Modetheorie. Klassische Texte aus vier Jahrhunderten

Eine Analyse der Texte Garves (1792); Vischers (1879); Lipovetskys (1987); Entwistles (2010)


Dossier / Travail, 2021

23 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Zusammenfassung derTexte
1.1 Christian Garve: „Über die Moden" (1792)
1.2 Friedrich Theodor Vischer: „Mode und Cynismus" (1879)
1.3 Gilles Lipovetsky: „Das Reich des Vergänglichen. Die Mode in den modernen Gesellschaften (1987)
1.4 Joanne Entwistle: „Globale Ströme, lokale Begegnungen: Verräumlichung von implizitem ästhetischem Wissen in der High Fashion" (2010)

2. Gegenüberstellung der Autoren

3. Antriebsfedern der Mode im 19. - 21. Jahrhundert

Schluss

Quellenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Die Bekleidungsmode war seit jeher regelmäßig großen Umbrüchen und Veränderungen ausgesetzt, welche durch soziologische, wirtschaftliche oder politische Entwicklungsprozesse ausgelöst wurden. Um die Dynamik der Modewelt in den VerlaufderJahrhunderte einordnen zu können, werden innerhalb dieser Hausarbeit vier unterschiedliche Texte analysiert, die sich mit derTheorie der Mode beschäftigen. Um eine umfassende Übersicht über zeitlich bedingte Unterschiede sowie gleichermaßen auch Gemeinsamkeiten hinsichtlich der Rolle sowie den Prinzipien der Mode gewährleisten zu können, wurden bewusst zwei Theoretiker längst vergangener Epochen sowie zwei Theoretiker der Gegenwartsliteratur ausgewählt. Zunächst werden die Texte der vier unterschiedlichen Schriftsteller, Philosophen und Soziologen einzeln zusammengefasst und ihre Kernaussagen analysiert. Im Anschluss daran erfolgt im zweiten Kapitel die Gegenüberstellung der Texte, um abweichende und ähnliche Thesen miteinander zu vergleichen. Der letzte Teil dieser Hausarbeit beschäftigt sich schließlich mit der Frage, welche Faktoren während des 19. und 21. Jahrhunderts als die einflussreichsten Antriebsfedern der Mode angesehen werden können. Zudem wird erörtert, als wie groß der Einfluss dieser Aspekte aktuell noch für die gegenwärtige Welt der Mode angesehen werden kann und welche weiteren Faktoren heutzutage von größerer Bedeutung sind.

1. Zusammenfassung derTexte

1.1 Christian Garve: Über die Moden (1792)

Christian Garve, dervon 1742 bis 1798 lebte, war als Philosoph, Schriftsteller und Übersetzer tätig. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte Garve in seiner Geburtsstadt Breslau, in der er schließlich auch verstarb.

Seine Studienzeit begann Christian Garve im Jahre 1762 jedoch in Frankfurt an der Oder, wo er ein Theologiestudium aufnahm. Kurz darauf wechselte er 1763 bereits nach Halle an der Saale, um sich hier den Studienfächern der Mathematik und Philosophie zu widmen. Im Anschluss verbrachte er, bevor es ihn 1772 zurück in seine Heimatstadt zog, einige Jahre in Leipzig, um an der dortigen Universität als Professor für Mathematik zu arbeiten.1 Hinsichtlich seiner schriftstellerischen und philosophischen Tätigkeiten, die Garve bis zu seinem Tode ausübte, verschrieb er sich vordergründig dem Themengebiet der Moralphilosophie. Im Detail befasste Christian Garve sich dabei speziell mit Fragestellungen, die sich mit den Wechselwirkungen zwischen individuellem und gesellschaftlichem Leben auseinandersetzen.2

Christian GarvesText „Überdie Moden" aus dem Jahre 1792 stellt eine anthropologische Auseinandersetzung mit der Mode, sowie mit deren ästhetischen Attributen dar.3 Konkret beschäftigt Garve sich in dem Schriftstück damit, warum die Mode innerhalb der Gesellschaft einen solch hohen Stellenwert einnimmt und ebenso, welche Bedeutung sie letztlich auch für das einzelne Individuum ausmacht. Eine Erklärung lässt sich laut Christian Garve darin feststellen, dass Mode und speziell die Bekleidungsmode, Menschen eine umfassende Plattform dafür bietet, ihren von Natur aus gegebenen Drang nach Neuerungssucht, Vergnügen, Persönlichkeitsdarstellung, Geltung aber ebenso auch Übereinstimmung gegenüber bzw. innerhalb einer Gemeinschaft, auszuleben.4 Während andere künstlerische Bereiche, wie etwa die Arichtektur oder die bildenden Künste, streng definierten und strukturierten Formen und Regelungen unterworfen sind, gilt dies laut Garves Untersuchungen in Bezug auf Bekleidung vergleichsweise weniger, sodass den Menschen auf diesem Feld größere Potenziale für stetige Wandlungen und Erneuerungen eröffnet werden. Kleidermode unterliegt zudem keinem allgemeingültigen Konsens in Bezug auf Zweck und Schönheit, sondern wird stark von jeweilig aktuellen Geschmäckern beeinflusst. Auch unterliegt die Mode weniger einem festgelegten Gesetz, sondern kann nach Garve vielmehr als unabhängig, beliebig und eigensinnig erachtet werden.5 Dennoch erklärt der Autor, dass Mode von den Künsten sowie auch von der Natur niemals vollständig losgelöst erachtetet werden kann, da sie ihre Grundlagen und Inspirationen stets aus den beiden genannten Quellen schöpft.6

Besonderes Augenmerk legt Garve in seinem Text zudem darauf, indem er verdeutlicht, dass durch die Veränderung der Mode ebenfalls Rückschlüsse auf den generellen Fortschritt einer Gesellschaft in Bezug auf den Körper, den Geist und die geschlechtliche Rollenverteilung gezogen werden können. Umfassende Revolutionen und Entwicklungsprozesse lassen sich daher nicht nur anhand von Neuerungen in Sektoren wie etwa der Politik, der Wissenschaft oder der Soziologie ablesen, sondern gleichermaßen auch in Bereichen wie der Mode, die auf den ersten Blick, hinsichtlich ihrer gesellschaftlichen Relevanz, vergleichsweise eher eine Randfigur einnehmen würden.7

Aus den Beobachtungen Christian Garves geht hervor, dass seinerzeit vornehmlich der reiche Adel neue Trends und Stilbewegungen einführte, indem er seine auffälligen Garderoben in derÖffentlichkeit präsentierte.

Von den unteren Ständen wurden diese Garderoben schließlich kopiert und weiterverbreitet, bis sich die Kleidermoden letztlich durch nahezu alle Klassen zogen.8 Demnach konnte zu Zeiten Garves ein klassisches System beobachtet werden, welches wir heute alsTrickle Down - Prinzip definieren und welches dadurch gekennzeichnet ist, dass modische Neuerungen ihren Weg von der Oberschicht ausgehend kontinuierlich in die unteren Klassen finden.

Eine weitere Personengruppe, aufdie Garve sich innerhalb seines Textes genauer bezieht, stellt die reiche Mittelklasse dar, da diese, in ihrem Drang sich dem Adel modisch gleichzusetzen oder diesen sogar modisch zu übertrumpfen, einen besonders exzessiven Hang zur Mode einnimmt.[9]

Christian Garve vertritt insgesamt eine recht offene Einstellung gegenüber der Mode sowie deren Einfluss aufdie sozialen Lebensformen. Kritische Töne des Autors lassen sich in Bezug auf das Thema jedoch dahingehend finden, dass Menschen aus seiner Sicht durch ihren Hang zur Mode Gefahr laufen würden, sich in Oberflächlichkeiten zu verlieren oder sich ihrer persönlichen Freiheit zu berauben. Der Grund dafür besteht laut Garve darin, dass, durch das ständige gegenseitige Vergleichen und Bewerten der Bekleidungen, ein Nährboden für Neid und Angebertum entstehen könnte.[10]

1.2 Friedrich Theodor Vischer: „Mode und Cynismus" (1879)

Friedrich Theodor Vischer wurde 1807 im schwäbischen Ludwigsburg geboren und war bis zu seinemTode imJahre 1887 als Literaturwissenschaftler, Dichter, Philosoph und zeitweise auch als Politiker tätig.[11]

Im Anschluss an sein Theologie- und Philosophiestudium in Tübingen tat Vischer sich, neben seinen schriftstellerischen Arbeiten, als DozentfürÄsthetik, Kunstgeschichte und Literatur an den Universitäten Tübingen, Zürich und Stuttgart hervor. Auf Grund seiner pantheistischen Gesinnung, mit der er die Kirche offen kritisierte, wurde er 1845 mit einem zweijährigen Berufsverbot bestraft. Vischer nutzte diese Zeitjedoch zum Verfassen seiner Schrift „Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen", die bis heute als sein Hauptwerk eingeordnet wird.[12]

In seinem Text „Mode und Cynismus" beschreibt Friedrich Theodor Vischer die Welt der Mode als ein Phänomen der Unvernunft und des Wahnsinns. Seiner Meinung nach sorgt die Mode dafür, dass Menschen sich ihr blind unterwerfen, um sich daraufhin

Oberflächlichkeiten sowie Geschmacklosigkeiten hinzugeben.[13] Der Mode gelingt es, dem Autor nach, als sogenanntes Sinnbild der Eitelkeit, Einzug in alle Klassen und Stände zu nehmen. Da dies vordergründig für die großen Ballungszentren der Städte gilt, wurden die — [9] Vgl. Garve (1792), S. 64 zuvor dort ebenso gängigen, konservativen Trachten, zu Vischers Bedauern, vornehmlich auf das Land vertrieben. AufGrund der damals stark voranschreitenden Industrialisierung, die Friedrich Theodor Vischer mit großem Argwohn beäugt, bleibt es ihm zufolge jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die Schnelllebigkeit der Mode sich auch in den ländlichen Gebieten ausbreiten würde.9

Um seine Ablehnung der Mode und deren schändlichen Einfluss auf die Gesellschaft zu verdeutlichen, nutzt Vischer in seinem Text unterschiedliche bildliche Vergleiche und Metaphern. Dabei bezeichnet erdie Mode etwa als aufständischen Kobold oder als unerzogenes, unkontrollierbares Kind.10 An anderer Stelle werden die Funktionsträger der Modewelt von ihm mit dem Klerus versinnbildlicht, da sie die Menschen ebenfalls, wie Gläubige, ihren strengen Regeln unterwerfe.11

Besonders kritisch setzt sich Friedrich Theodor Vischer, der generell eine eher abwertende Position dem weiblichen Geschlecht gegenüber einnimmt, mit der Frauenmode auseinander. Seines Empfindens nach, befähigt ihre Bekleidung Frauen dazu, eine, ihm unerwünschte, Machtposition gegenüber den Männern einzunehmen. Dabei geht er besonders auf die Krinolinenmode ein, da diese, Vischers Meinung nach, Frauen zur Unvernunft verleiten würde und zudem ein falsches Körperbewusstsein vermittelt.12 Während das, seiner Meinung nach, starke, männliche Geschlecht sich bereits wohlwissend von den unsinnigen Auswüchsen der Mode abgewendet habe, indem es sich bewusst schlicht kleide, verfallen Frauen, nach Ansicht des Autoren, untereinander in einen immer größer werdenden eitlen Wettstreit.13

Friedrich Theodor Vischers Einstellung zur Mode kann abschließend als durchweg kritisch erachtet werden. Der Einfluss der Mode ist, dem Autor nach, mit den Gefahren einer Diktatur gleichzusetzen, da sich, im Sinne des heutzutage bekannten Trickle Down - Prinzips, ihre strengen Vorgaben und Regeln konsequent von oben nach unten durch alle gesellschaftlichen Kreise ziehen.14

[...]


1 Vgl. o.v. (o.J.) A

2 Vgl. o.v. (o.J.) B

3 Vgl. Lehnert, Kuehl, u.A., (2014)AS. 57

4 Vgl. Garve(1792),S.61f.

5 Vgl. Garve(1792),S.61ff.

6 Vgl. Garve (1792), S. 63

7 Vgl. Garve (1792), S. 64 f.

8 Vgl. Garve(1792),S.61f.

9 Vgl. Vischer (1879), S. 82 f.

10 Vgl.Vischer(1879),S.82

11 Vgl. Vischer (1879), S. 86 f.

12 Vgl. Lehnert, Kuehl, u.A., (2014) B, S. 77 f.

13 Vgl.Vischer(1879),S. 84 f.

14 Vgl. Lehnert, Kuehl, u.A., (2014) B, S. 79 f.

Fin de l'extrait de 23 pages

Résumé des informations

Titre
Modetheorie. Klassische Texte aus vier Jahrhunderten
Sous-titre
Eine Analyse der Texte Garves (1792); Vischers (1879); Lipovetskys (1987); Entwistles (2010)
Université
AMD Akademie Mode & Design GmbH  (Hochschule Fresenius)
Note
1,0
Auteur
Année
2021
Pages
23
N° de catalogue
V1165935
ISBN (ebook)
9783346575401
ISBN (Livre)
9783346575418
Langue
allemand
Mots clés
Modetheorie, Modegeschichte, Modephilosophie, Philosophie, Modemanagement, Designgeschichte, Christian Garve, Garve, Gilles Lipovetsky, Joanne Entwistle, Über die Moden, Globale Ströme lokale Begegnungen, ästhetisches Wissen, implizites Wissen, High Fashion, Friedrich Theodor Vischer, Mode und Cynismus, Das Reich des Vergänglichen, Modetheorie - klassische Texte aus vier Jahrhunderten
Citation du texte
Elena Balhorn (Auteur), 2021, Modetheorie. Klassische Texte aus vier Jahrhunderten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1165935

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