E-Logistik. E-Fulfillment – das Problem der letzten Meile – Strategien, betriebswirtschaftliche Bewertung und Planungsprobleme


Seminararbeit, 2004

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffe und Problembeschreibung

3. Das Problem der letzten Meile – ein neues Problem oder nur akut geworden?

4. Strategien und betriebswirtschaftliche Wertung
4.1. Synchrone Zustellsysteme / Bringsysteme
4.1.1. Hauszustellung
4.1.1.1. Beschreibung
4.1.1.2. Kosten
4.2. Asynchrone Zustellsysteme / Übergabeterminals
4.2.1. Abholung Postfiliale / Paketshop / Depot
4.2.1.1. Beschreibung
4.2.1.2. Kosten
4.2.2. DHL Packstation
4.2.2.1. Beschreibung
4.2.2.2. Kosten
4.2.3. Tower24
4.2.3.1. Beschreibung
4.2.3.2. Kosten
4.2.4. PickPoint AG
4.2.4.1. Beschreibung und Kosten

5. Fazit der Lösungsproblematik

6. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen dieser Arbeit sollen Strategien zur Überwindung der sogenannten letzten Meile vorgestellt werden. Zuerst erkläre ich den Begriff des E-Fulfillment und werde das Problem der letzten Meile in das E-Fulfillment einordnen. Danach werde ich das Problem der letzten Meile beschreiben und auf die Ursachen des Problems eingehen. Anschließend werde ich zum Hauptteil der Arbeit übergehen: ich stelle einige ausgewählte Strategien zur Überbrückung der letzten Meile vor und werde diese auch bewerten. Die vorgestellten Systeme sind bereits entwickelte und funktionierende Praxisbeispiele von allgemeinen Strategien, die sich zum Teil noch in ihrer Pilotoder Testphase befinden. Neben den neuen Strategien werde ich auch die bisherigen Strategien, den Ist-Zustand, beschreiben. Abschließend werde ich noch einmal kurz alle Lösungsansätze mit ihren Vorund Nachteilen sowie Planungsprobleme nennen und eine persönliche Einschätzung geben.

2. Begriffe und Problembeschreibung

Was bedeutet E-Fulfillment? „Unter E-Fulfillment versteht man den gesamten Prozess der Auftragsabwicklung, u. a. die Lagerung und Kommissionierung, die Auslieferung an den Kunden, den Zahlungsverkehr, die Reklamationsbearbeitung, den Betrieb eines Call-Centers etc.“1, kurzum, den stark auf die operative Ebene beschränkten Zusammenhang zwischen Logistik und E-Commerce.2

Ursprünglich stammt der Begriff der „letzten Meile“ aus der Telekommunikationsbranche. Dort beschreibt die letzte Meile die Strecke vom lokalen Verteilerkasten des Telekom-Unternehmens bis zum Hausanschluss des Nutzers.3 In die Logistik übertragen beschreibt die letzte Meile den Weg einer Sendung vom Depot oder Frachtzentrum eines Transportdienstleisters zum Empfänger der Sendung. Das Problem der letzten Meile ist also dem Bereich „Auslieferung an den Kunden“ einzuordnen.

Das Problem der letzten Meile hat seine Ursache in der häufigen Abwesenheit der Empfänger beim Zustellversuch. Somit ist das Problem der letzten Meile vor allem ein Problem des Business-to-Consumer (B2C) und Consumer–to-Consumer (C2C) Bereichs. Das Problem der

Abwesenheit des Empfängers stellt sich bei Geschäftskunden, also im Business-to-Business (B2B) Bereich nicht. Dort gibt es in der Regel, je nach Größe des Unternehmens, einen Wareneingang mit fixen Öffnungszeiten oder eine Poststelle. Selbst bei kleinen Einzelhändlern ist in der Regel immer jemand anwesend, der Sendungen zu den normalen Zustellzeiten (08:00 - 17:00 Uhr) in Empfang nehmen kann. Genau hier liegt das Problem im x2C Bereich: Konsumenten sind während der Zustellzeiten selbst berufstätig und können ihre Pakete zu Hause nicht in Empfang nehmen.

Etwa 80 bis 90 Prozent aller online bestellten Waren werden von Kurier-, Expressund Paketdienstleistern (KEP) ausgeliefert.4 Deshalb ist das Problem der letzten Meile vor allem auch ein Problem der KEP-Dienstleister, da durch die Abwesenheit des Empfängers mehrere Zustellversuche nötig sind und im ungünstigsten Fall das Paket zur Retoure wird. Nach Berechnungen einer Studie der TransCare-Unternehmensberatung im Auftrag des deutschen Verkehrsforums kostet jeder erfolglose Zustellversuch mindestens 2,50 EUR. Insgesamt kommt die Studie zum Schluss, dass 50 bis 75 Prozent der Transportund Logistikkosten bei Paketlieferungen im B2C-Bereich auf die letzte Meile entfallen.5 Aus diesen Daten wird ersichtlich, welches Einsparbzw. Kostensenkungspotential möglich wäre, wenn die KEP- Dienstleister das Problem der letzten Meile in den Griff bekämen. Vorgelagerte Teile der Wertschöpfungskette - Vorlauf (Abholung der Pakete bei den Versendern) und Hauptlauf (Transport der Sendungen zwischen den Frachtzentren, Hubs und Depots) - sind bereits voll durchrationalisiert und bieten kaum noch nennenswerte Ansatzpunkte zur Optimierung.6 Die letzte Meile ist somit auch gleichzeitig das letzte Glied bei dem eine Optimierung noch wirklich Vorteile bringt.

Es gibt mittlerweile einige Strategien, sogenannte asynchrone Zustellsysteme, die alle die Selbstabholung durch die Besteller gemein haben. Nur verzeichnen die neuen und innovativen darunter noch keinen besonders hohen Bekanntheitsgrad.7 Durch die Bündelung mehrerer Zustellpunkte zu einem Sammelpunkt, was das Ziel dieser Strategien ist, kann neben höheren Drop-Faktoren auch eine garantierte Ablieferung, also die Eliminierung des Risikos der Abwesenheit des Empfängers erzielt werden. Der Drop-Faktor gibt an, wie viele Pakete ein Zusteller pro Zustellpunkt abliefert. Im Privatkundenbereich liegt der Drop-Faktor bei 1,1.

Ein Zusteller liefert im Durchschnitt 1,1 Sendungen pro Kunde ab. Mit der „Sammelpunktstrategie“ könnte der Drop-Faktor auf bis zu 100 angehoben werden – ein immenses Einsparpotential. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass pro Fahrzeug und Tour ca. 150 Pakete gefahren werden.8

3. Das Problem der letzten Meile – ein neues Problem oder nur akut geworden?

Das Problem der letzten Meile ist kein neues Problem. Den Versandhandel und das Versenden von Privat an Privat gibt es schon seit Jahrzehnten. Unternehmen wie Otto, Quelle und Neckermann sind schon sehr lange am Markt und kennen das Problem. Stellt sich die Frage, wieso ist das Problem der letzten Meile seit geraumer Zeit in aller Munde und wieso wird gerade jetzt fieberhaft nach Lösungsstrategien gesucht? Das liegt an der Entwicklung und stetigem Wachstum des E-Commerce. Durch die ständig steigende Durchdringung des Internet wurde das Paketvolumen sowohl im B2C als auch im C2C Bereich erhöht. In Zukunft ist mit weiteren Steigerungen zu rechnen:

- Nach einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Studie der Unternehmensberatung KE-Consult in Zusammenarbeit mit der Stadt Köln, auch bekannt als B2C-VERRA Studie, sind 70 Prozent der Bevölkerung (über 14 Jahre) des Ballungsraum Köln im Jahr 2003 online. „Davon haben etwa zwei Drittel bereits im Internet Waren bestellt. Im Durchschnitt bestellt jeder Internetkunde 7 Produkte pro Jahr. Insgesamt wurden in 2003 4,5 Mio. Internetbestellungen getätigt.“ Der B2C Handel soll bis 2006 um 73 Prozent auf 7,8 Millionen Käufe ansteigen. Dies wird durch Substitution des klassischen Versandhandels und „Neukundengewinnung“ für den Internethandel erklärt. Außerdem soll die Zahl der durchschnittlich getätigten Käufe pro Jahr ansteigen.9

- Die DHL schätzt, dass im Jahr 2003 alleine durch den Erfolg der Auktionsplattform eBay das Sendungsvolumen der DHL im B2C und C2C Bereich um über 30 Millionen Pakete anwuchs.10 Dies entspricht ca. 5 Prozent des Paketvolumens aller KEP-Dienstleister im Jahr 2001 in diesen Bereichen.

- Das DPWN Vorstandsmitglied Dr. Peter E. Kruse erwartet durch die Änderungen bei der Gesundheitsreform im Apothekensektor, dass etwa 8 Prozent der ca. 783 Millionen Rezepte pro Jahr an Versandapotheken fallen könnten. Dadurch würde es zu einem zusätzlichen Versand von 62 Millionen Paketen kommen.11 Das würde ca. 10 Prozent des Paketvolumens aller KEP-Dienstleister in den Bereichen B2C und C2C entsprechen.

Das Paketvolumen in 2001 betrug ca. 600 Millionen KEP-Sendungen in den Bereichen B2C und C2C. Das sind ca. 2 bis 2,5 Millionen Pakete pro Tag. Das Gesamtvolumen an KEP-Sendungen im Jahre 2001 betrug rund 1,8 Milliarden.12 Eine Studie von Forrester Research aus dem Jahre 2001 prognostiziert für das Jahr 2005 ein Sendungsvolumen von rund 819 Millionen zusätzlicher KEP-Sendungen - generiert durch E-Commerce. Damit würde der Anteil durch E-Commerce generierter KEP-Sendungen bei rund 25 Prozent liegen.13

4. Strategien und betriebswirtschaftliche Wertung

Mit diesem Hintergrund wird klar, warum gerade jetzt fieberhaft nach Lösungen für die Überbrückung der letzten Meile gesucht wird und viele verschieden Strategien entwickelt und ausprobiert werden. Prinzipiell kann man zwischen zwei Systemen, der synchronen und der asynchronen Zustellung, unterscheiden. Die wirklich neuen und interessanten sind unter den asynchronen Zustellsystemen zu finden. Die verschiedenen Systeme werde ich anhand von Praxisbeispielen vorstellen und betriebswirtschaftlich werten.

4.1. Synchrone Zustellsysteme / Bringsysteme

Bei synchronen Zustellsystemen erfolgt die Zustellung und der Empfang des Paketes gleichzeitig, d. h. die Ware wird dem Empfänger direkt übergeben.14 Dies ist auch die zurzeit noch am weitesten verbreitete Auslieferungsmethode der KEP-Dienstleister.15

4.1.1. Hauszustellung

4.1.1.1. Beschreibung

Die Hauszustellung ist die am weitesten verbreitete und bei den Kunden bekannteste Auslieferungsmethode.16 Bei diesem System bringt der Zusteller das Paket dem Empfänger im Rahmen seiner Zustelltour direkt an seine Haustüre. Wenn der Empfänger zum Zustellzeitpunkt nicht zu Hause sein sollte, hinterlässt der Zusteller eine Benachrichtigungskarte. Ab hier unterscheidet sich die Vorgehensweise der verschiedenen KEP-Dienstleister. Bei nahezu allen Dienstleistern, außer DHL, wird der Empfänger informiert, wann er mit einer erneuten Zustellung rechnen kann. (Es werden maximal drei Zustellversuche unternommen.) Der Empfänger hat dann folgende Möglichkeiten:

- er kann es einrichten, zum genannten Zeitpunkt anwesend zu sein.
- er kann auf der Karte eine einmalige Vollmacht erteilen, dass das Paket bei einer anderen Person unter einer anderen Adresse, z. B. bei einem Nachbarn abgegeben werden kann.
- er kann auf der Karte eine einmalige Vollmacht erteilen, dass der Zusteller das Paket ohne Quittung abstellen darf.
- er kann beim KEP-Dienstleister anrufen und einen taggenauen Zustelltermin abstimmen oder eine neue Adresse (z. B. Arbeitsplatz) für die Auslieferung angeben.

Bei der DHL wird das Paket nach einem erfolglosen Zustellversuch zur nächstgelegenen Postfiliale gebracht und dort sieben Werktage zur Abholung bereitgehalten. Der Empfänger muss das Paket dann in dieser nächstgelegenen Postfiliale abholen.

4.1.1.2. Kosten

Diese Vorgehensweise ist weder für den Absender noch für den Empfänger mit Kosten verbunden. Lediglich die Lieferzeit wird dadurch verlängert und der Empfänger muss Zeit aufwenden, um das hinterlegt Paket entweder bei einem Nachbarn oder in der Postfiliale abzuholen.

Bei dem KEP-Dienstleister sieht dies anders aus. Für ihn entstehen erneut Kosten für weitere Zustellversuche bzw. für das Hinterlegen des Paketes in der Postfiliale. Sollte das Paket beim dritten Zustellversuch nicht ausgeliefert werden können oder wird es nicht innerhalb der Lagerfrist in der Postfiliale abgeholt, fallen weitere Kosten für die Rücksendung zum Absender an. Die Rücksendung wird nicht vergütet.

4.2. Asynchrone Zustellsysteme / Übergabeterminals

Bei asynchronen Zustellsystemen erfolgt die Auslieferung und der Empfang des Paketes Zeit versetzt. Anstatt das Paket direkt zum Empfänger zu fahren, wird das Paket an einem

Sammelpunkt, auch Pick-Up-Stationen genannt, zur Abholung durch den Empfänger hinterlegt. „Der Empfänger nimmt die Ware bei Lieferung nicht mehr persönlich in Empfang.“17 Diese Pick-Up-Stationen sollten sowohl für den Zusteller als auch für den Empfänger problemlos zu erreichen sein. Ebenso wichtig wie die Erreichbarkeit sind die Öffnungszeiten der Pick-Up-Stationen, die möglichst lange oder am besten täglich rund um die Uhr geöffnet sein sollten. In der Regel werden Pick-Up-Stationen deshalb an zentralen Stellen mit viel Publikumsverkehr, wie z. B. Bahnhöfen, Tankstellen oder auch Videotheken eingerichtet.18

Die Vorteile der asynchronen Zustellsysteme liegen insbesondere in der Flexibilität bei der Abholung durch den Kunden als auch in der Zeitersparnis der KEP-Dienstleister. Diese müssen nicht mehr jeden Kunden einzeln anfahren, sondern nur noch einige Pick-Up- Stationen, bei denen Sie mehrere Pakete abladen können. Der Drop-Faktor wird erhöht. Asynchrone Zustellsysteme kopieren sozusagen die „erste Meile“, wo die KEP-Dienstleister bei ihren Geschäftskunden oder in den Filialen mehrere Pakete auf einmal abholen.

4.2.1. Abholung Postfiliale / Paketshop / Depot

Das wohl bekannteste „Übergabeterminal“ ist die Postfiliale. Wie schon beschrieben, ist dies der Ort, zu dem die DHL-Zusteller die Pakete bringen, wenn Sie ein Paket nicht zustellen konnten.

4.2.1.1. Beschreibung

„Pakete werden in der Regel zu normalen Arbeitszeiten zugestellt. Doch verständlicherweise trifft der Zusteller dann häufig den zumeist berufstätigen Empfänger gar nicht an und hinterlässt – wie im Falle der Deutschen Post – die klassische (orange) Mitteilungskarte. Diese ermöglicht dann die Abholung der Sendung an den darauf folgenden Werktagen zu den bekannten – wenig arbeitnehmerfreundlichen – Öffnungszeiten.“19 In den Postfilialen werden die Pakete sieben Werktage gelagert und danach an den Absender zurück gesendet.

Einige KEP-Dienstleister betreiben eigene Paketshops. So zum Beispiel der Hermes Versand.

[...]


1 Weyer, J. (2000)

2 Weber, J., Schmitt, A., Engelbrecht, C., Knobloch, U., Wallenburg, C. M. (2002), S. 57

3 Tsakiridou, E. (2003)

4 Reindl, M., Oberniedermaier, G. (2002), S. 46

5 Hassa, E., Kranke, A. (2004)

6 Deutsches Verkehrsforum (2004)

7 Deutsches Verkehrsforum (2004)

8 ten Hompel, M., Grün, O. (2002) Seiten D3-4-8, 14, 19

9 KE-Consult Kurte & Esser GbR (2004), Seite 1

10 Deutsche Post World Net AG (2004 a)

11 Muckelberg, E (2003)

12 ten Hompel, M., Grün, O. (2002), Seite D3-4-6

13 MRU GmbH (2001)

14 eLog-Center Dortmund

15 Deutsches Verkehrsforum (2004)

16 KE-Consult Kurte & Esser GbR (2004), Seite 2

17 eLog-Center Dortmund

18 Reindl, M., Oberniedermaier, G. (2002), S. 51f

19 Robben, M. (2003)

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
E-Logistik. E-Fulfillment – das Problem der letzten Meile – Strategien, betriebswirtschaftliche Bewertung und Planungsprobleme
Hochschule
Universität Mannheim  (Lehrstuhl für ABWL und Logistik)
Veranstaltung
E-Logistik
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
21
Katalognummer
V116628
ISBN (eBook)
9783640184781
ISBN (Buch)
9783640184934
Dateigröße
603 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
E-Logistik, letzte Meile, KEP, Versandhandel, Logistik, E-Fulfilment, Fulfilment
Arbeit zitieren
Dipl.-Kfm. Christoph Bauer (Autor:in), 2004, E-Logistik. E-Fulfillment – das Problem der letzten Meile – Strategien, betriebswirtschaftliche Bewertung und Planungsprobleme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116628

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: E-Logistik. E-Fulfillment – das Problem der letzten Meile – Strategien, betriebswirtschaftliche Bewertung und Planungsprobleme



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden