunkeln. Alvarez begrndet die Ablehnung mit dem Mangel an persnlichen Ambitionen Friedrichs6. Doch der Einfluss des schsischen Kurfrsten auf Reichsebene war auch ohne das oft undankbare Amt des rmischen Knigs betrchtlich. Wenn man auerdem annimmt, dass ihm das Schicksal seines eigenen Territoriums nher gelegen haben mag als die verwickelten europischen Angelegenheiten, dann wird dieser Schritt verstndlich. Am Ende fllt die Wahl auf Karl I.,

dank der Stimme des schsischen Kurfrsten. Die Tatsache, dass Friedrich der Weise seine Entscheidung bis zur Wahl geheimhlt, macht ihn in den Augen des Papstes jedoch bis Juni 1519 zu einen potentiellen Verbndeten.

Am Rande dieses Augsburger Reichstages wird ein umstrittener Professor aus Wittenberg vom ppstlichen Gesandten zum Inhalt seiner Bcher befragt. Der Ablauf des Verhrs richtet

sich weitgehend nach den Wnschen des schsischen Kurfrsten, weil er fr den Papst als Verbndeter mit Blick auf die sich ankndigende Kaiserwahl in Frage kommt, und wahrscheinlich auch weil der Papst hofft, ihn so zu einer vershnlicheren Haltung in Fragen der Trkenhilfe7 zu bewegen. Luthers Verhr durch Kardinal Cajetan findet unter denkbar gnstigen Bedingungen statt: Cajetan verspricht, ein vterlich[es] und nicht richterlich[es] Gesprch8, und Luther erhlt die Zusage, Augsburg als freier Mann zu verlassen. der Kardinal bringt Luther sogar ein gewisses Verstndnis entgegen, kommt aber schlielich zu dem Ergebnis, dass Luthers Ideen in keinen kirchlichen Kanon mehr integrierbar sind. Nur ein Widerruf knne die Verhngung des Kirchenbannes verhindern9. Friedrich der Weise entgegnet, es gbe in Wittenberg Theologen, die der Meinung wren, dass Luthers Schriften kirchen- und schriftgetreu wren.

Hinter der Antwort des Kurfrsten verbergen sich mehrere Konflikte mit der universalen Papstkirche. Der Versuch deutscher Territorialherren, ihre Herrschaftgebiete in zusammenhngende und rechtlich einheitliche Territorien zu verwandeln, stie sich vielerorts an den Rechtsprivilegien der Kirche. Auerdem stellt der Konziliarismus den Absolutheitsanspruch des Papstes in Frage. In Sachsen haben die Wettiner groen Einfluss auf

die Landeskirche genommen10. So spiegelte es wahrscheinlich in gewisser Weise die

Wirklichkeit in Sachsen wieder, wenn Kurfrst Friedrich der Meinung war, dass ber seinen Professor nicht der Papst zu entscheiden hatte. Luther konnte sich schlielich auf sein Disputationsrecht berufen. Da zum Beispiel ber den Abla noch kein ppstliches Dogma existierte, war eine Disputation darber durchaus mglich, wenn auch nicht empfehlenswert . Die Kaiserwahl war ein historischer Zufall, durch den Kurfrst Friedrich fr einige Zeit genug Einfluss beim Heiligen Stuhl gewann, um Luther effektiv vor der Inquisitionsgerichtsbarkeit zu schtzen. Auerdem nutzten die Stnde die causa lutheri zwei Jahre spter, um zu testen, ob Karl V. sich an seine Wahlkapitulation hielt11. Doch dieser Zufall lsst vieles unerklrt. Warum gewinnt Luther nach Verffentlichung der 95 Thesen in Deutschland und selbst in Europa in einem bis dahin unerreichten Mae an Popularitt? Warum untersttzt Friedrich der

Weise Luther sogar unter Gefhrdung seiner Kurwrde? Warum greift Karl V. nicht eher und vor allem nicht konsequenter im Reich ein, um die Glaubensspaltung zu verhindern?

2.2 Die kaiserliche Politik unter dem Primat der monarchia universalis

Nicht Modernitt oder Traditionalismus des Konzeptes stehen hier zur Diskussion, sondern dessen innere Brche und Widersprche als Schlssel zur Erklrung von Karls Deutschlandpolitik. Eine Skizze des Konzeptes finden wir in einem Brief, den der gewhlte rmische Knig Karl V. etwa einen Monat nach der Wahl von seinem Grokanzler Mercurio Gattinara erhielt 12. Die Kaiseridee, die Gattinara hier ausbreitete, findet sich in den politischen Entscheidungen des Kaisers wieder, besonders dominant bis zu Gattinaras Tod.

Gattinara schreibt: Karl V. sei Nachfolger Karls des Groen, und habe von diesem rechtmig die Weltherrschaft geerbt. Dieser Vergleich wird insofern von der Wirklichkeit getragen, als Karl V. als deutscher Kaiser ber das grte Herrschaftsgebiet seit Karl dem Groen verfgte. Die Entfernungen zwischen den Teilreichen sind sehr gro, die politische Kultur ist heterogen, und sie wurden kurz zuvor noch von zwei Zweigen der Familie getrennt regiert. Nach Heinz Schilling diente die Kaiseridee vor allem dazu, dem Habsburgischen Weltreich ein geistiges

Zentrum zu geben13. Die monarchia universalis war also ein Versuch, die habsburgischen

Lndereien besser regierbar zu machen; sie entstand aus Sorge um diese Lndereien. Seine Kriege fhrt Karl V. im Namen der Staatsrson der habsburgischen Landmasse14.

Der Hinweis auf die mythologische Figur Karls des Groen drfte zum Zweck der Wahlpropaganda bei den Kurfrsten gewhlt worden sein. Er dient zum einen dazu, eine gewisse Reichsnhe des spanischen Knigs zu suggerieren und wirft gleichzeitig ein Licht auf Karls europische Ambitionen.

Gattinara schreibt weiter: es sei Aufgabe des Kaisers, gemeinsam mit dem Papst die christlichen Tugenden wieder aufzurichten und dadurch einen allgemeinen Frieden durchzusetzen. Damit ist Karl V. in die Rolle eines Schiedsrichters versetzt. Doch diese Position bercksichtigt weder das verstndliche Eigeninteresse des Habsburgers fr seine Stammlande noch die bestehende Konkurrenz von Seiten Frankreichs. Auerdem bleibt die Aufgabe des Kaisers, zugleich auch rmischer Knig zu sein, die doch aus Sicht der Whler

die Hauptsache war, in dem Konzept nahezu unbercksichtigt. So hat seine Schiedrichterstellung Karls Handlungsspielraum als Herrscher oft eingeschrnkt.

Gattinaras Konzept versuchte also gleichzeitig der Idee einer europischen Friedensherrschaft und der Logik der Habsburger Familienpolitik Genge zu tun. Diesen Maximen ist auch die Politik dem Reich gegenber untergeordnet. Doch das Heilige Rmische Reich ist strrisch und fgt sich in der Praxis schlechter in Karls Weltreich ein als in der Theorie.

2.3 Bestimmende Faktoren fr Karls Blick auf das Reich

In der Abdankungsrede Karls V. vor dem Generalstnden in Brssel15 erscheint die Reformation als einer der wichtigsten Grnde fr das Scheitern der monarchia universalis. Dabei hatte der Kaiser einige Jahre zuvor die deutschen Protestanten in der Schlacht bei Mhlberg geschlagen. Doch zum Zeitpunkt der Schlacht war die protestantische Bewegung in Europa schon zu stark. Die Schlacht konnte an die Entwicklung der letzten 25 Jahre nicht mehr rckgngig machen.

Warum hat Karl V. die reformatorische Bewegung nicht gestoppt, bevor sie zur Bewegung wurde? Der Wille war da, das Wormser Edikt spricht eine deutliche Sprache16. Auch spter lsst nichts darauf schlieen, dass der Kaiser seine Meinung zu den Protestanten grundstzlich gendert htte. Was die Durchsetzung des Ediktes betrifft, ist Karl allerdings sehr viel weniger engagiert. Direkt nach Reichstag verlsst er das Reich, um Krieg gegen Frankreich zu fhren und bergibt die Verantwortung fr die Unterdrckung der lutherischen Ketzerei den Stnden selbst. Diese Nachlssigkeit in Bezug auf die religise Auseinandersetzung im Reich ist fast

whrend Karls gesamter Regierung zu beobachten. Hier ist also die Frage am Platz, welche politischen Zwnge und Prmissen, welche berzeugungen und welcher Informationstand hinter den Entscheidungen des Kaisers und seiner Ratgeber standen17.

Karls Politik erweckt den Eindruck, als habe er grundstzlich den Reichsangelegenheiten wenig Verstndnis entgegen gebracht. Ein Schlssel dafr knnte in seiner Prgung am burgundischen Hof liegen. Schon als Kind in den Orden zum Goldenen Vlies aufgenommen, bernimmt er die dort herrschende Melange aus religisem Traditionalismus und dem Bewusstsein fr die Notwendigkeit von innerkirchlichen Reformen18. Auch die in den

[...]


1 J. Lortz, S. 10.

2 Vgl. Kaiser, Reich und Reformation, S. 32 (Wahlkapitulation).

3 K. Brandi, S. 99.

4 Kohler, 1990, S. 67 (Wahlkostenrechnung des Johann Lukas).

5 H.A. Oberman, 1982, S. 42ff.

6 M.F. Alvarez, S.33; Oberman, 1982, S. 41: schreibt, Friedrichs Hausmacht sei nicht gro genug gewesen.

7 H.A. Oberman, 1982, S. 23.

8 Reichsstadt und Revolution, S. 32.

9 H.A. Oberman, 1982, S. 32: Nach Cajetan widersprechen die lutherischen Schriften sowohl der Heiligen Schrift als auch dem kanonischen Recht. Oberman bemerkt, der Kardinnal htte sich so auf die kurschsische Argumentation eingestellt.

10 M. Schulze, S. 8 (FN).

11 Kaiser, Reich und Reformation, S. 30ff.

12 A. Kohler, 1990, S.59: abgeschickt in Barcelona am 12. Juli 1519.

13 H. Schilling, S. 150.

14 H. Schilling, S. 146ff: [...]Es galt, das aus der mittelalterlichen Societas Chistiana hervorbrechende frhmoderne Mchteeuropa so neu zu ordnen, dass die Kontinente berspannenden Partikularinteressen des Hauses Habsburg ebenso gewahrt waren, wie die Rechte und Pflichten des Imperator Romanorum.

15 A. Kohler, 1990, S. 466-468: Brssel, 25. Oktober 1555.

16 Kaiser, Reich und Reformation, S. 35f.

17 Vgl. R. Vierhaus, S. 291.

18 H. Schilling, S. 157.

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
Karl V. und Martin Luther
Université
University of Leipzig  (Historisches Seminar)
Cours
Das Scheitern der monarchia universalis
Note
1,3
Auteur
Année
1999
Pages
22
N° de catalogue
V11576
ISBN (ebook)
9783638176989
Taille d'un fichier
401 KB
Langue
allemand
Mots clés
Karl, Martin, Luther, Scheitern
Citation du texte
Kristin Klank (Auteur), 1999, Karl V. und Martin Luther, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/11576

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