Digitization, Digitalization und Digitaler Transformation. Branchenspezifische Systematisierung


Bachelor Thesis, 2021

74 Pages, Grade: 1,0

Anonymous


Excerpt


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einführung
1.1 Aufgabenstellung
1.2 Zielstellung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Digitalisierung
2.1 Historische Einordnung
2.2 Systematisierung
2.3 Digitization
2.4 Digitalization
2.5 Digitale Transformation

3 Branchenübergreifende Veränderungen
3.1 Veränderung des Konsumverhaltens
3.2 Datengetriebene Geschäftsmodelle
3.3 Software als Wettbewerbsvorteil

4 Digitales Ökosystem
4.1 Systematisierung
4.2 Aufbau und Funktionsweise
4.3 Services
4.4 Teilnehmer und Partner
4.5 Domänen Ökosystem
4.6 Bewertung

5 Digitale Plattformen
5.1 Einordnung in Digitales Ökosystem
5.2 Systematisierung Digitale Plattform
5.3 Aufbau und Funktionsweise
5.4 Plattformökonomie
5.5 Netzwerkeffekte
5.6 Erlösmodelle Digitaler Plattformen
5.6.1 Freemium
5.6.2 Flatrate
5.6.3 Abonnement
5.6.4 Hidden Revenue
5.6.5 Long Tail
5.7 Vergleich Pipeline Unternehmen

6 Systematisierung der Finanzbranche
6.1 Funktionen und Typen von Banken
6.2 Digitization der Finanzbranche
6.2.1 Zahlungskarten
6.2.2 Bankautomaten
6.3 Digitalization der Finanzbranche
6.3.1 Electronic Banking
6.4 Digitale Transformation der Finanzbranche
6.4.1 Transformation des traditionellen Bankwesens
6.4.2 Fintechs
6.5 Fintech Geschäftsmodelle
6.5.1 Crowdfunding
6.5.2 Mobile Banking
6.5.3 Mobile Payments
6.5.4 Robo-Advisor
6.5.5 Insurtech
6.5.6 Mobile Bank N
6.5.7 Digitaler Vermögensverwalter Quirion
6.5.8 Crowdfundingplattform Seedmatch
6.6 SWOT Analyse
6.7 Kooperation statt Rivalität
6.8 Visualisierung der Phasen im Digitalisierungsmodell
6.9 Bewertung und Interpretation

7 Systematisierung der Musikbranche
7.1 Digitization der Musikbranche
7.1.1 Die MP
7.1.2 Die CD
7.2 Digitalization der Musikbranche
7.2.1 Musiktauschbörsen
7.2.2 Musikbörsen
7.3 Digitale Transformation in der Musikbranche
7.3.1 Disruption der Musikbranche
7.3.2 Streamingdienst Spotify
7.3.3 Veränderung der Musik durch Algorithmen
7.4 Wandel des Konsums
7.5 Visualisierung der Phasen im Digitalisierungsmodell
7.6 Bewertung und Interpretation

8 Systematisierung der Automobilbranche
8.1 Digitization der Automobilbranche
8.1.1 Erste Sicherheitssysteme
8.2 Digitalization der Automobilbranche
8.2.1 Online-Autokonfigurator
8.2.2 Infotainment Systeme
8.3 Digitale Transformation der Automobilbranche
8.3.1 Neue Marktteilnehmer
8.3.2 Geschäftsmodellveränderung der Automobilbranche
8.3.3 Industrie
8.3.4 Connected Car
8.3.5 Carsharing
8.3.6 Auto-Abo Modell
8.3.7 Konzept einer Geschäftsmodellveränderung
8.4 Visualisierung der Phasen im Digitalisierungsmodell
8.5 Bewertung und Interpretation

9 Fazit

Literaturverzeichnis

Aus urheberrechtlichen Gründen wurden einige Abbildungen aus dieser Publikation entfernt.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Apples Interpretation von "Ich denke, also bin ich" (Internet-Blog)

Abbildung 2: Die Phasen der Digitalisierung (Eigene Darstellung)

Abbildung 3: Der Verlauf der Digitalen Transformation (Eigene Darstellung)

Abbildung 4: Der App Store als Software-Wettbewerbsvorteil (Internet-Blog)

Abbildung 5: Das Digitale Ökosystem Airbnb (Eigene Darstellung)

Abbildung 6: Die Funktionsweise des Digitalen Ökosystems (Eigene Darstellung)

Abbildung 7: Der Ökosystem-Service "Fahrtvermittlung" (Eigene Darstellung)

Abbildung 8: Die Akteure in einem Digitalen Ökosystem (Eigene Darstellung)

Abbildung 9: Konstellationen der Ökosystem-Partner in unterschiedlichen Märkten (Eigene Darstellung)

Abbildung 10: Domänen-Ökosysteme sowie die Berührungspunkte (Eigene Darstellung)

Abbildung 11: Die Digitale Plattform als "Croupier" des wertschaffenden Spielverlaufs (Eigene Darstellung)

Abbildung 12: Die Plattformtypen (Herda/Friedrich/Ruf, 2018, S. 7)

Abbildung 13: Die Digitale Plattform innerhalb eines Digitalen Ökosystems (Eigene Darstellung)

Abbildung 14: Das Geschäftsmodell der Plattformökonomie (Eigene Darstellung)

Abbildung 15: Die Kriterien einer Plattform im Sinne der Plattformökonomie (Eigene Darstellung)

Abbildung 16: Die klassische Wertschöpfungskette (Herda/Friedrich/Ruf, 2018).

Abbildung 17: Die Akteure in der Finanzbranche (Eigene Darstellung)

Abbildung 18: Verschiedene Crowdfundingarten (Eigene Darstellung)

Abbildung 19: Die steigende Anzahl an Steuergeräten im VW Golf (Eigene Darstellung)

Abbildung 20: Die Digitalization der Mensch-Maschine-Interaktion (Eigene Darstellung)

Abbildung 21: Das Auto-Abo Modell im Vergleich (Digital Affin)

Abbildung 22: Die Übersicht des Patents, die Vogelperspektive links, die Werbetafel rechts (United States Patent and Trademark Office, 2021)

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Gegenüberstellung von Geschäftsmodellen

Tabelle 2: Business Model Canvas N

Tabelle 3: Die Phasen der Digitalisierung in der Finanzbranche

Tabelle 4: Value Proposition Canvas

Tabelle 5: Bedürfnispyramide nach Maslow

Tabelle 6: Die Phasen der Digitalisierung in der Musikbranche

Tabelle 7: Die Phasen der Digitalisierung in der Automobilbranche

1 Einführung

1.1 Aufgabenstellung

Die Digitalisierung sorgt für eine tiefgreifende Transformation aller Lebensbereiche und wird deshalb allgemein auch als Umbruch wahrgenommen. Begriffe wie „digitale Revolution“ oder „4. Industrielle Revolution“ bestätigen diese Tatsache (vgl. Schwab, 2016, p. 11-12). Die Digitalisierung bietet durch ihre Technologien eine nie dagewesene Chance, erhöht jedoch auch den Innovationsdruck ungemein. Wenn man den Verlauf der Digitalisierung näher betrachtet, wird deutlich, dass zu Beginn der digitalen Revolution Anfang der 1980er Jahre, hauptsächlich die digitalen Technologien im Fokus standen. Der technologische Fortschritt ermöglicht jedoch eine völlig neue Art von Produkten und Dienstleistungen. Wer hätte im Jahre 1998 gedacht, dass der Suchalgorithmus eines kleinen Startups namens „Google“, eines Tages mehr wert sein wird als ein ganzer Konzern wie Daimler mit all seinen Fabriken und Ingenieuren? Neue Geschäftsmodelle rücken deshalb immer mehr in den Vordergrund, sie sind eine digitale Chance — aber auch eine digitale Notwendigkeit.

Die Digitalisierung ist längst in unser aller täglich Leben angekommen, gezahlt wird mit der Smartwatch, eine Mitfahrgelegenheit per App geordert und Musik gestreamt. Dabei kennt die Playlist, dank Algorithmen, einen besser als man selbst. Diese heutzutage als selbstverständlich angesehenen Möglichkeiten, sind Startups zu verdanken. Sie nutzen digitale Technologien innovativ und können durch ihr rasches Wachstum viele neue Kunden gewinnen. Klassische Unternehmen landen in der Nahrungs- bzw. Wertschöpfungskette ganz hinten und werden als altbacken und nicht innovativ abgestempelt.

Um das Erfolgsrezept der Kombination von Technologie und neuartigem Geschäftsmodell verstehen zu können, muss man den Verlauf der Digitalisierung gesamtheitlich betrachten. Jede Phase der Digitalen Transformation lieferte nicht nur Lösungen, sondern fordert sie gleichzeitig.

Der Philosoph Descartes schreibt in einem seiner Werke: „Nun hatte ich beobachtet, daß in dem Satz: ,Ich denke, also bin ich.‘ überhaupt nur dies mir die Gewißheit gibt, die Wahrheit zu sagen, daß ich klar einsehe, daß man, um zu denken, sein muß“ (Wikipedia).

Apple fasste diesen Gedanken in einer Werbekampagne 1998 für einen neuen Personal Computer auf, formulierte den

Grundsatz „Ich denke, also bin ich“ um und schuf „I think, therefore iMac“. Dieser Werbespruch beschreibt die heutige Situation vieler Unternehmen immer noch sehr gut, denn: „Überhaupt nur dies gibt die Gewissheit, die Wahrheit zu sagen, dass man um zu sein, digital sein muss“.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Apples Interpretation von "Ich denke, also bin ich" (Internet­Blog)

1.2 Zielstellung

Das Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist es, den Begriff „Digitalisierung“ für den Leser greifbar werden zu lassen. Die Digitalisierung, oftmals nur von einer technischen Sicht aus betrachtet, ist so viel mehr als Bits und Bytes. Digitalisierung steht für den Wandel der gesamten Wirtschaft und letztendlich der Gesellschaft. Um dem Verlauf der Digitalisierung folgen zu können, wird der Begriff in seine drei Phasen Digitization, Digitalization und Digitale Transformation aufgeteilt. Die Disruption traditioneller Märkte und Produkte, wird anhand der Phasen und deren Charakteristika systematisiert und mit Beispielen aus verschiedenen Branchen veranschaulicht. Diese Arbeit soll zeigen, wie digitale Produkte, den Weg für digitale Geschäftsmodelle geebnet haben.

1.3 Aufbau der Arbeit

Der Aufbau dieser Arbeit gliedert sich in die Bereiche Einleitung, Grundlagen, Hauptteil und Fazit.

In der Einleitung wird die Aufgabenstellung, die Zielstellung und der Aufbau der Arbeit beschrieben.

Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Digitalisierung“ systematisiert. Der Begriff wird in seine drei Phasen zerlegt, dabei wird jede Phase näher erläutert.

Das dritte Kapitel beschreibt die allgemeinen Veränderungen im Zeitalter der Digitalen Transformation. Diese Veränderungen sind in allen Branchen spürbar.

Kapitel vier und fünf erläutern die Grundlagen der Digitalen Ökosysteme und Digitalen Plattformen. Hier werden die Begriffe systematisiert, der Aufbau und die Funktionsweise erklärt, sowie in allgemeine Grundlagen eingeführt.

In den darauffolgenden Kapiteln werden die Finanz-, Musik- und Automobilbranche systematisiert. Hierfür werden Beispiele in jeder Phase aufgeführt und erläutert. Jede Branche erhält zudem einen individuellen Schluss.

Der Abschluss dieser Bachelorarbeit ist das Fazit.

2 Digitalisierung

2.1 Historische Einordnung

Der erste tiefgreifende Wandel der menschlichen Lebensweise geschah durch die Agrarrevolution und der Domestikation von Tieren. Dies ermöglichte eine verbesserte Nahrungsmittelproduktion, ein Bevölkerungswachstum, größere Siedlungen und beflügelte die Kommunikation.

Auf die Agrarrevolution folgte eine Reihe industrieller Revolutionen. Die Erste begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diese markierte den Übergang von der Muskelkraft zur mechanischen Kraft und somit zur mechanisierten Produktion. Die erste industrielle Revolution dauerte von etwa 1760 bis etwa 1840.

Die zweite industrielle Revolution des frühen 20. Jahrhunderts, ermöglichte die Massenproduktion, gefördert durch das Aufkommen von Strom und der Fließbandarbeit. Die Möglichkeit, Güter in großen Mengen zu produzieren, sowie steigende Löhne, führten zu einer Erhöhung der Nachfrage. Mit ihr beginnt die Konsumgesellschaft.

Die dritte industrielle Revolution begann in den 1970er Jahren. Sie wird normalerweise als Computer- oder digitale Revolution bezeichnet. Mit der digitalen Revolution wurde die Digitalisierung geboren. Mit der Entwicklung von Halbleitern konnten Industriemaschinen eigenständiger und produktiver arbeiten. Mit dem Personal Computing und dem Aufkommen des Internets nahm die Digitalisierung Einzug in die Haushalte der Menschen.

Die vierte industrielle Revolution begann um die Jahrhundertwende und baut auf der digitalen Revolution auf. Sie zeichnet sich durch das allgegenwärtige mobile Internet und durch digitale Plattformen aller Art aus. Diese vierte industrielle Revolution wird auch Industrie 4.0 genannt und dauert bis heute an. Prägend sind vor allem die neuen Geschäftsmodelle vieler junger Startups. Gegenwärtig stellen diese Startups traditionelle Geschäftsmodelle in Frage und wälzen ganze Branchen um (vgl. Schwab, 2016, S. 11—13).

2.2 Systematisierung

Die Bedeutung des Begriffs „Digitalisierung“ bezeichnet das Umwandeln von analogen Informationen in digitale Daten (vgl. Loebbecke, 2006, S. 360). Während Loebbecke noch diese ursprüngliche, technische Definition verwendet, ist Becker schon einen Schritt weiter: „Unter Digitalisierung wird die Veränderung von Geschäftsmodellen durch die Verbesserung von Geschäftsprozessen aufgrund der Nutzung von Informations- und Kommunikationstechniken verstanden“ (Becker u. a., 2013, S. 54). An diesen unterschiedlichen Definitionsansätzen lässt sich erkennen, dass sich die Bedeutung des Begriffs „Digitalisierung“ zwar gewandelt hat, eine eindeutige Definition jedoch nicht existiert. Dies bedeutet nicht, dass die einzelnen Definitionen falsch sind, sondern dass der Begriff Digitalisierung im deutschen nicht eindeutig bestimmt ist. Der Begriff findet allgemein eine sehr schwammige Verwendung, da er als „Modewort“ benutzt wird, für alles was auf irgendeiner Weise mit der Digitalisierung zu tun hat. Um den Digitalisierungsbegriff eindeutig verwenden zu können, ist ein genaues Begriffsverständnis nötig. Es ist wichtig zu verstehen, dass neben der rein technischen Betrachtung, zunehmend auch wirtschaftliche Auswirkungen auf Geschäftsmodelle beachtet werden. Diese Definitionsevolution lässt vermuten, dass es so etwas wie einzelne Phasen im Verlauf der Digitalisierung gegeben haben muss. Wenn man sich die englische Definition der Digitalisierung ansieht, wird deutlich, dass diese tatsächlich in Stufen oder Phasen gedacht wird. Eine Schwierigkeit stellt jedoch die Benennung der einzelnen Phasen im deutschen dar. Es existieren unterschiedliche Bezeichnungen, die das Gleiche meinen oder gleiche Begriffe, welche unterschiedlichen Phasen meinen. Um die einzelnen Phasen klar zu benennen und in dieser Arbeit ohne Verwechslung nutzen zu können, werden deshalb die englischen Bezeichnungen verwendet. Wer zum Beispiel im deutschsprachigen Raum von Digitalisierung spricht, hat womöglich die englische Übersetzung „Digitalization“ im Kopf. Wenn man jedoch vom Wandel analoger in digitale Signale spricht, wäre dies im englischen die „Digitization“, auf Deutsch hingegen jedoch auch „Digitalisierung“. Man sieht, wie die einzelnen, granularen Bedeutungen des englischen, im deutschen einfach im Oberbegriff „Digitalisierung“ zusammengefasst sind und eine unterscheidbare Verwendung des Begriffs Digitalisierung verhindern. Aus diesem Grund werden in dieser Arbeit die englischen Begriffe verwendet.

Der Oberbegriff „Digitalisierung“ kann somit in seine drei Phasen aufgeteilt werden: Digitization, Digitalization und Digitale Transformation, vgl. Abbildung 2.

Jede einzelne dieser Phasen beinhaltet nicht nur die technologischen Veränderungen, sondern ebenso deren charakteristischen Folgen in der Wirtschaft und Gesellschaft. Die Evolution der Phasen demonstriert die fortlaufende Ergänzung des Begriffs Digitalisierung, um die immer schneller entwickelten neuen Technologien und deren Auswirkungen besser benennen und verstehen, sowie Maßnahmen ableiten zu können. Die Definition von Keuper scheint die Gesamtsituation am besten zusammen zu fassen: „Digitalisierung — also die Transformation kontinuierlicher Größen in Nullen und Einsen, gefährdet einerseits traditionelle Geschäftsmodelle, ermöglicht aber gleichzeitig den Aufbau völlig neuartiger ,digitaler Ökosysteme‘ mit erheblichen Effektivitäts- und Effizienzsteigerungspotentialen“ (Keuper u. a., 2013, S. VII).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Phasen der Digitalisierung (Eigene Darstellung)

2.3 Digitization

Digitization ist der englische Begriff für die Umwandlung analoger Werte in digitale Formate. Scannt man die Seite eines Buches, werden diese analogen Informationen in einem digitalen Format gespeichert. Die Seite existiert nun, in einem Format aus Bits und Bytes, auf einem Speicherchip. Jedes Mal, wenn ein Foto oder Dokument fotografiert oder scannt wird, digitiziert man es (vgl. Prause, 2020). Die Digitization steht jedoch auch für einen Prozess, bei welchem zum Beispiel ein Fragebogen, der ursprünglich von Hand ausgefüllt werden musste, nun online ausgefüllt werden kann. Das sogenannte „papierlose Büro“, vor allem während der Corona-Pandemie, ist ein Paradebeispiel für die Digitization.

Ein weiteres prägnantes Beispiel der Digitization ist die Musik-CD. Die CD ersetzte die analogen Kassetten und Schallplatten durch ein digitales Format. Der Grund für den Erfolg war die bessere Klangqualität der CD und nicht etwa der Formfaktor. Ein portabler CD-Player ist zum Teil sogar größer als ein analoger Walkman, da die Informationen auf einem physischen Rohling gespeichert werden. Auch das eingescannte Blatt Papier, wird durch die Digitization nicht verschwinden. Die Digitization konvertiert somit nur die Daten, jedoch nicht den Datenträger selbst.

Aus diesem Grund hatte die Digitization keinen Einfluss auf das Geschäftsmodell eines Unternehmens und führte somit zu keinen neuen Unternehmensstrategien, da sich lediglich das Format der Daten änderte (vgl. Gobble, 2018, S. 56).

Die Phase der Digitization, in welcher erstmals analoge zu digitalen Produkten umgewandelt wurden, wird auch als die erste Phase der Digitalisierung gesehen und begann in den 1980er Jahren.

2.4 Digitalization

Die zweite Phase der Digitalisierung wird auch „Digitalization“ genannt und begann im Jahre 2000. Digitalization bezeichnet den Prozess, bei welchem digitale Daten, mit Hilfe von Informationstechnologie verarbeitet werden. Durch den großflächigen und intensiven Einsatz von Informationssystemen, ändern sich analoge Geschäftsprozesse zu digitalen Prozessen. Der Vorteil des „Formfaktors“ digitaler Daten wird dabei genutzt, um Prozesse zu vereinfachen. Die Digitalization kann neue Wertströme schaffen und verändert die Art mit welcher auf digitale Produkte zugreift (vgl. Gobble, 2018, S. 56). Dies lässt sich am Beispiel der Musikbranche visualisieren. In dieser Phase der Digitalisierung ist niemand mehr gezwungen in ein Musikgeschäft zu gehen, um Musik zu kaufen. Die Lieder lassen sich jetzt bequem im Internet auf einer Musikbörse herunterladen.

Die Digitalization wird deshalb auch als eine Art und Weise gesehen, bei der viele Bereiche einer Gesellschaft, um digitale Kommunikations- und Medieninfrastrukturen herum umstrukturiert werden (vgl. Brennen/Kreiss, 2016).

2.5 Digitale Transformation

Zurzeit befinden wir uns in der Phase der Digitalen Transformation, welche die aktuell letzte Phase der Digitalisierung darstellt. In dieser Phase verändert die Technologie das gewohnte Wirtschaftsleben und die Gesellschaft. Diese Veränderung wird durch neue, digitale Geschäftsmodelle ermöglicht, welche durch ihre Innovationskraft ganze Branchen disruptieren. Wo in der Phase der Digitalization materielle Vertriebsstrukturen virtuell abgebildet wurde, wird jetzt etwas komplett Neues erschaffen. Der Fokus verschiebt sich von der reinen Technologie auf die neuen Geschäftsmodelle, welche mit Hilfe der Technik umgesetzt werden, vgl. Abbildung 3. Wenn zum Beispiel von einem Digitalen Ökosystem gesprochen wird, meint man hier nicht nur die digitale Infrastruktur, sondern ebenso die Akteure die von dieser Infrastruktur profitieren und den gebotenen Mehrwert nutzen.

Die Digitale Transformation zeigt sich in einigen Branchen wie folgt: Klassische Taxiunternehmen transportieren Fahrgäste, Uber dagegen verbindet Fahrer mit Fahrgästen. Hotels bieten Übernachtungsmöglichkeiten an, Airbnb verbindet Gastgeber mit Feriengästen. Diese innovativen digitalen Geschäftsmodelle besitzen ein enormes Veränderungspotenzial. Sie dringen in etablierte Branchen und brechen dort traditionelle Wettbewerbslogiken auf. Bestehende starre Strukturen werden zerschlagen. Traditionsreiche Unternehmen stehen in dieser Situation vor einem Dilemma. Anders als Startups oder branchenfremde Marktteilnehmer besitzen sie bereits ein etabliertes, oft sehr profitables Geschäftsmodell (vgl. Scherer/Reck/Fliaster, 2019, S. 58).

Für einen anhaltenden Erfolg eines Unternehmens in der Digitalen Transformation, ist es von zentraler Bedeutung, den Schritt als „First-Mover“ zu wagen. So können Wettbewerbsvorsprünge, welche mit dem frühen Markteintritt in Verbindung stehen, verfestigt werden. Vor allem Startups folgen dieser Strategie. Durch den entstehenden „Lock-In Effekt“ können Kunden langfristig an das eigene Unternehmen gebunden werden. Je früher der First­Mover Schritt gemacht wird, desto höher werden die Wechselkosten für den Kunden. Sobald ein Kunde an die eigene Plattform gebunden ist, kann das Angebot, wie bei Amazon, stetig erweitert werden (vgl. Halberstadt, 2014, S. 20).

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Abbildung 3: Der Verlauf der Digitalen Transformation (Eigene Darstellung)

3 Branchenübergreifende Veränderungen

3.1 Veränderung des Konsumverhaltens

Der Wandel des Konsumverhalten ist auf die technologische Entwicklung zurückzuführen. Wie das Beispiel der Online-Kaufhäuser zeigt, hatte insbesondere die Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien einen maßgeblichen Einfluss auf das Konsumverhalten. Auf der einen Seite verändern das Internet, neue Konzepte der Bereitstellung von IT-Ressourcen (Cloud-Computing) und Big Data grundlegend, wie Unternehmen ihre Produkte distribuieren und vermarkten können. Auf der anderen Seite erzeugt die ständige Verfügbarkeit der Technologie und ihr Einsatz in immer mehr Bereichen des täglichen Lebens eine neue Erwartungshaltung bei den Verbrauchern. So zeigt zum Beispiel der Erfolg von Startups wie Netflix und Spotify, dass „on demand“, die Möglichkeit zum Medienkonsum auf Abruf, zum Standard wird.

Aus Sicht des Konsumenten, verändert sich durch die Kombination von mobilen Endgeräten, sozialen Medien und dem Internet wie, wann und wo sie Inhalte und Produkte konsumieren. Die Plattformbetreiber verbinden mit Hilfe ihrer Streaming-Plattformen den Medienkonsum mit der Welt der sozialen Medien, um Konsumenten miteinander zu verbinden und deren Nutzungsverhalten zu analysieren. Doch nicht nur das Kaufverhalten verändert sich. Konsumenten stellen sich in der Digitalen Transformation die Frage: Muss ich der Eigentümer sein, um ein Produkt nutzen zu können? (vgl. Hildebrandt/Landhäußer, 2021, S. 86 f.)

3.2 Datengetriebene Geschäftsmodelle

Datengetriebene Geschäftsmodelle vereinen die Nutzung von Big Data mit neuen, digitalen Geschäftsmodellen (siehe Tabelle 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Tabelle 1: Gegenüberstellung von Geschäftsmodellen, In Anlehnung an Pflaum, Meinhardt, 2019, S. 12)

3.3 Software als Wettbewerbsvorteil

Obwohl die Software in der Praxis eine ausgesprochen hohe Relevanz besitzt, wird sie momentan nicht sonderlich beachtet. Dabei wirken sich smarte, vernetzte und softwarebetriebene Produkte sowohl auf die jeweiligen Unternehmen, als auch auf die Wettbewerbsverhältnisse im Markt aus. Software kann im Zeitalter der Digitalen Transformation ganz klar als Wettbewerbsvorteil nach Porter gesehen werden. Die Nutzung von Software führt außerdem zur Entstehung neuer Geschäftsmodelle. Die Entwicklungen lassen sich aktuell in der Automobilindustrie beobachten, wo die Software immer mehr in das Produkt „Auto“ Einzug hält. Branchenfremde Big-Player aus dem digitalen Sektor dringen in den Automobilmarkt ein und verschieben Branchengrenzen. Gleichzeitig entwickeln sich Automobilhersteller vom reinen Fahrzeughersteller immer mehr zum Softwareunternehmen. Darüber hinaus eröffnet sich den Automobilproduzenten die Möglichkeit, mit neuen Erlöskonzepten durch innovative Connected Car Dienstleistungen Einnahmen zu generieren. Daraus resultieren letztendlich digitale Geschäftsmodelle. Software wird viele materielle Produkte jedoch nicht ersetzen können, der Einsatz der Software wird jedoch stetig steigen. Kunden bewerten physische Produkte immer mehr nach den Mehrwerten, die ein Produkt mit Hilfe der Software erbringen kann. Das erste iPhone wurde fasst zum Flop, bis die Software, hier in Form eines App Stores, den Mehrwert eines Mobiltelefons exponentiell anwachsen lies (vgl. Horowitz, 2011).

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Abbildung 4: Der App Store als Software-Wettbewerbsvorteil (Internet-Blog)

4 Digitales Ökosystem

4.1 Systematisierung

Für die Systematisierung des Begriffs „Digitales Ökosystem“ gibt es einige unterschiedliche Ansätze. Der Autor Dieter Masak definiert ein Digitales Ökosystem als ein rein technisches System. Ein Digitales Ökosystem ist demnach ein dynamischer und vielschichtiger Komplex aus digitalen Systemen, bestehend aus miteinander verbundenen, wechselwirkenden und gegenseitig abhängigen digitalen Komponenten. Diese existieren auf einer digitalen Infrastruktur und interagieren als Services, dabei sind sie über Aufrufe, Informations- und Transaktionsflüsse miteinander verbunden (vgl. Masak, 2009, S. 212 f.). Da Ökosysteme jedoch als Ganzes betrachten werden müssen, darf die digitale Technik und die soziale Interaktion, zwischen den verschiedenen Akteuren in einem Digitalen Ökosystem, nicht als Dualismus betrachten werden. Dies bedeutet, dass ein Digitales Ökosystem immer aus einem technischen und einem sozialen System besteht. Somit muss die technische Definition, um den sozialen Gesichtspunkt erweitert werden.

Der deutsche Soziologe Niklas Luhmann bestimmt den Begriff des sozialen Systems wie folgt: Soziale Systeme bestehen nicht nur aus menschlichen Akteuren oder Handlungen, sondern aus Kommunikation. Soziale Systeme sind durch ihre Kommunikation autonom, jedoch nicht autark — sie sind auf technische Systeme in ihrer Umwelt angewiesen. Dieses technische und soziale Ineinandergreifen gibt den Ansatz des soziotechnischen Systems wieder, vgl. Abbildung 5. Der Begriff des „soziotechnischen Systems“ geht auf den soziotechnischen Geltungsansatz des englischen Tavistock Instituts zurück und zielt auf die gemeinsame Optimierung von sozialen und technischen Systemen (vgl. Maucher/Paul/Rudlof, 2002, S. 129 f.). Ein Digitales Ökosystem als soziotechnisches System umfasst somit nicht nur digitale, technische Systeme, sondern Menschen und Organisationen sowie deren Kommunikation und Beziehungen (vgl. Trapp u. a., 2020a).

Das Prinzip eines Digitalen Ökosystems lässt sich an einem Beispiel wie etwa Airbnb erklären. Airbnb ist ein Digitales Ökosystem zur Vermietung von Unterkünften aller Art. Neben den Soft- und Hardwaresystemen umfasst es die Kunden, die privaten Vermieter aber auch den Kundensupport.

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4.2 Aufbau und Funktionsweise

Ein Digitales Ökosystem entsteht dadurch, dass Unternehmen ein Geschäftsmodell rund um ein neuartiges Bedürfnis erkennen und mit Hilfe von aktuellen Technologien ein Ökosystem aufbauen, welches darauf ausgerichtet ist, dieses Bedürfnis zu stillen (vgl. Trapp u. a., 2020b). Dieses ungestillte Bedürfnis kann unter anderem noch unbekannter Natur sein, der Nutzer wusste nicht, bevor er die Problemlösung sah, dass er dieses Defizit überhaupt hatte. Henry Fords berühmtes Zitat „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde“, zeigt dies deutlich. Diese Ökosysteme haben durch ihre Art deshalb die Eigenschaft, bestehende Branchen tiefgreifend zu verändern. Sie überschreiten die traditionellen, streng definierten Grenzen von zentralisierten oder verteilten Modellen und verwandeln diese in eine offene, flexible und bedarfsorientierte Umgebung. Die Schwächen einer einfachen Client-Server-, Peer-to-Peer- oder Grid-Dienstleistung werden durch die netzwerkartige Architektur und kollaborative Umgebungen ausgemerzt (vgl. Boley/Chang, 2007, S.1).

Für die Gestaltung und Umsetzung eines Digitalen Ökosystems gibt es jedoch keine allgemeingültige Blaupause. Der Ökosystem-Initiator hat die Aufgabe, das Design und die technologische Basis des gewünschten Ökosystems auf die Domäne, das Geschäftsmodell und die verfolgte Strategie maßzuschneidern. Um die verschiedenen Geschäfts- und Marktpartner einer Branche zusammen zu bringen, ist eine digitale Infrastruktur von Nöten, auf der die Kommunikation und Interaktion stattfindet, vgl. Abbildung 6. Neben dem Geschäftsmodell und der digitalen Infrastruktur, gehören zu einem funktionierenden Ökosystem, vor allem dessen Teilnehmer. Eine Hürde hierbei ist die Abstimmung der unterschiedlichen Teilnehmergruppen, um eine funktionierende, wertschaffende Interaktion zu gewährleisten. Nur eine gut aufeinander abgestimmte Anzahl an Teilnehmern gewährt einen wirtschaftlichen Erfolg, denn ohne Angebot gibt es keine Nachfrage und ohne Nachfrage existiert kein Angebot (vgl. Trapp u. a., 2020b). Das Design des Digitalen Ökosystems, ermöglicht es den teilnehmenden Akteuren, gleichzeitig ein Kunde und ein Anbieter zu sein. In einer Interaktion kann ein Akteur eine Dienstleistung anfordern, parallel während einer anderen Interaktion eine Dienstleistung anbieten (vgl. Boley/Chang, 2007, S. 3). Auf der Plattform Airbnb zum Beispiel, kann ein Nutzer eine Ferienwohnung mieten und gleichzeitig seine eigene Wohnung zu Verfügung stellen. Digitale Ökosysteme sind somit komplexe, mehrseitige digitale Systeme, die große Netzwerke von Nutzern enthalten. Nutzer agieren in unterschiedliche Rollen und auf vielfältige Weise (vgl. Parker/Van Alstyne/Choudary, 2016, S. 30).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Die Funktionsweise des Digitalen Ökosystems (Eigene Darstellung)

4.3 Services

Digitale Ökosysteme erlauben es Nutzern, Wissen aufzubauen und zu teilen (Wikipedia), sich zu verbinden und auszutauschen (LinkedIn, Facebook), Waren zu kaufen und verkaufen (Amazon, Ebay), Fotos zu teilen (Instagram), Filme und Videos zu konsumieren (Netflix, YouTube) und zusammen kollaborativ zu arbeiten (Google Docs) (vgl. Karakas). Diese Nutzungsarten werden erst durch einen Ökosystem-Service möglich. Der Ökosystem-Service ist die Grundlage für die gebotenen einzigartigen Mehrwerte, welche die Teilnehmer von dem jeweiligen Ökosystem erwarten. Ein Ökosystem-Service ist zum Beispiel die Dienstleistung „Fahrtvermittlung“ der Plattform Uber, vgl. Abbildung 7. Die Erwartung des Kunden gegenüber dem angebotenen Dienst stützt sich auf das Versprechen des Ökosystem-Initiators, der ein Bedürfnis erkennt und dieses Defizit mit seinem Ökosystem-Service lindern will. Ein Digitales Ökosystem unterscheidet sich von einem traditionellen Ökosystem dadurch, dass der Service ausschließlich digital erbracht wird. Der Ökosystem-Service übernimmt hierbei die Aufgabe eines Vermittlers und will Anbieter und Nachfrager eines Produktes oder Dienstleistung zusammenführen. Es ist durchaus möglich, dass der Ökosystem-Initiator die Dienstleistung selber erbringt, wie beim Cloud-Anbieter Dropbox. Beim Matching mit anderen Anbietern, werden die Assets des Anbieters mit den Wünschen des Nachfragers zusammengebracht. Dieses Matching des Ökosystem-Service lässt sich nach einem festen Schema charakterisieren. Es folgt diesem Schema: Name des Ökosystem-Services bietet Dienstleistung von Asset von Anbieter des Assets an Kunden des Assets an. Bei der Etablierung eines Ökosystem­Service ist es wichtig, dass der Initiator, den zu bietenden Service klar ausformuliert. Konjunktionen wie „und“ oder „oder“ sind ein Zeichen, dass sich der Initiator seiner Kerntätigkeit oder den Bedürfnissen seiner Zielgruppe noch nicht vollkommen bewusst ist (vgl. Trapp u. a., 2020a). Eine charakteristische Eigenschaft von Unternehmen deren Geschäftsmodell auf einem Digitalen Ökosystem basiert, ist die Tatsache, dass diese Unternehmen mit einer einfachen Dienstleistung begonnen haben. Darauf aufbauend, erweiterten sie dieses Ökosystem und bieten heute viele zusätzliche Ökosystem-Services an (vgl. Institut für Vertrieb und Transformationsmanagement e.V., 2018, S. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.4 Teilnehmer und Partner

Die Akteure in einem Digitalen Ökosystem können in zwei Gruppen eingeteilt werden. Direkte Nutzer, welche unmittelbar am Ökosystem beteiligt sind, werden Ökosystem-Partner bezeichnet. Sie verwenden eine direkte Schnittstelle zum Ökosystem, dies kann eine technische oder grafische Nutzerschnittstelle sein. Akteure, welche nur indirekt mit dem Ökosystem in Berührung kommen, also keinen direkten Nutzer, werden Ökosystem-Teilnehmer genannt, vgl. Abbildung 8. Die Benennung der unterschiedlichen Gruppen hilft die Grenzen des Ökosystems aus zu machen, hilft aber auch den Einfluss des Ökosystems, weit über dessen Grenzen hinaus, zu verdeutlichen. Beispielsweise hat das Autohaus, bei dem ein Uber-Fahrer sein Fahrzeug erworben hat, keine direkte Schnittstelle zur digitalen Vermittlungs-Plattform. Das Autohaus ist deshalb kein Ökosystem-Partner, obwohl dessen Fahrzeug in diesem Ökosystem eine wichtige Rolle spielt. Auch die Familie des Passagiers ist nicht automatisch Teil des Ökosystems, sie sind deshalb nur Ökosystem-Teilnehmer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Ökosystem-Partner stehen sich am häufigsten in einem zweiseitigen Markt gegenüber. Die Anbieter stehen dabei auf der einen und die Konsumenten auf der anderen Seite. Neben dieser klassischen Aufteilung, gibt es Ökosystem-Partner, die alle dem gleichen Typus zugeordnet werden, zum Beispiel Nutzer von Social-Media Plattformen, die gleichermaßen Produzenten und Konsumenten von Inhalten sind. Seltener ist die Konstellation von mehr als zwei Ökosystem-Partner Typen, vgl. Abbildung 9. Ein Beispiel ist der Lieferdienst Lieferando, dessen Partner aus Gastronomiebetrieben, die Speisen zubereiten, Kunden, die Essen bestellen und freien Kurieren, die Essen liefern, bestehen (vgl. Trapp u. a., 2020a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Konstellationen der Ökosystem-Partner in unterschiedlichen Märkten (Eigene Darstellung)

Links: Uber und AirBnB, Mitte: facebook und tinder, Rechts: Lieferando

4.5 Domänen Ökosystem

Ein Domänen-Ökosystem, ist ein kollaboratives Ökosystem, welches sich rund um einen Geschäftsbereich bildet (vgl. Hess, 2020, S. 19). Dieser Geschäftsbereich, auch Geschäftsdomäne genannt, beinhaltet ein bereits vorhandenes Netzwerk aus Ökosystem­Partnern und deren Wertschöpfungsketten. Es können sich konkurrierende oder ergänzende Digitale Ökosysteme, in einer Domäne befinden. Diese müssen nicht getrennt sein. Dies bedeutet, dass ein Unternehmen in verschiedenen Digitalen Ökosystemen partizipieren kann, gegebenenfalls in jeweils unterschiedlichen Rollen. Als Beispiel dient das Domänen-Ökosystem „Soziales Netzwerk“. Darin existieren bereits Digitale Ökosysteme wie Twitter zum Verbreiten von Kurznachrichten oder Instagram zum Teilen von Bildern. Durch die Nutzung von Sozialen Netzwerken fallen Nutzungsdaten an, diese werden gesammelt und in dem Domänen­Ökosystem „Werbung“ weiterverarbeitet. Die Social-Media Plattform Facebook, der Mutterkonzern von Instagram und Whatsapp, gehört unter anderem den zwei Domänen­Ökosystemen „Soziales Netzwerk“ und „Werbung“ an. In diesem Werbe-Ökosystem werden die Nutzungsdaten und Interessen ausgewertet und von Werbetreibenden gekauft. Diese Werbetreibenden sind oft Online-Kaufhäuser, angesiedelt im Domänen-Ökosystem „Marktplatz“, die unter anderem personalisierte Werbeeinblendungen oder Werbebanner für ihre Produkte anzeigen. Ein Beispiel für einen großen Online-Marktplatz ist Amazon. Damit sind letztendlich die Social-Media Ökosysteme und ihre Nutzerdaten mit dem Domänen­Ökosystem der Online-Marktplätze „über mehrere Ecken“ verbunden, vgl. Abbildung 10. Dieses Beispiel verdeutlicht die oftmals sehr komplexen Beziehungen, da verschiedene Ökosysteme auf eine vielfältige Weise miteinander verwoben sind. Der nicht endende Datenfluss eines Ökosystems, ist so die „Goldmiene“ eines anderen (vgl. Trapp u. a., 2020a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.6 Bewertung

Der Aufbau eines Digitalen Ökosystems bietet im Zeitalter der Digitalen Transformation enorme Chancen. Zwar ist die Errichtung mit hohen Kosten und einem hohen Arbeitsaufwand verbunden, gleichzeitig ergeben sich jedoch hohe Erlöspotenziale, Wettbewerbsvorteile und eine hohe Kundenbindung. Die Art wie Geschäfte in einer bestimmten Branche gemacht werden, können durch das Geschäftsmodell des Digitalen Ökosystems grundlegen verändert werden. Der größte Vorteil bietet sich Unternehmen, die ein Segment ausfindig machen, für welches noch kein Digitales Ökosystem existiert. Der Initiator hat hier als „First-Mover“ die Möglichkeit, viele Neukunden zu gewinnen und Bestandskunden durch die gebotene Problemlösung langfristig zu binden. Durch eine frühzeitige Etablierung, sowie mit den richtigen Partnern, kann das Unternehmen durch Netzwerkeffekte hier noch lange profitieren.

5 Digitale Plattformen

5.1 Einordnung in Digitales Ökosystem

Die Begriffe „Digitales Ökosystem“ und „Digitale Plattform“ werden sehr oft synonym verwendet, wenn von der digitalen Ökonomie gesprochen wird. Oftmals meint der Sprecher damit die Digitalen Plattformen, die im Sinne der Plattformökonomie agieren. Bei näherer Betrachtung, wird der Unterschied, der auf den ersten Blick ähnlichen Begriffe, deutlich. Die Struktur des Digitalen Ökosystems ähnelt der, der Digitalen Plattform, sind beide doch Vermittler zwischen Anbietern und Konsumenten. Der Unterschied ist, dass das Digitale Ökosystem den Ökosystem-Service zwar anbietet, die Digitale Plattform diesen Mehrwert jedoch realisiert. Das Digitale Ökosystem beinhaltet neben der Digitalen Plattform und den Ökosystem-Services, die Ökosystem-Partner. Das Digitale Ökosystem verspricht auch hier wieder etwas seinen Teilnehmern — die Kommunikationsmöglichkeit untereinander, die Digitale Plattform ermöglicht allerdings erst diesen Informationsaustausch. Das Ökosystem und die Plattform sind aufeinander angewiesen, denn eine Digitale Plattform kann ohne ein dazugehöriges Ökosystem nicht existieren und umgekehrt. Eine Digitale Plattform bietet die technische Basis, über welche die Ökosystem-Partner untereinander und mit dem Digitalen Ökosystem interagieren. Die Digitale Plattform ist somit der technische Kernaspekt eines Digitalen Ökosystems (vgl. Hess, 2020, S. 11). Veranschaulichen lässt sich der Zusammenhang mit einem Beispiel. Das Digitale Ökosystem „Kasino“ bietet eine Interaktion in Form von geselligen Zusammenkünften an und verspricht einen „Ökosystem-Service“, das Glückspiel. Nun ist der Croupier des Kasinos, die Digitale Plattform. Dieser „Croupier“ übernimmt die Spielleitung, sorgt für eine angenehme Atmosphäre, nimmt die Einsätze entgegen und zahlt die Gewinne aus, vgl. Abbildung 11. Die Digitale Plattform als „Croupier“ übernimmt hier die Erbringung des Ökosystem-Services und regelt den Spielverlauf und nicht etwa das Ökosystem „Kasino“.

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Abbildung 11: Die Digitale Plattform als "Croupier" des wertschaffenden Spielverlaufs (Eigene Darstellung)

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Excerpt out of 74 pages

Details

Title
Digitization, Digitalization und Digitaler Transformation. Branchenspezifische Systematisierung
College
Albstadt-Sigmaringen University
Grade
1,0
Year
2021
Pages
74
Catalog Number
V1162944
ISBN (eBook)
9783346631534
Language
German
Keywords
Digitalisierung, Digitale Transformation, Digitization, Digitalization, Digitale Transformation Automobilbranche, Digitale Transformation Musikbranche, Digitale Transformation Finanzbranche, N26, Spotify, Digitales Ökosystem, Digitale Plattformen, Plattformökonomie, Netzwerkeffekte, Domänen Ökosystem, Phasen der Digitalisierung
Quote paper
Anonymous, 2021, Digitization, Digitalization und Digitaler Transformation. Branchenspezifische Systematisierung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1162944

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