Beratung von Fachkräften der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung


Hausarbeit, 2019

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Rechtliche Herleitung des Begriffes „Kindeswohl“

3. Definition von Beratung im Kontext für Fachkräfte der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung

4. Ansätze zur Beratung von Fachkräften der Sozialen Arbeit bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

5. Institutionelle und Prozessberatende Abläufe bei dem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

6. Institutionelle Anlaufstellen zur Beratung für Fachkräfte der Sozialen Arbeit bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

7. Fazit

Literaturverzeichnis

Internetquellen

1. Einleitung

Im Jahr 2018 stellten die Jugendämter in Deutschland bei rund 50400 Kindern und Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung fest. Dies sind laut Statistischem Bundesamt zehn Prozent mehr Fälle, als im Jahr zuvor (IntQ 1: Kindeswohlgefährdungen 2018). Im Hinblick auf diese alarmierenden Zahlen stellt sich die Frage, welche Möglichkeiten Fachkräfte der Sozialen Arbeit haben, um bei der Aufklärung dieser Fälle behilflich zu sein. Die Schwierigkeit, dieses komplexe Themengebiet zu bearbeiten, beginnt jedoch schon bei der Definition des Wortes Kindeswohlgefährdung. Da aus rechtlicher Sicht nicht mit jeder Misshandlung oder Vernachlässigung eine Kindeswohlgefährdung einhergeht, ist dies besonders für Fachkräfte ein sensibles Thema (vgl . Schone 2012, S. 13). Hinzu kommt, dass in den meisten Fällen kein eindeutiger Sachverhalt erkennbar ist und daher ein weiter Interpretationsspielraum besteht (vgl. ebd., S. 19). Aufgrund dieser Komplexität ist zu hinterfragen, welche Unterstützung die Fachkräfte der Sozialen Arbeit bekommen können.

In dieser Arbeit wird das Erkennen einer Kindeswohlgefährdung seitens einer Fachkraft der Sozialen Arbeit thematisiert. Dies soll Aufschluss darüber geben, welche Beratungsmöglichkeiten Fachkräfte innerhalb einer sozialpädagogischen Einrichtung und darüber hinaus haben. Aufgrund dessen wird in dieser Ausarbeitung primär die Beratung fokussiert und es wird nicht der Anspruch auf Vollständigkeit in Bezug auf das komplexe Thema der Kindeswohlgefährdung erhoben.

Zu Beginn dieser Hausarbeit wird der Begriff des Kindeswohls und die damit verbundenen Rechte und Pflichten der Eltern ebenso wie die des Staates kurz erläutert. Im Anschluss wird der Terminus der Beratung im Kontext für Fachkräfte der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung kurz erläutert. Hier soll zunächst geklärt werden, welche Rechte Fachkräfte in Bezug auf Beratung generell haben. Daraufhin wird dargestellt, welche Beratungsansätze in diesem Kontext greifen und wer für die Beratung zuständig ist. Folgend wird veranschaulicht wie eine erste Beratung abläuft. Abschließend wird thematisiert, welche institutionellen Anlaufstellen es für Fachkräfte der Sozialen Arbeit gibt und wie diese zusammenarbeiten.

2. Rechtliche Herleitung des Begriffes „Kindeswohl“

Das Wohlergehen des Kindes muss immer individuell betrachtet werden, da den Eltern aufgrund von „kulturell, historisch-zeitspezifisch oder ethnisch geprägten Menschenbildern“ (Schone 2012, S.14) eine Erziehung unter eigenen Wertvorstellungen eingeräumt wird. Das bedeutet, dass die Eltern eines jeden Kindes in gewissem Maße selbst definieren, was das Kindeswohl ist (vgl. ebd.). Dies beruht auf der Annahme, dass „in aller Regel Eltern das Wohl des Kindes mehr am Herzen liegt, als irgend einer anderen Person oder Institution“ (Schone zit. n. BVerfGE 59,360,376;61,358,371 2012, S. 14) . Dessen ungeachtet kann die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes nicht in allen Fällen gesichert werden. Hier greift die besondere Eigenart des Art. 6 Abs. 2 Grundgesetz: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft“ (IntQ 2: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland Art 6). Dieser Artikel bezieht sich, im Gegensatz zu anderen Grundrechten, nicht auf den Grundrechtseigener allein, sondern ist ein fremdnütziges Recht im Interesse des Kindes (vgl. Schone 2012, S. 17 ). „Das Grundgesetz schützt das Elternrecht zur Pflege und Erziehung der Kinder als Grundrecht. Jedoch können sich Eltern, die sich der Verantwortung für Pflege und Erziehung ihrer Kinder entziehen, gegen staatliche Eingriffe zum Wohle des Kindes nicht auf ihr Elternrecht berufen“ (ebd., S. 18). Die Eltern haben also sowohl das Recht, als auch die Pflicht für das Wohl des Kindes zu sorgen. Kommen sie dem nicht nach, ist der Staat verpflichtet, den Grundrechtsinhaber, in diesem Fall das Kind, zu schützen. Daraus resultierend hat das Kind den Anspruch auf den Schutz durch den Staat (vgl. ebd.). Dieser Anspruch ist gegeben, sobald eine Kindeswohlgefährdung vorliegt. Um eine solche Gefährdung zu definieren, kann die Herleitung des Begriffes Kindeswohl auf der rechtlichen Ebene anhand des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) herangezogen werden. Das BGB führt dazu aus, dass das Kindeswohl gefährdet sein kann, wenn „[…] das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet“ (Gesetze für die Soziale Arbeit §1666 2018/19, S. 689) wird „und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind“ (ebd.) . Der im BGB verankerte Paragraph beschreibt im Allgemeinen das Wohlergehen eines Minderjährigen und definiert die gesunde Entwicklung als ein Grundrecht (vgl. Schone 2012, S 13).

3. Definition von Beratung im Kontext für Fachkräfte der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung

Kunze beschreibt in Anlehnung an Hollis und Perlman, dass eine Beratung immer zwischen zwei oder mehreren Personen stattfindet, wobei alle Beteiligten sich zu einer bestimmten Fragestellung bzw. einem ausgewählten Thema äußern sollen. In der Beratungssituation sollte jeder Teilnehmer auf sein Wissen und seine Erfahrungswerte zurückgreifen, um zu einem bestmöglichen Ergebnis des Beratungsprozesses beizutragen (vgl. Kunze 1985, S. 51).

Der Gesetzgeber räumt nach § 8b SGB VIII jeder Person das Recht und den Anspruch auf fachliche Beratung ein, die mit Kindern und Jugendlichen im beruflichen Kontext tätig sind. Diese Regelung gilt gleichlautend für Träger solcher Einrichtungen, die einen Versorgungsauftrag für Kinder und Jugendliche haben und soll bei der Entwicklung und Anwendung fachlicher Handlungsleitlinien unterstützend wirken. Die gesetzliche Reglung soll zum Schutze und zur Sicherung des Kindeswohls beitragen (vgl. Schone 2012, S. 17).

4. Ansätze zur Beratung von Fachkräften der Sozialen Arbeit bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

In einer Beratungssituation bei Verdacht auf Kindeswohlgefährdung greift der Ansatz der Fachberatung. Ziel dieser Form ist es, „durch Vermitteln von sachlichen Informationen und fachlichem Wissen“ (Wimmer 2012, S.10) dem Klienten „Grundlagen für Entscheidungen und Handlungsmöglichkeiten zu geben“ (ebd.). Auch wenn die Fachberatung in der Regel im beruflichen Kontext stattfindet, grenzt diese sich nicht gänzlich von anderen Beratungsfeldern ab.

Auch Aspekte der psychosozialen Beratung fließen in den Beratungsprozess der Fachberatung mit ein und sollen Menschen, die sich in belastenden Lebenssituationen befinden, eine Unterstützung bieten (vgl. ebd., S . 12). Da die jeweilige Fachkraft bei dem Verdacht einer Kindeswohlgefährdung eine Teilverantwortung für die Zukunft von Kind und Familie übernimmt, können diese belastenden Situationen entstehen (vgl. Hüskes 2013, S. 26). Daher ist ein gewisses Grundwissen über den Aspekt der psychosozialen Beratung vorteilhaft (vgl . Wimmer 2012, S. 13). Ebenfalls einen wachsenden Bezug zum Thema Beratung hat die kontextorientierte Beratung. Hierfür ist es von Bedeutung, „kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen […] mit der jeweiligen Problemstellung aktiv zu verknüpfen und in der Beratung mitzuthematisieren“ (Nestmann/Sicken­diek 2011, S. 114). Dies ermöglicht dem Berater, individuell auf den Ratsuchenden einzugehen.

Ein weiteres Beratungsfeld, welches sich in Teilen der Fachberatung wiederfindet, ist das der Prozessberatung. Bei dieser Form der Beratung wird gemeinsam mit dem Klienten ressourcenorientiert an einem Lösungsweg gearbeitet, indem der Fachberater sein Fachwissen bezüglich des zu behandelnden Problems mit einfließen lässt. Ein Beispiel für diese Beratungsform im Kontext der Sozialen Arbeit ist die Supervision (vgl. Wimmer, 2012, S 12).

Im Allgemeinen ist Beratung ein kommunikativer Prozess, bei dem der Berater verschiedene Kompetenzen benötigt, um den Beratungsprozess gemeinsam mit dem Klienten lösungs- und zielorientiert zu gestalten (vgl. Wimmer 2012, S. 10) .

5. Institutionelle und Prozessberatende Abläufe bei dem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung

In Anlehnung an Harnach beschreibt Schone „die Einschätzung und Diagnostik eines Gefährdungsrisikos für Kinder und Jugendliche“ (Schone 2012, S. 44) als „eine der größten Herausforderungen sozialarbeiterischen Handelns“ (ebd.). Wie zuvor erwähnt, wird die häusliche Erziehung durch verschiedene Faktoren beeinflusst, beispielsweise durch kulturelle Werte. So können Kinder aus muslimisch geprägten Elternhäusern in der Fastenzeit möglicherweise erschöpft und müde in die sozialpädagogische Einrichtung kommen. Dieses Verhalten vermag jede Fachkraft mit eigenen kulturellen Hintergründen anders bewerten, lediglich dieses Bild muss jedoch noch keine Gefährdung des Kindeswohls darstellen. Die Fachkräfte müssen somit „die kindliche Entwicklung und sein Erscheinungsbild beobachten sowie den Kontakt zu den Erziehungsberechtigten halten, um das Lebensumfeld des Kindes beurteilen zu können“ (Hüskes 2013, S. 12). Auch das regelmäßige Reflektieren der eigenen Werteorientierung ist in diesem Kontext von großer Bedeutung. Daher ist bei dem Thema der Kindeswohlgefährdung die Sensibilität jeder Fachkraft gefordert (vgl. ebd., S. 3). Schon der Verdacht kann für jedes Kind und jede Familie schwerwiegende Folgen haben. Bestätigt sich dieser, kann es zu einer Fremdunterbringung des Kindes kommen. Somit ist zu verstehen, dass die Gefährdung des Kindeswohls nicht durch eine Ursache allein zu begründen ist und die Einschätzung somit eine sehr komplexe Aufgabe darstellt. Diese Aufgabe bedarf daher einer hohen fachlichen Kompetenz und einer gewissen Erfahrung. Aufgrund dieser Komplexität ist das Hinzuziehen mehrerer Fachkräfte, oder einer insoweit erfahrenen Fachkraft zur Gefährdungseinschätzung laut §8a SGB VIII gesetzlich verankert (vgl. Alle 2017, S. 51). Bevor jedoch eine externe Fachkraft hinzugezogen wird, ist es wichtig, sich zunächst gründlich mit der Situation auseinanderzusetzen und sich einen Überblick zu verschaffen. Außerdem kann die kollegiale Fallbesprechung eine erste Hilfestellung bieten, da sie die Objektivität fördert und dabei hilft, die Perspektiven der Kinder einzunehmen. Somit ist sie meist die erste Instanz bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung (vgl. Hüskes 2013, S. 26). Geht aus der kollegialen Fallbesprechung der Beratungsbedarf durch eine externe Fachkraft hervor, so wird mit dieser zunächst das Gefährdungsrisiko des Kindes oder des Jugendlichen abgeschätzt. Dies kann direkt am Telefon oder in einem persönlichen Gespräch erfolgen. Die beratende Fachkraft stellt in der Regel konkrete Fragen, um sich zunächst einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Durch dieses Verfahren kann abgeschätzt werden, wie schnell und in welcher Form gehandelt werden muss. Da das Melden eines solchen Verdachts sofortiges Handeln erfordern kann, ist es wichtig einschätzen zu können, wie gravierend und akut sich die Gefährdung des Kindes darstellt. Insofern der wirksame Schutz des Minderjährigen nicht in Frage gestellt wird, ist das Jugendamt laut § 8a SGB VIII verpflichtet die Erziehungsberechtigten und das betroffene Kind in die Gefährdungseinschätzung miteinzubeziehen (vgl. Alle 2017, S. 52). Aktuell gibt es noch keine allgemeingültigen Handlungsstandards, die das Handeln des Jugendamts bei einem Verdacht auf Kindeswohlgefährdung strukturieren. Somit haben die einzelnen Jugendämter eigenständig Richtlinien entworfen, nach denen sie bei einem solchen Verdacht vorgehen (vgl. Schone 2012, S. 76).

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Beratung von Fachkräften der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung
Hochschule
Fachhochschule Münster
Note
1,3
Autor
Jahr
2019
Seiten
12
Katalognummer
V1169098
ISBN (Buch)
9783346578976
Sprache
Deutsch
Schlagworte
beratung, fachkräften, sozialen, arbeit, kindeswohlgefährdung
Arbeit zitieren
Daniel Hillen (Autor:in), 2019, Beratung von Fachkräften der Sozialen Arbeit bei Kindeswohlgefährdung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1169098

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