Bodyshaming bei Männern. Ursachen, Merkmale, Auswirkungen und Handlungsansätze für die Soziale Arbeit


Hausarbeit, 2021

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bodyshaming – Definition, Merkmale und Ursachen
2.1 Begriffe und Verbreitung
2.1.1 Exkurs: Cyber-Mobbing
2.2 Schönheits- und Männlichkeitsbilder im Wandel
2.3 Ursachen, Faktoren und begünstigende Einflüsse auf Bodyshaming bei Männern
2.4 Ursachen für die Marginalisierung der Problematik bei männlichen Betroffenen

3. Auswirkungen des Bodyshaming

4. Bodyshaming und Soziale Arbeit
4.1 Gesellschaftliche Initiativen und Handlungsaufforderungen
4.2 Berührungspunkte und Handlungsebenen für Soziale Arbeit

5 Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die vorliegende Belegarbeit beschäftigt sich mit einem Thema, das in Deutschland selten konkret adressiert wird – Bodyshaming. Noch weniger wird dabei über männliche Betroffene gesprochen. Bodyshaming meint die Abwertung anderer aufgrund von Äußerlichkeiten. Diese ist geprägt durch gesellschaftlich etablierte Schönheitsideale und wird begünstigt durch Medien und das soziale Umfeld. Besonders in Bezug auf männliche Betroffene mangelt es an Studien und empirischen Forschungsergebnissen zu den Auswirkungen des Bodyshamings. Zunehmend steigt jedoch der soziale Druck und damit der Handlungsbedarf für die Soziale Arbeit.

Zunächst geht es um eine genaue Definition des Begriffs Bodyshaming. Zudem wird ein Überblick über die Ausmaße des sozialen Problems gegeben. Es folgt eine kritische Auseinandersetzung mit Schönheitsidealen und deren Wandelbarkeit. Wichtig ist weiterhin eine Betrachtung der Ursachen und der begünstigenden Einflüsse, die zu Bodyshaming im Allgemeinen, und speziell bei Männern, führen. Daran schließt sich an, welche Folgen und Auswirkungen diese Erfahrungen auf die Betroffenen haben können. Des Weiteren wird kurz über Gründe gesprochen, warum der Problematik besonders bei Männern kaum Beachtung geschenkt wird. Abschließend geht es um Initiativen und Handlungsansätze, durch welche die Gesellschaft und die soziale Arbeit Bodyshaming präventiv und reaktiv entgegenwirken kann.

2 Bodyshaming – Definition, Merkmale und Ursachen

2.1 Begriffe und Verbreitung

Der Begriff Bodyshaming ist in Deutschland noch zu großen Teilen unbekannt. Oftmals findet sich das, was man allgemeinhin darunter versteht, jedoch in anderen Ausdrücken wieder. Das Phänomen ist dabei keinesfalls fremd, und aufgrund verschiedener Faktoren verschärft sich die Problematik zunehmend, sodass eine Abgrenzung von anderen Begriffen, wie Mobbing oder Sexismus, durchaus gerechtfertigt ist.

Das Wort setzt sich aus den englischen Begriffen „Body“ (Körper) und „shaming“ (beschämen) zusammen. Es handelt sich dabei also um die negative Beurteilung und Bewertung einer Person, aufgrund ihrer äußeren Erscheinung (vgl. Berger-Dinkel 2020). Dies kann in subtiler Form geschehen, teils schon in freundlich verpackten Bemerkungen oder Ratschlägen aus dem sozialen Umfeld, wie: "Du musst mehr Sport machen" oder "Mach doch mal die Soundso-Diät" (vgl. Hamberger 2020). Unverkennbar ist Bodyshaming jedoch bei bewusster Diskriminierung oder Abwertung von Menschen in Bezug auf deren Körper (vgl. Albrecht 2020). Dies kann „von Verleumdungen über Beleidigungen bis hin zu Drohungen (reichen) und wird in Form von pejorativer Lexik, dehumanisierenden Metaphern, Vergleichen, sexuellen Anspielungen und Text-Bildcollagen realisiert“ (Marx 2017, S.329). Grundlage dieser Praxen ist in der Regel die äußerliche Abweichung der Person vom gängigen Schönheitsideal. Laut einer Studie ordnen Frauen den Stellenwert von Schönheit auf einer Skala von 1-7 im Durchschnitt bei 4,73 und Männer bei 4,35 ein (Schmidt 2018, S.89).

In der Vergangenheit wurde Bodyshaming fast ausschließlich mit dem weiblichen Geschlecht in Verbindung gebracht. Doch inzwischen geraten auch Männer immer mehr unter Druck (vgl. ebd.), was einen Forschungsbedarf begründet. Eine Studie der medizinischen Fachzeitschrift JAMA zeigte, „dass fast 18 Prozent aller männlichen jungen Erwachsenen sich übermäßig viele Gedanken über ihr Gewicht und ihre Statur machen“ (Lichtenegger 2015). Doch nicht nur Jüngere sind betroffen. Männer aller Altersgruppen haben ein stärkeres Bedürfnis, maskuliner zu wirken und berichten, ein zunehmend negatives Körperbild zu haben (vgl. Fisher, Dunn, & Thompson, 2002, zitiert nach: Elíasdóttir 2016, S. 7), insbesondere, wenn sie Bildern eines „idealen Männerkörpers“ (Marian M. Morry, 2001, zitiert nach: Elíasdóttir 2016, S. 7) oder sogar „idealen Frauenkörpern“ (vgl. Lavine, Wagner, & Sweeney 1999, zitiert nach: Elíasdóttir 2016, S. 7) ausgesetzt sind. Ursache dieser Form von Selbstkritik sind häufig vorangegangene negative Erlebnisse, durch unterschwelliges oder offensichtliches Bodyshaming. Eine Umfrage der internationalen Data and Analytics Group YouGov, mit 2.064 Personen ab 18 Jahren vom 17.04. bis 16.05.2019 ergab, dass 25 % der Deutschen, bereits Erfahrungen mit Bodyshaming gemacht haben (vgl. Berger-Dinkel 2020), 34 % davon sogar häufiger als zehnmal. Die Betroffenheit sinkt jedoch mit zunehmendem Alter (vgl. ebd. 2020). Nennenswert ist zudem, dass 64 % der Personen, die bereits andere aufgrund körperlicher Merkmale beleidigt hatten, selbst schon abwertende Behandlung aufgrund ihres Äußeren erfahren haben (vgl. ebd.). Somit zeigt sich eine gewisse Zirkularität der Problematik.

Besonders häufig wird Bodyshaming in der digitalen Welt wahrgenommen. Ein weit verbreitetes Phänomen ist dabei das sogenannte Cyber-Mobbing (vgl. Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 123), wozu im Folgenden ein kurzer Exkurs gegeben werden soll.

2.1.1 Exkurs: Cyber-Mobbing

Laut einer Befragung der Techniker Krankenkasse von 22% kennen 77% der Teilnehmer*innen den Begriff Cybermobbing (vgl. Techniker Krankenkasse 2012, S.5). Über ein Drittel war selbst schon betroffen, 60% kannten den Täter (vgl. Techniker Krankenkasse 2012, S.6). „Cyber-Mobbing ist absichtliches Beleidigen, Bedrohen, Bloßstellen, Schikanieren oder Belästigen anderer mithilfe moderner Kommunikationsmittel, meist über einen längeren Zeitraum hinweg, z. B. über soziale Netzwerke, Videoplattformen, WhatsApp oder Snapchat“ (Tilp; Hilt 2018, S.19). Virtuelle Schikane kennzeichnet sich, im Vergleich zum herkömmlichen Mobbing, dadurch, dass der Betroffene keine sicheren Rückzugsräume mehr hat, da Ort und Zeitspanne nicht begrenzt sind (Tilp; Hilt 2018, S.19f.). Auch die Anonymität der sozialen Netzwerke sorgt für eine geringere Hemmschwelle bei Tätern (Tilp; Hilt 2018, S.19f.). Bei anderen Mobbingformen ist zudem meist ein Kraftgefälle vorhanden – sei es körperlich oder auf den sozialen Status bezogen. Cyber-Mobbing kann jedoch auch von „kräftemäßig unterlegenen“ Personen ausgehen. Weiterhin sind Inhalte schnell an ein unüberschaubares Publikum weitergegeben und können nicht immer endgültig aus dem Netz entfernt werden (Tilp; Hilt 2018, S.19f.). 21% der Teilnehmer*innen aus der zuvor erwähnten Befragung gaben an, sich vorstellen zu können, Täter zu werden, 8% waren schon Täter (vgl. Techniker Krankenkasse 2012, S.7).

2.2 Schönheits- und Männlichkeitsbilder im Wandel

Da Schönheits- und Rollenbilder einem stetigen Wandel unterworfen sind, kann keine universelle Norm für diese erlassen werden (vgl. Schmidt 2018, S. 24). „Das subjektive Schönheitsempfinden von Menschen ist abhängig von primären und sekundären Erfahrungen. Primäre Erfahrungen beschreiben in diesem Fall direkte Kontakte mit Schönheit oder einem bestimmten Körperideal an sich selbst oder Personen im Umkreis“. (Schmidt 2018, S.24). Sekundär geprägt werden Schönheitsideale vor allem durch Medien und Trends. Forschungsergebnisse legen offen, dass Körper bzw. Schönheitsideale kulturelle Konstrukte und damit auch milieuabhängig sind (Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 16). Schönheitsbilder sind somit keineswegs statisch. „(Sie) definieren sich kulturell (und) können, je nach Epoche und Kulturkreis, stark variieren.“ (ORF Science 2001, zitiert nach: Schmidt 2018, S.21). Noch bis Anfang des 20. Jahrhunderts war es angesehen, eine gewisse Körperfülle zu haben. Um solche Schönheitsmerkmale zu unterstreichen wurden Waden- und Hüftpolster getragen (Vgl. Posch 2009, S.37, zitiert nach: Schmidt 2018, S.23). Heute gelten vor allem Schlankheit, Fitness und Jugendlichkeit als schön (vgl. Schmidt 2018, S. 23). Modern sind bei Männern ein muskulöser Körperbau, besonders im Bereich des Oberkörpers, sonnengebräunte faltenfreie Haut (Schmidt 2018, S.23) sowie ein kantiges, markantes Gesicht (vgl. Posch (2001): S.95, in: Schmidt 2018, S.23).

Unter einem Ideal versteht man im allgemeinen Sprachgebrauch etwas Makelloses, Vollkommenes. Daher sind ebendiese Schönheitsideale auch schwer zu erreichen und fern von der Realität. Der Männerforscher Christoph May weist daraufhin, dass das heute allgemeinhin als ideal geltende männliche Körperbild „zu dominant, viel zu einseitig, hochproblematisch (ist, da es) andere Männerbilder ausschließt und gar nicht zulässt“ (Deutschlandfunk Nova 2020). Ein trainiertes Aussehen wird in unserer Gesellschaft mit Erfolg und Reichtum assoziiert (Lichtenegger 2015) und somit auch mit Werten, die ein besseres Leben zu versprechen scheinen.

Werden Männer, insbesondere Jugendliche, diesen Anforderungen nicht gerecht, führt das leicht zur Frustration (get-social.at 2020), zum einen aufgrund von Selbststigmatisierung, zum anderen durch Abweisung von anderen oder der Angst vor dieser. Dementsprechend steigt auch der Druck, das Erscheinungsbild zu beeinflussen und an die Vorstellungen des gängigen Schönheitsideals anzupassen, bei Frauen gleichsam wie bei Männern. Harvard-Forscher stellten beispielsweise fest, „dass Anabolika in den USA nicht mehr nur von Bodybuildern verwendet werden, sondern von etwa vier Millionen Freizeitsportlern“ (Stremmel 2017). Der Versuch, seinen Körper an unrealistische Schönheitsideale anzupassen, birgt also körperliche und psychische Risiken. Ebenso negativ wirkt sich jedoch auch die Abwertung aus, die viele aufgrund eines scheinbar nichtkonformen Körperbilds erfahren. Im Folgenden soll daher erörtert werden, welche Faktoren Bodyshaming verursachen oder begünstigen.

2.3 Ursachen, Faktoren und begünstigende Einflüsse auf Bodyshaming bei Männern

Die grundlegenden Ursachen für Bodyshaming finden sich auf psychologischer und gesellschaftlicher Ebene und lassen sich gut identifizieren. Einige davon treffen sowohl auf Frauen als auch auf Männer zu, andere scheinen besonders letztere einer stärkeren Gefahr der Demütigung aufgrund von körperlichen Merkmalen auszusetzen. Im Folgenden sollen einige dieser Einflüsse erläutert werden.

Die wohl meistgenannten Faktoren als Nährboden für Bodyshaming, sind Medien und soziale Netzwerke. Johanna Zierl, Psychotherapeutin an einem Wiener Institut für Menschen mit Essstörungen, bemerkt in ihrer Tätigkeit einen „erheblich steigenden, medial verursachten Druck, dem vor allem jüngere Männer ausgesetzt sind.“ (Lichtenegger 2015). Grund dafür mag sein, dass der Jugendliche, in der Pubertät, als Phase der Identitätsentwicklung, auf der Suche nach einem passenden Selbstkonzept ist (vgl. Schmidt 2018, S. 42). Kinder und Jugendliche werden durch die Medien einem „bestimmten Schönheitsideal ausgesetzt, welches sich in ihren Vorstellungen über den eigenen Körper verfestigt“ (ebd.). Besonders belastend ist dabei die kontinuierliche Präsenz dieser Ideale (ebd. S.3). Eine Befragung der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2012 ergab, dass 99% der Teilnehmer*innen (1000 Schüler*innen zwischen 14 – 20 Jahren) das Internet nutzen (vgl. Techniker Krankenkasse 2012, S.3). 88% sind aktive Mitglieder in Netzwerken und 63% sind dabei täglich aktiv (vgl. Techniker Krankenkasse 2012, S.3). Die Nutzung sozialer Netzwerke ist seitdem nicht zurückgegangen und Jugendliche sind, nahezu unkontrolliert, der Allgegenwärtigkeit verfestigter Schönheitsideale ausgesetzt. Social Media bietet eine Plattform, „(…) um sich nach den Regeln der medialen Aufmerksamkeitsökonomie und den gängigen Attraktivitätsstandards entsprechend zu präsentieren.“ (Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 13).

Selbstverständlich hat dies nicht nur Auswirkungen auf Jugendliche. Doch da sich diese, aufgrund einer höheren Technikaffinität, verstärkt in der digitalen Welt bewegen, sind sie auch besonders gefährdet (vgl. Robertz, Oksanen & Räsänen 2016, S.19). Eine ähnliche Wirkung haben auch in der Werbung präsentierte Schönheitsideale, denen nahezu alle Bevölkerungsgruppen ausgesetzt sind. Der Chirurgie-Experte Kleiner äußerte in einem Interview seine Bedenken diesbezüglich, da durch die Werbung „das Schönheitsideal erlebbar gemacht (wird), es strömt in jeder bewusst erlebten Minute auf die Gesellschaft ein (…)“ (Gläßel 2010, S.79, zitiert nach: Schmidt 2018, S. 25). Medien aller Art bringen menschliche oder gar fiktive Idole hervor, die sich durch spezifische körperliche Merkmale auszeichnen und dadurch das Verständnis von Schönheit in der Gesellschaft entscheidend prägen. Hat sich ein solches Bild verfestigt, erfolgt auch die äußerliche Beurteilung anderer Menschen nach diesem vorgefassten Schema. Einige machen auch die Erfahrung, wiederholt den Mangel eines bestimmten Schönheitsmerkmals nachgesagt zu bekommen, und gerade dadurch eine „Obsession für berühmte Menschen (zu entwickeln), die diese(n) auf eine extreme Weise aufweisen“ (get-social.at 2020). Während Vorbilder grundsätzlich etwas Positives sind, kann sich ein allzu ambitioniertes Nacheifern dieser auch schädlich auf das eigene Selbstbewusstsein auswirken. Auf diesem Weg kommt es nicht selten zur Selbststigmatisierung: Nicht immer sind es andere Personen, die jemandem dem Bodyshaming aussetzen - aufgrund solcher Einflüsse kann es leicht passieren, dass man(n) selbst zu seinem größten Kritiker wird. Der bereits zitierte Männerforscher Christoph May sieht eine besondere Problematik in der Tatsache, dass es keine Repräsentation variierender Körperbilder in den Medien gibt. Wenn man von Kindheit an denselben Idealen ausgesetzt ist, sind davon abweichende Realitäten kaum vorstellbar, weil diese auf solchen Plattformen schlichtweg nicht vorkommen (Deutschlandfunk Nova 2020) und wenn, dann in einer negativ konnotierten Form. Durch die Omnipräsenz sozialer Medien und den Grad der Vernetzung wird ein Nährboden für digitale Gewalt in Form von Bodyshaming geschaffen, was sich sowohl in der Anonymität der digitalen Welt bemerkbar macht, als auch in der alltäglichen Realität.

Erschwerend hinzu kommt die allgemeine Leitkultur, Attraktivität sei der Schlüssel zum Erfolg (Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 13). Dies macht sich vor allem die Schönheitsindustrie zu Nutze, welche inzwischen auch das männliche Geschlecht als Konsumenten entdeckt hat und diesem bestimmte äußerliche Anforderungen suggeriert, denen sie nur durch den Kauf bestimmter Produkte gerecht werden können (vgl. Stremmel 2017). Die Forschung zeigt, dass die Werbung in den vergangenen Jahren einen besonderen Fokus auf Männer und Jungen gelegt zu haben scheint (vgl. Green & Lankford 2016, S.35).

Die zunehmende Ökonomisierung der Gesellschaft macht auch vor sozialen Beziehungen nicht Halt. „Wir alle werden im konkreten zwischenmenschlichen Miteinander an unserem Marktwert gemessen, und dieser wird sehr stark von körperlicher Attraktivität bestimmt“ (Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 13). Eine britische Studie konnte beispielsweise nachweisen, dass große Männer auf beruflicher Ebene erfolgreicher sind (vgl. Tyrrell, Jones & Beaumont 2016). Korpulente Menschen haben deutliche Nachteile im Bewerbungsverfahren, da diesen unterstellt wird, weniger leistungsfähig oder diszipliniert zu sein (vgl. Albrecht 2020; Hamberger 2020). Auf diese Weise entwickelt sich der Körper zu einem Statussymbol. „In einer Gesellschaft des Überflusses, steht das Schlanksein für Selbstkontrolle und Stärke – das schaffen nur die Stärksten und Diszipliniertesten.“ (Albrecht 2020) „Der schöne und schlanke Körper ist zum symbolischen Kapital geworden, welches den beruflichen und privaten Erfolg sowie soziale Anerkennung zu garantieren vermag“ (Kreisky 2008, S. 148, zitiert nach: Graf 2012, S. 249, in: Filter & Reich). Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, durch die Anpassung an Schönheitsideale sein Körperkapital erhöhen zu wollen. Nicht zuletzt mit dem Ziel, „Aufmerksamkeit auf sich zu lenken und positives Feedback zu erhalten“ (Institut für Jugendkulturforschung Wien 2017, S. 14). Menschen legen Wert darauf, was andere Menschen von ihnen denken und welches Bild von ihnen in deren Kopf existiert. Gilbert und Miles bezeichnen dies als Schlüssel der menschlich-sozialen Interaktion (Gilbert & Miles 2002, S.17). So beginnt Bodyshaming oftmals bereits im engsten sozialen Umfeld der Betroffenen. Laut der Bodyshaming- Studie der internationalen Data and Analytics Group YouGov, haben 20% der 2.064 Teilnehmer*innen durch den Freundeskreis, 18% durch die Familie sowie 44 % von Arbeitskolleg*innen oder Bekannten eine Negativbeurteilung aufgrund von Äußerlichkeiten erfahren (vgl. Berger-Dinkel 2020). Diese Prozesse beginnen nicht selten unbemerkt bereits in der Kindheit. Teils aktiv, durch Kommentare der Familie bezüglich des äußeren Erscheinungsbilds eines Kindes, oder aber passiv, durch Beobachtung oder widersprüchliche Botschaften. Bemerkt ein Kind, dass ein Elternteil großen Wert auf sein Äußeres legt, ist es wahrscheinlich, dass es diese Denkmuster übernehmen und auf sich selbst übertragen wird (Green & Lankford 2016, S.32). Widersprüchliche Botschaften könnten gesendet werden, wenn ein Familienmitglied betont, dass es auf innere Werte ankommt, gleichzeitig aber sehr kritisch bezüglich des eigenen Erscheinungsbildes ist (vgl. ebd.). Hänseleien bergen eine große Gefahr, diese als Selbstkritik zu internalisieren (vgl. ebd.). Maßgeblichen Einfluss nimmt das soziale Umfeld auch in Form von Gruppendruck, da dieser das Bedürfnis verstärken kann, sich populären Körperbildern anzupassen (vgl. ebd., S.27).

Als weitere häufige Ursache von Bodyshaming wird die Unsicherheit der Täter selbst angeführt. Die You-Gov Umfrage stellte fest, dass 44% der Teilnehmer*innen das geringe Selbstbewusstsein des Täters als maßgeblichen Grund betrachten und 32 % die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper (vgl. Berger-Dinkel 2020). Auf diese Weise wird die eigene Unsicherheit auf andere projiziert, wovon Männer besonders betroffen sind. Diese tendieren, im Gegensatz zu Frauen dazu, Belastungen externalisierend zu verarbeiten, wodurch es eher zu einer solchen Übertragung kommt (vgl. Böhnisch 2019, S.42).

Eine weitere Theorie macht die Forderung nach Gleichberechtigung von Mann und Frau dafür verantwortlich, dass sich auch Männer zunehmend mit der Problematik des Bodyshaming und der starken Betonung von Schönheitsidealen konfrontiert sehen. Der Harvard-Professor Harrison Pope sagt: „Mit dem Fortschritt des Feminismus haben Männer ihre ehemals exklusive Rolle als Krieger und Ernährer aufgegeben.“ Der Fokus auf übertrieben muskulöse Körper sei eine „Reaktion auf diesen Wandel“ – das breite Kreuz als letzte Bastion echter Männlichkeit (Stremmel 2017).

Die genannten Faktoren beeinflussen in weiten Teilen sowohl Männer als auch Frauen. Dennoch wird Bodyshaming, in Bezug auf Männer, kaum thematisiert und erforscht. Im Folgenden soll ein möglicher Grund hierfür vorgestellt werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Bodyshaming bei Männern. Ursachen, Merkmale, Auswirkungen und Handlungsansätze für die Soziale Arbeit
Hochschule
Hochschule Zittau/Görlitz; Standort Görlitz
Veranstaltung
Grundlagen der Genderforschung
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1162844
ISBN (Buch)
9783346586841
Sprache
Deutsch
Schlagworte
bodyshaming, männern, ursachen, merkmale, auswirkungen, handlungsansätze, arbeit
Arbeit zitieren
Anna-Lena Krems (Autor:in), 2021, Bodyshaming bei Männern. Ursachen, Merkmale, Auswirkungen und Handlungsansätze für die Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1162844

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