Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Hintergrund
2.1 Verhaltensorientiertes Controlling
2.2 Management Reporting
3. Kognitive Verzerrungen am Beispiel des Management Reportings
4. Debiasing als Controlleraufgabe
5. Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Kognitive Verzerrungen im Management Reporting (Internationaler Controlling Verein, 2013, S. 26)
Abbildung 2. Debiasing-Techniken und deren Voraussetzungen (Zapp, 2019, S. 184)
1. Einleitung
Beim Gedanken an Controlling wird in erster Linie davon ausgegangen, dass nur rationale Entscheidungen getroffen werden (Zapp, 2019). Da jedoch Menschen involviert sind, kann auch dessen individuelles Verhalten eine nicht außer Acht zu lassende Rolle spielen (Zapp, 2019).
Ziel dieser Ausarbeitung ist daher eine nähere Betrachtung der Verhaltensorientierung im Controlling vor einem theoretischen sowie praktischen Hintergrund. Der Fokus liegt auf der Schaffung eines Bewusstseins und der Sensibilisierung für die negativen Auswirkungen von kognitiven Verzerrungen. Es sollen Maßnahmen aufgezeigt werden, um zukünftig aus diesen Verzerrungen resultierende Fehlentscheidungen zumindest weitgehend zu vermeiden.
Vor diesem Hintergrund wird in diesem Essay folgende Forschungsfrage beleuchtet: Inwiefern beeinflussen kognitive Verzerrungen das Management Reporting im Controlling? Und welche Maßnahmen können zur Verhinderung dieser beitragen?
Um die Forschungsfrage zu untersuchen, wird in dieser Arbeit das Thema: Verhaltensorientiertes Controlling näher betrachtet. Zu Beginn wird im zweiten Kapitel durch die Definition der Begriffe: Verhaltensorientiertes Controlling sowie Management Reporting, als Controllinginstrument, eine theoretische Grundlage zu der Thematik gegeben. Anschließend wird im dritten Kapitel basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beleuchtet, welche kognitive Verzerrungen am Praxisbeispiel des Management Reportings im Controlling auftreten können und welche Auswirkungen diese für Unternehmen mit sich bringen. Im darauffolgenden vierten Kapitel werden Empfehlungen für Betriebe im Umgang mit diesen controllingbezogenen kognitiven Verzerrungen sowie geeignete Debiasing-Maßnahmen zur Verminderung von Fehlentscheidungen erläutert. Zum Abschluss dieser Arbeit werden im Rahmen eines Fazits die Ergebnisse dieses Essays zusammengefasst und ein Ausblick für die Zukunft gegeben.
2. Theoretischer Hintergrund
Bereits vorliegende Forschungsergebnisse wurden für die theoretische Grundlage dieser Arbeit herangezogen. In dem nachfolgenden Abschnitt wird zunächst auf die Definition des verhaltensorientierten Controllings eingegangen. Anschließend wird im zweiten Abschnitt das Controllinginstrument Management Reporting näher betrachtet.
2.1 Verhaltensorientiertes Controlling
Lange Zeit ging man davon aus, dass die Entscheidungsfindung im Controlling auf das Prinzip des Home Oeconomicus zurückzuführen ist (Cantarelli, Belle & Belardinelli, 2020). Dieses besagt, dass die Menschen uneingeschränkt rational handeln und keine Fehler bei der Informationsverarbeitung machen (Battaglio, Belardinelli, Bellé & Cantarelli, 2019; Landwehr-Zloch, 2019).
Der Forscher Herbert Simon zeigte jedoch auf, dass eine begrenzte Rationalität im Entscheidungsverhalten der Menschen besteht (Battaglio et al., 2019; Julmi, 2018; Zapp, 2019). Gemäß des Nobelpreisträgers Daniel Kahneman funktioniert das menschliche Denken über zwei verschiedene Systeme: System 1 und System 2 (Landwehr-Zloch, 2019; Zapp, 2019). Das System 1 läuft automatisch, schnell und unbewusst ab und ist zuständig für intuitive sowie eher leichte Entscheidungen und Handlungen (Korteling, Brouwer & Toet, 2018; Landwehr-Zloch, 2019). Menschen greifen dabei zu sogenannten Heuristiken, welche einfache Entscheidungsregeln darstellen (Landwehr-Zloch, 2019). Dadurch kann es zu Fehlern bei der Informationsverarbeitung kommen (Landwehr-Zloch, 2019). Diese führen zu systematischen Entscheidungsfehlern beziehungsweise -anomalien, welche als kognitive Verzerrungen oder biases bezeichnet werden (Battaglio et al., 2019; (Internationaler Controller Verein e. V. [ICV], 2013). Das System 2 hingegen ist bewusst, langsam und kontrolliert und wird für komplexe Entscheidungsprozesse verwendet (Korteling et al., 2018; Landwehr-Zloch, 2019). Nach allgemeiner Ansicht unter Psychologen nutzen Menschen ca. 95 % ihrer Zeit das System 1 (O’Sullivan & Schofield, 2018).
Das verhaltensorientierte Controlling bezeichnet eine stärkere Ausrichtung des Controllings auf die realen Eigenschaften von Menschen (Weber, 2005). Dabei wird das Ziel verfolgt, ökonomische Theorien durch verhaltenswissenschaftliche Ansätze zu ergänzen, um Entscheidungsanomalien zu erkennen sowie zu vermeiden (Weber, 2003). Es trägt daher dazu bei, die Entscheidungsqualität im Unternehmen zu erhöhen (Is Report, 2015).
2.2 Management Reporting
Ein Teilbereich des internen Berichtswesens stellt das Management Reporting dar (Taschner, 2019). Es umfasst die interne, regelmäßige sowie standardisierte Informationsversorgung der oberen Führungsebene im Unternehmen (Euler, Layr & Schäfer, 2010; Taschner, 2019). Genauer betrachtet bedeutet dies, dass steuerungsrelevante Informationen zum Beispiel aus verschiedenen Fachbereichen gesammelt, aufbereitet sowie übermittelt werden (Pack, Linge & Meschede, 2014; Taschner, 2019). Des Weiteren unterstützt es bei der Entscheidungsfindung sowie beim Nachhalten der Unternehmensziele (Euler et al., 2010).
Aus der Deloitte-Studie zum Thema Top Management Reporting geht hervor, dass 87 % der befragten Unternehmen empfehlen, dass sich das Management Reporting an der strategischen Zielsetzung des Unternehmens orientieren sollte (Pack et al., 2014). Dadurch kann es einen entscheidenden Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten (Pack et al., 2014).
Ein aussagekräftiges Management Reporting enthält neben den Finanzkennzahlen auch die aktuelle Marktlage und die Situation der Wettbewerber sowie unternehmensinterne Informationen (Pack et al., 2014). Mithilfe des Reportings kann die Ist-Situation des Unternehmens festgestellt sowie eine eventuelle Optimierung zur Zielerreichung angeregt werden (Pack et al., 2014).
In vielen Unternehmen stellt das Anfertigen des Management Reports eine wesentliche Tätigkeit des Controllings dar (Taschner, 2019). Auch empirische Forschungsergebnisse bestätigen, dass das Management Reporting zu einer der wichtigsten Aufgaben im Controlling zählt (Taschner, 2019).
3. Kognitive Verzerrungen am Beispiel des Management Reportings
In diesem Kapitel werden einige wesentliche kognitive Verzerrungen, die im Rahmen der des Management Reportings im Controlling auftauchen können, vorgestellt. Es ist dabei anzumerken, dass diese nicht den vollen Umfang abbilden, denn dies würde den Rahmen dieses Essays überschreiten.
Die Verhaltensorientierung spielte lange Zeit eine untergeordnete Rolle im Reporting (ICV, 2013). Das menschliche Denken wird jedoch beeinflusst durch zahlreiche psychologische Einflüsse (ICV, 2013). Es ist daher empfehlenswert, dass ein Controller diese bei seiner Berichterstellung, -gestaltung sowie -übergabe berücksichtigt (ICV, 2013).
Zur Veranschaulichung werden in Abbildung 1 die, in den einzelnen Phasen das Management Reportings, möglich auftretenden kognitiven Verzerrungen grafisch dargestellt sowie nachfolgend ausführlicher erläutert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1. Kognitive Verzerrungen im Management Reporting (Internationaler Controlling Verein, 2013, S. 26)
So kann es beispielsweise zu einer Informationsüberflutung kommen, sofern zu viele Informationen bereitgestellt werden (ICV, 2013). Dies erhöht das Risiko, dass eine Differenzierung von steuerungsrelevanten und nicht steuerungsrelevanten Informationen erschwert ist, sodass Manager und Controller sich gegebenenfalls auf weniger entscheidungsrelevante Informationen konzentrieren (ICV, 2013). Zudem bringt eine erneute Selektion der Informationen einen weiteren Zeitaufwand mit sich (ICV, 2013).
Während des Reportingsystems- und Datenmanagements werden Kennzahlen und Analyseparameter ausgewählt (ICV, 2013). Sofern die Vorselektion der Kennzahlen des Controllers zu einseitig erfolgt, kann dies einen „Tunnelblick“ beim Manager bei der Bewertung der aktuellen Lage erzeugen (ICV, 2013). Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, die ihre eigene Meinung bestätigen (Klatt & Möller, 2012). Die Wahrnehmung erfolgt in diesem Fall selektiv (Klatt & Möller, 2012). Dies kann bei einem Controller zu einem Bestätigungs-Fehler führen, indem er nur Kennzahlen beachtet, die er als entscheidungsrelevant empfindet (ICV, 2013).
Bei der anschließenden Berichterstellung des Controllers werden Daten gesammelt, aufbereitet und aggregiert (ICV, 2013). Hierbei kann der Anker-Effekt auftreten (ICV, 2013). Bei diesem orientiert sich die Einschätzung der zukünftigen Entwicklung an Ausgangswerten (ICV, 2013). Zudem kann es vorkommen, dass wichtige Zusammenhänge und Ursachen im Zuge der Aufbereitung und Aggregation missachtet werden (ICV, 2013). Dies wird als Rahmen-Effekt beziehungsweise Framing bezeichnet (ICV, 2013; Klatt & Möller, 2012).
Je nachdem wie die Berichterstellung erfolgt, bringen die beiden darauffolgenden Phasen auch Gefahren bezüglich kognitiver Verzerrungen für die Arbeit des Managers mit sich (ICV, 2013).
Im Rahmen der Analyse und Kommentierung wird zum einen der Bericht auf Plausibilität überprüft und zum anderen die Ursachen von Abweichungen ermittelt (ICV, 2013). Diese Phase gehört eng zusammen mit der letzten Phase, der Beratung und Initiierung von Maßnahmen (ICV, 2013). Damit sollen Fehlentwicklungen verhindert werden (ICV, 2013).
Die Darstellungsform beziehungsweise Formulierung von Informationen hat einen Einfluss auf die Wahrnehmung von Sachverhalten (ICV, 2013; Klatt & Möller, 2012). Erfolgt die Beschreibung eines Sachverhaltes beispielsweise als Verlust statt als entgangener Gewinn, erzeugt dies eine andere Entscheidung, obwohl beide negative Beiträge zum Unternehmenserfolg leisten (Klatt & Möller, 2012). Durch eine zu hohe Datenaggregation können zudem auf Grund des Rahmen-Effektes beziehungsweise Framings Wirkungszusammenhänge nicht erkannt werden (ICV, 2013; Klatt & Möller, 2012). Des Weiteren können Betonungen von Inhalten erzeugen, dass diese als besonders wichtig wahrgenommen werden, obwohl sie es eigentlich nicht sind (ICV, 2013).
Sofern Manager eine Entscheidung treffen müssen, greifen sie oft auf die ihnen vorliegenden Informationen zurück, ohne weitere Selektionen anzufordern (ICV, 2013). Dies spiegelt den sogenannten Verfügbarkeit-Fehler wider (ICV, 2013). Ein weiteres Problem stellt auch bei den Managern der Bestätigungs-Fehler da (ICV, 2013). Hierbei werden Informationen präferiert, welche die eigene Ansicht bestätigen (ICV, 2013; Klatt & Möller, 2012). Alle anderen Informationen werden als irrelevant wahrgenommen sowie teilweise oder vollständig ignoriert (ICV, 2013; Klatt & Möller, 2012). Menschen überschätzen zudem ihr eigenes Wissen (ICV, 2013). Folglich kann der Selbstüberschätzungs-Effekt dazu führen, dass Controller sowie Manager der Ansicht sind, Entscheidungen besser treffen zu können als Andere, da sie sich selbst höhere Fähigkeiten zuschreiben (ICV, 2013). Dadurch können beispielsweise falsche Zeiteinschätzungen entstehen (ICV, 2013).
In diesen letzten beiden Phasen sollte das Eigeninteresse des Managers und des Controllers nicht außer Acht gelassen werden (ICV, 2013). So können unterschiedliche finanzielle, aber auch nicht-finanzielle Anreize, wie zum Beispiel eine Beförderung, einen wesentlichen Einfluss auf die Auswahl von Maßnahmen haben (ICV, 2013). Auch eine emotionale Verbundenheit kann Auslöser für eine Präferenzentwicklung bestimmter Themen sein, die sachlich nicht begründbar sind (ICV, 2013). Dies wird als Präferenz-Fehler bezeichnet (ICV, 2013).
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