Ökumenische Ideen und Projekte im Fachbereich Evangelische Theologie / an der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg 1860 bis 2020


Wissenschaftlicher Aufsatz, 2022

29 Seiten


Leseprobe


Inhalt

1 Vorgeschichte

2 Zwischen den Zeiten
2.1 Rudolf Otto
2.2 Friedrich Heiler
2.3 Heinrich Hermelink

3 Zwischen II. Weltkrieg und der hessischen Universitätsreform 1970
3.1 Ernst Benz
3.2 Hans Graß und Carl Heinz Ratschow
3.3 Stephan H. Pfürtner
3.4 Exkurs: Ernst Wilhelm Kohls

4. Forschungsstelle Ökumenische Theologie

Anhang

Vorwort

Im Jahr 2027 wird die Philipps-Universität in Marburg ihr 500-jähriges Bestehen feiern. Der Fachbereich Evangelische Theologie plant, dazu einen Sammelband über seine Geschichte beizusteuern. Einzelne Forschungszweige und -Schwerpunkte sollen profiliert dargestellt werden. Wegen der Vielzahl der zu erwartenden Beiträge ist der zur Verfügung stehende Raum natürlich begrenzt. Doch gründliche Forschung u.a. im Archiv kann nicht mit dem Blick auf eine Begrenzung von Anschlägen und Leerzeichen geleistet werden. Mein Beitrag überschreitet erheblich die für den Sammelband vorgegebene Länge. Ich bin daher dankbar, dass der Verlag grin bereit war, zu günstigen Bedingungen einen Separat-Druck vorzunehmen. Für zuverlässige Unterstützung beim Korrekturlesen danke ich Frau Inge Radparvar, die bis 2004 am Fachgebiet Systematische Theologie für die Forschungsstelle Ökumenische Theologie zuständig und dort mit großem persönlichen Einsatz tätig gewesen ist.

Marburg, 1.1.2022

Hans-Martin Barth

1 Vorgeschichte

Die Aufgabe, sich mit anderen Glaubensrichtungen auseinanderzusetzen, ist der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität sozusagen in die Wiege gelegt. Friedrich Heiler weist zur Begründung seines ökumenischen Engagements eigens darauf hin.1 Noch in der Reformationszeit haben lutherische und reformierte Theologen neben- oder nacheinander gelehrt2 ; einer der lutherischen Theologen – Theobald Thamer3 - ist sogar zum Katholizismus zurückgekehrt. Unter Moritz dem Gelehrten kam es zur Ausweisung der Lutheraner und damit verbunden zur Gründung der Universität Gießen.

Im Jahr 1822 erfolgte „durch kurfürstliches Edikt, aber im Einklang mit den Marburger Theologen, die Umgestaltung der reformiert-konfessionellen in eine ‚evangelische‘ Fakultät.“4 Doch die Spannung zwischen reformierter und lutherischer Theologie war damit keineswegs behoben: Sie revitalisierte sich im Konflikt zwischen Heinrich Heppe, dem späteren Herausgeber der „Bekenntnisschriften der reformierten Kirchen Deutschlands“ und einer „Dogmatik der evangelisch-reformierten Kirche“, und dem sich als genuin lutherisch verstehenden Theologen August Vilmar.5 Als geistiger und geistlicher Spiritus Rector der wenige Jahre nach seinem Tod gegründeten „hessischen Renitenz“ hat Vilmar die konfessionell unbefriedigende Situation eher erschwert als befriedet. Heppe, stärker historisch als dogmatisch orientiert, war der Auffassung, die Kirche Hessens sei „vom Luthertum ebenso geschieden, wie sie dem Kalvinismus verwandt sei“6. Mit seiner „Geschichte der quietistischen Mystik in der katholischen Kirche“7 richtete er seinen Blick auch auf eine wichtige neuere Entwicklung im Katholizismus.

Bereits im Wintersemester 1844/45 hatte Heinrich Wilhelm Josias Thiersch, seit 1843 ao. Professor in Marburg, die dann 1846 in erster Auflage publizierten , „Vorlesungen über Katholizismus und Protestantismus“8 gehalten. Im Vorwort schreibt er, dass „die sichtbare Kirche ihre Einheit und ihre wahre, selbständige, dem unsichtbaren Wesen entsprechende Gestalt gewinne, das ist die lauteste Anforderung der Gegenwart."9 In seiner Sehnsucht nach einer idealen, mit ihren Anfängen übereinstimmenden Kirche schloss er sich schließlich, erfüllt von einem tiefen „Weh“ über den Zustand der evangelischen Christenheit10 und ohne zunächst die evangelische Kirche verlassen zu wollen11, der Katholisch-Apostolischen Kirche an, deren kleine Gemeinde in Marburg er gesammelt hatte und ab 1847 geistlich leitete.12 Es darf als „tragisch“ bezeichnet werden, dass Thiersch, dem es um die Erneuerung und Einigung der gesamten Christenheit ging, durch sein Vorgehen die Verworrenheit der ökumenischen Situation noch vergrößerte.

Unter primär konfessionskundlicher Perspektive hatten dann vor allem Historiker wie Carl Mirbt und Lutherforscher wie Theodor Brieger, Theodor Kolde oder Heinrich Böhmer einen scharfen Blick für Entwicklungen vor allem des spätmittelalterlichen Katholizismus. Dies gilt auch für Adolf von Harnack, der während der kurzen Spanne seiner Tätigkeit in Marburg (1886-1888) den II. Band seiner Dogmengeschichte erarbeitete.13

Zu der faktisch nur partiell arbeitsfähigen, aber juristisch seit 1781 bestehenden katholisch-theologischen Fakultät, die formell von 1831-1833 bestand14, gab es zunächst keine Verbindung. Carl Mirbt schilderte 1905 die komplizierte Entstehungsgeschichte dieser Institution, gegen deren Errichtung von Fuldaer Bischöfen wiederholt Bedenken vorgetragen worden waren.15 Die ohnehin große Gefahr für katholische Theologen an einer protestantischen Universität - so Bischof Pfaff – sei „bis zum Schauderhaften vergrößert durch den Umstand, dass die Mehrzahl der dortigen Lehrer und namentlich auch die Mitglieder der evangelisch-theologischen Fakultät vom Glauben an das positive Christentum mehr oder weniger abgefallen“ seien. Von einer „Substanzierung dieser schweren Vorwürfe“ habe Bischof Pfaff abgesehen. Der Fakultät gehörten damals Albert Jacob Arnoldi, Mauritz Johann Heinrich Beckhaus, Hermann Hupfeld, Karl Wilhelm Justi und Johann Lorenz Zimmermann an.16

Ein im engeren Sinn ökumenisches Interesse erwachte an der Theologischen Fakultät, sieht man von Thiersch ab, erst mit der Berufung von Rudolf Otto und Friedrich Heiler.

2 Zwischen den Zeiten

2.1 Rudolf Otto

Rudolf Otto, der 1917 als Nachfolger von Wilhelm Herrmann den Lehrstuhl für Systematische Theologie übernahm, wird so sehr als Religionswissenschaftler gesehen und von seinem Hauptwerk „Das Heilige“ her verstanden, dass sein Beitrag für die beginnende ökumenische Entwicklung die ihm gebührende Würdigung nicht erfahren hat. In der letzten wichtigen Veröffentlichung über Rudolf Otto17 fehlt ein Hinweis zu Ottos ökumenischem Engagement. In Darstellungen der Geschichte des ökumenischen Gedankens erscheint sein Name nicht.

Immerhin hat Hermann Mulert 1938 einen Artikel über „Otto’s ökumenisches Interesse“18 veröffentlicht. Ernst Benz bringt 1971 in einem Beitrag über „Rudolf Otto als Theologe und Persönlichkeit“ auch Ottos Bedeutung für die Ökumene zur Sprache.19

Rudolf Ottos Beziehung zur Ökumene äußert sich in drei Arbeitsbereichen: in seinen Reisen, seinen liturgischen Bemühungen und in seiner Mitwirkung bei ökumenischen Aktivitäten.

Bei seinen Reisen – Reinhard Schinzer nennt ihn scherzhaft den ersten Weltreisenden unter den Theologen20 – hatte Otto wohl zunächst eher die Konfessionskunde im Blick, die ja für ökumenisches Wirken eine wichtige Voraussetzung darstellt. Bei einer Reise durch Griechenland übernachtet er in Klöstern, nimmt an einer Säuglingstaufe teil. In Ägypten lernt er die Koptisch-Orthodoxe Kirche kennen und wird von deren Geistlichem Oberhaupt empfangen. Auf dem Athos wandert er von Kloster zu Koster und ist offenbar besonders von den russischen Mönchen des Klosters Panteleimonos beeindruckt. Bei einer Russland-Reise sind ihm besonders die Walamo-Klöster wichtig. Schon von Marburg aus besucht er die USA, wo er am Oberlin College in Oberlin / Ohio Vorlesungen über das Verhältnis von westlicher und östlicher Mystik hält. 1911 war es bei einer Reise durch Nordafrika in einer Synagoge in Tanger zu dem berühmten Erlebnis mit dem „Dreimal Heilig“ gekommen21, das als der entscheidende Impuls für die Verfassung seines Epoche machenden Werks „Das Heilige“ gilt. Reinhard Schinzer hat wohl recht, wenn er vermutet, „alle die vielen gottesdienstlichen Handlungen, denen er schon auf seinen früheren Reisen beiwohnte, haben ebensoviel zu seinem Hauptwerk beigetragen wie dieses kleine Erlebnis.“22

Bei Ottos liturgischen Vorschlägen steht, ganz anders, als man es - von heute aus gesehen - erwarten würde, nicht der römische Katholizismus Modell. Seine Sympathie für die „morgenländische“ Kirche ist zwar nicht zu verkennen; er hat sich mit Chrysostomus und Diadochus von Photike beschäftigt23 und den „Tauchkelch“ nach orthodoxem Vorbild, wie er auch in anglikanischen Kreisen in Amerika geübt wurde, beim lutherischen Abendmahl für möglich gehalten.24 In seiner Schrift „Zur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes“25 fasste er seine liturgischen Vorstellungen zusammen. Gerade „im Gegensatze zum katholischen Kulte“ solle die evangelische Gemeinde am Gottesdienst-Geschehen beteiligt sein. Dazu entwirft Otto „Chorgebete“26, die im Wechsel von zwei Gruppen der am Gottesdienst Teilnehmenden zu sprechen sind. „Der ‚Liturg‘ verschwindet, wird wenigstens zur Nebensache, oder er verschwindet überhaupt, wenn die Gemeinde etwa sich selber in zwei Chöre teilt, die gegenseitig von Vers zu Vers sprechen und antworten.“ Besonders wichtig ist ihm der „schweigende Dienst“, das „numinos-sakramentale“, „wartende“ und „einende“ Schweigen.27 Er hat es bei den Quäkern kennengelernt, aber auch bei einer calvinistischen Gemeinde in New York und bei „ultraprotestantischen Kongregationalisten“.28 Er empfiehlt es besonders statt des Liedes nach der Predigt.29 Er möchte, angeregt durch Zwingli, die am Abendmahl Teilnehmenden als „Tischgemeinde“ sehen. Er verwahrt sich gegen „Kunstausdrücke wie Mette und Vesper“ und andere „Antiquitäten“.30 Seine Vorstellung von einer sachgemäßen Abendmahlsfeier ist nicht an der katholischen Messe, sondern an der jüdischen Feier am Vorabend des Sabbats ausgerichtet, wie er sie miterlebt hat.31 Zur Verlebendigung des evangelischen Gottesdienstes lässt er sich anregen durch andere protestantische Denominationen, durch das Judentum, ja sogar von „gemeinsamen sozialistischen Feiern“.32 Er vertritt ein weites Verständnis von Ökumene, ohne diesen Begriff zu gebrauchen, und warnt zugleich vor einer Abwehr alles dessen, was „nach ‚Mystik‘, nach Katholizismus …., nach Mönchtum und Mittealter“ „schmeckt“.33 Nach Hermann Mulert hat er jedoch den Plan des Buches „Der Katholizismus, sein Stirb und Werde“ unterstützt.34 Kurz vor seinem Tod, im Frühjahr 1936, verbrachte er mehrere Tage im Haus des katholischen Philosophen und Theologen Johannes Hessen in Köln. Sein eigentliches Anliegen aber war der Zusammenschluss der verschiedenen protestantischen Gruppierungen, wie er dies in seiner Rede bei der Gedächtnisfeier für das Marburger Religionsgespräch 1929 zum Ausdruck gebracht hatte: „Gemeinsame Aufgaben des Protestantismus und die Form ihrer Erfüllung“.35 Als einem politisch denkenden Menschen – er war von 1913 bis 1918 als Vertreter der Demokratischen Partei Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses – wurde ihm deutlich: Der Protestantismus braucht eine Struktur und eine Stimme, sodass er seine Interessen wahren und sich in seiner Gesamtheit an die Welt wenden kann.

Als die Phase der internationalen Konferenzen und Kongresse beginnt, ist Rudolf Otto selbstverständlich dabei. Beim „Weltkongress für freies Christentum und religiösen Fortschritt“ in Paris 1913 hält er einen Hauptvortrag: „Ist eine Universalreligion möglich?“36 Dass es ihm gelingt, 1920 die Berufung von Friedrich Heiler auf ein extra für diesen geschaffenes Extraordinariat für Religionsgeschichte und Religionsphilosophie durchzusetzen, ist ein weiterer Beitrag Ottos zum Ausbau nicht nur der religionsgeschichtlichen, sondern auch der ökumenischen Aktivitäten der damaligen Theologischen Fakultät.37 1921 gründet er den „Religiösen Menschheits-Bund“, dessen Ziel zwar weit über die innerchristliche Ökumene hinausgeht, auf diese aber in Ottos Sicht Auswirkungen hat. Er korrespondiert mit dem schwedischen Erzbischof Söderblom, der ihn 1925 zur Konferenz nach Stockholm einlädt. Auf dem Rückweg von Indien 1928 trifft Otto auf die Zweite Weltmissionskonferenz in Jerusalem. Die Weltkonferenzen für Praktisches Christentum in Oxford und die Zweite Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Edinburgh 1937 geraten in den Strudel nationalsozialistischer Politik, wovon auch Marburg nicht verschont bleibt. Ernst Benz, seit 1935 außerordentlicher Professor, ab 1937 Ordinarius für Kirchen-und Dogmengeschichte, war vom Personalreferenten des Kulturministeriums zu einer Stellungnahme beauftragt, beriet sich – nach eigener Darstellung – außer u.a. mit Heiler, Frick und von Soden auch mit Rudolf Otto, der bereit gewesen sei, die beiden Weltkonferenzen in England zu besuchen. Dies habe sich jedoch nicht realisieren lassen, weil die Statuten der Konferenz einzelnen Delegierten in bestimmten Gremien kein Stimmrecht erlaubt hätten. Rudolf Otto habe Benz in einem Brief seine Enttäuschung darüber mitgeteilt.38

So lässt sich bei Ottos ökumenischem Interesse eine doppelte Bewegung beobachten: Die eine geht aus von Beobachtungen am Kult der christlichen Kirchen und wendet sich den außerchristlichen Religionen zu, die andere führt von diesen zurück zu dem Versuch, wenigstens die verschiedenen protestantischen Traditionen zu einer Gemeinschaft zusammenzubinden. Beide Ansätze sind ausgelöst durch das, was er in seiner „Schrift über ‚das Heilige‘“ sagt.39 „Die Basis“ für seine liturgischen und auch für seine interreligiösen Vorstellungen und Vorschläge „bilden seine religionsphilosophischen Entscheidungen“. Es geht ihm „letztlich um die Ausgangsfrage, wie Religion möglich ist“.40 Er zeigt damit eine höhere Sensibilität für die zunehmend areligiösen Strömungen seiner Zeit als jede an der Vergangenheit orientierte liturgische Bewegung. Zugleich legte sich der Gedanke nahe, die liturgische Bewegung selbst könnte durch „Das Heilige“ von Rudolf Otto ausgelöst worden sein.41 Den zu seiner Zeit noch ungewöhnlichen Begriff „ökumenisch“ gebraucht Otto kaum je; jedoch weiß er, dass „das Vater Unser das echte und wahrhaft ökumenische ‚Bekenntnis‘ und Symbolum der Gemeinde“ ist.42

2. Strophe von Otto’s Abendmahlslied:

„Gruß euch, die ihr vorausgegangen

zur Statt, nach der auch wir verlangen.

Ihr seid am Ziel, wir folgen nach.

Bis dahin soll an euren Werken

Sich unsre Lieb´ und Eifer stärken,

zu wirken hier, solang es Tag.“43

Paul Spruth dachte bei der Verfassung seines Gedichts wohl auch an den Ökumeniker Rudolf Otto:

PROF. D. RUDOLF OTTO

Du bist der Wahrheit Meister

In Demut und in Licht,

Ein Lehrer und ein Leister,

Ein Künder und Begeister

Von dem, was ewig zu uns spricht.

Du weisest uns das hohe,

Das heilige ´ Ich bin ‘.

Du warst der Geistig-Frohe

In heller Glaubenslohe;

Denn Gott der Herr ist der Beginn.

Ich will mich wieder neigen

Den Worten unerhört.

Die Engel niedersteigen

In ihrem großen Schweigen

Und Frieden, den uns niemand stört.44

2.2 Friedrich Heiler

Rudolf Otto gelang es, Friedrich Heiler45, der durch sein Buch über „Das Gebet“ weithin bekannt geworden war, für den neu errichteten Lehrstuhl für Religionsgeschichte und Religionsphilosophie zu gewinnen.

[...]


1 Friedrich Heiler, Das Werden der Ökumene, in: ders., Vom Werden der Ökumene, ÖR.B Nr.6, 1967, 54.

2 Hans Schneider, Art. Marburg, Universität, in: TRE 22, 68-75. Heinrich Heppe.

3 1543 von Landgraf Philipp zum Professor ernannt; nach seiner Beurlaubung und Entlassung Konversion in Italien; tätig in Minden und Mainz, ab 1566 Professor in Freiburg; gest. 1569. S. ADB 37, 650 (Online-Version).

4 Hans Schneider, Art. Marburg, Universität, a.a.O. (wie Anm. 2) 68-75; Zitat: 72. S. Heinrich Heppe, Geschichte der Theologischen Facultät zu Marburg, Marburg 1873, 53-58 („Die Umgestaltung der reformirt-confessionellen in eine confessionslose evangelische Facultät“); 58-64 („Die evangelische Facultät seit 1822“). Aufgrund von Nachfragen aus der Pfarrerschaft sah sich die Theologische Fakultät veranlasst, ein „Gutachten über die hessische Katechismus- und Bekenntnißfrage“ zu erstellen. Sie kam dabei u. a. zu dem Ergebnis, „daß die in ihrem Katechismus dargelegte Lehre der hessischen Kirche nicht lutherisch, sondern reformirt ist.“ (Amtliches Gutachten der theologischen Fakultät zu Marburg über die hessische Katechismus- und Bekenntnißfrage, Marburg 1855, 81f.). Dies wiederum hat den lutherischen Theologen August Vilmar dazu bewogen, ein Jahr später „Bedenken“ gegenüber dem Fakultäts-Gutachten zu publizieren (Bedenken über das unter dem 10. September von der theologischen Facultät zu Marburg 1855 über die Hessische Katechismus- und Bekenntnisfrage, Berlin 1856). Er argumentiert, der hessische Bekenntnisstand lasse sich nicht durch Belege aus der Bekenntnis-Literatur begründen, da er schlicht auf obrigkeitliche Festsetzung zurückzuführen sei.

5 Vgl. dazu A. Kuhnert, Art. Heppe Heinrich Ludwig Julius, in: RE3. 7, 687-692, bes. 689f.; ferner Heinrich Heppe, Denkschrift über die confessionellen Wirren in der evangelischen Kirche Kurhessens, Cassel 1854.

6 Nach Dieter Waßmann, Kurhessem zwischen Frankfurt und Berlin 1848-1866, in: Rainer Hering und Volker Knöppel (Hg.), Kurhessen und Waldeck im 19. Jahrhundert. Beiträge zur Kirchengeschichte Band 1, Kassel 2006, 97-151; Zitat: 121.

7 Geschichte der quietistischen Mystik in der katholischen Kirche, Berlin 1875.

8 Vorlesungen über Katholicismus und Protestantismus, Erlangen 1846.

9 S. XIV, s. Paul Wigand (Hg.), Heinrich W. J. Thierschs Leben (zum Teil von ihm selbst erzählt), Basel 1888, 192.

10 So Otto Zöckler, Art. Thiersch Heinrich Wilh. Josias, in: RE 3 19, 684-692; Zitat: 687.

11 S. Reiner-Friedemann Edel, Auf dem Weg zur Vollendung der Kirche Jesu Christi. Die oekumenische Sendung der katholisch-apostolischen Gemeinden an die Gesamtkirche Jesu Christi dargestellt an Leben und Wirken des Prof. Dr. Heinrich W. J. Thiersch, Marburg 21971, 59 (Verweis auf Thiersch, Sendschreiben an Seine Hochwürden Herrn Thomas Merle, lutherischen Superintendenten der Provinz Oberhessen, Consistorialrath und ersten lutherischen Pfarrer zu Marburg, Marburg 1849, 11; im Anhang von R.-Fr. Edel a.a.O. abgedruckt: 325-330).

12 Zöckler a.a.O. (wie Anm. 10), 687; Stefan Jordan, Art. Thiersch Heinrich Wilhelm Josias, in RGG4.8,364. Bei Paul Wigand a.a.O. (wie Anm. 9) und bei Reiner Friedemann Edel a.a.O. (wie Anm. 11) keine präzise Angabe des Jahrs.

13 H. Schneider a.a.O. (wie Anm. 2) 73. Vgl. Friedrich Heiler, Adolf von Harnack, seine Stellung zu Katholizismus und Protestantismus, in: Ders., Im Ringen um die Kirche. Gesammelte Aufsätze und Vorträge Bd. II, München 1931, 270-286.

14 Vgl. TRE 22, 75 (Lit.).

15 Carl Mirbt, Die katholisch-theologische Fakultät zu Marburg. Ein Beitrag zur Geschichte der katholischen Kirche in Hessen und Nassau, Marburg 1905.

16 Mirbt ebd. 186 und ebd. Anm. 1. Zu einem fruchtbaren Austausch zwischen der 1971 in „Fachbereich Evangelische Theologie“ umbenannten Fakultät und dem seit 1961 bestehenden etablierten Katholisch-Theologischen Seminar in Marburg sollte es im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts kommen. Siehe untenVeweis.

17 Jörg Lauster (Hg.), Rudolf Otto. Theologie, Religionsphilosophie, Religionsgeschichte, Berlin (u.a.) 2014.

18 H. Mulert, Otto’s ökumenisches Interesse, in: ZThK Neue Folge 19. Jg. (1938), 155-160.

19 Ernst Benz, Rudolf Otto als Theologe und Persönlichkeit, in: Ernst Benz (Hg.), Rudolf Otto‘s Bedeutung für die Religionswissenschaft und die Theologie heute. Zur Hundertjahrfeier seines 100. Geburtstags 25. September 1969. Mit Beiträgen von Reinhard Schinzer, Ernst Benz, Gustav Mensching, Søren Holm und Gotthard Nygren, Leiden 1971, 30-48.

20 Reinhard Schinzer, Rudolf Otto – Entwurf einer Biographie, in: Benz, Rudolf Otto’s Bedeutung a.a.O. (wie Anm. 19), 1-29; Zitat: 3; zum Folgenden Schinzer ebd. 6-24.

21 ChW 25 (1911), 709.

22 Schinzer a.a.O. (wie Anm. 20) 17.

23 Rudolf Otto, Aufsätze das Numinose betreffend, Gotha 1923, 1-10; 83ff.

24 Zur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes, Gießen 1925, 49.

25 Gießen 1925.

26 Chorgebete für Kirche, Schule und Hausandacht zusammengestellt von Rudolf Otto, Gießen 2. Aufl. 1928.

27 Schweigender Dienst, in: Aufsätze a.a.O. (wie Anm. 23) 171-178.

28 Zur Erneuerung a.a.O.(wie Anm. 24) 34f.

29 Ebd. 38.

30 Ebd. 50.

31 Ebd. 43f. Zum Ganzen vgl. Katharina Wiefel-Jenner, Die Liturgik Rudolf Ottos, Göttingen 1997, 215-239.

32 Zur Erneuerung a.a.O. (wie Anm. 24) 29.

33 Ebd. 10.

34 Hermann Mulert a.a.O. (wie Anm. 18) 160.

35 S. Aus R. Ottos Vortrag „Die gemeinsamen Aufgaben des Protestantismus in der Gegenwart“ (ChW 43, (1929), Sp. 885-887.

36 In: ChW 27 (1913), Sp. 1237-1243.

37 S. Heiler, Johann Friedrich, in: NDB 8, 259.

38 Ernst Benz, Rudolf Otto als Theologe und Persönlichkeit, in: Ernst Benz (Hg.), Rudolf Otto a.a.O. (Anm. 19) 30-48; bes. 44-46.Benz verwahrt sich gegen die Darstellung in Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer, Theologe, Christ, Zeitgenosse, München 1967, 634.

39 Vgl. Otto, Zur Erneuerung a.a.O. (wie Anm. 24) 55.

40 Wiefel-Jenner, a.a.O. (wie Anm. 31) 295.

41 Paul Gennrich, Die liturgische Bewegung der Gegenwart und ihre Bedeutung für die Reform des Gottesdienstes, in: Kirchliches Jahrbuch 55, Gütersloh 1928, 3.

42 Otto, Zur Erneuerung a.a.O. (wie Anm. 24) 37.

43 Zitiert von H. Frick, in: Rudolf-Otto-Gedächtnisfeier der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität. Ansprachen und Grußworte hg. von der Theologischen Fakultät Marburg. Mit einem Bildnis Rudolf Ottos, Berlin W 35, 1938, 23.

44 Paul Spruth, Zur Ernte hin. Gedichte und Sprüche, Siegen o.J. (1956), 53.

45 S. Vom Werden der Ökumene. Zwei Vorlesungen von Friedrich Heiler. Mit Vorwort von Hanfried Krüger, Beihefte zur Ökumenischen Rundschau Nr. 6, Stuttgart 1967, sowie Hans Hartog, Evangelische Katholizität. Weg und Vision Friedrich Heilers. Mit einem Nachwort von Theodor Schneider, Mainz 1995 (laut Vorwort ergänzt und überarbeitet von Dorothee Sattler und Peter-Otto Ullrich). Bibliographie Friedrich Heiler in Zusammenarbeit mit Gerd Muschinski erstellt von Anna Marie Heiler, in: Anne Marie Heiler (Hg.), Inter Confessiones. Beiträge zur Förderung des interkonfessionellen und interreligiösen Gesprächs. Friedrich Heiler zum Gedächtnis aus Anlaß seines 80. Geburtstages am 30.1.1972, Marburg 1972, 154-196.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Ökumenische Ideen und Projekte im Fachbereich Evangelische Theologie / an der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg 1860 bis 2020
Autor
Jahr
2022
Seiten
29
Katalognummer
V1167295
ISBN (eBook)
9783346593955
ISBN (Buch)
9783346593962
Sprache
Deutsch
Schlagworte
ökumenische, ideen, projekte, fachbereich, evangelische, theologie, theologischen, fakultät, philipps-universität, marburg
Arbeit zitieren
Hans-Martin Barth (Autor:in), 2022, Ökumenische Ideen und Projekte im Fachbereich Evangelische Theologie / an der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg 1860 bis 2020, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1167295

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