Multimodale Messung narzisstischer Eigenschaften. Selbstbericht, Fremdbericht und Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest


Hausarbeit, 2021

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Zusammenfassung1

Die Erfassung von narzisstischen Eigenschaften per Selbstbericht ist beeinträchtigt aufgrund der Narzissmus inhärenten Selbstüberschätzung. Aufgrund dessen wurden Fremdberichtsversionen von Narzissmusfragebögen und ein erstes indirektes Messverfahren zur Erfassung des impliziten Selbstkonzepts von antagonistischem Narzissmus entwickelt: Der Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest (AN-IAT; Heinze et al., 2020). Die Zusammenhänge zwischen diesen multimodal erfassten narzisstischen Eigenschaften sind nicht eindeutig geklärt und werden deswegen in dieser Studie untersucht. Es wurden Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdbericht von grandiosem Narzissmus (GN), Agentic Extraversion (AE) und Self-Centered Antagonism (SCA) erwartet, wobei von einem höherem Zusammenhang bei AE als bei SCA ausgegangen wurde. Vermutet wurde auch eine höhere Prädiktionsstärke für AN-IAT-Werte von fremdberichtetem SCA als von selbstberichtetem SCA. In einer Online-Studie bearbeiteten 109 Versuchspersonen (Durchschnittsalter = 40.39 Jahre, 56% männlich) u.a. den AN-IAT und den Five-Factor Narcissism Inventory, wobei 109 nahestehende Fremdbeurteiler (Durchschnittsalter = 39.14 Jahre, 39% männlich) den Informant Five-Factor Narcissism Inventory durchführten. Korrelationsanalysen bestätigten die erwarteten Zusammenhänge zwischen Selbst- und Fremdbericht von GN, AE und SCA. Vulnerabler Narzissmus und Narcissistic Neuroticism korrelierten jedoch ebenfalls im Selbst- und Fremdbericht. Die Korrelation zwischen Selbst- und Fremdbericht von AE war auch nicht signifikant stärker als die Korrelation zwischen Selbst- und Fremdbericht von SCA. Eine multiple lineare Regressionsanalyse konnte außerdem zeigen, dass fremdberichteter und selbstberichteter SCA keine signifikanten Prädiktoren für AN-IAT-Werte sind. Lediglich selbstberichteter GN und AE waren signifikante Prädiktoren für den AN-IAT. Seine Konstruktvalidität konnte hier also nicht gestützt werden und sollte weiter überprüft werden. Darüber hinaus wird die unüblich hohe Konvergenz zwischen Selbst- und Fremdbericht von Narzissmus diskutiert.

Schlagwörter : Narzissmus, Fremdeinschätzung, Impliziter Assoziationstest

Multimodale Messung Narzisstischer Eigenschaften: Selbstbericht,
Fremdbericht und Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest

Bisher wurden narzisstische Eigenschaften fast immer durch Selbstberichte gemessen (Grijalva et al., 2015). Dazu liegen mehrere validierte Narzissmusfragebögen vor, die das explizite Selbstkonzept von Narzissmus messen (Heinze et al., 2020; Oltmanns et al., 2018). Aufgrund von potenziell verzerrter Selbsteinschätzung wurden auch Fremdberichtsversionen von diesen Fragebögen entwickelt (Oltmanns et al., 2018), sowie kürzlich das erste indirekte Messverfahren vorgestellt, dass das implizite Selbstkonzept von antagonistischem Narzissmus misst (Heinze et al., 2020). Dieser Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest (AN-IAT) bedient sich der Methodik der Impliziten Assoziationstests von Greenwald et al. (1998) und bedarf weiterer empirischer Erforschung (Heinze et al., 2020). In dieser Arbeit wurden daher erstmalig die Zusammenhänge zwischen der Selbst- und Fremdberichtsversion des Five-Factor Narcissism Inventory (FFNI) und dem AN-IAT überprüft. Diese Fragebögen ermöglichten uns hier auch die Analyse der Konvergenz zwischen Selbst- und Fremdbericht - zum ersten Mal bei spezifischer Betrachtung der Komponenten des dreifaktoriellen Modells (Miller et al., 2016).

Die Unterteilung des Narzissmuskonstrukts in eine grandiose und vulnerable Komponente ist seit einigen Jahren etabliert (Crowe et al., 2019; Wink, 1991). Neuere Narzissmusmodelle wie das Trifurcated Model of Narcissism hingegen postulieren für das Konstrukt eine dreifaktorielle Struktur (Crowe et al., 2019). Dabei stellt Self-Centered Antagonism (SCA) die zugrundeliegende Kerneigenschaft von Narzissmus dar, die mit den Faktoren Agentic Extraversion (AE) und Narcissistic Neuroticism (NN) beiden positiv korreliert (Crowe et al., 2019). Nur NN korreliert positiv mit Neurotizismus und nur AE korreliert positiv mit Extraversion (Miller et al., 2016). AE ist u.a. durch Exhibitionismus, grandiose Fantasien und Autorität; NN u.a. durch Schamgefühle und Geltungsdrang; SCA u.a. durch Ausbeutung, manipulatives Verhalten, Anspruchsdenken, mangelnde Empathie und Arroganz gekennzeichnet (Miller et al., 2016). Die Forschungsfragen werden im Folgenden ausgeführt.

Welche Konvergenz besteht zwischen Selbst- und Fremdberichten zur Messung narzisstischer Eigenschaften?

Meistens wurden sehr niedrige Konvergenzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzungen von narzisstischen Eigenschaften gefunden, wobei die Fremdeinschätzungen üblicherweise stärkere Ausprägungen von Narzissmus berichteten als die Selbsteinschätzungen (Cooper et al., 2012; Klonsky et al., 2002). Divergenzfördernd stellt sich hierbei neben sozialer Erwünschtheit dar, dass Narzissmus positiv korreliert mit Selbstüberschätzung und Selbsttäuschung (Hart et al., 2015; Paulhus & Williams, 2002). Ebenso unterliegen narzisstische Personen bei der Informationsverarbeitung (z.B. bei der Beantwortung von Fragebögen) selbstwertdienlichen Verzerrungen (Krusemark et al., 2015). Oltmanns et al. (2018) zeigte jedoch, dass bei einer separaten Betrachtung spezifischer Narzissmusfacetten unterschiedlich starke Konvergenzen bestehen können: Bei grandiosem Narzissmus (GN) zeigte sich eine hohe, bei vulnerablem Narzissmus (VN) zeigte sich keine signifikante Korrelation zwischen Selbst- und Fremdbericht. Aufgrund der großen Korrespondenz von GN mit AE und VN mit NN (Crowe et al., 2019) ist zu erwarten, dass auch bei diesen Skalen entsprechende Korrelationen aufzufinden sind. Auch die Übereinstimmung bei SCA wurde bei Oltmanns et al. nicht explizit überprüft, was in dieser Forschungsarbeit jedoch geschieht. Es ist aber erkennbar, dass sieben von acht Subskalen, die im FFNI zum Faktor SCA gezählt werden, Korrelationen zu den korrespondierenden Fremdberichtsskalen aufwiesen, die mittleren Effektstärken entsprechen (Oltmanns et al., 2018). Niedrigere Übereinstimmungen bei SCA als bei AE waren auffindbar bei Back et. al (2013) bei korrespondierenden Skalen des Narcissistic Admiration and Rivalry Questionnaire. Auch das Self-Other-Knowledge-Asymmetry-Modell postuliert, dass eher niedrige Übereinstimmungen bei SCA auffindbar sein sollten, da Verträglichkeit bzw. Antagonismus eine hoch evaluative Eigenschaft darstellt, bei der die Selbstberichte Verzerrungen unterliegen (Vazire, 2010), während mit Extraversion-assozierte Eigenschaften auch von der sozialen Umwelt gut beobachtbar werden können und damit hohe Übereinstimmungen gegeben sein sollten. Mit Neurotizismus-assozierte Eigenschaften sind hauptsächlich der Person selbst bekannt und von Anderen schlecht beobachtbar, weswegen der Theorie nach eine niedrige Übereinstimmung resultieren sollte (Vazire, 2010). Eignen sich selbst- oder fremdberichtete narzisstische Eigenschaften besser zur Vorhersage von AN-IAT-Werten?

Der AN-IAT erfasst hauptsächlich die antagonistische Komponente von Narzissmus (Heinze et al, 2020), weswegen hier selbst- und fremdberichteter SCA als Prädiktor berücksichtigt wird. Implizite Assoziationstests sind viel weniger verfälschbar als Selbstberichte und unterliegen keinen Limitierungen der Introspektionsfähigkeit, da sie lediglich die Assoziationsstärke zwischen verschiedenen Elementen erfassen (Schnabel et al., 2008). Der AN-IAT und der Fremdbericht (siehe oben) sollten daher beide weniger in die sozial-erwünschte Richtung verzerrt sein als der Selbstbericht. Darüberhinaus werden narzisstisch-antagonistische Verhaltensweisen (z.B. Aggression nach Ich-Bedrohung) häufig von automatischen Prozessen ausgelöst, deren charakteristisches Zusammenwirken resultiert in dem impliziten Selbstkonzept von antagonistischem Narzissmus, welches mit AN-IAT gemessen wird (Heinze et al., 2020). Auf die Meinungsbildung von anderen Personen und deren Fremdbericht nimmt dieses durch automatische Prozesse induzierte Verhalten auch großen Einfluss (Hirschmüller et al., 2013). Lediglich für den Selbstbericht sind diese automatischen bzw. unbewussten Prozesse nicht direkt relevant, da hier nur bewusste propositionale Repräsentationen erfasst werden (Heinze et al, 2020; Schnabel et al., 2008). Dies alles gibt Grund zur Annahme, dass der Fremdbericht und der AN-IAT vermehrt von überschneidenden, tendenziell relativ hohen, Ausprägungen berichten, während die Korrelationen zwischen den Selbstberichten und Impliziten Assoziationstests bei entsprechenden Eigenschaften ohnehin im Allgemeinen gering ausfallen (Hofmann et al, 2005). Bei Heinze et al. (2020) zeigten sich analog dazu zumindest tendenziell höhere Korrelationen zwischen Fremdbericht und AN-IAT als zwischen Selbstbericht und AN-IAT bei den antagonistischen Subskalen der verwendeten Fragebögen. Bei einer multiplen Regressionsanalyse, unter Herauspartialisierung der Interkorrelationen der Subskalen, war jedoch zumindest bei einem Fragebogen fremdberichteter antagonistischer Narzissmus nicht mal ein signifikanter Prädiktor für den AN-IAT (Heinze et al., 2020). Die Zusammenhänge zwischen Selbst-, Fremdbericht und AN-IAT werden aufgrund dieser unklaren Ergebnisse hier weiter überprüft. Die präregistrierten Hypothesen lauten: H1: Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen selbst- und fremdberichtetem GN; H2: Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen selbst- und fremdberichteter AE; H3: Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen selbst- und fremdberichtetem SCA; H4: Der Zusammenhang zwischen selbst- und fremdberichteter AE ist größer als der Zusammenhang zwischen selbst- und fremdberichtetem SCA; H5: Fremdberichteter SCA erlaubt eine bessere Prädiktion von AN-IAT-Werten als selbstberichteter SCA.

Methode

Stichprobe

Es wurden 198 Versuchspersonen durch Studierende dieser Praktikumsgruppe rekrutiert. Die Versuchspersonen wiederum wählten aus ihrem persönlichen Umfeld eine Person für den Fremdbericht. Es wurden 89 Versuchspersonen ausgeschlossen aufgrund der Nichterfüllung der Einschlusskriterien: Vorhandensein eines AN-IAT-Wertes (unter 10% der Trials mit Reaktionszeiten unter 300ms) und eines Selbst- und Fremdberichts für die relevanten Fragebögen (ohne einseitiges Antwortverhalten), Volljährigkeit (auch des Fremdbeurteilers) und bestätigte ernsthafte Teilnahme (auch des Fremdbeurteilers). Das Durchschnittsalter der finalen Stichprobe mit 109 Personen betrug 40.39 Jahre (SD = 13.53) mit einer Spannbreite von 18 bis 74 Jahren und einem Männeranteil von 56%. Vierundvierzig Prozent hatten einen Hochschulabschluss. Das Durchschnittsalter der 109 Fremdbeurteiler lag bei 39.14 Jahren (SD = 13.47) mit einem Männeranteil von 39%. Sie berichteten eine hohe emotionale Nähe zu den Versuchspersonen (M = 4.53/5, SD = 0.59). Die erforderliche Stichprobengröße wurde a priori mit G*Power berechnet und lag bei 30 (H1), 33 (H2), 83 (H3), 155 (H4) und 485 (H5), um bei einem einseitigen Signifikanzniveau von a = .05 einen Effekt mit einer Power von 1-ß = .95 (H1, H2, H3) bzw. 1-ß = .80 (H4, H5) aufzudecken. Die Effektstärken für H1 (r = .56), H2 (r = .54) und H3 (r = .35) wurden auf Basis der Korrelationen bei Oltmanns et al. (2018) ermittelt. Für H4 war die Größe des Korrelationsunterschieds maßgeblich, die bei Back et al.

[...]


1 Diese Arbeit wurde entsprechend der formalen Vorgaben nach American Psychological Association (2020) erstellt.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Multimodale Messung narzisstischer Eigenschaften. Selbstbericht, Fremdbericht und Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest
Hochschule
FernUniversität Hagen
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
25
Katalognummer
V1165045
ISBN (eBook)
9783346572622
ISBN (Buch)
9783346572639
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Narzissmus, Selbst- und Fremdeinschätzung, Impliziter Assoziationstest
Arbeit zitieren
Julian Blau (Autor:in), 2021, Multimodale Messung narzisstischer Eigenschaften. Selbstbericht, Fremdbericht und Antagonistischer Narzissmus Impliziter Assoziationstest, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1165045

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