Das Fünf‐Stufen‐Modell der Trainingssteuerung. Erstellung eines Trainingskonzeptes und Übungskataloges

Abschlussarbeit zum/zur Fitnesstrainer/-in B-Lizenz


Akademische Arbeit, 2021

94 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Trainingskonzept

3 Das Fünf-Stufen-Modell der Trainingssteuerung
3.1 Die Diagnose
3.1.1 Die Anamnese
3.1.1.1 Die Gesundheitsanamnese
3.1.1.2 Die Berufsanamnese
3.1.1.3 Die Sportanamnese
3.1.1.4 Die Anamnese am Beispiel des konkreten Trainingskonzeptes
3.1.2 Die Durchführung biometrischer Tests
3.1.2.1 Der Body-Mass-Index
3.1.2.2 Der Hüft-Taille-Quotient
3.1.2.3 Die Körperfettanalyse
3.1.2.4 Ruheherzfrequenz und Blutdruck
3.1.2.5 Die Durchführung und Auswertung biometrischer Tests am Kunden
3.1.3 Die Durchführung und Auswertung motorischer Tests
3.1.3.1 Motorische Tests zur Kraftfähigkeit
3.1.3.2 Motorische Tests zur Beweglichkeit
3.1.3.3 Motorische Tests zur Koordination
3.1.3.4 Motorische Tests zum funktionellen Training
3.1.3.5 Motorische Tests zur Ausdauer
3.1.4 Das Zwischenergebnis zur Diagnose
3.2 Die Zielsetzung
3.2.1 Das Hauptziel als "SMARTE" Zielformulierung
3.2.2 Die Teil- und Feinziele
3.3 Die Trainingsplanung und Trainingsdurchführung
3.3.1 Der Makrozyklus
3.3.2 Die Mesozyklen
3.3.2.1 Mesozyklus I - Kraftausdauer
3.3.2.2 Mesozyklus II - Hypertrophie
3.3.2.3 Zwischenergebnis zum Teilziel nach 3 Monaten
3.3.2.4 Mesozyklus III - Kraftausdauer
3.3.2.5 Mesozyklus IV - Hypertrophie
3.3.2.6 Mesozyklus V - Maximalkraft
3.4 Die Analyse und Evaluation

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

6 Abbildungsverzeichnis

7 Tabellenverzeichnis

8 Anhänge

1 Einleitung

„Wer länger sitzt, ist früher tot“1 titelt Lydia Krüger durchaus reißerisch in ihrem Artikel in der Zeit Online, Ressort Arbeit, am 26.03.2019. Der Artikel fasst die schon lange bekannten Fakten zusammen: Viele der arbeitenden Menschen üben eine sitzende Tätigkeit aus und kommen so mit bewegungspassiven Fahr- und Medienzeiten oft auf 15 Stunden Sitzzeit pro Tag. Dass der menschliche Körper dafür nicht gemacht ist, dabei in den „Stand-By“-Modus geht und nur noch eine Kalorie pro Minute verbrennt, der Blutzuckerspiegel steigt, fettverbrennende Enzyme ihre Tätigkeit zurückfahren, das gute, vor Arteriosklerose schützende, Cholesterin um 20 % fällt, wissen wir. Studien zeigen: „Wer länger als elf Stunden am Tag saß, hatte ein 40 Prozent höheres Sterberisiko als jemand, der weniger als vier Stunden am Tag sitzend verbrachte.“2

Die sitzende Tätigkeit führt auch zu „verkürzten“ Hüftbeugern, zu „verkümmerter“ Beinmuskulatur und durch unergonomische Bildschirmarbeit zu Schmerzen im Schulter- und Nackenbereich. Letztlich kann dieses zu dauerhaften Schmerzen im Rücken, Schulter/-Nackenbereich usw. führen.3

Da nicht jeder Arbeitnehmer4 gleich den Job wechseln kann oder auch will, gilt es den Alltag so aktiv wie möglich zu gestalten. Dazu gehört es auch den Feierabend aktiv zu gestalten und Sport in die Zeiten außerhalb der sitzenden Berufstätigkeit zu integrieren.

Im Rahmen meiner Ausbildung „Fitnesstraining B-Lizenz“ kam mein Ehemann mit genau dieser Thematik auf mich zu. Er bat mich, ihm ein Trainingskonzept zu erstellen, mit dem Ziel „seine alte Fitness“ wiederzubekommen und die negativen Folgen der sitzenden Tätigkeit abzumindern.

In dieser Abschlussarbeit stelle ich ein Trainingskonzept anhand des 5-Stufen-Modells5 vor. Nach einer kurzen Erläuterung des Konzeptes, führe ich entsprechend dem Konzept eine umfangreiche Anamnese des Kunden durch und stelle damit auch den Kunden vor. Im Anschluss daran wird die Zielsetzung des Trainings erläutert. Dieses ist die Voraussetzung, um das Training zu planen. Diese Trainingsplanung findet mit einer detailliert dargestellten und begründeten Übungsauswahl statt. Im Anschluss wird das angewendete Trainingskonzept analysiert und evaluiert. Das Fazit rundet die Arbeit ab.

2 Das Trainingskonzept

Um ein Trainingskonzept zu erarbeiten, wird das Wissen über Trainingslehre, Trainingswissenschaft und Trainingssteuerung operationalisiert angewendet.

Nach Hottenroth/Neumann ist die Trainingslehre ein „Teil der Trainingswissenschaft. Sie umfasst eine systematische Aufbereitung aller handlungsrelevanten Aussagen für die Sportpraxis und reflektiert die Erkenntnisse und Erfahrungen der im Trainings- und Wettkampfprozess agierenden Personen.“6 In dieser Definition kann die enge Verzahnung mit der Trainingswissenschaft erkannt werden, die sich wiederum als „eine interdisziplinär ausgerichtete sportwissenschaftliche Disziplin“7 definiert und sich mit der Untersuchung und Analyse der Erkenntnisse und Erfahrungen beschäftigt.

Diese Erkenntnisse und Erfahrungen sind im Rahmen der Tätigkeit als Fitnesstrainer zwingend anzuwenden. Denn nach Schnabel & Thieß ist das Anwenden der Trainingslehre der handlungsorientierte Teil der Trainingswissenschaft. Diese Auffassung führt zum Begriff des „Trainings“. Training stellt einen komplexen Handlungsprozess dar, der auf systematischer Planung, Ausführung und Evaluation basiert und nachhaltige Ziele in den verschiedenen Anwendungsfeldern des Sports verfolgt.8 Damit gehört es konkret zu den Aufgaben eines Fitnesstrainers, das Training des Kunden unter Berücksichtigung der Zielsetzung und des Ist-Zustandes zu planen, die Ausführung zu begleiten und die (Miss-)Erfolge zu reflektieren.9 Dieses Vorgehen wird als Trainingssteuerung bezeichnet.10 Das Trainingskonzept bzw. der Trainingsplan ist das verschriftlichte Ergebnis dieser Arbeit des Fitnesstrainers. Um das Training eines Kunden unter den genannten Aspekten vorzubereiten und zu begleiten, hat sich das Fünf-Stufen-Modell bewährt. Anhand dieses Modells findet auch die Erarbeitung des Trainingskonzeptes für meinen Kunden statt. Das folgende Kapitel erklärt das Fünf-Stufen-Modell und wendet es auf den Kunden zugeschnitten an.

3 Das Fünf-Stufen-Modell der Trainingssteuerung

Die fünf Stufen des Modells bauen aufeinander auf und beinhalten die Stufen

- Diagnose,
- Zielsetzung,
- Trainingsplanung,
- Durchführung,
- Analyse/Evaluation.11

Somit wird das Fünf-Stufen-Modell der Definition der Trainingssteuerung gerecht, welche nach Schnabel/Barth „Die zielorientierte, systematische Einflussnahme auf den Prozess der Leistungsentwicklung durch die organisierte (lang-, mittel- und kurzfristige) Abstimmung aller im Trainingsprozess erforderlichen Prognose-, Planungs-, Durchführungs-, Diagnose- und Lenkungsmaßnahmen im Hinblick auf das Erreichen eines sportlichen Erfolgs.“ darstellt.12

3.1 Die Diagnose

Als Grundlage für das Erstellen eines Trainingskonzeptes wird ein Eingangsgespräch geführt. In diesem erfragt der Trainer die „Ziele, Wünsche und Voraussetzungen des Kunden“13. Ergänzt wird dieses Eingangsgespräch durch verschiedene biometrische und motorische Tests. Mit diesen Erkenntnissen erstellt der Fitnesstrainer das Trainingskonzept. Im Folgenden werden die einzelnen Diagnosebestandteile erläutert, sowie angewendet, so dass ich einen differenzierten Eindruck der Wünsche, Ziele und Voraussetzungen meines Kunden habe.

3.1.1 Die Anamnese

Im Rahmen des Eingangsgesprächs wird eine Anamnese des Kunden durchgeführt. Neben den Personalien wird der Kunde nach seiner Motivation und seinen Zielen gefragt. Der gesundheitliche Zustand wird im Gespräch aufgenommen und durch biometrische Tests ergänzt. Detaillierte Informationen über die physische und psychische Belastung im Rahmen der beruflichen Tätigkeit sind ebenfalls notwendig, um „fehlende Belastbarkeit und einseitige berufliche Tätigkeit durch ein gezieltes Trainingsprogramm auszugleichen und gesundheitlichen Problemen entgegenzuwirken“14 Die Sportanamnese gibt dem Trainer darüber hinaus Auskunft über die Leistungsfähigkeit und die verfügbare Freizeit. Die Durchführung von biometrischen und motorischen Tests rundet die umfassende Anamnese ab. Die Ergebnisse und Inhalte der Anamnese werden im Anamnesebogen protokolliert und aus Haftungsgründen vom Kunden unterschrieben.15 Je besser der Trainer auf den Kunden in der Anamnese eingeht, desto individueller und zielgerichteter ist der ausgearbeitete Trainingsplan und desto wahrscheinlicher werden die Trainingsziele erreicht.

3.1.1.1 Die Gesundheitsanamnese

Für den Trainer ist es wichtig, den Gesundheitszustand des Kunden zu kennen, um das Training entsprechend anzupassen. Die Gesundheitsanamnese findet sowohl im Rahmen eines Gespräches als auch im Rahmen von biometrischen Testverfahren statt. An dieser Stelle soll zunächst im Gespräch geklärt werden, ob es ärztliche Diagnosen oder Krankheitsbilder gibt. Wenn eine Krankheitsgeschichte und ein Krankheitsverlauf existiert, werde ich nach der bisherigen medizinischen Versorgung beziehungsweise der Therapie fragen. Eventuell existiert dann eine ärztliche bzw. therapeutische Trainingsempfehlung, die zu beachten ist und ich lasse mir vorsichtshalber den Kontakt des behandelnden Arztes bzw. des behandelnden Therapeuten geben. Die Fragen nach dem aktuellen Beschwerdebild und der aktuellen Medikamenteneinnahme runden das Gespräch über den Gesundheitszustand ab.16

3.1.1.2 Die Berufsanamnese

Ob und in welchem Ausmaß der Kunde durch die berufliche Tätigkeit körperlich und psychisch belastet ist, wird durch die Berufsanamnese eingeschätzt. Diese Informationen werden benötigt, um eine eventuelle einseitige oder fehlende körperliche Bewegung festzustellen und entsprechend im Trainingsplan zu berücksichtigen. Daher werden neben der Art der Tätigkeit auch die typischen alltäglichen Bewegungen und deren Ausmaß, sowie die Stressfaktoren als auch die regelmäßigen Arbeitszeiten abgefragt.17

3.1.1.3 Die Sportanamnese

Für die Erstellung des Trainingsplans sind auch die sonstigen sportlichen Aktivitäten des Kunden wichtig. Hier stehen die Sportart, der Trainingsumfang, das Leistungsniveau und die Trainings- und Wettkampfbelastung im Vordergrund. Sollte der Kunde eine weitere Sportart ausüben, so ist davon auszugehen, dass er eine bessere Koordination und Vorstellung von Bewegungsabläufen hat. Auch wird er vermutlich neue Bewegungsmuster einfacher erlernen und sein Organismus passt sich der neuen sportlichen Belastung eher an.18

3.1.1.4 Die Anamnese am Beispiel des konkreten Trainingskonzeptes

Mein Kunde C. ist männlich, 43 Jahre alt, 178 cm groß und wiegt 78 kg. Daraus lassen sich schon biometrische Kennzahlen, wie der BMI errechnen. Darauf wird jedoch detailliert weiter unten in diesem Trainingskonzept eingegangen.

C. hat derzeit nach eigenen Aussagen „Verspannungsbeschwerden“ im Nacken-Schulter-Bereich, fühlt sich aber ansonsten gesund. Die Frage, ob der offensichtliche „Rundrücken“ (Hyperkyphose Brustwirbelsäule) zu einem Beschwerdebild, hinsichtlich von Bewegungseinschränkungen und/oder Schmerzen führt, wird verneint.

Mein Kunde übt von Montag bis Freitag von 09:00 Uhr bis 17:00 Uhr eine sitzende Tätigkeit als Softwareentwickler im Home-Office aus. Er arbeitet an einem Schreibtisch an zwei Laptops, wobei nur einer etwas erhöht steht. Er sitzt auf einem einfachen Drehstuhl, der vermutlich nicht für diesen „dauerhaften“ Einsatz gedacht ist. Die Beschreibungen deuten darauf hin, dass der Arbeitsplatz nur unzureichend ergonomisch eingerichtet ist und die „Nacken-Schulter-Verspannungen“ induziert.

Weitere sportliche Aktivitäten übt C. derzeit nicht aus. Vor ca. 12 Jahren hat C. drei Jahre lang gesundheitsorientiertes Krafttraining bei dem Unternehmen Kieser-Training absolviert. Mit einer App hat C. dann eine Zeitlang Freeletics-Übungen durchgeführt, welche ihm nach eigenen Aussagen sehr gutgetan haben, da er mehr Kraft hatte und sich insgesamt belastungsfähiger fühlte. Mit Beginn der Corona-Pandemie und den veränderten familiären Belastungen (Home-Schooling und Home-Office aller Familienmitglieder) hat er dieses aufgegeben. Vor einigen Jahren ist C. auch noch regelmäßig Inline-Skaten gewesen. Dieses sportliche Hobby hat er aufgrund der mangelnden Zeit (zwei Kinder, fortwährende Instandsetzungen im Eigenheim, sonstige Verpflichtungen) aufgegeben. Auch ist er vor der Corona-Pandemie mit dem Fahrrad zum Arbeitsplatz gefahren und hat so vor der Home-Office-Phase täglich wenigstens ca. 30 Minuten moderate ausdauernde Bewegung gehabt.19

3.1.2 Die Durchführung biometrischer Tests

In Ergänzung zu dem bisher geführten Eingangsgespräch sollten die Informationen über den Gesundheitszustand durch biometrische Daten ergänzt werden. Zu den anthropometrischen Daten zählen das Körpergewicht, die Köpergröße, der Body-Mass-Index, der Hüft-Taillen-Umfang und die Daten der Körperfettanalyse. Diese Daten werden ergänzt durch die internistischen Daten, wie den Ruhepuls und die Blutdruckwerte.20

3.1.2.1 Der Body-Mass-Index

Der Body-Mass-Index (künftig BMI) ist nach der Gesundheitsberichtserstattung des Bundes „der heute gebräuchlichste Orientierungswert zur Beurteilung des Körpergewichts“21. Der BMI errechnet sich durch Teilung des Körpergewichts (in kg) durch das Quadrat der Körpergröße (in m). Gemäß der World Health Organization stellt der BMI eine Angabe des Ernährungszustandes von Erwachsenen dar. So ist der BMI als Kennzahl entwickelt worden, um das Risiko für vorzeitigen Tod, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Arthrose, einigen Krebsarten und Diabetes einschätzen zu können. Je höher der BMI, desto höher das Risiko für genannte Begleiterkrankungen.22 Anhand des errechneten BMIs werden Erwachsene, die älter als 20 Jahre alt sind, hinsichtlich des Ernährungszustandes, wie in der Tabelle auf der nächsten Seite dargestellt, in folgende Kategorien eingeteilt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Einteilung des BMI bei Erwachsenen (aus dem Englischen übersetzte Quelle: WHO, Obesity: Preventing and Managing the Global Epidemic, 2000)

Allerdings existieren auch zahlreiche Kritikpunkte. Einerseits wird die Einteilung unabhängig von Alter und Geschlecht getätigt. Andererseits bleibt unberücksichtigt, welches Gewebe für das Gewicht ursächlich ist. Wird das Gewicht von Muskel- und Fettgewebe miteinander verglichen ­- ein Liter Muskelgewebe wiegt 1,06 kg, ein Liter Fettgewebe wiegt 0,92 kg23 - so kann leicht erkannt werden, dass sich ein durchtrainierter Sportler durchaus fälschlicherweise im Bereich der Adipositas wiederfinden kann. Auch kann mit dem BMI keine Aussage dazu gemacht werden, wo das eventuell überschüssige Fettgewebe sitzt. Untersuchungen zeigen nämlich, dass der sogenannte Birnen-Typ, im Gegensatz zum Apfel-Typ, ein wenig erhöhtes Risiko für die o. g. Begleiterkrankungen hat.24 Aus diesem Grund sollte der ermittelte BMI durch den Hüft-Taille-Quotienten erweitert werden. Dieses geschieht im kommenden Abschnitt.

3.1.2.2 Der Hüft-Taille-Quotient

Um einschätzen zu können, wie hoch das Risiko ist bei Übergewicht, an einer der o. g. Zivilisationskrankheiten zu leiden, wird der BMI durch den Hüft-Taille-Quotienten ergänzt. Diese Kennzahl ist auch unter dem Begriff Waist-to-Hip-Ratio (folgend mit Abkürzung WHR) geläufig und gibt Auskunft darüber, wo das Fett sitzt. Dazu wird der Körperumfang auf Taillenhöhe (etwa in der Höhe des Bauchnabels gemessen) durch den Körperumfang auf Hüfthöhe (an der breitesten Stelle gemessen) geteilt. Der berechnete Wert sollte bei Frauen kleiner als 0,85 und bei Männern kleiner als 1 sein.25 Ist der Quotient jeweils höher, so liegt eher der Apfeltyp mit intraabdominell und viszeralen Fett vor. Es steigt das Risiko für die o. g. Zivilisationskrankheiten, da insbesondere das Bauchfett aktiv am Stoffwechsel beteiligt ist und die Entstehung von Ablagerungen in den Blutgefäßen begünstigt.26

3.1.2.3 Die Körperfettanalyse

Um den gesamten Körperfettanteil zu bestimmen, bietet sich die Messung mit einem Hautfaltenmessgerät an. Hier kann die Körperfettanalyse mit der Caliper-Methode herangezogen werden, bei der an verschiedenen Körperstellen die Größe der Hautfalte gemessen wird. Durch Messung des Unterhautfettgewebes an den vier geschlechtsneutralen Stellen Scapula, Trizeps, Bizeps und Darmbein kann der Körperfettanteil recht genau bestimmt werden. Dabei wird mit Daumen und Zeigefinger eine ca. 3-5 cm große Hautfalte an der jeweiligen Stelle gegriffen und der Wert mit Hilfe des Calipers ca. 1 cm neben den Fingern gemessen und die einzelnen Werte aufsummiert.

Die Methode ist allerdings nur dann genau, wenn:

- die Messstelle genau eingehalten,
- die jeweilige Falte beim Messen festgehalten,
- die jeweilige Faltenrichtung eingehalten,
- die Messung möglichst durch die gleiche Person durchgeführt,
- nicht nach dem Training und/oder bei nasser Haut gemessen,
- bei Rechtshändern an der rechten und bei Linkshändern an der linken Körperhälfte gemessen wird.

Sind die vier Werte aufaddiert, so kann dann mit Hilfe der auf der kommenden Seite abgebildeten Tabelle, der Körperfettanteil in Abhängigkeit des Geschlechts und des Alters ermittelt werden.

Relatives Körperfett in Abhängigkeit des Geschlechts und Alters

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Relatives Körperfett in % bei Männern und Frauen unterschiedlichen Alters (Quelle: Body fat assessed from total body density and its estimation from skinfold thickness: measurements on 481 men and women aged from 16 to 72 years, 1973)

Noch fehlt eine Bewertung des festgestellten Körperfettanteils. Diese kann zum Beispiel mittels folgender Übersicht geschehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Bewertung des Körperfettanteils in Abhängigkeit des Geschlechts und Alters (Quelle: eigene Darstellung nach https://www.koerperfett-analyse.de/koerperfett-senken/der-ideale-koerperfettanteil/ letzter Zugriff am 29.09.2021)

3.1.2.4 Ruheherzfrequenz und Blutdruck

Um die allgemeine Fitness und den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems beurteilen zu können, wird der Ruhepuls hinzugezogen. Der Puls gibt die Herzschläge pro Minute an und stellt damit die Herzfrequenz dar. Der Ruhepuls liegt normalerweise bei 60 bis 90 Schlägen pro Minute. Der persönliche Ruhepuls wird ermittelt, in dem die Person jeden Morgen ca. eine Woche lang nach dem Aufwachen und vor dem Aufstehen den Puls misst. Daraus wird dann ein Durchschnitt gebildet. Liegen nun Abweichungen nach oben zu dem persönlichen Ruhepuls vor, so kann dieses auf eine Überlastung bzw. eine zu geringe Regeneration hinweisen. Eine Abweichung nach unten deutet auf eine Verbesserung der Fitness hin. So haben auch ausdauertrainierte Sportler einen Ruhepuls von unter 60 Schlägen pro Minute.

Der Blutdruck stellt ebenfalls ein Wert dar, der herangezogen wird, um den Zustand des Herz-Kreislauf-Systems zu beurteilen. Er stellt den Druck dar, der das zirkulierende Blut auf die Blutgefäße ausübt. Es wird unterschieden in den oberen systolischen und den unteren diastolischen Wert. Der systolische Wert ist der höhere Wert, da hier der maximale Druck erreicht wird, bei dem das Herz das Blut in den Körper presst. Der diastolische Wert ist der untere Wert, da durch die Entspannung des Herzmuskels die Herzklappen geöffnet werden und das Herz sich mit dem Blut füllen kann. Der Durchschnittswert liegt bei 120/80 mmHg und kann bis zu 10 mmHg im Normalbereich abweichen. Ist der systolische Wert höher als 140 mmHg, so wird vom Bluthochdruck gesprochen. Folgende Klassifikation des Blutdruckwertes der World Health Organization ist weltweit anerkannt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3: Definition und Klassifikation von Blutdruckbereichen (Quelle: World Health Organization-International Society of Hypertension Guidelines for the Management of Hypertension. Guidelines Subcommittee. In: Journal of Hypertension. Band 17, 1999, S. 151–183)

Je nachdem, welches Herzvolumen, welche Gesamtmenge Blut im Körper und welcher Durchmesser der Gefäße vorliegt, ist die Höhe des Blutdrucks. Liegt eine Hypertonie vor, so liegt entsprechend dem letzten Einflussfaktor auch eine Verengung der Gefäße vor und das Herz muss mehr Kraft aufwenden, um das Blut durch die Gefäße zu pumpen und den Organismus mit dem notwendigen Sauerstoff zu versorgen. Als Folge dieses Umstands vergrößert sich der Herzmuskel, das heißt dieser verdickt und weist wiederum einen erhöhten Sauerstoffbedarf auf. Da diese Anpassung rein isoliert stattfindet, kann der erhöhte Sauerstoffbedarf eventuell nicht sichergestellt werden und es kann zu einem Infarkt kommen.27 Für den Fitnesstrainer ist es daher essenziell, Informationen über den Blutdruck des Kunden zu haben. Fängt ein untrainierter Kunde an zu trainieren, wird zu Beginn der körperlichen Aktivität der Blutdruck steigen. Da das Herz eines Hypertonikers auch ohne sportliche Betätigung eine größeren Sauerstoffbedarf zu decken hat, steigt dieser Sauerstoffbedarf unter sportlicher Belastung zusätzlich an. Dabei dürfen keine extremen Werte erreicht werden, damit die Gefahr eines Infarktes oder Schlaganfalls nicht erhöht wird. Empfohlen wird daher „ein Ausdauer- und Krafttraining von niedriger und moderater Intensität, also 50 bis 80 % der Maximalkraft, bzw. der max. Herzfrequenz, für 45 bis 80 Minuten pro Einheit.“28

Wollen Hypertoniker Krafttraining betreiben, sollten sie gemäß dem American College of Sports Medicine folgende Hinweise beachten:

- Gleichmäßige Atmung; keine Pressatmung,
- Kopf über Herz halten,
- Keine Ausbelastung bis zum Muskelversagen,
- Training mit 10-20 Wiederholungen,
- Kadenz bei 1-0-1,
- Pausen zwischen den Sätzen: 40-90 Sekunden.

Liegt bei dem Kunden eine Hypertonie vor, so sollte sich der Kunde vor Aufnahme des Krafttrainings beim Arzt (im besten Fall beim Kardiologen) untersuchen und beraten lassen.29

3.1.2.5 Die Durchführung und Auswertung biometrischer Tests am Kunden

Mein Kunde ist mit einer Körpergröße von 1,78 Meter und 78 Kilogramm Gewicht und mit seinem BMI von 24,62 als normalgewichtig, jedoch an der oberen Toleranzgrenze, einzustufen.

Die Messung des Hüftumfangs und Taillenumfangs ergibt einen WHR von 0,96, welcher gerade noch als befriedigend einzustufen ist.

Um den Körperfettanteil so genau wie möglich zu bestimmen, habe ich die oben beschriebene Durchführung dreimal wiederholt und einen Durchschnitt der jeweiligen Messpunkte ermittelt. Das aufsummierte Ergebnis beläuft sich auf 47,7 cm, welches gemäß der abgebildeten Tabelle einen Körperfettanteil von ca. 24 % ergibt. Dieser Körperfettanteil ist geradeso als mittelmäßig einzustufen.

Diese Auswertungen ergeben, dass mein Kunde insgesamt bei einem Normalgewicht zu wenig Muskelmasse hat und daher ein Muskelaufbautraining anzustreben ist.30

Entsprechend der Auswertung der internistischen Daten spricht nichts dagegen. C. hat an fünf aufeinander folgenden Tagen (jeweils nach dem Aufwachen, vor dem Aufstehen) seinen Ruhepuls gemessen. Der Durchschnitt dieser Werte liegt bei 62 Schlägen pro Minute und ist somit als unauffällig einzustufen. Sein Blutdruck ist gerade im Rahmen der ärztlichen Gesundheitsvorsorge überprüft worden und ist mit 120/80 mmHG ebenfalls unauffällig.

3.1.3 Die Durchführung und Auswertung motorischer Tests

Die optimale Gestaltung eines Trainingsplans und damit die realistische Zielsetzung und erfolgreiche Zielverfolgung, setzt voraus, dass aktuelle Informationen zum Kraftzustand und zur Ausdauer-, Koordinations- und Beweglichkeitsfähigkeit vorhanden sind. Diese Informationen liefern Testverfahren, die der Trainingslehre zugrunde liegen und der Leistungsdiagnostik zuzuschreiben sind. Mittels der motorischen Testverfahren werden neben der aktuellen Leistungsfähigkeit in den oben genannten Bereichen auch Einschränkungen festgestellt. Diese Informationen fließen in die Gestaltung des Trainingsplans ein.

3.1.3.1 Motorische Tests zur Kraftfähigkeit

Als Kraft wird die Fähigkeit beschrieben, mit der ein Organismus durch Muskelkontraktion Widerstände überwindet (konzentrische Kontraktionsform), diese hält (statische Kontraktionsform) oder ihnen entgegenwirkt (exzentrische Kontraktionsform).31

Grundlage der Fähigkeit Kraft ist die Maximalkraft, der die Schnellkraft, Reaktionskraft und Kraftausdauer untergeordnet ist.

Die Maximalkraft stellt die höchstmögliche Kraft dar, die das Nerv-Muskel-System bei maximaler Anspannung auszuüben vermag. Die Maximalkraft ist von folgenden Komponenten abhängig:

- Vom Muskelquerschnitt,
- Von der Zusammensetzung der Muskelfasern (Fast-Twitch-Fibres, Slow-Twitch-Fibres, Intermediäre Muskelfasern),
- Von der intramuskulären Koordination (Koordination innerhalb des Muskels: Anzahl der Muskelfasern, die gleichzeitig aktiviert werden können),
- Von der intermuskulären Koordination (Koordination zwischen den Muskeln, die bei einer gegebenen Bewegung zusammenarbeiten).

Die Maximalkraft ist die übergeordnete Kategorie der Subkategorien Schnellkraft, Reaktivkraft und Kraftausdauer.

Je nachdem, welche sportliche Betätigung ausgeführt wird, ist eine dieser genannten Kraftkategorien im Fokus. Mit der Schnellkraft wird die Fähigkeit des Nerv-Muskel-Systems beschrieben, den Körper oder Teile des Körpers (z. B. Arme, Beine) oder Gegenstände (z. B. Bälle, Kugeln, Speere, Disken, etc.) mit maximaler Geschwindigkeit zu bewegen. Bei ein und derselben Person kann dabei die Schnellkraft in Armen und Beinen ganz verschieden sein. Ein Sportler (z. B. ein Boxer), kann über schnelle Arm- aber langsame Beinbewegungen verfügen.

Die Reaktivkraft ist die Fähigkeit, in einem Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (DVZ) einen hohen Kraftimpuls zu erzeugen. In vielen Sportarten kommen Muskelaktionen vor, bei denen einer konzentrischen Aktion eine exzentrische Aktion (eine kurze Bremsphase) vorausgeht. Es kommt dabei zunächst zu einer kurzen exzentrischen Dehnung der Muskulatur, dann zur konzentrischen Phase, in die die gespeicherte elastische Spannungsenergie aus der vorhergehenden Phase eingeht (z. B. Weitsprung).32 Bei der Reaktivkraft ist die Fähigkeit entwickelt, wie gut sich der beanspruchte Muskel im Rahmen einer Bewegung dehnen und verkürzen kann. Diese Bewegung ist zum Beispiel beim Torschuss gefordert. Ist der Muskel in der Lage, über einen gewissen Zeitraum eine bestimmte Anzahl an Wiederholungen ohne Ermüdung durchzuführen, wird von Kraftausdauer gesprochen. Diese Fähigkeit ist vor allem für die Bewältigung des Alltags notwendig (z. B. Treppensteigen).33

Wird die Fähigkeit der Kraft nicht gezielt trainiert, so findet Muskelabbau statt. Die negativen Folgen von Muskelatrophie können Haltungsschwächen, Fehlbelastungen des Bewegungs- und Haltungsapparates, frühzeitiger Gelenkverschleiß und/oder eine erhöhte Verletzungs-anfälligkeit vor allem auch bei Alltagsbewegungen sein. Individuell angepasstes Krafttraining kann diese Prozesse umkehren und auch die degenerativen Prozesse verlangsamen. So ergibt sich die starke Bedeutung des Kraftsports in unserer heutigen Gesellschaft.34

Im Rahmen der Diagnose wird die Kraftfähigkeit des Kunden mit isometrischen und dynamischen Testverfahren getestet, da eine gewisse Grundkraft für eine korrekte Übungsausführung notwendig ist und eben auch die Kraftentwicklung ein Hauptziel eines Trainingskonzeptes darstellt. Darüber hinaus werden mit den Testverfahren auch muskuläre Dysbalancen und atrophierte Muskelgruppen entdeckt, deren Vorhandensein zwingend im Trainingsplan berücksichtigt werden müssen.

Im Folgenden werden kraftdiagnostische Testverfahren verwendet, die mit dem eigenen Körpergewicht durchgeführt werden, da sie einfach und ohne hohem Verletzungsrisiko von den meisten Personen durchzuführen sind.

Bauchmuskulatur - Crunch

Um die Kraftfähigkeit der Bauchmuskulatur zu testen, begibt sich der Kunde in die Crunchposition auf die Matte. Es empfiehlt sich mit der Leistungsnote 3 zu beginnen, da hier schon eine Tendenz der Leistungsfähigkeit abzulesen ist. So führt der Kunden den Crunch mit an den Seiten gestreckten Armen durch und hält die Position für 2 x 30 Sekunden. Ist dieses korrekt ausgeführt, wird nach einer kurzen Pause der nächstschwierigere Crunch für 2 x 30 Sekunden gehalten. Dabei sind die Arme an der Stirn und die Ellenbogen zeigen zur Seite. Ist diese Ausführung korrekt ausgeführt worden, so wird nach einer Pause die schwerste Position eingenommen. Der Crunch wird mit nach hinten gestreckten langen Armen für 2 x 30 Sekunden gehalten. Zur Beurteilung kann die nachfolgende Tabelle herangezogen werden.35

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4: Auswertungstabelle Bauchmuskulatur (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 49)

Mein Kunde kann problemlos die Leistungsnote 3 erfüllen. Die Leistungsnote 2 erfüllt C. auch, aber sichtbar und auf Nachfrage nur unter großen Anstrengungen. Zur Absicherung absolviert er die Position zu Leistungsnote 1, schafft aber keine 2 x 30 Sekunden in korrekter Ausführung. Seine Bauchmuskulatur ist nach diesem Testverfahren gut und für das Krafttraining ausreichend ausgeprägt.

Brust- und Armstreckmuskulatur - Liegestütz

Wie stark die Brust- und Armstreckmuskulatur ausgeprägt ist, wird mit einem Testverfahren ermittelt, bei dem der Kunde in 30 Sekunden möglichst viele technisch korrekte Liegestütze ausführt. Zur Beurteilung des Ergebnisses wird nachfolgende Tabelle herangezogen.36

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 5: Auswertungstabelle Brust-/Armstreckmuskulatur (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 50)

Abbildung des Kunden

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Liegestütz I (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Liegestütz II (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Liegestütz I (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Liegestütz II (Quelle: eigene Darstellung)

Mein Kunde hat in 30 Sekunden 17 technisch korrekte Liegestütze ausführen können und liegt damit in Anbetracht des Alters im mittleren Kraftbereich. Dieses Ergebnis sollte bei der Trainingsplanung bezüglich der Brust- und Armstreckmuskulatur berücksichtigt werden.

Rückenstreckermuskulatur - Superman

Um die Kraftfähigkeit der Rückenstreckermuskulatur einschätzen zu können, legt sich der Kunde auf den Bauch und hebt den Brustkorb an. Die Stellung der Arme zeichnen den Schwierigkeitsgrad aus. Auch hier wird am besten mit der Leistungsnote 3 begonnen, so dass der Kunde zunächst in dieser Position die Arme seitlich neben dem Körper mit den Handflächen nach unten, vom Boden entfernt, die Endposition einnimmt. Kann diese Position 2 x 40 Sekunden gehalten werden, so wird die nächstschwierigere Position eingenommen, in dem nun die Hände mit angewinkelten Ellenbogen an die Stirn genommen werden. Wird auch diese Position 2 x 40 Sekunden technisch korrekt gehalten, so wird die anspruchsvollste Haltung nach einer Pause eingenommen. Die Arme sind dabei nach vorne in Verlängerung des Oberkörpers gestreckt.37

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 6: Auswertungstabelle Rückenstreckermuskulatur (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 51)

Mein Kunde kann ohne Anstrengung in technisch korrekter Ausführung die Leistungsnote 3 erfüllen. Bei der Durchführung der Leistungsstufe 2 erreicht er gerade noch die erforderte Zeit, ist aber sichtlich und nach eigenen Aussagen sehr angestrengt. So kann die Ausprägung der Rückenstreckermuskulatur als gut und für das Krafttraining als ausreichend bezeichnet werden

Obere Rückenmuskulatur

Bei dem Testverfahren der Kraftfähigkeit der oberen Rückenmuskulatur stellt sich der Kunde mit ca. einer Fußlänge Entfernung rücklings an die Wand und presst die Ellenbogen auf Schulterhöhe gegen die Wand. Nun drückt sich der Kunde 20-mal, die Kundin 15-mal von der Wand ab. Die Stellung der Ellenbogen lässt eine Beurteilung der Kraftfähigkeit der untersuchten Muskulatur zu.38

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Obere Rückenmuskulatur (Quelle: eigene Darstellung)

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Tabelle 7:Auswertungstabelle Obere Rückenmuskulatur (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 52)

Bei meinem Kunden C. ist nach der Sollanzahl der Wiederholungen ein deutliches Absinken der Ellenbogen zu erkennen und das Ergebnis ist als durchschnittlich einzustufen. Diese Information ist bei der Erstellung des Trainingsplans zu berücksichtigen.

3.1.3.2 Motorische Tests zur Beweglichkeit

Die Beweglichkeit setzt sich aus der Gelenkigkeit und der Dehnfähigkeit zusammen, wobei Gelenkigkeit maßgeblich durch individuelle Gelenkstrukturen und dem individuellen Gelenkspiel vorgegeben ist. Aufgrund dessen geht es beim Training hauptsächlich um eine Verbesserung der Dehnfähigkeit der Muskeln, also der Muskelfasern und -faszien. Die Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln sind wie oben angedeutet individuell gegeben und können durch Beweglichkeitstraining kaum verändert werden. Allerdings spielen diese als Stabilisatoren für die Gelenke eine wichtige Rolle.

Wie beweglich jemand ist, wird durch den Bewegungsumfang des untersuchten Gelenks eingeschätzt. Somit ist Beweglichkeit „die Fähigkeit, Bewegungen mit großer bzw. optimaler Schwingungsweite der Gelenke auszuführen.“39 Ist dieser Bewegungsumfang eingeschränkt, so fällt das häufig nur in bestimmten Situationen auf. Zum Beispiel ist kein funktioneller Schulterblick beim Autofahren mehr möglich. Um aber im Fitness- und Gesundheitstraining die volle Range of Motion ausnutzen zu können, ist eine gewisse Beweglichkeit notwendig. Deswegen ist es auch sinnvoll im Rahmen der Leistungsdiagnostik die Beweglichkeit zu testen.40

Wadenmuskulatur

Die Dehnfähigkeit der Wadenmuskulatur wird mit der tiefen Hockstellung bei parallelen hüftbreiten Füßen getestet. Findet ein Anheben der Fersen statt, so ist die Wadenmuskulatur nicht ausreichend gedehnt.41

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 11: Wadenmuskulatur (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 8: Auswertungstabelle Wadenmuskulatur (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 96)

Die Beweglichkeit der Wadenmuskulatur ist bei meinem Kunden gegeben, da die Fersen am Boden verbleiben.

Adduktoren

Die Dehnfähigkeit der Adduktoren wird in Rückenlage mit der Hüfte an der Wand getestet. Die Beine fallen in dieser Position gestreckt zur Seite und geben Aufschluss darüber, wie sehr die Adduktoren gedehnt werden können. Bei einem unterdurchschnittlichen Ergebnis liegt eine Abschwächung der Adduktoren vor.42

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 9: Auswertungstabelle Adduktoren (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 96)

Abbildung 12: Adduktoren (Quelle: eigene Darstellung)

Dass die Adduktoren meines Kunden, wie auf dem Bild zu sehen ist, verkürzt sind, ist bei der Erstellung des Trainingsplans zu beachten.

Kniebeuger

Im nächsten Beweglichkeitstest habe ich die Dehnfähigkeit der Kniebeuger meines Kunden überprüft. Für diesen Test legt er sich mit dem Rücken auf eine Matte. Die Hände liegen locker an den Körperseiten. Beide Beine sind ausgestreckt und die Füße sind geflext. Mit geflextem Fuß wird zunächst das rechte Bein durchgestreckt so weit nach oben gehoben, wie das am Boden verbleibende linke Bein zulässt. Es ist darauf zu achten, dass eben dieses Bein nicht vom Boden abhebt. Dieser Test wird auch mit dem anderen Bein wiederholt. Anhand des entstehenden Winkels zwischen den beiden Beinen wird die Beweglichkeit wie folgt eingeschätzt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 13: Kniebeuger rechts (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 10: Auswertungstabelle Kniebeuger (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 96)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 14: Kniebeuger links (Quelle: eigene Darstellung)

Die Kniebeuger sind bei meinem Kunden beidseitig deutlich verkürzt, da beide Winkel weniger als 80° betragen (siehe Abbildungen 13 und 14). Bei meinem Kunden hat vermutlich die ständig sitzende Tätigkeit dazu geführt, dass der Kniebeuger, also die hintere Oberschenkelmuskulatur, an Dehnbarkeit und Beweglichkeit verloren hat. Insofern ist es wichtig, entsprechende Dehnübungen im Trainingsplan aufzunehmen.

Hüftbeuger und Kniestrecker

Die Dehnfähigkeit der Hüftbeuger und Kniestrecker lassen sich mit einem gemeinsamen Testverfahren beurteilen. Dabei legt sich mein Kunde C. in Rückenlage auf eine gerade, erhöhte Unterlage, wobei die Beine nicht mehr unterstützt werden, also diese nach unten fallen gelassen werden. Nun führt mein Kunde ein Knie zur Brust und nimmt eine maximale Hüftbeugung von ca. 135° ein. Das Testbein wird in die Hüftstreckung und zusätzlich in die Hüftbeugung geführt. Für die Beurteilung der Dehnfähigkeit des Hüftbeugers kommt es auf den zu erkennenden Winkel zwischen der Oberschenkelrückseite des locker hängenden Beines zur Achse der Liege an. Bei meinem Kunden kann das Bein nicht von der Liegekante herunterhängen und es ergibt sich ein Winkel von mehr als -10°, so dass von einer Verkürzung der Hüftbeugemuskulatur und einer abgeschwächten Hüftstreckermuskulatur ausgegangen werden kann.

In dieser Position können Rückschlüsse auf eine gute Dehnbarkeit der Kniestrecker (M. quadrizeps femoris) erfolgen.43

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 11: Auswertungstabelle Hüftbeuger (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 97)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 12: Auswertungstabelle Kniestrecker (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 97)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 15: Hüftbeuger und Kniestrecker (Quelle: eigene Darstellung)

Beide Muskulaturen sind bei meinem Kunden als beweglich einzustufen.

Brustmuskel

Legt sich der Kunde in Rückenlage auf eine Liege und lässt beide Arme ausgestreckt seitlich herunterfallen, so kann an der Endposition der Arme erkannt werden, wie beweglich die Brustmuskulatur des Kunden ist.44

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 13: Auswertungstabelle Brustmuskel (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 98)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 16: Brustmuskel (Quelle: eigene Darstellung)

Die Schulterblattmuskulatur ist bei C. durchschnittlich beweglich, da der Arm ungefähr auf Tischhöhe verbleibt. Somit ist es wichtig, dieser Muskulatur im Rahmen der Dehnübungen besondere Aufmerksamkeit zu schenken, so dass auch die entsprechenden Kraftübungen technisch korrekt und möglichst effizient ausgeführt werden können.

Rückenstrecker

Die Dehnfähigkeit des Rückenstreckers wird mit der stehenden Vorwärtsbeuge getestet. Mein Kunde stellt sich dafür gerade hin und beugt den Rumpf langsam nach vorne. Die Hände sollen dabei so tief wie möglich nach unten geführt werden und diese Position ist dann zwei Sekunden zu halten. Entsprechend der Abbildung 17 hat mein Kunde in dieser Position einen Abstand von 16 cm von den Fingerspitzen bis zum Boden.45

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 14: Auswertungstabelle Rückenstrecker (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 97)

Abbildung 17: Rückenstrecker (eigene Darstellung)

Entsprechend der Tabelle 14 ist die Dehnfähigkeit des Rückenstreckers als unterdurchschnittlich einzuordnen. Im Trainingsprogramm sind dementsprechend Dehnungsübungen für die Beinbeugergruppe auf der Oberschenkelrückseite aufzunehmen.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Beweglichkeit meines Kunden als durchschnittlich mit einer Tendenz zur Verkürzung der Stütz- und Haltemuskulatur neigt, welche durch die sitzende Tätigkeit ohne entsprechenden Bewegungsausgleich induziert ist. Der Schwerpunkt der Dehnübungen wird auf der entsprechenden Muskulatur liegen.

3.1.3.3 Motorische Tests zur Koordination

Ein optimales Zusammenspiel von Muskulatur und Nervensystem im Rahmen eines Bewegungsablaufes wird als Koordination beschrieben. Vor allem im Alltag, aber auch im Fitnesstraining, ist eine ausgeprägte Koordination bedeutsam, da sich diese auf die konditionellen Fähigkeiten Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Beweglichkeit auswirkt.

Meinel/Schnabel unterscheiden sieben grundlegende koordinative Fähigkeiten: kinästhetische Differenzierungsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Kopplungsfähigkeit, Orientierungsfähigkeit, Gleichgewichtsfähigkeit, Umstellungsfähigkeit, Rhythmisierungsfähigkeit.46

Mein Kunde führt den Einbeinstand aus. Damit überprüfe ich die Gleichgewichtsfähigkeit unter statischer Beanspruchung.

Da der Test auf dem standdominanten Bein durchgeführt wird, lasse ich meinen Kunden zunächst ausprobieren, welches der beiden Beine das ist. Dann soll er in den Einbeinstand gehen und den anderen Fuß an die Wade des Standbeins legen. Mein Kunde ist dabei barfüßig. Entsprechend der Auflistung gibt es fünf unterschiedliche Schwierigkeitsstufen, die mein Kunde beginnend mit der einfachsten Stufe (hier Stufe 1) für jeweils zehn Sekunden durchläuft.

Auflistung der Stufen

1. Stand mit beiden Beinen, dabei die Augen geschlossen.
2. Stand auf einem Bein, Augen geöffnet.
3. Stand auf einem Bein, Augen geschlossen.
4. Zehenstand auf einem Bein, Augen geöffnet.
5. Zehenstand auf einem Bein, Augen geschlossen.47

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 18: Einbeinstand (Quelle: eigene Darstellung)

Tabelle 15: Auswertungstabelle Einbeinstand (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 82)

Mein Kunde kann die Position bei der fünften Stufe nicht mehr halten und berührt mit dem Spielbein den Boden. Unter Berücksichtigung des Alters ist unter zu Hilfenahme der obenstehenden Tabelle abzulesen, dass mein Kunde über gute koordinative Fähigkeiten im Bereich des Gleichgewichts verfügt. Das mindert vor allem im Alltag und im Fitnesstraining das Sturzrisiko, wenn Bewegungen mit Körperverlagerungen durchgeführt werden.

3.1.3.4 Motorische Tests zum funktionellen Training

Das funktionelle Training beinhaltet vorrangig Bewegungen ganzer Muskel- und Gelenksysteme und beschreibt somit Bewegungen, bei denen Muskelketten bzw. Muskelschlingen zusammenspielen. Im funktionellen Training werden dementsprechend Bewegungsabläufe ausgeführt, die an alltägliche, aber auch komplexe und ganzheitliche Bewegungen erinnern. Vor allem im Gesundheitssport ist das funktionelle Training daher bedeutsam.48

Reißkniebeuge

Mit der Reißkniebeuge wird das Zusammenspiel von Koordination, Rumpfstabilität, Mobilität und Kraft getestet und ist daher eine wichtige Testübung im Rahmen des funktionellen Trainings. Der Kunde nimmt einen Besenstiel oder eine leichte Hantelstange und greift diese so weit, dass ein Winkel von 90 Grad zwischen den beiden Armen existiert. Die Füße stehen mit den Fußspitzen nach außen zeigend etwas weiter als schulterbreit auseinandergestellt. Der Kunde macht nun mit ausgestreckten Armen eine klassische Kniebeuge, bis die Oberschenkel parallel zum Boden stehen. Diese Position wird von allen Seiten beurteilt.49

Abbildung Kunde

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 19: Reißkniebeuge I (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 20: Reißkniebeuge II (Quelle: eigene Darstellung)

In den Abbildungen ist zu erkennen, dass in der Fußmuskulatur genügend Kraft und Beweglichkeit vorhanden ist, um mit dem Körper technisch korrekt nach unten zu kommen. Allerdings liegt eine Bewegungseinschränkung in der Brustwirbelsäule vor, welche verhindert, dass mein Kunde zum jetzigen Zeitpunkt bei der Ausführung die Arme gestreckt halten kann. Einerseits wird dieser Umstand die Folge der überwiegend sitzenden Tätigkeit ohne Bewegungsausgleich sein, andererseits hat mein Kunde, wie oben erwähnt eine Disposition für eine ausgeprägte Hyperkyphose, welche die Ausübung dieser Übung erschwert.

Unterarmstütz

Mit der Durchführung des Unterarmstütz wird überprüft, wie stark die Rumpfstabilität des Kunden ausgeprägt ist. Dafür geht der Kunde in den Unterarmstütz und durchläuft, wie in Tabelle 13 dargestellt, verschiedene Schwierigkeitsstufen. Das Ergebnis gibt Aufschluss über die statische und dynamische Rumpfstabilität.50

Abbildung Kunde

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 21: Unterarmstütz (Quelle: eigene Darstellung)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 16: Auswertungstabelle Rumpfstabilität (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 123)

Mein Kunde durchläuft den klassischen Unterarmstütz und den Unterarmstütz mit angehobenem Bein ohne Probleme. Beim Unterarmstütz mit diagonal angehobenem Bein und Arm hält er die Position weniger als zehn Sekunden. Es ist abzuleiten, dass zwar eine gewisse statische Rumpfstabilität vorhanden ist, aber die Kreuzkoordination zu trainieren ist.

Sprung in den Einbeinstand

Diese Übung bereitet auf die Kreuzkoordinationsübung im Unterarmstütz vor, wie es zum Beispiel bei Planks mit Diagonalbewegungen der Arme und Beine der Fall ist.

Beim Sprung in den Einbeinstand werden ebenfalls Defizite in der dynamischen Koordinationsfähigkeit aufgedeckt. Die Testperson nimmt hierbei ca. vier Schritte Anlauf und springt einen Meter, um im Einbeinstand auf dem Nicht-Sprungbein zu landen. Wie in der folgenden Tabelle ersichtlich, findet über die Sicherheit der Landung die Beurteilung des Ergebnisses statt.51

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 17: Auswertungstabelle Sprung Einbeinstand (Quelle: Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 123)

Mein Kunde landet stabil mit kleinen Kompensationsbewegungen. Hinsichtlich der Auswertungstabelle (siehe oben) weist er damit ein eher gute und für die Kraftübungen ausreichende dynamische Koordinationsfähigkeit auf.

3.1.3.5 Motorische Tests zur Ausdauer

Kann eine Leistung über einen möglichst langen Zeitraum aufrechterhalten werden und sich der Körper nach dieser Beanspruch schnell erholen, so spricht man von der Fähigkeit der Ausdauer. Eine solide Ausdauerfähigkeit ist nicht nur für sportliche Leistungen, sondern auch im Alltag wichtig, da die täglichen körperlichen Belastungen besser bewältigt werden können. Auch wirkt sich Ausdauertraining positiv auf die Widerstandsfähigkeit des Immunsystems aus und es kann degenerativen Herz-Kreislauf-Krankheiten entgegenwirken, da es auch positive Effekte auf die Herzarbeit erbringt.52

Der PWC-Test (Physical Work Capacity-Test) gibt Aufschluss über die Ausdauer und allgemeine Fitness. Da ich im Rahmen dieser Abschlussarbeit jedoch nicht die Möglichkeit habe, dieses Testverfahren durchzuführen und auch die Verbesserung der Ausdauer nicht im Vordergrund des Trainingskonzeptes steht, wird in diesem Fall auf dieses Testverfahren verzichtet.

3.1.4 Das Zwischenergebnis zur Diagnose

Die Ergebnisse der einzelnen Testverfahren lassen den Schluss zu, dass sowohl die sitzende Bürotätigkeit als auch die sichtbare Hyperkyphose Ursache für die mangelnde Beweglichkeit und Kraft folgender Muskeln ist: Brust- und Armstreckmuskulatur, obere Rückenmuskulatur, Kniebeuger, Adduktoren und Rückenstrecker.

Daher sollten bei der Erstellung des Trainingsplans Übungen berücksichtigt werden, die einerseits der Hyperkyphose entgegenwirken und andererseits die genannte Muskulatur stärken und dehnen.

3.2 Die Zielsetzung

Ohne Ziel keine Motivation! Möchte der Kunde mit dem Krafttraining beginnen, dann um ein selbstgestecktes Ziel zu erreichen. Die Zielsetzung stellt die zweite Stufe des Fünf-Stufen-Models dar. Die Aufgabe des Fitnesstrainers liegt darin, das vom Kunden gewünschte Hauptziel und die Trainingsmotivation aufzunehmen und dann in Teil- und Feinziele herunterzubrechen. Dabei muss der Fitnesstrainer zwingend die Ergebnisse der Diagnostik beachten. Damit sich der Kunde klarer über die Zielsetzung wird, der Fitnesstrainer das Vorgehen für den Kunden transparent und besser planen kann und der Kunde eben nicht auf „halber Strecke“ stehen bleibt, hilft es diese Ziele SMART zu formulieren. Die einzelnen Buchstaben stehen für die Adjektive spezifisch, messbar, anspruchsvoll bzw. attraktiv53, realistisch und terminiert. Werden Ziele (und auch Maßnahmen zur Zielerreichung) unter Berücksichtigung dieser Adjektive formuliert, so sind sie für den Kunden eher greifbar, umsetzbar und überprüfbar.54 Im Folgenden soll die Zielsetzung meines Kunden anhand einer smarten Zielformulierung erfolgen.

3.2.1 Das Hauptziel als "SMARTE" Zielformulierung

Aus dem Eingangsgespräch konnte ich entnehmen, dass mein Kunde gerne wieder fitter und belastungsfähiger sein und die „alte Form“ zu der Zeit, als er noch im sportlichen Training war, erreichen möchte. Auch möchte er die Verspannungen im Nacken-Schulter-Bereich reduzieren. Da diese Ziele nicht überprüfbar sind, haben wir sie im Eingangsgespräch konkretisiert. Welches Adjektiv der smarten Zielformulierung wie berücksichtigt wird, ist angemerkt. C. möchte seinen Bauchumfang um 5 cm (zum Zeitpunkt der Diagnose bei 93 cm) und seinen Fettanteil auf 20 % reduzieren, sowie seine Kraftfähigkeit um 20 % (spezifiziert und messbar) innerhalb der kommenden 6 Monate (terminiert) steigern. Diese Ziele sind realistisch, da einerseits das Krafttraining die zielführende Sportart ist und andererseits sie auch nicht zu hoch angesetzt sind. Auch sind diese Ziele für ihn persönlich anspruchsvoll, da sie nur durch entsprechende sportliche Betätigung und persönlichen Einsatz zu erreichen sind. Das Ziel ist auch attraktiv, da C. mit Erreichung des Ziels Positives, wie ein verbesserter Gesundheits- und Fitnesszustand, verbindet. Die Reduzierung der Nacken-Schulter-Verspannungen habe ich bewusst aus der Zielformulierung herausgelassen, da sie einerseits nur subjektiv messbar sind und sich andererseits aufgrund des Krafttrainings und der Dehnübungen wahrscheinlich “von selbst“ eine Besserung einstellen wird.

Ziele sollten für den Kunden auch eine emotionale Bedeutung haben, um noch stärkere Motivation für die Durchführung der Maßnahmen aufbauen zu können.55 Auf die Frage, woran er festgestellt hat, dass er früher fitter war, antwortete mein Kunde, dass er den „Ninja-Parkour“ im Sprungraum Berlin-Lankwitz geschafft hätte. Diesen Parkour möchte er gerne wieder erfolgreich absolvieren.

Um die Ziele zu erreichen, muss der Kunde Maßnahmen umsetzen. Auch diese können und sollten „SMART“ formuliert sein. Um diese ebenfalls vor allem realistisch und terminiert formulieren zu können, ist es notwendig sich ein Bild der regelmäßigen wöchentlichen Verpflichtungen des Kunden zu machen. Nur so kann die Trainingshäufigkeit und der Trainingszeitpunkt realistisch terminiert werden und die Wahrscheinlichkeit eines Drop-Outs gesenkt werden.

Als Ergebnis des Gespräches nimmt sich C. vor, pro Woche zweimal (Dienstag und Freitag) bis dreimal (Sonntag) für 60-90 Minuten (exklusive Anfahrt, Umziehen, Duschen) trainieren zu gehen. Somit sind die Maßnahmen realistisch, spezifiziert und terminiert. Sie sind weiterhin anspruchsvoll, da er dafür Freizeit hergibt und auch für ihn messbar, indem er resümieren kann, ob er die Trainingstage eingehalten hat oder nicht.

Um die Motivation über die doch recht lange Zeit von 6 Monaten aufrecht zu erhalten, ist das Hauptziel in mittelfristig erreichbare Ziele, den Teil- bzw. Feinzielen zu unterteilen.56 Dieses soll im kommenden Abschnitt erläutert werden.

3.2.2 Die Teil- und Feinziele

Die oben beschriebenen Ziele stehen als Hauptziel nach den absolvierten sechs Monaten Training. Es ist sinnvoll Teilziele festzulegen, damit der Kunde Erfolge würdigen kann und daraus Motivation für die weiteren Monate zieht. Auch kann der Trainer über die (Nicht-)Erreichung der Teilziele Anpassungen am Trainingskonzept vornehmen. Selbstverständlich werden auch diese Teilziele „SMART“ formuliert.

Mein Kunde C. möchte innerhalb der ersten drei Monate, also nach den ersten beiden Mesozyklen, 3 cm weniger Bauchumfang und 3 % weniger Körperfett vorweisen. Die Kraftfähigkeit sollte sich um 12% verbessern. Die Differenzen zum Hauptziel erreicht mein Kunde dann in den letzten drei Monaten, mit den weiteren drei Mesozyklen. Im Folgenden werden im Rahmen der Trainingsplanung die Meso- und dazugehörigen Mikrozyklen ausführlich erläutert.

3.3 Die Trainingsplanung und Trainingsdurchführung

Die Trainingsplanung stellt die dritte Stufe des 5-Fünf-Stufen-Modells dar und „ist ein auf das Erreichen eines Trainingsziels ausgerichtetes, den individuellen Leistungszustand berücksichtigendes Verfahren der vorausschauenden, systematischen – sich an trainingspraktischen Erfahrungen und sportwissenschaftlichen Erkenntnissen orientierenden – Strukturierung des (langfristigen) Trainingsprozesses.“57

Im Rahmen der Trainingsplanung sind dementsprechend Entscheidungen zu treffen, die sich an den Istzustand des Kunden orientieren und immer wieder an den veränderten Bedingungen angepasst werden. Obwohl jeder Trainingsplan individuell ist, ist doch die Struktur dessen immer gleich. Es werden Entscheidungen hinsichtlich der Periodisierung, der Methodenauswahl und der Übungsauswahl getroffen. Die Periodisierung umfasst die zeitliche Struktur des Trainings und unterteilt das Training in Trainingszyklen. Diese können langfristig (Makrozyklus), mittelfristig (Mesozyklus) und kurzfristig (Mikrozyklus) angelegt werden. Bei der Methodenauswahl wird der Trainingsschwerpunkt (z. B. Kraft- oder Ausdauertraining), die Trainingshäufigkeit, - dauer, und -intensität, sowie die Organisationsform (Einzeltraining oder Gruppentraining, Stations- oder Zirkeltraining, Ganzkörpertraining oder Splittraining) des Trainings festgelegt. Bei der Übungsauswahl sind folgende an den Kunden angepasste Aspekte zu berücksichtigen:

- Stabilisierende oder koordinative Übungen,
- Leichte oder schwere Übungen,
- Gerätegeführte Übungen oder Freihantelübungen,
- Training großer Muskelgruppen oder Übungen für Einzelmuskeln.58

Aufgrund der Prinzipien der Trainingsgestaltung, wie das Prinzip des trainingswirksamen Reizes, der individualisierten Belastung, der ansteigenden Belastung und der variierenden und wechselnden Belastung, sollten die anfänglich angewendeten Aspekte im Laufe des Trainingsplans an den aktuellen Istzustand des Kunden angepasst werden.59 So können beispielsweise im Laufe des Makrozyklus einige gerätegeführte Übungen durch Freihantelübungen ersetzt werden, damit der Kunde einerseits seinen Fortschritt wahrnehmen kann, zum anderen Monotonie verhindert wird und des Weiteren auch verstärkt die Koordination des Kunden geschult wird.

[...]


1 https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/bueroarbeit-sitzen-arbeitsplatz-auswirkungen-gesundheit-bewegung/kom plettansicht (letzter Zugriff am 10.09.2021)

2 https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/bueroarbeit-sitzen-arbeitsplatz-auswirkungen-gesundheit-bewegung/kom plettansicht (letzter Zugriff am 10.09.2021)

3 https://www.apotheken-umschau.de/gesund-bleiben/sport-und-bewegung/so-schaedlich-ist-sitzen-713643.html (letzter Zugriff am 10.09.2021)

4 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d) verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Ge- schlechter.

5 nach Olivier et al, Seite 55

6 Hottenroth/Neumann, Seite 14

7 Hottenroth/Neumann, Seite 14

8 Schnabel/Thieß, Seite 878 f

9 Lachmann/Schweizer, Seite 8 f

10 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 8

11 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 9

12 Schnabel/Barth, Seite 437

13 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 10

14 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 11

15 Anamnesebogen zu meinem Kunden, siehe Anhang

16 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 14

17 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 11

18 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 12

19 Siehe auch Anlage „Anamnesebogen“

20 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 15

21 https://www.gbe-bund.de/gbe/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gast&p_aid=0&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=7976::BMI (letzter Zugriff am 25.09.2021)

22 https://www.euro.who.int/en/health-topics/disease-prevention/nutrition/a-healthy-lifestyle/body-mass-index-bmi (letzter Zugriff am 25.09.2021)

23 https://www.fitbook.de/mind-body/muskeln-oder-fett-was-ist-schwerer (letzter Zugriff am 25.09.2021)

24 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 17

25 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 18

26 https://www.bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/meldungen-2018/dezember/apfel-und-birnentyp/ (letzter Zugriff am 29.09.2021)

27 Lachmann/Schweizer, Seite 37

28 https://dr-heart.de/krafttraining-schlecht-fur-herz-und-blutdruck/ (letzter Zugriff am 03.10.2021)

29 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 67

30 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 25

31 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 23

32 http://www.efsport.ch/skripts/pdf-dateien/kraft.pdf (letzter Zugriff am 05.10.2021)

33 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 25

34 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 23

35 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 49

36 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 50

37 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 51

38 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 52

39 http://www.sportunterricht.de/lksport/beweglich1.html (letzter Zugriff am 08.06.2021)

40 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 92

41 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 96

42 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 96

43 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 97

44 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 98

45 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 98

46 Meinel/Schnabel, Seite 218 ff.

47 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 82 f

48 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 109

49 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 121

50 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 123 f

51 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 123

52 https://www.ingo-froboese.de/wp-content/uploads/2016/09/Running_Health.pdf (letzter Zugriff am 23.10.2021)

53 In der Literatur sind beide Varianten geläufig.

54 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 30

55 Schütt, Seite 31

56 Rosenbaum/Schütt/Schweizer, Seite 29

57 Starischka, Seite 7

58 Rosenbaum/Schweizer/Schütt, Seite 32

59 Rosenbaum/Schweizer/Schütt, Seite 14

Ende der Leseprobe aus 94 Seiten

Details

Titel
Das Fünf‐Stufen‐Modell der Trainingssteuerung. Erstellung eines Trainingskonzeptes und Übungskataloges
Untertitel
Abschlussarbeit zum/zur Fitnesstrainer/-in B-Lizenz
Veranstaltung
Fitnesstrainer B-Lizenz
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
94
Katalognummer
V1161430
ISBN (eBook)
9783346581440
ISBN (eBook)
9783346581440
ISBN (eBook)
9783346581440
ISBN (Buch)
9783346581457
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Abschlussarbeit wurde mit 1,0 und folgenden Hinweisen bewertet: Einleitung super, allg. Erklärungen durch die Arbeit hinweg sehr gut, Modell nachvollziehbar dargestellt, Anamnese inkl. Testungen sehr umfangreich und detailliert durchgeführt, Zielsetzung kundenorientiert, realistisch gewählt, Makrozyklus passend gewählt, Erklärungen dazu wieder sehr umfangreich und sehr gut, Auf- und Abwärmen passend integriert, besser auf Kunden anwenden (z. B. kein Radergometer wählen, da er sitzende Tätigkeit hat), Übungsauswahl passend, Fazit gut, Übungskatalog top
Schlagworte
Trainingskonzept, 5 Stufen Modell, 5-Stufen-Modell, Fünf Stufen Modell, Fünf-Stufen-Modell, Abschlussarbeit – Trainingskonzept, Academy of Sports, Gesundheitssport, Testverfahren, Diagnose, Anamnese, Traininslehre, Agonist, Antagonist, Synergist, Ziele, Makrozyklus, Mesozyklus, Trainingssteuerung, Body-Mass-Index, BMI, Body Mass Index, Körperfett, Kraftfähigkeit, Beweglichkeit, funktionelles Training, Koordination, Zielsetzung, smart, Zielformulierung, Teilziele, Feinziele, Trainingsmethode, Kraftausdauer, Hypertrophie, Maximalkraft, Dehungsübung, Anweisung
Arbeit zitieren
Samira Göldner-Shelbaya (Autor:in), 2021, Das Fünf‐Stufen‐Modell der Trainingssteuerung. Erstellung eines Trainingskonzeptes und Übungskataloges, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1161430

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