Die Arbeit befasst sich zunächst ausführlich mit dem Krankheitsbild der Sozialen Angst/Sozialen Phobie und beleuchtet die Definition, Abgrenzung zu anderen Krankheitsbildern, Entstehung, den Verlauf und die Komorbidität. Wann wird aus einer „normalen Schüchternheit“ eine Soziale Angst? Welche Behandlungsmöglichkeiten sind vorgesehen und sinnvoll? Im praktischen Teil werden vier Settings vorgestellt, die sowohl für Männer und Frauen geeignet sind, Soziale Angst tanztherapeutisch zu vermindern und neuen Lebensmut zu erhalten.
Die Behandlung von Sozialer Angst ist für Therapeuten eine große Herausforderung. Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung erfordert eine große Sensibilität, da das Selbstbildnis als stark negativ eingeschätzt wird und die Angst vor Abwertung so extrem hoch ist. Nicht selten werden Therapien abgebrochen und die Soziale Angst bleibt weiter bestehen. Sehr bewährt hat sich die kognitiv-behaviorale Therapie zur Behandlung der Probleme. Diese besteht aus einer Vielfalt verschiedener Techniken und Methoden. Hierzu gehören unter anderem soziales Kompetenztraining oder progressive Muskelentspannung. Die Tanztherapie ist im Rahmen dieser Behandlungsmethoden ebenfalls sehr geeignet. Als nonverbale Therapie bietet sie Menschen mit zum Beispiel Sprechängsten einen körperlichen Zugang zu ihrer Problematik und vermittelt einen künstlerisch-ästhetischen und handlungsaktivierenden Aspekt, um von der allzu starken Selbstbetrachtung ein stärkeres seelisches Gleichgewicht zu gewinnen und einer angestrebten Resilienz ein Stück näher zu gelangen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung,
Theoretischer Teil
2. Soziale Angststörung/Soziale Phobie - Definitionen und Diagnostik
2.1. Historische Aspekte
2.2. Diagnosekriterien
2.2.1. Soziale Angststörung/Soziale Phobie nach DSM-IV
2.2.2. Soziale Phobie nach ICD-10
2.2.3. Subtypen der Sozialen Phobie
2.2.4. Das Kontinuitätsmodell
2.2.5. Formen sozialer Ängste
2.2.6. Differenzialdiagnosen
2.3. Symptomatik auf den vier Ebenen der Angst: Kognitionen, Emotionen, Körpersymptomen, Verhaltensweisen
2.3.1. Kognitionen
2.3.2. Emotionen
2.3.3. Körpersymptome
2.3.4. Verhaltensweisen
2.3.5. Einordnung der Störung nach Millon im ISO-Prinzip
2.3.6. Einordnung der Störung in das Bewegungsbild des RES-Systems der Tanz- und Musiktherapie im ISO-Prinzip
3. Ursachen und Verlauf der Sozialen Angststörung/Sozialen Phobie
3.1. Biologische Aspekte
3.1.1. Genetik
3.1.2. Neurobiologische Faktoren
3.2. Psychologische Erklärungsmodelle
3.2.1. Das kognitive Modell nach Beck, Emery und Greenberg
3.2.2. Das kognitive Modell nach Clark und Wells
3.2.3. Das kompetenz- und performanzorientierte Störungsmodell der Sozialen Phobie
3.2.4. Soziale Phobie als gelerntes Verhalten
3.2.5. Weitere Erklärungsmodelle für Angststörungen
3.3. Auslösende Faktoren der Sozialangst
3.4. Die häufigsten Erscheinungsformen
3.5. Verlauf
3.6. Komorbidität
4. Therapie und Ziele
4.1. Therapiemöglichkeiten
4.1.1. Die kognitiv-behavorale Therapie
4.1.2. Soziales Kompetenztraining
4.1.3. Zusätzliche Entspannungsverfahren
4.2. Künstlerische Tanztherapie
4.2.1. Ressourcen
4.2.2. Akzeptanz
4.2.3. Humor
4.2.4. Resilienz
4.2.5. Kompetenzen eines künstlerischen Tanztherapeuten
4.2.6. Einordnung der Sozialphobie nach Millon im LEVEL-Prinzip
4.2.7. Einordnung der Störung in das Bewegungsbild des RES-Systems der Tanz- und Musiktherapie im LEVEL-Prinzip
4.2.8. Lob des Tanzes
Praktischer Teil
5. Tanztherapeutische Intervention bei Patienten mit Sozialer Angststörung/Sozialer Phobie unter Einbeziehung von Gemälden und Gedichten verschiedener Epochen Thema: Die Gefühle der Menschen im Naturkreislauf der vier Jahreszeiten
5.1. Ablauf und Aufbau der Settings
5.2. Jahreszeitenbilder und Gedicht
5.3. Herbst
5.3.1. Warm-up
5.3.2. Erlebnisvertiefung: Der Weg- Abschied und Orientierungslosigkeit
5.3.3. Handlungsaktivierung: bunte Blätter und Herbstfest- Fröhlichkeit und Vertrauen
5.4. Winter
5.4.1. Warm-up
5.4.2. Erlebnisvertiefung: Kälte und Schneesturm- 67 Einsamkeit und Überlebenskampf
5.4.3. Handlungsaktivierung: Schneeflocken und spiegelblankes Eis- Freiheit und Gemeinschaft
5.5. Frühling
5.5.1. Warm-up
5.5.2. Erlebnisvertiefung: Vorfrühling und die erste zarte Pflanze- Hoffnung und Veränderung
5.5.3. Handlungsaktivierung: Die Natur erblüht- Entwicklung und Zuversicht
5.6. Sommer
5.6.1. Warm-up
5.6.2. Erlebnisvertiefung: Gewitter- Sorgen und Angst
5.6.3. Handlungsaktivierung: Mitsommernacht- Freundschaft und Glück
6. Quellenverzeichnis
6.1. Literatur
6.2. Internetadressen
6.3. Musikquellen
6.4. Bildquellen
1. Einleitung
Soziale Ängste sind ein weitverbreitetes Problem. Es gibt natürlich kaum Menschen, die in sozialen Situationen nicht schon Ängste erlebt haben. Jeder hatte schon mal Prüfungsangst oder „Lampenfieber“. Wenn diese Ängste oder Befürchtungen sich aber so verstärken, dass Menschen sich selbst einschränken und soziale Situationen vermeiden, so dass die Lebensqualität darunter leidet, dann kann möglicherweise von Sozialer Angststörung/Sozialer Phobie gesprochen werden. Soziale Ängste sind mit so intensiver Angst vor Peinlichkeit und Blamage verbunden, dass ein starker Leidensdruck auftritt und z.B. massive Beeinträchtigungen im Beruf oder in Beziehungen entstehen können. Anhand von verschiedenen epidemiologischen Studien an Populationen verschiedener Kulturen stellt sich heraus, dass Soziale Phobien zu den häufigsten Angststörungen in der Allgemeinbevölkerung zählen. Die Schwankungen hinsichtlich der Prävalenzraten sind beträchtlich. Angegeben wird eine Häufigkeit von 4% der Bevölkerung in früheren Studien und 7 bis 16 % in späteren Studien. Etwas stärker betroffen sind Frauen als Männer (3:2).1 Trotz der Schwere der psychischen Beeinträchtigungen, wird die Störung unterschätzt und selten angemessen behandelt. Viele Menschen suchen erst relativ spät Hilfe auf, oftmals ist eine Depression oder Suchterkrankung der Anlass und nicht der eigentliche Grund, die Soziale Angst. Die Behandlung dieser Erkrankung ist für den Therapeuten eine große Herausforderung. Der Aufbau einer Vertrauensbeziehung erfordert eine große Sensibilität, da das Selbstbildnis als stark negativ eingeschätzt wird und die Angst vor Abwertung so extrem hoch ist. Nicht selten werden Therapien abgebrochen und die Soziale Angst bleibt weiter bestehen. Sehr bewährt hat sich die kognitiv-behaviorale Therapie zur Behandlung der Probleme. Diese besteht aus einer Vielfalt verschiedener Techniken und Methoden. Hierzu gehören unter anderem soziales Kompetenztraining oder progressive Muskelentspannung. Die Tanztherapie ist im Rahmen dieser Behandlungsmethoden ebenfalls sehr geeignet. Als nonverbale Therapie bietet sie Menschen mit z.B. Sprechängsten einen körperlichen Zugang zu ihrer Problematik und vermittelt einen künstlerisch-ästhetischen und handlungsaktivierenden Aspekt, um von der allzu starken Selbstbetrachtung ein stärkeres seelisches Gleichgewicht zu gewinnen und einer angestrebten Resilienz ein Stück näher zu gelangen.
Theoretischer Teil
2. Soziale Angststörung/Soziale Phobie - Definitionen und Diagnostik
2.1. Historische Aspekte
In der Antike beschrieb der griechische Arzt Hippokrates einen Mann, den man „wegen seiner Schüchternheit, wegen seines Argwohns und seiner Furchtsamkeit kaum zu sehen bekam; der die Dunkelheit wie das Leben liebte und weder Helligkeit ertragen noch an beleuchteten Plätzen sitzen konnte, der - den Hut über die Augen gezogen - weder andere sehen noch von ihnen angeschaut werden wollte. Er mied jeden Kontakt aus Angst, schlecht behandelt zu werden, sich zu blamieren oder in seinen Gebärden oder durch sein Reden aus dem Rahmen zu fallen, oder sich übergeben zu müssen. Er glaubte sich von jedermann beobachtet...“.2
Die Soziale Phobie als Phänomen erwähnte 1903 der französische Psychiater Pierre Janet. Erst zu einem späteren Zeitpunkt, im Jahre 1966, definierten die Amerikaner Marks und Gelder die Soziale Phobie. Als eigenständiges Störungsbild wurde der Begriff 1980 in die dritte Auflage des Diagnostischen und Statistischen Manuals Psychischer Störungen der amerikanischen Psychiatrie (DSM-III) aufgenommen. 1985 veröffentlichten Liebowitz, German, Fyer und Klein eine beachtliche Arbeit zur Sozialen Phobie und bezeichneten diese als vernachlässigte Störung.3 Als Anfang der neunziger Jahre epidemiologische Studien gemacht wurden und sich herausstellte, dass die Soziale Phobie die dritthäufigste psychische Störung in der Bevölkerung ist, wurde dieser mehr Beachtung geschenkt und verstärkt Studien hierzu durchgeführt. 1991 übernahm die WHO den Begriff in die „Internationale Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10).4 Im Laufe der Zeit setzte sich zunehmend die Bezeichnung „Soziale Angststörung“ durch, die das Krankheitsbild generalisierter beschreibt. Der Begriff „Soziale Phobie“ (SP) bezieht sich eher auf spezifische soziale Situationen, während Soziale Angststörungen in vielen sozialen Bereichen auftreten.
Trotz aller Legitimation der Sozialen Angststörung/Sozialen Phobie als eigenständiges Krankheitsbild wird diese auch heute oftmals nicht erkannt und bleibt unbehandelt. Dies hat zur Folge, dass eine erhebliche Verschlechterung mit weiteren zusätzlichen psychischen Erkrankungen auftreten können, die eine Therapie sehr erschweren.
2.2. Diagnosekriterien
2.2.1. Soziale Angststörung/Soziale Phobie nach DSM-IV
Im DSM-IV ist die Störung unter den Codierungsziffern 300.23 Soziale Phobie (soziale Angststörung) zu finden. In der vierten Revision des DSM-IV wurde die Soziale Phobie in einigen Punkten spezifiziert. Die Angst wird auf „soziale und Leistungssituationen“ anstatt „sozial phobische Situationen“ bezogen und die Konfrontation mit unbekannten Personen in die Kriterien aufgenommen sowie die Blamage des Zeigens von Angstsymptomen (Erröten, Zittern, Schwitzen). Da die Soziale Phobie in der Kindheit beginnt und eine ganze Lebensspanne umfasst, sind die nachfolgenden Kriterien auch für Kinder vorgesehen. Zudem wurde die Bezeichnung „Soziale Angststörung“ eingebracht, da der Begriff Phobie für die meisten generalisierten Formen (wenn die Angst in den meisten sozialen Situationen auftritt) unpassend ist. Die Bezeichnung Soziale Phobie wurde aber beibehalten, da sie eher dem nicht-generalisierten Subtyp (spezifisch) entspricht. Diagnostische Kriterien für die Soziale Phobie (soziale Angststörung) nach DSM- IV:
A. Eine ausgeprägte und anhaltende Angst vor einer oder mehreren sozialen oder Leistungssituationen, in denen die Person mit unbekannten Personen konfrontiert ist oder von anderen Personen beurteilt werden könnte. Der Betroffene befürchtet, ein Verhalten (oder Angstsymptome) zu zeigen, das demütigend oder peinlich sein könnte. Beachte: Bei Kindern muss gewährleistet sein, dass sie im Umgang mit bekannten Personen über die altersentsprechende soziale Kompetenz verfügen, und die Angst muss gegenüber Gleichaltrigen und nicht nur in der Interaktion mit Erwachsenen auftreten.
B. Die Konfrontation mit der gefürchteten sozialen Situation ruft fast immer eine unmittelbare Angstreaktion hervor, die das Erscheinungsbild einer situationsgebundenen oder einer situationsbegünstigten Panikattacke annehmen kann. Beachte: Bei Kindern kann sich die Angst durch Weinen, Wutanfälle, Erstarren oder Zurückweichen von sozialen Situationen mit unvertrauten Personen ausdrücken..
C. Die Person erkennt, dass die Angst übertrieben und unbegründet ist. Beachte: Bei Kindern darf dieses Kriterium fehlen.
D. Die gefürchteten sozialen oder Leistungssituationen werden vermieden oder nur unter intensiver Angst oder Unwohlsein ertragen.
E. Das Vermeidungsverhalten, die ängstliche Erwartungshaltung oder das starke Unbehagen in den gefürchteten sozialen oder Leistungssituationen beeinträchtigen deutlich die normale Lebensführung der Person, ihre berufliche (oder schulische) Leistung oder soziale Aktivitäten oder Beziehungen, oder die Phobie verursacht erhebliches Leiden.
F. Bei Personen unter 18 Jahren hält die Phobie über mindestens 6 Monate an.
G. Die Angst oder Vermeidung geht nicht auf die direkte körperliche Wirkung einer Substanz (z.B. Droge, Medikament) oder eines medizinischen Krankheitsfaktors zurück und kann nicht besser durch eine andere psychische Störung (z.B. Panikstörung mit oder ohne Agoraphobie, Störung mit Trennungsangst, Körperdsymorphe Störung, Tiefgreifende Entwicklungsstörung oder Schizoide Persönlichkeitsstörung) erklärt werden.
H. Falls ein medizinischer Krankheitsfaktor oder eine andere psychische Störung vorliegen, so stehen diese nicht in Zusammenhang mit der unter Kriterium A beschriebenen Angst, z.B. nicht Angst vor Stottern, Zittern bei Parkinsonscher Erkrankung oder, bei Anorexia Nervosa oder Bulimia Nervosa, ein abnormes Essverhalten zu zeigen.
Bestimme, ob:
Generalisiert: Wenn die Angst fast alle sozialen Situationen betrifft (z.B. Unterhaltungen zu beginnen oder aufrechtzuerhalten, an kleineren Gruppen teilzunehmen, Verabredungen einzugehen, mit Autoritätspersonen zu sprechen, Partys zu besuchen). Beachte: ziehe auch die zusätzliche Diagnose einer Vermeidend-Selbstunsicheren Persönlichkeitsstörung in Betracht).5
2.2.2. Soziale Phobie nach ICD-10
Im ICD-10 ist die Soziale Phobie eingeordnet unter F4 „Neurotische, Belastungsund somatoforme Störungen“ in der Untergruppe F40.1: soziale Phobien.
Diagnostische Kriterien der Sozialen Phobie nach der ICD-10:
A: Entweder (1) oder (2):
(1) deutliche Angst, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder sich peinlich und beschämend zu verhalten,
(2) deutliche Vermeidung, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen oder Situationen, in denen die Angst besteht, sich peinlich oder beschämend zu verhalten.
Diese Ängste treten in sozialen Situationen auf, wie Essen und Sprechen in der Öffentlichkeit, Begegnung von Bekannten in der Öffentlichkeit, Hinzukommen oder Teilnahme an kleinen Gruppen, wie z.B. bei Partys, Treffen oder in Klassenräumen.
B. Mindestens zwei Angstsymptome in den gefürchteten Situationen, mindestens einmal seit Auftreten der Störung sowie zusätzlich mindestens eines der folgenden Symptome:
(1) Erröten oder Zittern,
(2) Angst zu erbrechen,
(3) Miktions- oder Defäktionsdrang bzw. Angst davor.
C. Deutliche emotionale Belastung durch die Angstsymptome oder das Vermeidungsverhalten. Einsicht, dass die Symptome oder das Vermeidungsverhalten übertrieben und unvernünftig sind.
D. Die Symptome beschränken sich vornehmlich auf die gefürchtete Situation oder auf die Gedanken an diese.
E. Die Symptome des Kriteriums A sind nicht bedingt durch Wahn, Halluzination oder andere Symptome der Störungsgruppen organische psychische Störungen, Schizophrenie und verwandte Störungen, affektive Störungen oder eine Zwangsstörung und keine Folge einer kulturell akzeptierten Anschauung.6
2.2.3. Subtypen der Sozialen Phobie
Bei der Diagnose einer Sozialen Phobie kann festgestellt werden, ob diese in generalisierter Form oder nicht generalisierter Form vorliegt. Bei einer Generalisierung fürchten sich die Patienten vor den meisten sozialen Situationen. Bei einer nicht generalisierten Sozialen Phobie sind es lediglich einige bestimmte Situationen, in denen Symptome auftreten. Hierzu werden auch Begriffe wie spezifische oder diskrete Soziale Phobie verwendet.7
2.2.4. Soziale Phobie und Vermeidend-Selbstunsichere Persönlichkeit
Zu der von Millon (1991) eingeführten Bezeichnung Vermeidend-Selbstunsichere Persönlichkeit nach ICD-10 (60.6) und DSM-IV (301.82) lässt sich die Soziale Phobie oftmals nur schwer abgrenzen. Häufig treten diagnostisch beide Störungsbilder gleichzeitig auf. Der Unterschied besteht nun im Wesentlichen darin, dass Patienten mit Sozialer Phobie (SP) lediglich Ängste in umschriebenen (manchmal auch zahlreichen) sozialen Situationen haben, während Menschen mit Vermeidend-Selbstunsicherer Persönlichkeitsstörung (VSPS) unter erheblichen Einschränkungen in sozialen Beziehungen leiden.
Diagnostische Kriterien (mindestens 3 müssen vorhanden sein) der VermeidendSelbstunsicheren Persönlichkeitsstörung in der ICD-10 (60.6):
1. Andauernde und umfassende Gefühle von Anspannung und Besorgtheit
2. Überzeugung, selbst sozial unbeholfen, unattraktiv und minderwertig im Vergleich zu anderen zu sein
3. Ausgeprägte Sorge, in sozialen Situationen kritisiert oder abgelehnt zu werden
4. Abneigung, sich auf persönliche Kontakte einzulassen, außer man ist sich sicher, gemocht zu werden
5. Eingeschränkter Lebensstil wegen des Bedürfnisses nach körperlicher Sicherheit
6. Vermeidung sozialer und beruflicher Aktivitäten, die zwischenmenschliche Kontakte voraussetzen, aus Furcht vor Kritik, Missbilligung oder Ablehnung8
2.2.4. Das Kontinuitätsmodell
Alle vorher genannten Störungen ergeben ein Kontinuum verschiedener Ausprägungsgrade der sozialen Angst. Dies wird in einem Kontinuitätsmodell anschaulich dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.5. Formen sozialer Ängste
Verschiedene Fachautoren aus unterschiedlichen Kulturkreisen haben Formen sozialer Ängste von normal bis krankhaft mit therapeutischen Maßnahmen herausgearbeitet. Im deutschsprachigen Raum wird unterschieden zwischen:
- niedriger sozialer Angst und niedrigen sozialen Defiziten („normaler“ Angst),
- hoher sozialer Angst und niedrigen sozialen Defiziten (leicht behandelbarer Phobie),
- niedriger sozialer Angst und hohen sozialen Defiziten (langfristiger zu behandeln),
- hoher sozialer Angst und hohen sozialen Defiziten (schwere Störung).
In Frankreich :
- Lampenfieber („Bammel“): normale, situationsgebundene soziale Angst,
- Soziale Phobie: situationsgebundene, krankhafte Angst,
- Schüchternheit: normale, generalisierte soziale Angst,
- Ängstlich-vermeidende Persönlichkeit als generalisierte, krankhafte soziale Angst.9
Der Psychiater Isaac Marks unterscheidet zwei Varianten von sozialen Ängsten:
- Sozialphobie aufgrund einer angstbedingten Hemmung (Sozialphobie im engeren Sinne),
- Sozialphobie als Folge eines sozialen Kompetenzdefizits (Mangel an sozialen Fertigkeiten).
Bei der Sozialphobie im engeren Sinne verfügen die Betroffenen über soziale Kompetenzen, zeigen jedoch Ängste in verschiedenen Situationen mit körperlichen Reaktionen. Sozialphobie mit sozialen Kompetenzdefiziten verhindert Lebensqualität und hat zur Folge, dass Menschen, die darunter leiden, sich immer stärker zurückziehen und oft lebenslang unglücklich und depressiv sind.10 Soziale Ängste sind auch sehr stark kulturabhängig. Soziale Phobien treten in der westlichen Welt, bedingt durch steigenden Leistungsdruck, stärker auf. Im asiatischen Raum wie Japan und Korea haben die Menschen mehr Angst davor, andere zu kränken bzw. in Verlegenheit zu bringen. Es geht weniger darum, emotional stark berührt zu sein. Ein gewisses sozial zurückgezogenes und introvertiertes Verhalten entspricht dort den kulturellen Gepflogenheiten. Man möchte andere Menschen nicht durch einen unangenehmen Körpergeruch oder aufdringliche Blicke belästigen. Dieses Verhalten ist eher kollektiv ausgerichtet als individuell.
2.2.6. Differenzialdiagnosen
Die Abgrenzung zu anderen Störungen ist nicht immer einfach. Soziale Angststörungen/Soziale Phobien weisen eine Reihe von gemeinsamen Merkmalen mit anderen Krankheitsbildern auf. Diese betreffen das negative Selbstbild und den sozialen Rückzug. Die Selbstabwertung ist aber bei z.B. Depressionen unabhängig von der Beurteilung durch andere. Menschen, die unter Agoraphobie leiden, vermeiden ebenso Situationen mit vielen Menschen, leiden jedoch nicht darunter sich zu blamieren, sondern wollen das Gefühl der Hilflosigkeit vermeiden. Das gemeinsame Merkmal zu den Panikstörungen ist das Erleben von Furcht und Kontrollverlust über den Körper. Hier herrscht aber die Furcht vor vitaler Bedrohung vor, bei der SP eben die soziale, auch sind die Symptome wie z.B. Zittern sichtbarer. Bei Panikstörungen treten unter anderem kardiovaskuläre Symptome wie Atemnot oder Schwindel auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3. Symptomatik auf den vier Ebenen der Angst (Kognitionen, Emotionen, Körpersymptomen, Verhaltensweisen)
2.3.1. Kognitionen
Die Soziale Phobie wird als eine kognitive Störung betrachtet: das zentrale Symptom besteht in der Erwartung von negativer Bewertung des eigenen Verhaltens durch andere Menschen. In verschiedenen Studien wurde nachgewiesen, dass bei Personen mit Sozialen Angststörungen/ Sozialer Phobie eine erhöhte Selbstaufmerksamkeit besteht und sie intensiv mit sozial bedrohlichen Gedanken beschäftigt sind. Schon vorab entstehen negative Denkmuster. Die Bewertung durch andere Menschen wird als massive Bedrohung aufgefasst. Eigene soziale Fertigkeiten werden negativ verzerrt gesehen. Dem kognitiven Schema liegen folgende Einstellungen zugrunde:
- Perfektion bezüglich sozialer Standards
- die Erwartungen der Verfehlungen dieser Standards
- negatives Selbstwertgefühl
Es besteht aus der Konzentration auf das negative Selbstbild eine Überempfindlichkeit gegenüber Kritik. Diese negativen Gedanken begleitet eine starke Versagensangst. Bereits vor einer eingetretenen Situation setzt ein Grübeln über die eigene Unfähigkeit ein. Nach einer erfolgten sozialen Situation wird die Realität übertrieben wahrgenommen.
Die Aufrechterhaltung einer Sozialen Phobie erfolgt durch kognitive Fehler. Diese Fehler können auch zur Entstehung der Störung beitragen. Anstatt eine positive Interpretation in mehrdeutigen Situationen zu wählen, wird eine negative Variante gewählt. Durch eine stark erhöhte Selbstaufmerksamkeit, die darauf beruht, keine Fehler zu machen und zur Selbstkontrolle dient, nehmen Sozialphobiker andere Menschen weniger wahr und können nichts über die Umgebung aussagen. Eine entspannte Einschätzung der Situation ist nicht möglich. Es werden falsche Konsequenzen gezogen.
Diese kognitiven Fehler lassen einen Teufelskreis entstehen. Durch die permanente persönliche Kontrolle können Rückmeldungen von anderen nicht wahrgenommen werden. Ohne diese Rückmeldungen ist es nicht möglich, in einer Situation angemessen zu reagieren. Es tritt also eine starke Verunsicherung auf, die ein realistisches Verhalten verhindert.11 12
Typische Kognitionen von Menschen mit Sozialer Phobie:
Schema: 1. „Ich verhalte mich unakzeptabel (peinlich, blamabel).“
2. „Dies führt zu Ablehnung, Abwertung, Zurückweisung.“
Automatische Gedanken:
- „Mir wird nichts Interessantes einfallen, und andere werden mich langweilig finden.“
- „Ich werde erröten, und andere werden meine Verlegenheit bemerken.“
- „Was ich sage, klingt blödsinnig.“
Grundüberzeugungen und Selbstkonzepte:
- konditionale Annahmen (erwartete Möglichkeiten): „Wenn ich ängstlich erscheine, werden die anderen schlecht von mir denken.“
- unkonditionale Annahmen (absolute Bewertungen): „Ich bin uninteressant.“
- Perfektionismus bezüglich sozialer Standards: „ Ich muss immer intelligent und witzig wirken.“13
2.3.2. Emotionen
Eine Vielzahl verschiedener Gefühlsaktionen sind mit der Konfrontation sozialer Situationen verbunden. So kann mit den Erfahrungen von Blamage oder Peinlichkeit das Gefühl der Scham auftreten. Scham meint eine Beschämung vor dem sozialen Anderen und spielt bei der Sozialen Phobie eine große Rolle. Oftmals geht das Gefühl Scham im Schuldgefühl unter und wird nur wenig beachtet. Schamgefühle entstehen automatisch durch die abgewehrten Wunschphantasien nach Aufmerksamkeit und sozialer Anerkennung. Sie können mit hoher Intensität auftreten und sind Ausdruck heftiger Selbstabwertung. Auch die Scham wird möglichst gemieden. Es sollen erst gar keine Ereignisse eintreten, die zu negativer Kritik von anderen führen könnten.14 Unsicherheit und Verlegenheit entstehen aufgrund eines negativen Selbstbildes und die ungünstigen Voraberwartungen einer sozialen Situation. Hierbei ist auch der Aspekt des Narzissmus, sich stets perfektionistisch geben zu wollen, nicht zu unterschätzen. Menschen mit Sozialer Phobie nehmen sich selbst sehr wichtig und möchten mit einem Selbstbildnis auftreten, dass es oftmals gar nicht gibt oder aber erarbeitet werden muss. Erst durch Lebenserfahrung, z.B. aus Fehlern zu lernen, ist es möglich, dass dieses Selbstbildnis gefestigt und für andere ausdrucksvoll geprägt wird. Niemand kann etwas sein, was er sich nicht erworben hat. Hat er es erworben, so sollte er es anderen selbstbewusst und bescheiden zeigen. Die aus dem Teufelskreis entstandenen kognitiven und verfestigten negativen Denkmuster führen zu Sorgen und Unruhe. Es entsteht eine „Angst vor der Angst“. Das Leben kann nicht genossen werden. Ein fröhlicher Abend und Austausch mit Freunden oder Kollegen wird verhindert. Damit entsteht Ärger über sich selbst. Es fehlt Kommunikation, Anregung und Fröhlichkeit. Mit Anhäufung der Vermeidung von sozialen Situation sinkt die Lebensqualität und die Lebensfreude. Es entsteht eine permanente soziale Angst. Unausweichlich bahnt sich eine Depression an (s. Komorbidität).
2.3.3. Körpersymptome
Menschen, die unter einer Sozialen Phobie leiden, berichten über eine Vielzahl von körperlichen Symptomen in Verbindung mit ihren Ängsten. Je höher die Intensität der Angst, desto heftiger treten in einem „Aufschaukelungsprozess“ und in dem erwähnten Teufelskreis sichtbare körperliche Veränderungen auf. Am häufigsten werden von den Betroffen das Erröten, Schwitzen und Zittern genannt. Diese nur allzu sichtbaren Symptome könnten die allgemeine Verunsicherung für Andere noch deutlicher machen. Die Veränderungen werden in bedrohlichen Situationen, vom Hypothalamus gesteuert, durch das autonome Nervensystem aktiviert. Bei der Aufrechterhaltung einer Sozialen Phobie darf das Problem der sichtbaren Körpersymptome nicht unterschätzt werden. Es entsteht gerade dadurch ein Gefühl des besonderen Auffallens sowie negativen Hervorstechens und verstärkt in besonderem Maße die Selbstaufmerksamkeit und extreme Selbstkontrolle. Zudem verschwinden diese sichtbaren Symptome nur langsam und vermitteln wiederum ein Gefühl der Peinlichkeit und Blamage. Des weiteren wird das Stottern in Verbindung mit Redeangst in großen Gruppen oder trockener Mund genannt. Durch das erhöhte autonome Erregungsniveau tritt wie bei allen Angststörungen auch Herzklopfen, starke Muskelanspannung, Übelkeit oder Durchfall auf. Wie bei allen Angsterkrankungen können diese
Symptome den Verlauf einer Panikattacke annehmen.15
Teufelskreismodell der sozialen Angststörung mit körperlicher Symptomatik im Vordergrund:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.3.4. Verhaltensweisen
Durch die kognitiven Denkmuster und die Emotionen entstehen nicht nur körperliche Symptome, sondern auch Verhaltensweisen, die alles noch verschlimmern und erhebliche Benachteiligungen in sozialen Bereichen wie Beruf, Partnerschaft oder Freundschaften entstehen lassen. Hierzu gehört, wie bei allen Angsterkrankungen, die Vermeidung oder Flucht vor oder aus einer gefürchteten Situation. Diese Verhaltensweisen treten in verschiedenen Stärkegraden auf. Es wird von „passiv-submissivem Verhalten“ bis hin zu völliger Verhaltensblockade „freezing“ gesprochen.16 Dieses Verhalten ist auch in Verbindung mit dem genetischen Verhalten des „behavorial inhibition“ (Verhaltenshemmung in der Kindheit mit durchgängiger Angst und Rückzug in ungewohnten Situationen) zu sehen. Sicherheitsverhalten sind Strategien zur Verhinderung einer Blamage. Diese Verhaltensweisen führen zu einer starken Selbstaufmerksamkeit. Dadurch entsteht ein ungünstiger Eindruck auf Andere. Bei Redeängsten kann dies z.B. monotones Ablesen vom Blatt sein. Zudem tritt hier die mangelhafte Wahrnehmung der Umgebung ein und dadurch die Falschinterpretation von Situationen. Beim sozial inadäquaten Verhalten kann sich der Betroffene nicht auf eine soziale Situation einstellen und verhält sich unsicher und ungeschickt. Das kann an einer Blockierung der Wahrnehmung durch erhöhte Selbstkontrolle, Angst und Anspannung sowie einem geringen Repertoire sozialer Kompetenzen liegen. Sehr viele verschiedene Situationen lösen sozialphobische Ängste aus. Es wird hier unterteilt in Leistungssituationen und Interaktionssituationen. Das wichtigste Unterscheidungsmerkmal dieser Situationstypen liegt im Ausmaß der sozialen Rückmeldung. Bei den Leistungssituationen gibt es oft keine direkten Rückmeldungen oder nur wenige. Bei den Interaktionssituationen wie Unterhaltungen entsteht eine unmittelbarere Reaktion auf wenig sozialkompetente Verhaltensweisen. Einige Beispiele für Leistungssituationen sind: in der Öffentlichkeit eine Rede halten, vor anderen Menschen essen und trinken oder (mündliche) Prüfungen. Als Interaktionssituationen gelten: Unterhaltung mit fremden Personen, Reklamation in Geschäften oder Besuch einer Feier. Die angstauslösenden Symptome in verschiedenen Situationen sind subjektiv abhängig von den jeweiligen Denkmustern.
2.3.5. Einordnung der Störung nach Millon im ISO-Prinzip
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Betroffene mit Sozialen Ängsten/Sozialer Phobie befinden sich in einem Zustand höchsten Unwohlseins und Verzweiflung. Die Berührungsängste mit anderen Menschen sind zu groß. Vereinsamung wird als Gefängnis in sich selbst empfunden. Ein gewünschtes Ziel oder eine notwendige Handlung kann aufgrund starker Passivität nicht erreicht werden. Die extreme Selbstbetrachtung verhindert den Aufbau von sozialen Beziehungen. Ein rationales oder realistisches Denken ist nicht vorhanden, Situationen werden übertrieben eingeschätzt. Emotionalität kann durch die Versteinerung in sozialen Situationen nur schwer entstehen und wird nicht zugelassen. Sie tritt aber recht stark zur Selbstbemitleidung auf.
2.3.6. Einordnung der Störung in das Bewegungsbild des RES-Systems der Tanz- und Musiktherapie im ISO-Prinzip
Der RES- Bewegungsbeobachtungsbogen ist ein qualitatives Hilfsmittel zur Diagnostik der Musik- und Tanztherapie. RES bedeutet rhythmisch-energetische Strukturanalyse. Dieses Instrumentarium wurde von Judith Kestenberg (1977) und anderen Beteiligten, wie Rudolf von Laban (Diagramm 4), zur Erfassung von Gruppen- und Einzeldynamischen Prozessen entwickelt. Unterschieden wird zwischen einer A-Liste (spezifische Bedürfnisse, Antriebe, Gefühle) und einer B- Liste (Strukturen und Objektbezüge). In der A-Liste sind folgende Diagramme zu finden: D1a und b kennzeichnen 5 Spannungsflussrhythmen zwischen freiem und gebundenem Fluss. Sie sind mit psychoanalytischen, libidinalen bzw. sadistischaggressiven Bezeichnungen versehen. D2 sind Spannungsflussattribute, die sich auf den Spannungs- und Entspannungsfluss der Muskeln beziehen. Sie werden eingeteilt in 1. gleichmäßig und angepasst, 2. mit hoher oder niedriger Intensität, 3. mit abruptem oder allmählichen Wechsel. D3 bezieht sich auf Antriebsvorläufer (pre-efforts) Dies sind Bewegungseigenschaften, die noch unsicher und nicht ausgereift sind. D4 ermittelt die zu erreichenden Bewegungsantriebe (efforts), die in Bezug zu Raum, Kraft und Zeit gesetzt werden. In D5 erfasst der zweipoligen Formenfluss das symmetrische Zu- und Abnehmen der Formbildung des Körpers in der horizontalen, vertikalen und sagittalen Ebene. D6 ermittelt den einseitigen Formenfluss „seitlich - zur Mitte“, der Horizontalen, „ oben - unten“ der Vertikalen und „vorne - hinten“ der Sagittalen. Hier geht es um das Sichöffnen und Verschließen auf angenehme und unangenehme Reize. D7 beschreibt die lineare horizontale, vertikale und sagittale Ausrichtung des Körpers im Raum. Es wird auf körpernahe oder- entfernte Bewegungen hingewiesen. D8 bezieht sich auf richtungsgebende Gesten und Körpergestaltung. D9 zeigt die Formen in Ebenen als konvex und konkarv.17 Nach dem ISO-Prinzip (Ist-Zustand) ergibt sich für das Störungsbild der Sozialen Angststörung/Sozialen Phobie folgende Einordnung:
A-Liste: Bedürfnisse, Antriebe, Gefühle D1a - Eindruck zur inneren Haltung
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Betroffenen zeigen einen stark angespannten Fluss. Vor allem in den angstbesetzten Situationen verstärkt sich dieser weiterhin. Auch mit sich allein und vereinsamt tritt keine ersehnte Erleichterung ein, denn die Isolation ist nicht erwünscht und wird auch als unangenehm und nicht angebracht empfunden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
os zeigt sich durch die starke Angespanntheit in sozialen Situationen. Allgemein ist die Atmung flach und unregelmäßig oder wird angehalten. Es muss nach Luft geschnappt werden, wenn der Angstpegel steigt.
as unter der Nulllinie, (d.h. unter der neutralen Linie und wird als unangenehm empfunden), entsteht durch Zurückhaltung negativ aufzufallen und durch intensive Selbstbeobachtung, um alles richtig zu machen. Die natürliche Motorik, Spontanität und Emotionen werden unterdrückt.
us unter der Nulllinie tritt auf, wenn aufgrund der Angst vor Blamage unruhige Bewegungen entstehen. Unschlüssiges Aufstehen oder Hinsetzen, Hin- und Herlaufen, fahrige Handbewegungen und ständiges Überprüfen der befürchteten Symptome wie z.B. Schwitzen oder Erröten.
u unter der Nulllinie ist die angespannte, ziellose Orientierungslosigkeit sich einer sozialen Situation auszusetzen oder in einer Situation sich einem unerwarteten Verlauf anzupassen und sich darauf einzustellen.
fs unter der Nulllinie wird verbunden mit übervorsichtigem Verhalten. Durch den hohe Perfektionsdrang und die Hoffnung von anderen positiv bewertet zu werden, wird alles sehr zögerlich und kontrolliert vollzogen.
ps steht für den Augenblick, wenn alles nicht mehr aushaltbar ist. Als Ausdruck einer Selbstaggression, der Situation nicht gewachsen zu sein und aus Ärger über den Kontrollverlust, verlässt der Sozialphobiker mit klopfendem Herzen z.B. einen Raum und flüchtet.
D2 Spannungsfluss-Eigenschaften sich anpassend niedrige Intensität allmählich
Der auffälligste Rhythmus ist bei diesem Krankheitsbild der as-Rhythmus.
R aufgrund permanent hoher Spannungsintensität in sozialen Situationen, K durch starke Erregung, z verlangsamt durch übermäßige Kontrolle D3 Antriebsvorläufer (pre-efforts)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
verlangsamt durch übermäßige Kontrolle D3 Antriebsvorläufer (pre-efforts)
Kraft, u m die starke Anspannung durchzuhalten, k tritt auf bei Erschöpfungszuständen, z sind unsicher und wollen alles richtig machen, Z wenn bei Kontrollverlust eine Panikattacke auftritt.
Beziehungen einlassen, reagieren starr und statisch, r suchen Fluchtwege, um Situationen zu vermeiden, K benötigen viel
B-Liste: Strukturen und Objektbezüge
Haltung und Positur wirken schrumpfend und sehr zurückgezogen.
D5 Zweipoliger Formenfluss (Befindlichkeit)
Die Bewegungen sind von ängstlicher zusammengezogener Form.
D6 Einpoliger Formenfluss (Reaktionen)
Die Reaktionen auf die Umwelt sind auf der ankämpfenden Seite zu finden.
D7 Formenfluss-Attribute
Die Formfluss-Eigenschaften weisen auf zentrifugale Bewegungen. D8 Richtungsgebende Gesten
Die richtungsgebenden Gesten wirken abweisend und abwehrend. D9 Formen in der Ebene
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Bewegungen wirken einschließend, gesenkt und in „Fluchtrichtung“, also rückwärts, gerichtet.
ISO - Prinzip
Körperattitüde: Zustand und primärer Einsatz des Körpers und von Körperpartien, führender Körperteil, Ausrichtung vorwiegendes Shaping, Spannungslinien, Spannungspunkte, tote Stellen, erstarrte Muster, verharrend oder bewegt?
Phrasierungen in Körperpartien und Mustern: meist vorbereitend, im Hauptthema, in Auflösungen, in Übergängen? Bevorzugte Haltung beim Liegen, Beugen, Sitzen und Stehen? Schattenbewegungen?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
3. Ursachen und Verlauf der Sozialen Angststörung/Sozialen Phobie
3.1. Biologische Aspekte
Verschieden Untersuchungen bestätigen, dass Menschen mit Sozialen Angststörungen/ Sozialer Phobie hierzu eine Veranlagung haben. Kinder, die in ungewöhnlichen Situationen mit einer Verhaltenshemmung (behavorial inhibition) reagieren, zeigen damit eine Gefährdung später an einer Sozialen Phobie zu erkranken. Natürlich sind schüchterne Phasen in der Kindheit normal, als Dauerzustand aber bereits beobachtungswürdig und behandlungsbedürftig. ADHS gilt als große Kindererkrankung unserer Zeit. Hierzu gibt es sehr viel Literatur. Aber was ist mit den vielen schüchternen Kindern? Wie lernen sie ihre Ängste und Blockaden zu überwinden? Schon frühzeitig ist das Selbstwertgefühl herabgesetzt durch den unheilvollen Prozess der negativen Konditionierung. „Keiner beachtet mich, weil ich nichts sage.“ „Alle denken, ich weiß sowieso nichts.“ „ Ich kann nichts.“ Je früher einem Kind Hilfe gegeben wird, desto größer ist die Chance, einer drohenden Angsterkrankung zu entgehen.
3.1.1. Genetik
Zur Frage der Bedeutsamkeit der Genetik wurden bisher vor allem Familienstudien und Zwillingsuntersuchungen durchgeführt. Diese Studien ermittelten eine Häufung von Erkrankungen an Sozialer Phobie bei Vorliegen gleicher oder auch anderer Störungen von Verwandten.18 Bei der generalisierten Sozialen Phobie ist die familiäre Anhäufung von Erkrankten stärker ausgerichtet als bei dem nicht generalisierten Subtyp. Nur wenige Zwillingsstudien wurden bisher durchgeführt, allerdings vornehmlich bei Frauen. Hier zeigte sich eine Heritabilität von 30 - 50%. Dies bedeutet, dass Lernerfahrungen (Umwelteinflüsse), unabhängig vom genetischen Risiko, zur Entwicklung einer Sozialen Phobie beitragen.
3.1.2. Neurobiologische Faktoren
Biochemische Vorgänge spielen bei der Entstehung von Ängsten eine sehr wichtige Rolle. Verschiedene Zentren im Gehirn sind bei der Regulation von Aufmerksamkeit und Angst beteiligt. Es wird vermutet, dass bei Angststörungen das Gleichgewicht von Botenstoffen, den Neurotransmittern wie GammaAminobuttersäure (GABA), Noradrenalin und Serotonin im Gehirn gestört ist. Der Neurotransmitter Serotonin steht in Wechselwirkung mit anderen Botenstoffen und ist maßgeblich an der Entstehung von Angst beteiligt. Diese Annahme ist darauf gestützt, dass Medikamente, die den Serotonin-Spiegel erhöhen bzw. den Abbau hemmen, sich als wirksam herausgestellt haben.19 Bezüglich der Sozialen Phobie existieren hierzu jedoch nur wenige Befunde und diese Annahme scheint daher weniger konsistent und eindeutig als bei der Panikstörung. Am ehesten belegt ist die verminderte Aktivität des dopaminergen Systems. Weiterhin wurde eine Überaktivität der Amygdala, als zentrale Struktur des neuronalen Angstnetzwerkes im Gehirn festgestellt. Sie steht in Verbindung mit verschiedenen Hirnstammkernen, dem Thalamus sowie dem Hypothalamus. Die Amygdala nimmt eine Vermittlungsstation zwischen einer Vielzahl von Verhaltensreaktionen wie Zittern, Erregung oder Erstarrung ein. Menschen mit Angststörungen haben allgemein ein überregtes, labiles Nervensystem. Angstsymptome können sich wesentlich schneller entwickeln. Amygdala und Hippocampus, die für die Wahrnehmung und Verarbeitung von Gefahrenreizen zuständig sind, reagieren, vor allem zu Beginn einer bedrohlichen Situation, hypersensibel (z.B. bei öffentlichem Reden oder anschauen von Bildern mit ärgerlichem Gesichtsausdruck). Alle bisher durchgeführten Studien weisen allerdings Defizite auf. Es bleibt unklar, ob eine Beschränkung auf soziale Reize oder generell eine Sensibilisierung neuronaler Angstnetzwerke vorliegt. Es muss somit offen bleiben, ob die hohe Erregbarkeit neuronaler Schaltkreise unter Umständen das Ergebnis von Lernerfahrungen sind. Die Vermutung, dass ein labiles Nervensystem vererbbar ist, wurde bisher nicht bestätigt.20
3.2. Psychologische Erklärungsmodelle
3.2.1. Die kognitive Theorie nach Beck, Emery und Greenberg
Im Bereich der kognitiven Theorien wurden (1985) von Beck, Emery und Greenberg erstmals Thesen zur Entstehung und Aufrechterhaltung sozialer Ängste aufgestellt. Menschen mit Sozialer Phobie bewerten sich selbst als inkompetent und unterstellen anderen Menschen ihnen gegenüber eine sehr kritische Grundhaltung. Die o.g. Autoren gehen davon aus, dass diese Denkmuster durch Modelllernen z. B. von den Eltern entstehen. Übergangsphasen wie die Pubertät gelten als besonders vulnerabel, also verletzlich und empfindsam. Die Umgebung stellt in dieser Phase neue, stärkere Anforderungen. Es wurde noch nicht gelernt, diese zu bewältigen. Nach Beck et al. können diese Muster für lange Zeit nicht zum Vorschein kommen, bis bestimmte Situationen diese auslösen.21
[...]
1 Vgl. Stangier, U., Clark, D., Ehlers, A. ( 2006). Soziale Phobie. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 7/8.
2 Vgl. Morschitzky H.; Angststörungen (2009). Wien/NewYork: Verlag Springer. S. 85.
3 Vgl. Stangier U., Fydrich Thomas (2002). Soziale Phobie und Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe. S. 10.
4 Vgl. Morschitzky H.; Angstörungen (2009). Wien/NewYork: Verlag Springer. S. 85.
5 Vgl. Saß, H., Wittchen, H.-U., Zaudig, M. (2003). Diagnostische Kriterien DSM-IV-TR. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 190/191.
6 Vgl. WHO und Dillinger, H.(2008). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. Bern: Huber Verlag. S. 171.
7 Vgl. Vriends, N., Margraf, J. (2005). Soziale Kompetenz, Soziale Unsicherheit, Soziale Phobie. Hohengehren: Schneider Verlag. S. 13.
8 Vgl. WHO und Dillinger, H. (2008). Internationale Klassifikation psychischer Störungen. Bern: Huber Verlag. S. 251/252.
9 Stangier, U., Fydrich, T. (2002). Soziale Phobie und Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 23
10 Morschitzky,H. (2009). Angststörungen. Wien/NewYork: Verlag Springer. S. 93.
11 Vgl. Stangier, U., Clark, D., Ehlers, A. (2006). Soziale Phobie. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 7.
12 Vgl. Vriends, N.; Margraf, J. (2005). Soziale Kompetenz, Soziale Unsicherheit, Soziale Phobie. Hohengehren: Schneider Verlag. S. 11.
13 Vgl. Stangier, U.; Fydrich, T. Hrsg. (2002). Soziale Phobie/Soziale Angststörung;. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 16.
14 Vgl. Hoffmann, S. (2002). Soziale Phobie/Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 209.
15 Vgl. Gerlach,A. (2002) in: Soziale Phobie und Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 96/97.
16 Vgl. Stangier, U.; Fydrich, T. (2002) in: Soziale Phobie und Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 18.
17 Vgl. Hörmann, K. (2009). Tanzpsychologie und Bewegungsgestaltung. Lengerich: Pabst Science Publishers. S. 100.
18 Vgl. Hermann,C. (2002) in: Soziale Phobie und Soziale Angststörung. Göttingen: Hogrefe Verlag. S. 113.
19 www.neurologen-undpsychiater-im netz; Ursachen der Sozialen Phobie 14. 8. 11
20 Vgl. Stangier,U., Clark, D., Ehlers,A. (2006). Soziale Phobie. Göttingen: Hogrefe. S. 23.
21 Vgl. www. ussps.de/thema-soziale Phobie 27. 8. 11
- Quote paper
- Anonymous,, 2012, Ein Weg aus der Sozialen Angst und Phobie zu sozialer Kompetenz und Performanz im Rahmen einer künstlerischen Tanztherapie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170562
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