Chancen und Risiken der Sustainable Balanced Scorecard


Thèse de Bachelor, 2008

59 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Entwicklung der Balanced Scorecard
2.1 Funktionen und Aufbau der Balanced Scorecard
2.2 Weitere Kriterien für den Erfolg der Balanced Scorecard

3. Die Bedeutung von Nachhaltigkeit für zukunftsorientierte Unternehmen
3.1 Abgrenzung des Begriffs Nachhaltigkeit
3.2 Nachhaltigkeitsmanagement allgemein
3.3 Erfolgskriterien nachhaltiger Managementkonzepte

4. Die Sustainable Balanced Scorecard
4.1 Konzept der Sustainable Balanced Scorecard
4.2 Übertragung der Erfolgskriterien und kritische Würdigung

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Von der Vision zu konkreten Aktivitäten

Abbildung 2: Beispiel für kausale Zusammenhänge zwischen den Perspektiven

Abbildung 3: Die BSC als stratgischer Handlungsrahmen

Abbildung 4: Anforderungen an kennzahlenbasierte Managementsysteme

Abbildung 5: Die vier Dimensionen des Nachhaltigkeitsmanagements

Abbildung 6: Herkömmliche Zuordnung von Managementsystemen

Abbildung 7: Anforderungen an nachhaltige Managementsysteme

Abbildung 8: Die fünf Perspektiven der Sustainable Balanced Scorecard

Abbildung 9: Beispiel einer SBSC-Matrix

Abbildung 10: Die vier Perspektiven der Balanced Scorecard

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Erstes Zwischenergebnis: funktionsbedingte Erfolgskriterien

Tabelle 2: Zweites Zwischenergebnis: konventionelle Erfolgskriterien

Tabelle 3: Drittes Zwischenergebnis: Kriterien für nachhaltigen Erfolg

Tabelle 4: Vergleich der funktionsbedingten Erfolgskriterien

Tabelle 5: Vergleich der konventionellen Erfolgskriterien

Tabelle 6: Übertragbarkeit der nachhaltigen Erfolgskriterien

Tabelle 7: Übersicht der Ergebnisse

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In dieser Arbeit soll ein Vergleich zwischen zwei Managementinstrumenten, einmal mit, einmal ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten, gezogen werden. Der Fokus liegt dabei auf der konventionellen Balanced Scorecard (BSC) einerseits und auf der Sustainable Balanced Scorecard (SBSC) andererseits. Unter Betrachtung aktueller politischer, gesellschaftlicher aber auch unternehmerischer Entwicklungen liegt die Vermutung nahe, dass Managementkonzepte, welche Nachhaltigkeit integrieren, sich zunehmend großer Beliebtheit erfreuen und daher stets bevorzugt werden. Mehr und mehr Unternehmen sehen die Berücksichtigung sozialer und ökologischer Anliegen nicht mehr nur als Kosten-, sondern als Erfolgsfaktor. Die Bevorzugung der SBSC scheint aufgrund der begrifflichen Ähnlichkeit zumindest, wenn im Betrieb bereits Erfahrungen mit einer BSC vorhanden sind, auf der Hand zu liegen. In dem vorliegenden Fall gestaltet es sich jedoch so, dass sich die SBSC (noch) nicht überzeugend in der Praxis durchsetzen konnte. Die BSC hingegen erfreut sich in vielen Unternehmen aus den verschiedensten Branchen großer Beliebtheit als Managementkonzept.1 Im nachhaltigen Management findet die konventionelle BSC bisher laut einer Studie des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und zwei anderen Einrichtungen eher wenig Anwendung.2 Ob diese Lücke durch die Ergänzung um eine weitere nicht-marktliche Perspektive geschlossen werden kann, wird im Laufe dieser Untersuchung betrachtet. Die Erklärung des Unterschiedes bezüglich der Beliebtheit der beiden Managementsysteme soll Kern der vorliegenden Arbeit sein.

Zunächst wird das Konzept der Balanced Scorecard kurz historisch eingeordnet. Der folgende Hauptteil befasst sich dementsprechend zunächst mit der BSC. Hier sollen die Erfolgskriterien3 des Managementsystems herausgearbeitet werden. Diese sollen, soweit für das Thema relevant, als Bewertungsmaßstab herangezogen werden, um den scheinbar geringen Erfolg der SBSC zu untersuchen. Dazu werden die vier üblichen Perspektiven der BSC (Kunden, Mitarbeiter, interne Prozesse und Lernen & Entwicklung) eingehend betrachtet und auf ihren Bei- trag zum ökonomischen Erfolg des Unternehmens hin untersucht. Die Ausrichtung beider Konzepte auf den ökonomischen Erfolg ist dabei von zentraler Bedeutung, da dies schlichtweg der Zweck einer profitorientierten Unternehmung ist. Falls sich rentables Wirtschaften hier mit der SBSC als schwierig bis unmöglich darstellen würde, wäre jeder Versuch, mittels ihr Nachhaltigkeit in Betrieben zu integrieren, von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Anschließend wird das betriebliche Integrationsbedürfnis eben von Nachhaltigkeit in das Managementsystem eingehend erläutert. Hierzu wird das so genannte 3-Säulen-Modell herangezogen. Durch eine kritische Würdigung der Integrationsproblematik soll der Anspruch, den ein Managementsystem haben muss, um nachhaltig zu sein, verdeutlicht und entsprechende Erfolgskriterien für die Implementierung nachhaltiger Strategien4 entwickelt werden.

Darauf wird im dritten Teil wieder bei der Analyse der SBSC eingegangen und betrachtet, inwiefern den zuvor festgelegten Ansprüchen hinsichtlich des nachhaltigen unternehmerischen Erfolgs mit diesem Konzept gerecht werden kann. Auch wird die fünfte, nachhaltige Perspektive der SBSC ausführlich und kritisch betrachtet. Fraglich ist, inwiefern externe Faktoren aus den Bereichen Soziales und Ökologie zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens beitragen können. Auch inwieweit diese messbar und in Entscheidungen des Managements integrierbar sind, wird hier betrachtet. Andererseits wird in diesem Zusammenhang auch die interne Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsdimensionen erläutert, da der Erfolg eines Managementkonzepts entscheidend von der Akzeptanz der Mitarbeiter abhängt. Des Weiteren werden in diesem Kapitel weitere Kriterien, die die Entscheidung eines Unternehmens für die Einführung der SBSC wesentlich beeinflussen, diskutiert. Dazu gehören zum Beispiel der Anwendungsbereich innerhalb einer Unternehmung oder aber auch der finanzielle und personelle Aufwand sowie die teilweise problematische Datenerfassung bzw. -verarbeitung.

Anhand der entwickelten Kriterien wird abschließend argumentativ erläutert, warum die SBSC ein sinnvolles oder eher weniger sinnvolles Managementkonzept ist. Auch soll kritisch betrachtet werden, inwiefern den Ansprüchen der Nachhaltigkeit gerecht wird. Zum Schluss wird ein Ausblick auf die künftige Entwicklung des Konzepts SBSC unter Bezug auf die Ergebnisse dieser Arbeit versucht.

2. Entwicklung der Balanced Scorecard

Historisch gesehen ist dieses Instrument noch sehr jung. In den 1960er Jahren gab es bereits erste Ansätze, die die Relevanz nicht-finanzieller Faktoren wie etwa Qualifikation der Mitarbeiter für den unternehmerischen Erfolg beschreiben.5 Die Notwendigkeit der Berücksichtigung derartiger Erfolgspotentiale wurde jedoch erst mit Beginn des Informationszeitalters deutlich. Dieser Standpunkt wird von Kaplan und Norton, den Entwicklern der Balanced Scorecard, deutlich vertreten:

„Information age companies will succeed by investing in and managing their intellectual assets“.6

Das Konzept der Balanced Scorecard wurde Anfang der neunziger Jahre von Robert S. Kaplan und David P. Norton zusammen mit dem Nolan Norton Institute entwickelt und 1996 schließlich in ihrem Buch „The Balanced Scorecard“ ausführlich erläutert. Ziel einer im Vorfeld durchgeführten Studie war es, ein Managementsystem zu entwickeln, welches sich nicht mehr ausschließlich auf finanzielle Faktoren der Unternehmensführung konzentriert. Die Teilnehmer waren demnach der Ansicht, dass eine derartige primäre Fokussierung auf monetäre Größen der Fähigkeit von Unternehmen schaden würde, „future economic value“7 zu schaffen. Problem war, dass die vormalige Setzung eines übergeordneten Ziels und die anschließende Herunterbrechung auf alle Unternehmensebenen nicht mehr ausreichend war: stattdessen ist es mit dem Strukturwandel erforderlich geworden, dass Unternehmen heute mehrere nicht immer konsistente Ziele verfolgen. Innerhalb dieses Rahmens wurden dann zunächst die vier Perspektiven (Finanz-, Kunden-, Interne Geschäftsprozesssowie Lern- & Entwicklungsperspektive) entwickelt. Diese Bereiche sind jedoch nicht zwingend in ihrer Unterteilung, so dass jedes Unternehmen die für sich relevanten Interessensgruppen in das Managementsystem Balanced Scorecard mit einbeziehen kann (s. u.).

Die zentrale Erkenntnis und Neuerung Anfang der neunziger Jahre bestand darin, dass mit diesem Konzept erstmals von der traditionellen Betrachtungsweise der vergangenheitsorientierten Zahlen des Rechnungswesens zum Management des Unternehmens abgerückt wurde. Stattdessen sollte mit dem strukturellen Wandel hin zu einer Dienstleistungsund Informationsgesellschaft auch die Möglichkeit geschaffen werden, durch die Entwicklung von Kennzahlen für so genannte weiche Erfolgsfaktoren wie etwa Humankapital oder Unternehmenskultur den Wert des Unternehmens in der Zukunft zu steigern.8 Aufgrund dieser Eigenschaft werden diese auch als Leistungstreiber9 bezeichnet, die damit einhergehend auch der Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit dienen.10 Aber vor allem wurde mit der BSC ein Konzept geschaffen, welches es erstmals ermöglicht, „strategische Ziele mit geeigneten Messgrößen“11 zu verbinden. Dies stellte eine grundlegende Neuerung dar, da Strategie zukunftsorientiert und somit kaum messbar ist. Dieses

Konzept gibt Unternehmen die Möglichkeit, durch individuelle Kennzahlen und Zielvorgaben die (interne) Entwicklung zu beeinflussen, ohne ausschließlich auf vergangenheitsbezogene Daten angewiesen zu sein.

Ziel des Managements mit der BSC ist die Verfolgung langfristiger Ziele (etwa Schaffung von Shareholder Value) sowie der Aufbau von Erfolgspotentialen.12 Von Friedag wird dementsprechend der Aufbau dieser Potentiale zur Sicherung der am Kapitalmarkt üblichen Rendite als „zentrale strategische Frage“13 bezeichnet. Manager stehen unter dem Druck, jedes Quartal gute Unternehmensergebnisse zu präsentieren, was die Gefahr birgt, dass vornehmlich kurzfristige Kennzahlen (z.B. Quartalsumsätze) im Managementprozess berücksichtigt werden.

Heutzutage arbeiten viele Unternehmen, seien es private (z.B. REWE Austria), öffentliche (z.B. die DRV Westfalen) oder gemeinnützige (z.B. der Gutleb Verein Karlsruhe) mit der Balanced Scorecard, sie wird mittlerweile sogar als betriebswirtschaftlicher Standard angesehen.14 Die Gründe für diesen Erfolg des Konzepts sollen im folgenden Abschnitt aufgezeigt werden.

2.1 Funktionen und Aufbau der Balanced Scorecard

Wie bereits erwähnt, stellt die BSC eine umfassende Möglichkeit zur Integration weicher Erfolgsfaktoren in das betriebliche Management dar. Dazu gibt es bei der Analyse bzw. Verwendung des Konzepts zwei Hauptfunktionen: einerseits dient es als strategisches Managementsystem (s. u.).15 Hierin eingebettet befindet sich die zweite Funktion: das Kennzahlensystem. Nach Kaplan und Norton existieren Scorecards sowohl als umfassende Managementals auch als reine Kennzahlensysteme; jedoch stellen sie fest, dass „Die besten Balanced Scorecards […] die Strategie einer Organisation wider[spiegeln]“.16 Vorraussetzung für den Gebrauch des Konzepts ist demnach die Formulierung von Strategien, welche dann über die Bildung von Ursache-Wirkungsketten im Endeffekt in Kennzahlen und Ziele übersetzt werden müssen, um daraus wiederum Maßnahmen zu deren Verbesserung abzuleiten (vgl. Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung1: Von der Vision zu konkreten Aktivitäten17

Durch die Identifikation wichtiger Erfolgsfaktoren in den vier verschiedenen Perspektiven entsteht die Möglichkeit, kausale Zusammenhänge zwischen verschiedenen, in konventionellen Managementansätzen unberücksichtigten, Unternehmensbereichen aufzudecken (vgl. Abbildung 2). Diese Abbildung verdeutlicht auch, dass „100%-Abhängigkeiten“ meist nicht gegeben sind, sondern die Gewichtung auch verteilt sein kann (z. B. kaufen Endkunden möglicherweise ein Produkt nicht zu 100% wegen des Images, sondern zu 60% aus Preisgründen, zu 30% aus Qualitätsgründen und nur zu 10% aus Imagegründen).18

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Beispiel für kausale Zusammenhänge zwischen den Perspektiven19

Wichtigste Voraussetzung dabei ist, dass prinzipiell jeder in eine Kennzahl aufgenommene Erfolgsfaktor auch wirklich zum (letztendlich finanziellen) zukünftigen Erfolg des Unternehmens beiträgt. Um dies zu gewährleisten, muss in den strategischen Handlungsrahmen der Organisation ein Feedbackbzw. Lernsystem integriert werden (s. u.).

Für die Unterteilung der Perspektiven und somit die Untergliederung der Ziele eines Unternehmens schlagen Kaplan und Norton vier Basisperspektiven vor, die jedoch je nach Unternehmen abgewandelt oder erweitert werden können. Diese offene Struktur stellt einen wichtigen Punkt für den Erfolg der BSC dar (EK 1).

Generell kann zwischen externen (Finanzund Kunden-) und internen (Geschäftsprozessund Lernund Entwicklungs-) Perspektiven unterschieden werden. In diesem Zusammenhang wird die BSC auch als „balanced“ bezeichnet, weil eine Ausgewogenheit zwischen den verschiedenen Zielsetzungen des Unternehmens entsteht.20 Ebenso sind die berücksichtigten Größen ausgewogen; sie können sowohl „extern oder intern orientiert, kurzoder langfristig, quantitativ oder qualitativ, [als auch] vergangenheitsoder zukunftsorientiert“21 sein. Ebenso können hier harte Faktoren (Finanzen und Produktion) von weichen (Kunden und Mitarbeiter) unterschieden werden. Also ist prinzipiell jede Art von Erfolgsfaktor in die BSC aufnehmbar (EK 2).

Die vier Standardperspektiven beinhalten jeweils die Kategorien Ziele, Kennzahlen, Vorgaben und Maßnahmen.22 Das Ziel folgt aus der Übersetzung der Strategie, eine geeignete Kennzahl misst den Grad der Erfüllung der Vorgabe des Top-Managements durch die eingeleitete(n) Maßnahme(n). Dabei haben die Perspektiven an sich folgende Funktionen:23

Die Ziele der Finanzperspektive werden aus der Frage abgeleitet, wie man gegenüber den Anteilseignern auftreten soll, um finanziell erfolgreich zu sein. Damit ist diese Perspektive den anderen übergeordnet; die drei Übrigen müssen auf sie ausgerichtet werden (siehe auch Abbildung 2). Somit kann aus diesem Teil der BSC erkannt werden, inwiefern die „Umsetzung einer Strategie insgesamt zu ei-ner ökonomischen Ergebnisverbesserung führt“.24 Diese Ausrichtung muss auch bei der Integration eines nachhaltigen Managementsystems gegeben sein (s. u.).

Die Kundenperspektive soll Wettbewerbsvorteile identifizieren und einen Mehrnutzen für Kunden entwickeln helfen. Dabei stehen die Kundenund Marktsegmente im Vordergrund, in denen das Unternehmen bezüglich seines zukünftigen Absatzes konkurrieren möchte. Wichtig ist, dass der Auftritt gegenüber den Kunden letztendlich zur Verwirklichung der Vision beiträgt.

In der internen Geschäftsprozessperspektive hat das Management die Aufgabe, diejenigen kritischen internen Prozesse zu identifizieren, die maßgeblich einer- seits für den Gewinn von Neukunden, andererseits für die Erfüllung der Erwartungen von bereits vorhandenen Kunden und Shareholdern sind. Dabei gibt die BSC die Möglichkeit, bisher unbeachtete, aber für den strategischen Erfolg höchst kritische Prozesse aufzudecken, indem Kausalzusammenhänge mit den anderen Perspektiven hergestellt werden.

Die vierte (Lernund Entwicklungs-) Perspektive schließlich bezieht sich vor allem auf das Potential der Mitarbeiter25 und damit auf die Infrastruktur innerhalb des Unternehmens, die für langfristiges Wachstum und Fortschritt in Richtung der Unternehmensvision aufgebaut werden muss. Dabei stellen die Mitarbeiter die Basis zur Erreichung der Ziele, die in den drei anderen Perspektiven formuliert wurden, dar. Strategisch betrachtet ist hier die Herstellung von Capabilities26 zentrale Aufgabe des Managements. Fraglich ist, inwiefern in der ökologischen bzw. sozialen Dimension überhaupt die Möglichkeit besteht, Ressourcen zu nutzen, da im Fokus des Nachhaltigkeitsmanagements hier vor allem die Reduktion der Schadschöpfung und nicht die Generierung bzw. Ausschöpfung entsprechender Ertragsquellen steht.

Mit der BSC liegt also ein Kennzahlensystem vor, mit dem die Unternehmensleistung gemessen werden kann. Die Implementierung dieses Kennzahlensystems in den Managementprozess sowie die Umsetzung der Strategie in letztendlich konkrete Aktionen ist eine generelle Herausforderung des strategischen Managements.27 Kaplan und Norton empfehlen für diese „Übersetzung“28 und die Etablierung in Form eines kreisförmigen Prozesses innerhalb einer Organisation eine Unterteilung in vier Schritte (vgl. Abbildung 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3:Die BSC als stratgischer Handlungsrahmen29

Der erste Schritt besteht in der Klärung und Herunterbrechung der Strategie.30 In einem top-down Prozess werden zunächst die unternehmerische Vision und die übergeordnete Strategie einheitlich festgelegt (vgl. oberes Feld Abbildung 3). Aus diesen beiden Aspekten werden Ziele formuliert, die dann auf die unteren Unternehmensebenen je nach Art verteilt und übertragen werden. Dadurch entsteht eine homogene Zielsetzung entlang der Hierarchieebenen innerhalb der Organisation, so dass gegenläufige Bestrebungen einzelner Abteilungen vermieden werden. Hierin besteht das dritte Erfolgskriterium (EK 3) des Konzepts Balanced Scorecard. Innerhalb dieses ersten Schritts werden ebenfalls die Kennzahlen und Ziele, zunächst für die externen Perspektiven Finanzen und Kunden, dann für die internen Geschäftsprozesse, gebildet.31 Somit werden mit diesem Konzept zentrale

Instrumente der Unternehmensführung (Ziele, Kennzahlen, Aktionspläne usw.) miteinander ergänzend verbunden.

Das zweite Feld, Communicating and Linking, bezieht sich auf die Kommunikation der Strategie an die Mitarbeiter. Durch die Herunterbrechung der Ziele auf jede Organisationsebene ist es einzelnen Mitgliedern und Abteilungen möglich, ihren Beitrag zur Unternehmensperformance zu erkennen und gegebenenfalls zu verbessern durch vorgegebene Maßnahmen. Diese können im Extremfall entweder konkret vom Top-Management vorgegeben oder durch einen offenen Dialog mit den Mitarbeitern entwickelt werden.32 Dabei muss jedem Mitarbeiter (etwa durch Newsletters, Schulungen etc.) die übergeordnete Strategie vermittelt werden, so dass eine Verbindung zwischen den kleinen Teilzielen der untergeordneten Hierarchieebenen mit der Gesamtstrategie des Unternehmens erkennbar wird.33 Dieser Prozess muss permanent stattfinden, um auch auf Dauer die Veränderungsbereitschaft und Motivation der Mitarbeiter zu gewährleisten.34 Die hohen Anforderungen bzw. Aufwand in Bezug auf Erstellung und anschließend auch Vermittlung dieser klaren Darstellungsweise sind jedoch nicht zu unterschätzen, aber notwendige Voraussetzung für eine „strategiefokussierte Organisation“.35 Auch diese klare Kommunikation der Strategie stellt einen Erfolgsfaktor der BSC dar (EK 4). Typischerweise werden hier für die Vermittlung der Ziele (festgehalten in den verschiedenen Perspektiven) drei Mechanismen verwendet. Diese sind Kommunikationsund (Weiter-) Bildungsprogramme, Zielvereinbarungen sowie Anreizsysteme.36

Im folgenden Abschnitt des Kreislaufs, Planung und Zielsetzung, werden die Maßnahmenplanung, Budgetierung und kurzfristige (auf das kommende Jahr bezogene) Meilensteine analog zur Strategie gestaltet.37 Hier werden der Einsatz von Arbeitskräften, Arbeitszeit, Geld, Rohstoffen usw., also Ressourcen im Allgemeinen, mit der Unternehmensstrategie verknüpft; dies geschieht unter Bezugnahme auf die vier Perspektiven.38 Letztendlich entstehen in dieser Phase des Managementprozesses für das Unternehmen die Möglichkeiten, langfristige monetäre

Ziele zu quantifizieren, Mechanismen und notwendige Ressourcen zu deren Erreichung zu identifizieren sowie Meilensteine für die in der BSC festgehaltenen (kurzfristigen) Maßnahmen zu setzen.39 Demnach werden mit diesem Konzept in gewisser Weise Zukunftsrisiken verringert, da durch die ausführliche (und wiederholte) Planung und Abwägung mögliche Unsicherheiten beseitigt werden können. Diese Art der Berechnung der Zukunft kann jedoch zu „gefährlichen Illusionen“40 führen, weil die Annahmen für die zur Berechnung notwendigen Zahlen und mathematischen Größen oftmals subjektiv und schwierig nachvollziehbar sind. Gerade im Zusammenhang mit einem auf der Idee der Nachhaltigkeit basierenden Managementkonzept können falsche Annahmen etwa über Kausalzusammenhänge (im ökologischen wie im sozialen Bereich) erhebliche Konsequenzen haben (vgl. Kapitel 4.2). Ebenfalls problematisch ist hier im Zusammenhang mit der vierten Phase, dass zuviel Planung die Lernprozesse innerhalb der Organisation negativ beeinflussen kann, weil durch Vorgaben und eine scheinbar sichere Zukunft der Bedarf zu lernen künstlich beschränkt wird.

Im letzten Schritt dieses Kreislaufkonzepts werden die bisherigen strategischen Maßnahmen kritisch reflektiert und dadurch ein Lernprozess integriert, welcher wiederum anschließend auf die Auseinandersetzung mit der Unternehmensvision bzw. –strategie einwirkt.41 Über die gesetzten Meilensteine sowie den Grad der Zielerreichung in den vier Perspektiven können Rückschlüsse über die Korrektheit der angenommenen Ursache-Wirkungsbeziehungen gezogen werden.42 Zu beachten ist, dass die BSC lediglich die Strategieumsetzung unterstützt; die Strategieformulierung bleibt weiterhin ein getrennter Prozess, der vorab (allerdings unter Beachtung der Lernund Feedbackergebnisse) beendet werden muss.

Generell lässt sich für das Konzept der BSC festhalten, dass eine Ausrichtung an der Strategie des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung ist, da für die Zukunft keine Messwerte bestehen können. Ein reines Kennzahlensystem macht also gerade für die Umsetzung nachhaltiger und damit zukunftsorientierter Strategien keinen Sinn. Dementsprechend ist aber auch offensichtlich, dass eine Bedingung für die Implementierung ökologischer und sozialer Aspekte die bewusste Bildung entsprechender Leitziele ist. Dieser Prozess muss in jedem Fall vor Ein- führung einer Sustainable Balanced Scorecard stattgefunden haben, um relevante, nachhaltige Ziele bilden zu können.43 Durch die Offenheit des Konzepts BSC steht einer prinzipiellen Eingliederung ökologischer und sozialer Aspekte nichts entgegen.

Durch die schwierige Quantifizierbarkeit bestimmter ökologischer und sozialer Auswirkungen des unternehmerischen Handelns ist nicht jeder für den Erfolg wesentliche Aspekt in eine SBSC aufnehmbar (vgl. Kapitel 4). Eine klare Kommunikation und Vermittlung der Unternehmensstrategie an alle Mitarbeiter könnte jedoch wie bei der BSC möglich sein. Eventuell kommt eine zusätzlich ökologisch und verstärkt sozial ausgerichtete Zielsetzung den Betroffenen sogar entgegen und führt zu einer deutlicheren Identifizierung mit dem Unternehmen. Ist dies der Fall, hat die SBSC hier sogar einen leichten Vorteil gegenüber dem ursprünglichen Konzept.

Es ergibt sich also nach bloßer Betrachtung der Funktionsweise des Managementsystems Balanced Scorecard:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1:Erstes Zwischenergebnis:funktionsbedingte Erfolgskriterien44

[...]


1 Vgl. hierzu die empirische Studie aus dem Jahr von Horváth und Partnern, vgl. Horváth et al. (2007), S. 11ff. sowie S. 23ff.

2 Vgl. Schaltegger et al. (2007), Tabelle 1, S. 25.

3 Im Folgenden werden diese Erfolgskriterien als EK x bezeichnet.

4 Im Folgenden werden diese Erfolgskriterien als EKN x bezeichnet.

5 So etwa das Human Asset Accounting, vgl. Thommen (2001), S. 462.

6 Kaplan / Norton (1996), S. 18.

7 Ebd., S. VII.

8 Eine einheitliche Definition ist bisher nicht vorhanden. Unter harten Erfolgsfaktoren versteht man im Allgemeinen tangible Vermögensgegenstände des Unternehmens wie Produktionsanlagen, Kapital, Standort usw., weiche Erfolgsfaktoren hingegen sind eher intangibel wie etwa Qualifikation der Mitarbeiter, Unternehmenskultur und Qualität der Prozesse.

9 Benkenstein (1997), S. 236.

10 Vgl. Schaltegger / Dyllick (2002).

11 Thommen (2001), S. 464.

12 Vgl. Wöhe (2002), S. 218.

13 Friedag (2005), S. 37.

14 Vgl. Horváth et al. (2007).

15 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 272.

16 Kaplan / Norton (2001), S.95.

17 Quelle: Probst (2007), S. 16.

18 Vgl. Probst (2007), S. 83f.

19 Quelle: Probst (2007), S. 83.

20 Vgl. Horváth et al. (2007), S3ff.

21 Wöhe (2002), S. 219.

22 Siehe Anhang I.

23 Vgl. im Folgenden Kaplan / Norton (1996), S.9 und S. 25ff.

24 Schaltegger / Dyllick (2002), S. 22.

25 Diese Perspektive wird oftmals auch als Potentialperspektive bezeichnet, eben weil sie die vorhandenen Potentiale für zukünftigen Erfolg benennt, vgl. Horváth et al. (2007), S3ff.

26 Unter Capabilities versteht man Fähigkeiten, welche die (Unternehmens-) Ressourcen nutzen, beziehungsweise das Wissen, welches zur Nutzung der Ressourcen benötigt wird, vgl. Pfriem(2006), S. 103f.

27 Vgl. Friedag / Schmidt (2007), S. 14.

28 Kaplan und Norton sprechen von „Clarify and Translate Vision and Strategy“, Kaplan / Norton (1996), S. 10.

29 Quelle: Kaplan / Norton (1996), S. 11.

30 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 10.

31 Vgl. ebd., S. 11f und s. o.

32 Vgl. Friedag / Schmidt (2007), S. 17.

33 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 12f.

34 Vgl. Friedag (2005), S. 15f.

35 Horváth et al. (2007), S. 39.

36 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 200.

37 Vgl. ebd., S. 13f. und S. 224ff.

38 Vgl. Schaltegger / Dyllick (2002), S. 27.

39 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 14f.

40 Vgl. Friedag / Schmidt (2007), S. 18f.

41 Vgl. Kaplan / Norton (1996)., S. 15f.

42 Vgl. Schaltegger / Dyllick (2002), S. 27.

43 Vgl. Kaplan / Norton (1996), S. 18f.

44 Quelle: eigene.

Fin de l'extrait de 59 pages

Résumé des informations

Titre
Chancen und Risiken der Sustainable Balanced Scorecard
Université
Carl von Ossietzky University of Oldenburg
Note
2,0
Auteur
Année
2008
Pages
59
N° de catalogue
V116880
ISBN (ebook)
9783640187430
ISBN (Livre)
9783640189809
Taille d'un fichier
1953 KB
Langue
allemand
Mots clés
Chancen, Risiken, Sustainable, Balanced, Scorecard
Citation du texte
B.A. Erik Silge (Auteur), 2008, Chancen und Risiken der Sustainable Balanced Scorecard, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/116880

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