Der „Global Compact“ der Vereinten Nationen

Ein geeignetes Instrument zur wirtschaftsethischen Steuerung des Globalisierungsprozesses?


Dossier / Travail, 2008

27 Pages, Note: 2,0


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

1. Einführung

2. Die Rahmenbedingungen der Globalisierung
2.1 Der Global Compact der Vereinten Nationen
2.1.1 Hintergründe zur Initiierung des Global Compact
2.1.2 Der Global Compact im Überblick
2.1.3 Anspruch und Selbstverständnis des Global Compact
2.2 Exkurs: Global Governance oder die Gestaltung der Globalisierung
2.2.1 Begriff und Entwicklung
2.2.2 Entscheidungsträger und Akteure

3. Kritik am Global Compact
3.1 Reaktionen auf den Global Compact
3.1.1 Sechs Kritikpunkte nach Schorlemer
3.1.2 Ergänzende Aspekte
3.1.3 Die Gegenbewegung
3.2 Würdigung aus wirtschaftsethischer Perspektive
3.2.1 Diskursethik
3.3.2 Gerechtigkeitsethik
3.3 Zwischenfazit: Der Global Compact als Steuerungsinstrument

4. Alternative Ansätze zur Steuerung der Globalisierung

5. Schlussbetrachtung

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1 – Zusammensetzung des Global Compact

"For the rich nations not to take a global ethical viewpoint has long been seriously morally wrong. Now it is also, in the long term, a danger to their security."[1]

- Peter Singer

1. Einführung

Die Thematik der zunehmenden internationalen Verflechtung, der Globalisierung, polarisiert Menschen in zunehmendem Ausmaß. Globalisierung an sich ist dabei zunächst eine faktische Gegebenheit, die nicht nur auf die ökonomische Dimension reduziert werden darf.[2]

Die Aktualität der negativen Auswirkungen der Globalisierungen wird jedoch besonders im Zusammenhang mit der Klimadebatte deutlich, bei der es um nicht auf nationale Grenzen reduzierbare Zusammenhänge geht.

Diese Arbeit untersucht den Global Compact (GC) der Vereinten Nationen (VN) als mögliches Instrument der wirtschaftsethischen Steuerung globaler Wirkungs-zusammenhänge, um „Fehlentwicklungen“[3] zu vermeiden.

Ausgangslage soll hierzu die Ausarbeitung von Bernd Adam darstellen[4], der eine Betrachtung des GC aus diskursethischer Sicht vornimmt.

In Kapitel 2.1. erfolgt ein allgemeiner Überblick über wesentliche Aspekte des GC.

Besondere Beachtung erhält in Kapitel 2.2. das Konzept der Global Governance (GG) vor dem Hintergrund sich verschiebender Machtverhältnisse internationaler Akteure.

Kapitel 3. befasst sich mit der kritischen Würdigung der GC-Initiative und leitet über zu alternativen Ansätzen und möglichen Weiterentwicklungen, die in Abschnitt 4. überblicksartig ohne Anspruch auf Vollständigkeit erwähnt werden.

In Kapitel 5. erfolgt schließlich eine Schlussbetrachtung, die die Chancen und Gefahren des GC zusammenfasst.

2. Die Rahmenbedingungen der Globalisierung

Die Herausforderungen der Globalisierung sind so komplex wie die Zusammenhänge, in denen sich die immer schnellere Entwicklung der Weltwirtschaft verflechten.

Eine funktionierende internationale Rahmenordnung „existiert bestenfalls in Bruchstücken“[5] und erfordert eine vom Konzept der Nationalstaaten losgelöste „Erfindung institutioneller Arrangements“[6].

Eine auffällige Entwicklung ist hierbei im Bezug auf die Verantwortungsträger zu beobachten. Es sind weniger die Nationalstaaten, als vielmehr Transnationale Unternehmen (TNU), Nichtregierungsorganisationen (NRO) und Verbände, denen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Globalisierung zugesprochen wird.

Im letzten Teil dieses Abschnitts (2.2) wird daher der Stakeholderansatz und das Konzept der Global Governance erläutert.

Zunächst erfolgt jedoch die Darstellung des GC, der ebenfalls auf der Einbeziehung privater Akteure im Gegensatz zu staatlichen Institutionen basiert.

2.1 Der Global Compact der Vereinten Nationen

Die vergangenen 30 Jahre waren geprägt durch Deregulierung und Liberalisierung internationaler Märkte. Versuche der Errichtung von internationalen Kontrollmechanismen zur Erhöhung der Verantwortlichkeit von TNU mittels verbindlicher Normenkataloge scheiterten am Widerstand einzelner Nationalstaaten und der Wirtschaft.[7]

Kofi Annan, damaliger Generalsekretär der VN, schlug 1999 daher Wirtschaftsvertretern einen gemeinsamen Pakt, den Global Compact, vor, um sicherzustellen, „dass die Globalisierung allen Menschen dieser Erde zugute kommt.“[8]

Der Global Compact trat im Jahre 2000 offiziell in Kraft. Die Entwicklungen, die seine Entstehung bedingten, werden nun zunächst dargestellt (2.1.1), bevor ein genereller Überblick über diese UN-Initiative gegeben wird (2.1.2). Der letzte Teil des Abschnitts (2.1.3) befasst sich mit den ursprünglichen Intentionen des Paktes.

2.1.1 Hintergründe zur Initiierung des Global Compact

Die negativen Auswirkungen der Globalisierung fassen Homann und Lütge in vier gefährdeten „Werten“ zusammen. Die globalen Interdependenzen und beschleunigte wirtschaftliche Entwicklung münden den Kritikern zufolge in Moral-, Demokratie-, Sozial-, und Wettbewerbsdumping, so Homann/Lütge.[9]

Auch wenn diese Schlussfolgerung, wie auch von Homann dargelegt, nicht zwangsläufig zutreffend ist, so lenkt sie doch die Aufmerksamkeit auf Problemfelder der internationalen Entwicklung.

Um den anstehenden Herausforderungen adäquat begegnen zu können, schlugen die VN unter der Führung von Kofi Annan der Privatwirtschaft den Global Compact vor. „Florierende Märkte und menschliches Sicherheit gehören zusammen“,[10] so der Generalsekretär vor dem Weltwirtschaftsforum 1998.

Dabei ist die Einbeziehung privater Handlungsträger in die Arbeit der VN historisch gesehen als Novum zu bezeichnen.

Bis vor kurzem war die Beziehung der VN zur Privatwirtschaft (PW) durch Ablehnung charakterisiert. Diese Einstellung wird seit einigen Jahren jedoch durch das Prinzip der Kooperation ersetzt.[11]

Angesichts der globalpolitischen Veränderungen fordert Klaus Schwab, Leiter des World Economic Forum, die VN zur Entwicklung von Konzepten zur „aktiven Mitwirkung der Privatwirtschaft an gesellschaftlichen Prozessen“[12] auf.

Und tatsächlich haben die VN mittlerweile zahlreiche Partnerschaften und Projekte in Zusammenarbeit mit der PW realisiert.

Die Kooperation im Rahmen des GC stellt ein solches Konzept zur Einbeziehung aller am gesellschaftlichen Prozess beteiligten Akteure, insbesondere der PW, dar.

Bei der Frage nach den Beweggründen zur Kooperation zwischen VN und PW muss beachtet werden, „dass die Motivation der VN nicht auf die Generierung finanzieller Mittel und die Interessen der PW nicht auf Imageverbesserung reduziert werden können“.[13] Vielmehr zielen die Maßnahmen der VN beispielsweise auf die Ausweitung ihres Wirkungspotentials, Beeinflussung des Verhaltens der PW, Nutzung operativer Kapazitäten und Infrastruktur sowie Instrumentalisierung der PW als Fürsprecher in Mitgliedstaaten.

Die Interessen der PW können ein authentisches Bedürfnis CSR zu praktizieren, Zugang zu Regierungskontakten, Mitarbeitermotivation oder Zugang zu fachlicher Kompetenz sein, um nur einige Beispiele zu nennen.[14]

Zusammengefasst kann gesagt werden, dass die Motivation zur Initiierung des GC auf der Einsicht der Ungleichverteilung der Vorteile der Globalisierung, durch die langfristig weltweite Probleme drohen, beruht. Eine Gefährdung der offenen Weltwirtschaft wird als mögliche Konsequenz gesehen.[15]

2.1.2 Der Global Compact im Überblick

Nach nunmehr sechsjährigem Bestehen des GC haben sich zahlreiche Veröffentlichungen mit der Initiative auseinandergesetzt.

Neben der Zusammenfassung der historischen Entwicklung des Paktes werden im Folgenden wesentlichen Elemente sowie erfolgte Weiterentwicklungen deutlich gemacht.

Nach zahlreichen öffentlichen Reden vor Wirtschaftsvertretern, in denen Kofi Annan bereits für eine engere Zusammenarbeit mit den VN wirbt, gilt der 31. Januar 1999 als „eigentlicher Entstehungszeitpunkt für den Globalen Pakt“,[16] als Annan auf dem Weltwirtschaftsforum das konkrete Bündnis vorschlug.

Explizit forderte er zum Beistand der UNO bei ihren Bemühungen um den Schutz der Menschenrechte, der Rechte der Arbeitnehmer und des Umweltschutzes auf.[17]

Der offizielle Beginn der operativen Phase des GC wurde am 26. Juli 2000 in New York verkündet.

Kern des GC sind die inzwischen zehn Grundprinzipien aus den Bereichen Menschenrechte, Arbeitsrechte, Umwelt und Korruptionsbekämpfung, zu deren Förderung Manager von Unternehmen aufgefordert werden.[18] Die konkreten Prinzipien sind dem Anhang zu entnehmen.[19]

Darüber hinaus verpflichten sich teilnehmende Unternehmen, ihre Befürwortung des GC in Publikationen wie etwa Jahresberichten mitzuteilen sowie zur jährlichen Berichterstattung über konkrete Maßnahmen im Hinblick auf die zehn Prinzipien auf der GC-Webseite unter der Rubrik „Communication on Progress (COP)“.

Zudem ist es Teilnehmern am GC optional möglich, sich in Entwicklungskooperationen einzubringen.

Es handelt sich bei allen Elementen des GC um Selbstverpflichtungen ohne rechtlich bindenden Charakter. Er wird daher auch als „Selbstregulierungswerk“[20] bezeichnet.

Die Teilnahme kann durch jedes Unternehmen, Organisationen aus Wissenschaft und Politik oder NRO durch eine Erklärung an den UN-Generalsekretär erfolgen.

Inzwischen sind insgesamt 4372 aktive Mitglieder des GC erfasst, darunter 3229 Unternehmen. Aus Deutschland sind 93 aktive Unternehmen sowie 19 NRO i. w. S. auf der Seite des GC abrufbar (Stand: 28.11.2007).[21] Die detaillierte Zusammensetzung der Mitglieder ist in Abbildung 1 ersichtlich.[22]

Zur Umsetzung der „Förderung der sozialen Verantwortung“[23] durch den GC stehen mehrere Mechanismen zur Verfügung.

Die Webseite des GC informiert über Teilnehmer und deren Aktivitäten. Als Lernplattform mit Best Practice Beispielen ist sie ein essentielles Element der Initiative.

Direkter Erfahrungsaustausch durch Dialog der Unternehmen soll zudem Kosten und Nutzen der Misserfolge bzw. Erfolge deutlich machen. „National Learning Forums“ (NLF) sollen die Basis für derartigen Austausch darstellen.

Als weiterer Mechanismus wird durch die Vergabe von Preisen die Umsetzung der Prinzipien in die Managementpraxis gewürdigt.

Darüber hinaus existiert eine umfangreiche Länderdatenbank zu den einzelnen Bereichen der Prinzipien.

Hingewiesen sei zudem auf einige auf dem GC basierende Initiativen, wie zum Beispiel das Projekt „Principles for Responsible Business Education (PRBE)“, welches das Ziel verfolgt, die „Integration ethischer Themen in die akademischen Curricula zu vereinfachen“.[24]

Im Rahmen der Weiterentwicklung des GC wurden einige Integritätsmaßnahmen eingeführt, um häufige Kritikpunkte auszubessern.

Dies macht deutlich, dass der GC nicht als statisches Konzept, sondern als kontinuierlicher Prozess betrachtet wird.[25]

Diese „Integrity Measures“ sind auf der Webseite einzusehen und umfassen zwei Maßnahmen.[26]

Die erste Maßnahme betrifft die jährlichen Berichterstattungen der teilnehmenden Parteien. Sollte es ein Teilnehmer versäumen, zwei Jahre in Folge seine Bemühungen zur Implementierung der Grundprinzipien nicht auf der GC-Webseite zu kommunizieren, so wird dieser als inaktiv gekennzeichnet, was die Erlaubnis zur Verwendung des GC-Logos und zur Teilnahme an GC-Veranstaltungen als Konsequenz vorsieht.

Die zweite Maßnahme dient dem Umgang mit Beschwerden. In der Vergangenheit ist der GC mehrfach in die Kritik geraten, weil Unternehmen vor und auch während ihrer Verpflichtung im Rahmen des GC offensichtlich gegen die entsprechenden Prinzipien verstoßen hatten, es jedoch keine Sanktionsmechanismen dagegen gab. Die Befürchtung des Integritäts- und Reputationsverlustes haben die VN nun jedoch dazu bewogen, diese nun zumindest in dem Umfang nachgebessert zu haben, dass ein Ausschluss aus dem Pakt nach gescheiterten Dialogversuchen möglich ist, wie in dem detailliert dargestellten Beschwerdemanagementprozess auf der Webseite ersichtlich ist.

[...]


[1] Singer 2002, S. 13.

[2] Vgl. Weinzierl 2005, S. 87.

[3] Deutscher Bundestag 2002, S. 68.

[4] Vgl. Adam 2005.

[5] Homann, Lütge 2005, S. 114.

[6] Ebd., S. 117.

[7] Vgl. Strohscheidt 2006, S. 173.

[8] BMZ 2004, S. 1.

[9] Vgl. Homann, Lütge 2005, S. 114ff.

[10] Schorlemer 2003, S. 510.

[11] Vgl. Weinzierl 2005, S. 216.

[12] Klaus Schwab im Grußwort ebd., S. V.

[13] Ebd., S. 7.

[14] Vgl. ebd. S. 104f.

[15] Vgl. Schorlemer 2003, S. 512.

[16] Ebd., S. 512.

[17] Vgl. ebd.

[18] Vgl. Schorlemer 2003, S. 524.

[19] Siehe Anlage I, S. V.

[20] Schorlemer 2003, S. 527.

[21] Vgl. UN Global Compact Office o. J., a.

[22] Siehe Anlage II, S. VI.

[23] Schorlemer 2003, S. 527.

[24] Kell 2007.

[25] Vgl. Schorlemer 2003, S. 520.

[26] Vgl. UN Global Compact Office 2006.

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Der „Global Compact“ der Vereinten Nationen
Sous-titre
Ein geeignetes Instrument zur wirtschaftsethischen Steuerung des Globalisierungsprozesses?
Université
University of Göttingen  (Professur Volkswirtschaftstheorie und Entwicklungsökonomik)
Cours
Einführung in die Wirtschafts- und Unternehmensethik
Note
2,0
Auteur
Année
2008
Pages
27
N° de catalogue
V116020
ISBN (ebook)
9783640175635
ISBN (Livre)
9783640328666
Taille d'un fichier
516 KB
Langue
allemand
Mots clés
Compact“, Vereinten, Nationen, Einführung, Wirtschafts-, Unternehmensethik
Citation du texte
Jonathan Klodt (Auteur), 2008, Der „Global Compact“ der Vereinten Nationen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116020

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