Die Arbeit hat die psychoanalytische Erörterung einer unter schwulen Männern anzutreffenden Form exzessiven Sexualverhaltens, des Cruisings, zum Gegenstand. Schwul wird nicht als pejorative Kategorie, sondern als Wesensmerkmal, dem identifikatorisches Potenzial mit positiv-integrativer Qualität zukommt, verstanden. Mit exzessiv wird Sexualverhalten hier bezeichnet, wenn und solange es nicht unter den common sense fällt, womit auf die gesellschaftliche Bedeutungszumessung abgehoben wird, ohne deren Berücksichtigung Sexualverhalten nicht vollgültig verstanden werden kann.
Für den individuellen schwulen Mann kann der Exzess einen großen Facettenreichtum annehmen. Das Cruising unterziehe ich einer triebtheoretischen, einer selbstpsychologischen und einer mentalisierungsbasierten Betrachtung. Dabei wird nicht auf klinisch-diagnostische Störungskategorien zurückgegriffen. Ätiologische Überlegungen werden im Sinne des Versuches der Ermittlung von psychodynamischen Ursachen des Phänomens Cruising und explizit nicht im Sinne einer pathogenen Auffassung von diesem Sexualverhalten gebraucht. Die triebtheoretischen Überlegungen knüpfen zentral an Freud (1912) und dessen Beitrag zum Verständnis des Cruisings nach Lynch (2002) an. Wesentlich ist hieran die Auffassung von der beim Cruising anzutreffenden psychodynamischen Trennung von Liebe und Sex. Die Selbstpsychologie – vornehmlich mit Shelby (2002) gesprochen – versteht unter dem Cruising ein Phänomen, das von der Spaltung in verschiedene Selbst- und Objektanteile geprägt ist. Mentalisierungsbasierte Überlegungen, die auf der Entwicklungspsychologie fußen, verbinden emotionale und körperliche Penetration metaphorisch miteinander (Botticelli, 2010), während Lingiardi (2018) in Anknüpfung an Fonagy (2008) ein bindungstheoretisches Fundament für das Cruising liefert.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- Einleitung
- Schhul und sexuell exzessiv
- Das Cruising des schwulen Mannes nach der Triebtheorie
- Selbstpsychologische Überlegungen zum Cruising des schwulen Mannes
- Die mentalisierungsbasierte Sichtweise auf das Cruising des schwulen Mannes
- Diskussion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht exzessives Sexualverhalten, insbesondere Cruising, bei schwulen Männern aus psychoanalytischer Perspektive. Das Ziel ist es, dieses Phänomen mithilfe der Triebtheorie, der Selbstpsychologie und mentalisierungsbasierter Ansätze zu verstehen und psychodynamische Ursachen zu ergründen, ohne auf klinisch-diagnostische Kategorien zurückzugreifen. Die Arbeit vermeidet eine pathogene Sichtweise und konzentriert sich stattdessen auf die Erforschung der zugrundeliegenden psychischen Prozesse.
- Psychoanalytische Betrachtung von Cruising bei schwulen Männern
- Anwendung verschiedener psychoanalytischer Theorien (Triebtheorie, Selbstpsychologie, Mentalisierungsbasierte Ansätze)
- Psychodynamische Ursachen von exzessivem Sexualverhalten
- Die Rolle von Liebe und Sex im Cruising
- Bedeutung von Selbst- und Objektanteilen im Kontext des Cruisings
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Arbeit untersucht exzessives Sexualverhalten, speziell Cruising, bei schwulen Männern anhand dreier psychoanalytischer Ansätze: Triebtheorie, Selbstpsychologie und mentalisierungsbasierte Ansätze. Der Fokus liegt auf dem Verständnis des Phänomens Cruising und der Aufzeigen von Möglichkeiten für einen weiteren psychoanalytischen Diskurs zu dieser und anderen Formen sexuellen Verhaltens. Die Arbeit betont den hohen Stellenwert von Sexualität in der Psyche und die Bedeutung der Psychoanalyse für ihr Verständnis.
Schhul und sexuell exzessiv: Dieses Kapitel legt Begriffsdefinitionen für "schwul" und "exzessiv" dar. "Schwul" wird als Wesensmerkmal mit positivem, integrativem Potenzial verstanden, während "exzessiv" Sexualverhalten beschreibt, das den gesellschaftlichen Normen widerspricht. Der Exzess wird als facettenreich und individuell geprägt dargestellt und der Zusammenhang zwischen individuellen psychischen Prozessen und soziokulturellen Einflüssen auf das Sexualverhalten des einzelnen schwulen Mannes wird erörtert.
Das Cruising des schwulen Mannes nach der Triebtheorie: Dieses Kapitel befasst sich mit Freuds (1912) Werk "Über die allgemeinste Erniedrigung des Liebeslebens" und dessen Relevanz für das Verständnis von Cruising, wie von Lynch (2002) interpretiert. Der zentrale Aspekt ist die psychodynamische Trennung von Liebe und Sex beim Cruising. Zusätzliche Aspekte stammen von Quindeau (2008), Le Soldat (2015) und Knafo und Lo Bosco (2017).
Selbstpsychologische Überlegungen zum Cruising des schwulen Mannes: Basierend auf den Konzeptualisierungen von Shelby (2002), wird Cruising als ein Prozess verstanden, der von der Spaltung in verschiedene Selbst- und Objektanteile geprägt ist. Psychische Funktionen des Cruisings werden unter Bezugnahme auf Goldberg (1975) und Kohut (1971) diskutiert.
Die mentalisierungsbasierte Sichtweise auf das Cruising des schwulen Mannes: Dieses Kapitel erörtert mentalisierungsbasierte Überlegungen aus der Entwicklungspsychologie. Es werden Botticellis (2010) Gedanken zur Metaphorik emotionaler und körperlicher Penetration und die bindungstheoretischen Ausführungen Fonagys (2008) zur Spiegelung und Symbolisierung sexueller Gefühle in der Eltern-Kind-Interaktion, erweitert um Argumente von Lingiardi (2018), behandelt.
Schlüsselwörter
Cruising, schwule Männer, exzessives Sexualverhalten, Triebtheorie, Selbstpsychologie, Mentalisierungsbasierte Ansätze, Psychodynamik, Liebe, Sex, Spaltung, Bindungstheorie, Freud, Lynch, Shelby, Botticelli, Fonagy, Lingiardi.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Psychoanalytische Betrachtung von Cruising bei schwulen Männern
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht exzessives Sexualverhalten, insbesondere Cruising, bei schwulen Männern aus einer psychoanalytischen Perspektive. Sie analysiert dieses Phänomen unter Anwendung verschiedener psychoanalytischer Theorien, ohne eine pathogene Sichtweise einzunehmen.
Welche psychoanalytischen Theorien werden angewendet?
Die Arbeit bezieht die Triebtheorie, die Selbstpsychologie und mentalisierungsbasierte Ansätze ein, um das Cruising von schwulen Männern zu verstehen und die zugrundeliegenden psychischen Prozesse zu erforschen.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit beinhaltet eine Zusammenfassung, Einleitung, ein Kapitel zu den Begriffen "schwul" und "exzessiv", Kapitel zur Betrachtung von Cruising anhand der Triebtheorie, der Selbstpsychologie und mentalisierungsbasierter Ansätze, eine Diskussion und ein Literaturverzeichnis.
Wie wird "Cruising" in dieser Arbeit definiert?
Die Arbeit definiert "Cruising" nicht explizit, sondern untersucht es im Kontext verschiedener psychoanalytischer Theorien. Der Fokus liegt auf dem Verständnis der psychischen Prozesse, die diesem Verhalten zugrunde liegen.
Wie wird "schwul" und "exzessiv" in der Arbeit definiert?
"Schwul" wird als Wesensmerkmal mit positivem, integrativem Potenzial verstanden. "Exzessiv" beschreibt Sexualverhalten, das gesellschaftliche Normen überschreitet, wobei der Exzess als facettenreich und individuell geprägt dargestellt wird.
Welche Autoren und Werke werden zitiert?
Die Arbeit bezieht sich auf Werke von Freud (1912), Lynch (2002), Quindeau (2008), Le Soldat (2015), Knafo und Lo Bosco (2017), Shelby (2002), Goldberg (1975), Kohut (1971), Botticelli (2010), Fonagy (2008) und Lingiardi (2018).
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Cruising bei schwulen Männern mithilfe verschiedener psychoanalytischer Ansätze zu verstehen und psychodynamische Ursachen zu ergründen. Sie vermeidet eine pathogene Sichtweise und konzentriert sich auf die Erforschung der zugrundeliegenden psychischen Prozesse.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Cruising, schwule Männer, exzessives Sexualverhalten, Triebtheorie, Selbstpsychologie, Mentalisierungsbasierte Ansätze, Psychodynamik, Liebe, Sex, Spaltung, Bindungstheorie, Freud, Lynch, Shelby, Botticelli, Fonagy, Lingiardi.
Welche Rolle spielen Liebe und Sex im Cruising laut dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Beziehung zwischen Liebe und Sex im Kontext des Cruisings, insbesondere die psychodynamische Trennung dieser beiden Aspekte, basierend auf verschiedenen psychoanalytischen Perspektiven.
Wie wird die Bedeutung von Selbst- und Objektanteilen im Cruising betrachtet?
Die selbstpsychologische Perspektive analysiert Cruising als Prozess, der von der Spaltung in verschiedene Selbst- und Objektanteile geprägt ist. Die Arbeit diskutiert die psychischen Funktionen des Cruisings unter Bezugnahme auf Konzepte von Selbst und Objekt.
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- Sebastian Völzel (Autor), 2021, Psychoanalytische Betrachtung zu exzessivem Sexualverhalten unter homosexuellen Männern, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1170797