Das „Petersberger Abkommen“ – Start zu Gleichberechtigung und Selbstständigkeit?


Dossier / Travail de Séminaire, 2007

32 Pages, Note: 1,3


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Anfänge der BRD – Ein Staat mit Auflagen
2.1 Die Londoner Konferenz 1944
2.2 Die Konferenz von Jalta 1945
2.3 Die Währungsreform und die Blockade Berlins
2.4 Die „Frankfurter Dokumente“
2.5 Das Genehmigungsschreiben der Alliierten zum Grundgesetz
2.6 Die Gründung der Bundesrepublik

3 Das „Petersberger Abkommen“
3.1 Zähe Verhandlungen
3.2 Inhalt
3.3 „Bundeskanzler der Alliierten“
3.4 Bedeutung des „Petersberger Abkommens“

4 Ergebnis und Ausblick

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Wie Souverän ist die Bundesrepublik eigentlich? Sind wir ein Staat wie ein jeder anderer auf der Welt, mit gleichen Rechten und Pflichten? Können wir eigenständig Handeln ohne Rückfragen zu halten? Diese Fragen bestanden seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland bis zum Zwei-Plus-Vier-Vertrag im Jahr 1990. In welchem der Bundesrepublik ihre volle und uneingeschränkte Souveränität zu gesprochen wurde.[1] Aber bis zu diesem Datum war es ein langer Weg und es fehlte in all diesen Jahren nicht an markanten Ereignissen die die mangelnde Souveränität der Bundesrepublik offen zeigten. So etwa die ab 1983 stattfindende Stationierung von Cruise Missiles und Pershing-2-Raketen auf dem Gebiet der Bundesrepublik. Mit dem „Petersberger Abkommen“ vom November 1949, dem Jahr der Gründung, der neuen Bundesrepublik gelang Adenauer ein erster Schritt zur Gleichberechtigung und Selbständigkeit.

In der vorliegenden Hausarbeit soll es um diesen ersten Schritt gehen. Es soll um den Inhalt dieses Abkommens gehen, die innenpolitische Debatte zu diesem Thema und die Auswirkungen die dieses Abkommen für die Bundesrepublik hatte. Am Ende soll die Frage geklärt werden inwiefern dieses Abkommen die Bundesrepublik Deutschland der Souveränität „näher“ brachte.

Von der Londoner Konferenz 1944, der Konferenz von Jalta ein Jahr später, auf dem sich der amerikanische Präsident Roosevelt, der britische Premier Churchill und der sowjetische Diktator Stalin auf die Aufteilung Deutschlands in vier Besatzungszonen mit einem alliierten Kontrollrat, auf eine Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands und die Einsetzung einer alliierten Reparationskommission für Deutschland nach dessen Niederlage verständigten, über der Berlin Blockade 1948 – dem Beginn des Kalten Krieges, bis zur Gründung der Bundesrepublik 1949 und dem Abschluss des „Petersberger Abkommen“ im gleichen Jahr.

2 Die Anfänge der BRD – Ein Staat mit Auflagen

2.1 Die Londoner Konferenz 1944

Mit der Katastrophe von Stalingrad 1942/43, die einen Wendepunkt im Kriegsgeschehen markierte, sowie der Großoffensive der Alliierten in der Normandie 1944, war die militärische Niederlage Deutschlands und der Untergang des NS-Regimes abzusehen.[2]

So trafen sich am 12. September 1944 alliierte Vertreter in London, um eine territoriale Neuordnung Deutschlands nach dem Kriege zu beschließen. Bereits zwischen Januar und August des selben Jahres wurden durch die European Advisory Commission (EAC) – ein Kollegium, das aus drei Berufsdiplomaten bestand, die wiederum von ihren Außenministerien instruiert wurden – die generellen Richtlinien für eine Aufteilung Deutschlands in Besatzungszonen festgelegt.[3]

So sollte die UdSSR den Osten, die USA den Süden und Großbritannien den Norden besetzen. Berlin bekam eine Sonderstellung. Es sollte von allen drei Siegermächten besetzt werden. Diesem britischen Vorschlag stimmte die Sowjetunion am 18. Februar 1944 fast zu, lehnte aber die vorgeschlagenen „gemischten Besatzungstruppen“ ab. Gebilligt wurde der Plan durch den amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt am 1. Juni 1944.[4]

Mit dem Londoner „Protokoll über die Besatzungszonen in Deutschland und die Verwaltung von Groß-Berlin“ vom 12. September 1944 wurde von der UdSSR, der USA und Großbritannien beschlossen, dass Deutschland innerhalb seiner Grenzen vom 31. Januar 1937 in vorerst drei Besatzungszonen einzuteilen ist. So heißt es im Punkt 1:

„Deutschland wird innerhalb seiner Grenzen, wie sie am 31. Dezember 1937 waren, für den Zweck der Besatzung in drei Zonen geteilt werden, von denen je eine jeder der drei Mächte zugeteilt werden wird, und in ein spezielles Berlin-Gebiet, das unter gemeinsamer Besetzung der drei Mächte sein wird.“[5]

Brand weist in diesem Zusammenhang darauf hin dass es sich damit nicht „um einen Beschluß zur Zerstückelung Deutschlands, sondern lediglich um die Festlegung von Zonen zum Zwecke der Besetzung handelte.“[6] In einem Treffen zwischen Roosevelt und dem britischen Premierminister Winston Churchill, einen Tag nach der Verabschiedung des vorigen Protokolls im Kanadischen Quebec, sollten die Zwecke der Besatzung genannt werden, so der „… der Entwaffnung, der Aufrechterhaltung der Ordnung und Ausübung der Polizeigewalt.“[7]

Wie dieses „spezielle Berlin-Gebiet“ gestaltet sein soll zeigt sich unter Punkt 2:

Berlin-Gebiet: Das Berlin-Gebiet (unter welchem Begriff das Gebiet von „Groß-Berlin“ verstanden wird, wie es durch das Gesetz vom 27. April 1920 definiert wurde) wird gemeinsam von bewaffneten Streitkräften der USA, des Vereinigten Königreichs und der UdSSR besetzt werden, die von den betreffenden Oberkommandierenden zugeteilt werden. Zu diesem Zweck wird das Gebiet von „Groß- Berlin“ in die folgenden drei Teile geteilt:

Nordost-Teil vom „Groß-Berlin“ (Bezirke von Pankow, Prenzlauerberg, Mitte, Weißensee, Friedrichshain, Lichtenberg, Treptow, Köpenick) wird von den Streitkräften der UdSSR besetzt werden. Nordwest-Teil vom „Groß-Berlin“ (Bezirke von Reinickendorf, Wedding, Tiergarten, Charlottenburg, Spandau, Wilmersdorf) wird von den Streitkräften von …. besetzt werden [Punkte erscheinen im Original].

Süd-Teil von „Groß-Berlin“ (Bezirke von Zehlendorf, Steglitz, Schöneberg, Kreuzberg, Tempelhof, Neukölln) wird von den Streitkräften von …. besetzt werden [Punkte erscheinen im Original].

Die Grenzen der Bezirke innerhalb von „Groß-Berlin“, auf die in der vorstehenden Beschreibung Bezug genommen wurde, sind solche, die nach dem Wirksamwerden des Dekrets, das am 27. März 1938 veröffentlicht wurde, existieren (Amtsblatt der Reichshauptstadt Berlin Nr. 14 vom 27. März 1938, Seite 215).“[8]

Die Vertreter in der EAC verständigten sich des Weiteren in einem „Abkommen über Kontrolleinrichtungen in Deutschland“ vom 4. November 1944 in London über die alliierten Kontrollmechanismen in Deutschland. So heißt es im Artikel 1:

„Die oberste Gewalt Deutschland wird nach Weisungen ihrer jeweiligen Regierungen von den Oberbefehlshabern der Streitkräfte [der Französischen Republik,] der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königreichs und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken ausgeübt, von jedem in seiner eigenen Besatzungszone und auch gemeinsam in allen Deutschland als Ganzes betreffenden Angelegenheiten - in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des nach dem vorliegenden Abkommen errichteten höchsten Kontrollorgans.“[9]

Unter Artikel 3 heißt es:

„a) Die drei [vier] Oberbefehlshaber bilden, als Einheit handelnd, das höchste Kontrollorgan, Kontrollrat genannt.

b) Die Aufgaben des Kontrollrates sind:

I. die angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens der Oberbefehlshaber in ihren jeweiligen Besatzungszonen sicherzustellen;

II. Pläne aufzustellen und im gegenseitigen Einvernehmen Entscheidungen zu treffen über die wesentlichen Deutschland als Ganzes betreffenden militärischen, politischen, wirtschaftlichen und sonstigen Fragen, und zwar gemäß den jedem Oberbefehlshaber von seiner Regierung erteilten Weisungen;

III. die deutsche Zentralverwaltung zu überwachen, die nach Anweisungen des Kontrollrates tätig und diesem für die Sicherstellung der Erfüllung seiner Forderungen verantwortlich sein wird;

IV. die Verwaltung Groß-Berlins durch entsprechende Organe zu leiten.

c) Der Kontrollrat tritt wenigstens einmal innerhalb von zehn Tagen und auf Antrag eines seiner Mitglieder jederzeit zusammen. Entscheidungen des Kontrollrates müssen einstimmig ergehen. Der Vorsitz im Kontrollrat wird der Reihe nach von jedem seiner drei [vier] Mitglieder geführt.

d) Jedem Mitglied des Kontrollrates steht ein politischer Berater zur Seite, der - wenn erforderlich - an den Sitzungen des Kontrollrates teilnehmen wird. Jedes Mitglied kann auch - wenn erforderlich - bei Sitzungen des Rates von Marine- oder Luftwaffensachverständigen begleitet werden.“[10]

Durch Ergänzungsabkommen vom 1. Mai und 26. Juli 1945 trat Frankreich diesen Regelungen bei.[11]

2.2 Die Konferenz von Jalta 1945

Als sich vom 4. bis 11. Februar 1945 Roosevelt, Churchill und der sowjetische Diktator Josef Stalin in Jalta auf der Halbinsel Krim zu einer Konferenz trafen, war die letzte deutsche Gegenoffensive in den Ardennen zurückgeschlagen worden und die Rote Armee stand in Ostpreußen.[12] Die Tatsache, dass nun alle drei Alliierten militärisch in Europa anwesend waren, veränderte auch die Interessenslagen der Alliierten. Inzwischen waren es nicht mehr so sehr die militärischen Ziele, die definiert werden mussten, sondern vielmehr ging es nun um die Fragen, wie Europa gestaltet werden sollte und, wohl noch wichtiger, welche politische Orientierung er haben sollte.[13]

So war Stalin, der in den durch die Rote Armee befreiten Ländern schrittweise kommunistenfreundliche Regierungen einzusetzen begann, in Jalta darauf bedacht, vor allem Ost- und Südosteuropa weitgehend als seine Interessensphäre anerkennen zu lassen.[14] Churchill hingegen war es wichtig Deutschland als eine Einheit zu erhalten. Denn der britische Generalstab ging bei seinen strategischen Überlegungen davon aus, dass Deutschland für den Fall, dass die Sowjetunion Großbritannien „gegenüber feindselig wird“, das einzige Land (wäre), dessen geographische Lage, Bevölkerungsmacht und Ressourcen (dazu) geeignet wäre, jene Hilfe bereitzustellen, die für die Bewahrung unserer Position ausschlaggebend sein könnte.“[15]

Bei dem Thema Polen stellte Stalin die West-Alliierten vor vollendete Fakten. So übertrug er dem „Polnische(n) Komitee der Nationalen Befreiung“ am 25. Juli 1944 die Verwaltung der polnischen Gebiete westlich der 1939 zwischen Hitler und ihm vereinbarten Demarkationsgrenze, und damit faktisch die Regierungsbefugnisse – entgegen den Warnungen der West-Alliierten. Am 31. Dezember 1944 wurde das von Stalin eingesetzte Komitee zu einer provisorischen Regierung umgebildet und auch umgehend von der UdSSR anerkannt, obwohl Roosevelt und Churchill ausdrücklich um Aufschub baten. Rückblickend schreibt Churchill: „Polen war in der Tat der dringlichste Grund für die Abhaltung der Jalta- Konferenz gewesen, und in der Folge sollte es sich auch als die erste Hauptursache für den Zerfall der Großen Allianz erweisen.“[16] Diese „Westverschiebung“ sollte Polen wie es hieß beträchtliche Gebietszuwächse im Westen einbringen. Welche Gebiete das allerdings sein sollten, sollte noch nicht festgelegt werden. Stalin soll hierbei als Westgrenze Polens von der Oder-Neiße-Linie gesprochen haben, auf die man sich aber nicht einigen konnte.[17]

So wie es Differenzen unter den Alliierten gab, wie man Deutschland denn behandeln sollte, so gab es auch Differenzen beim Thema Reparationen. Die USA wollten Zurückhaltung walten lassen wegen der Erfahrungen aus der Weimarer Republik und den Krediten die sie hatten bereitstellen müssen, um die deutsche Wirtschaft zu unterstützen. Die Sowjetunion und Großbritannien wollten hingegen sich Lieferungen aus der laufenden Produktion und die Demontage ganzer Betriebe als Wiedergutmachung für die von Deutschland verursachten Kriegschäden aneignen. So forderte etwa Stalin, dass die deutsche Schwerindustrie um 80 Prozent zu reduzieren sei, die Reparationen auf 20 Milliarden Dollar festgesetzt werden sollten, und die Hälfte davon an die UdSSR zu gehen habe.[18] In Jalta wurden nicht nur die noch vorher, so Görtemacher, „ausgiebig verhandelten Zerstückelungsideen, sondern auch die gemeinsamen Reparationsforderungen“ ad acta gelegt.[19] Um den Sowjets ein Stück entgegenzukommen, wurden 20 Milliarden „als Verhandlungsgrundlage“ genannt, aber ein gültiger Reparationsbeschluss sei dies nicht gewesen.[20] Man konnte im Abschnitt 2

„Besetzung und Kontrolle Deutschlands“ festhalten:

„[…]Gemäß dem in gegenseitigem Einvernehmen festgelegten Plan werden die Streitkräfte der drei Mächte je eine besondere Zone Deutschlands besetzen. Der Plan sieht eine koordinierte Verwaltung und Kontrolle durch eine Zentralkommission mit Sitz in Berlin vor, die aus den Oberbefehlshabern der drei Mächte besteht.

Es ist beschlossen, daß Frankreich von den drei Mächten aufgefordert werden soll, eine Besatzungszone zu übernehmen und als viertes Mitglied an der Kontrollkommission teilzunehmen, falls es dies wünschen sollte. Die Grenzen der französischen Zone werden von den vier beteiligten Regierungen durch ihre Vertreter bei der Europäischen Beratenden Kommission in gegenseitigem Einvernehmen festgelegt.

Es ist unser unbeugsamer Wille, den deutschen Militarismus und Nationalsozialismus zu zerstören und dafür Sorge zu tragen, daß Deutschland nie wieder imstande ist, den Weltfrieden zu stören. Wir sind entschlossen, alle deutschen Streitkräfte zu entwaffnen und aufzulösen; den deutschen Generalstab, der wiederholt die Wiederaufrichtung des deutschen Militarismus zu Wege gebracht hat, für alle Zeiten zu zerschlagen; sämtliche deutschen militärischen Einrichtungen zu entfernen oder zu zerstören; die gesamte deutsche Industrie, die für militärische Produktion benutzt werden könnte, zu beseitigen oder unter Kontrolle zu stellen; alle Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen und einer schnellen Bestrafung zuzuführen sowie eine in gleichem Umfang erfolgende Wiedergutmachung der von den Deutschen verursachten Zerstörungen zu bewirken; die Nationalsozialistische Partei, die nationalsozialistischen Gesetze, Organisationen und Einrichtungen zu beseitigen, alle nationalsozialistischen und militärischen Einflüsse aus den öffentlichen Dienststellen sowie dem kulturellen und wirtschaftlichen Leben des deutschen Volkes auszuschalten und in Übereinstimmung miteinander solche Maßnahmen in Deutschland zu ergreifen, die für den zukünftigen Frieden und die Sicherheit der Welt notwendig sind.[…]“[21]

2.3 Die Währungsreform und die Blockade Berlins

Mit dem Potsdamer Abkommen, dem Schlussprotokoll der Potsdamer Konferenz vom 2. August 1945, wurde neben den Zielen der Entnazifizierung, der Entmilitarisierung, der Dekartellisierung und zur Demokratisierung auch das Ziel definiert, Deutschland als eine wirtschaftliche Einheit zu betrachten.[22] Für Morsey ein „reiner Formelkompromiß“, da die Sowjetunion jeweils etwas anderes unter diesen Punkten verstand, als die West-Alliierten.[23] Jedoch waren es die unterschiedlichen Reparationszonen, in die das besetzte Deutschland eingeteilt wurde, die „die politische Teilung Deutschlands“ ermöglichten.[24]

Der in Potsdam sich entwickelnde Konflikt zwischen der Sowjetunion auf der einen und den West-Alliierten auf der anderen Seite trat bis 1947 immer offener zu Tage. Der „Riss zwischen der sowjetischen Besatzungszone und den drei westlichen Besatzungszonen“ war nicht mehr zu übersehen. So schlossen sich am 1. Januar 1947 die amerikanische und die britische Zone zur so genannten Bizone zusammen, die so „bereits de(n) Kern der Weststaatsbildung“ darstellen sollte.[25]

Die sowjetisch besetzte Zone und die Westzonen drifteten wirtschaftlich und auch politisch immer weiter auseinander. Bereits im September 1946 sprach sich der amerikanische Außenminister James Francis Byrnes „für die baldige Bildung einer vorläufigen deutschen Regierung“ aus. Die Westzonen erhielten wirtschaftliche Unterstützung aus dem von den USA gegründeten Marshallplan, der bis 1952 mehr als 13 Milliarden US-Dollar an Wirtschaftsunterstützung beinhalten sollte. Die UdSSR lehnte ihre Teilnahme daran am 2. Juli 1947 ab und verbot zugleich der SBZ und den Staaten in ihrem Einflussbereich die Teilnahme daran[26]. Mit der von US-Präsident Harry S. Truman im Jahr 1947 ausgegebenen Doktrin, dass allen „freien” Staaten durch Washington materielle und wirtschaftliche Hilfe gegen kommunistische Bedrohungen von innen oder außen zugesagt werde, verband sich auch die Währungsreform vom 20. Juni 1948 in den Westzonen, die sich noch negativer auf die Beziehungen zwischen den ehemaligen Alliierten auswirken sollte.[27]

So wurde die Reichsmark durch die Deutsche Mark ersetzt, von der jeder Westzonenbürger ein so genanntes Kopfgeld von 40 DM und später noch einmal weitere 20 DM bekam. Spareinlagen und Guthaben wurden im Verhältnis 100 Reichsmark zu 6,50 DM umgewertet.

Mit der eigenmächtigen Handlung des den Westmächten unterstellten Direktors des Amtes für Wirtschaft, Ludwig Erhard, der ohne Zustimmung der Besatzungsmächte entschied, die Bewirtschaftung und die Preisbildung aufzuheben, trennte zusammen mit der Währungsreform endgültig das Wirtschaftsgebiet der Westzonen von der SBZ ab.[28]

Die politische Spaltung begann, laut Morsey, am 23. Juni 1948, als die Sowjetunion in ihrer Besatzungszone, wie auch in Ost-Berlin, eine eigene Währungsreform durchführte, worauf hin die West-Alliierten nun auch in den West-Sektoren Berlins die D-Mark einen Tag später zum offiziellen Zahlungsmittel erklären ließen. Die zweite Reaktion von sowjetischer Seite war die Berliner Blockade, das Abschneiden aller Verbindungen wie Schienen-, Straßen- und Wasserwege in und aus den Berliner Westsektoren.[29]

Die Sowjetunion wollte durch Aushungern der Bevölkerung Druck ausüben, die Einführung der Westmark verhindern und Berlin dem Einfluss der Westmächte entziehen und verstieß gegen die Rechte der Westmächte wie sie im Viermächtestatus festgelegt worden waren. Als Antwort auf die Blockade wurde von den USA und Großbritannien im Gegenzug eine Luftbrücke – unter der Initiative des amerikanischen Militärgouverneurs Lucius D. Clay – eingerichtet, die die Versorgung der eingeschlossenen Westberliner Bevölkerung mit Nahrungsmittel sicherstellen sollte. Während der elfmonatigen Blockade fanden 277.264 Flüge statt, die 1.831.200 Tonnen Versorgungsgüter nach Berlin brachten. Nach Geheimverhandlungen mit den USA beendete die Sowjetunion – ohne ihr Ziel erreicht zu haben – am 12. Mai 1949 offiziell die Blockade Westberlins.[30]

Im Gegenteil, die Amerikaner waren mehr denn je dazu bereit, sich für Deutschland und West-Berlin zu engagieren und die Bindung an den Westen schien nun weit aus wichtiger als eine Wiedervereinigung.[31]

[...]


[1] Zölling, Peter: Deutsche Geschichte von 1871 bis zur Gegenwart. Wie Deutschland wurde, was es ist. Bonn 2005 (:Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 523), S. 344 zum Thema Souveränität siehe: Quaritsch, H.: Staat und Souveränität. Frankfurt am Main 1970, Dennert, J.: Ursprung und Begriff der Souveränität. Stuttgart, 1964.

[2] Vgl. Zölling, S. 218ff.

[3] Brand, Christoph-Matthias: Souveränität für Deutschland. Grundlagen, Entstehungsgeschichte und Bedeutung des Zwei- plus-Vier-Vertrages vom 12. September 1990. Köln 1993, S. 68.

[4] Ebenda.

[5] Stammen, Theo (Hrsg.): Einigkeit und Recht und Freiheit: westdeutsche Innenpolitik 1945-1955. München 1965, S. 22, diese Gemeinsame Verwaltung Berlins endete faktisch schon am 16.6.1948 als sich der sowjetische Kommandant aus der Alliierten Kommandantur zurückzog: Quist, Rolf: Ostpolitik Völkerrecht und Grundgesetz. Augsburg 1972, S. 99.

[6] Brand, S. 69.

[7] Ebenda.

[8] Stammen, S. 22-24.

[9] Rauschning, Dietrich: Die Gesamtverfassung Deutschlands. München 1985, S. 83-85.

[10] Ebenda.

[11] Brand, S. 69.

[12] Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Jahre der Entscheidung 1945-1949. Texte und Dokumentationen. Hannover 1989, S. 46.

[13] Brand, S. 70.

[14] Zölling, S. 236/237.

[15] Görtemaker, Manfred: Kleine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Bonn 2002 (:Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung), S. 16.

[16] Brand, S. 72 zitiert nach Winston, Churchill: Der Zweite Weltkrieg. Memoiren. Frankfurt/Main 1985, Band VI/2, S. 31.

[17] Ebenda, S. 73 vgl. Müller, Helmut M. Dr.: Deutsche Geschichte in Schlaglichtern. 2., aktualisierte Auflage, Leipzig 2004, S. 301.

[18] Görtemaker, S. 17.

[19] Vgl. dazu Brand, S. 71

[20] Ebenda.

[21] Hohlfeld, Johannes (Hrsg.): Dokumente der Deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart. Band 5. Die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur 1933–1945: Deutschland im 2. Weltkrieg 1939–1945. Berlin 1953, S. 517ff.

[22] Bleicken, Jochen/Gall, Lothar/Jakobs, Hermann (Hrsg.): Morsey, Rudolf: Die Bundesrepublik Deutschland. Entstehung und Entwicklung bis 1969. 2. Auflage. München 1990, S. 2-3.

[23] Ebenda, S. 3.

[24] Ebenda, S. 4.

[25] Bredow, Wilfried von: Die Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland. Eine Einführung. Wiesbaden 2006, S. 89.

[26] Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), S. 138.

[27] Zölling, S. 250 vlg. dazu Görtemaker, S. 64: so erhielten die Westzonen und West-Berlin 1,3 Milliarden US-Dollar und noch einmal zusätzliche 1,9 Milliarden für Lebensmittellieferungen.

[28] Görtemaker, S. 70, Müller, S. 324 und Glaeßner, Gert-Joachim: Politik in der Bundesrepublik Deutschland. 2.,aktualisierte Auflage. Wiesbaden 2006, S. 87: für ihn ist „mit der Währungsreform bereits vor der Gründung der Bundesrepublik und vor den Beratungen über das Grundgesetz die wesentlichen Weichenstellungen für eine neue Wirtschaftsordnung erfolgt …“.

[29] Morsey, S. 17.

[30] Müller, S. 324 vgl. Niedersächsische Landeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), S. 183; Manfred Overesch, weißt darauf hin das Clay am 24. Juni 1948 einen Panzerdurchstoß Vorschlug, aber an der nur einen bereitstehenden Division scheiterte: Deutschland 1945-1949. Vorgeschichte und Gründung der Bundesrepublik. Ein Leitfaden in Darstellung und Dokumente. Königstein/Ts. 1979, S. 151.

[31] Vgl. Görtemaker, S. 33.

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Das „Petersberger Abkommen“ – Start zu Gleichberechtigung und Selbstständigkeit?
Université
University of Rostock
Note
1,3
Auteur
Année
2007
Pages
32
N° de catalogue
V116005
ISBN (ebook)
9783640174898
ISBN (Livre)
9783640175116
Taille d'un fichier
597 KB
Langue
allemand
Mots clés
Abkommen“, Start, Gleichberechtigung, Selbstständigkeit
Citation du texte
Johannes Pfohl (Auteur), 2007, Das „Petersberger Abkommen“ – Start zu Gleichberechtigung und Selbstständigkeit?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116005

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