Friedrich Julius Stahl: Das monarchische Prinzip


Seminararbeit, 2006

32 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Einordnung in das historisch-politische Umfeld
Politische Strömungen der damaligen Zeit:
Der Liberalismus
Der Konservativismus
Die Demokraten
Nationale Bewegungen
Die politische Situation in Preußen

2. Stahls Werdegang

3. „Das monarchische Prinzip“ - Textinterpretation
Läßt sich das monarchische Prinzip mit den Forderungen der Zeit
nach mehr Beteiligung des Volkes in Einklang bringen ?
Wem sind die Minister verantwortlich ?
Ist die Monarchie noch zu retten ?
„Das monarchische Prinzip“ als ideale Verfassungsgrundlage und der Sonderfall Preußen

4. Fazit

Literaturverzeichnis:

Anhang: Arbeitspapier zur Seminarsitzung

Einleitung

Das monarchische Prinzip erfordert endlich vor allem und besteht vor allem darin, daß der Fürst Recht und Macht habe, selbst zu regieren.[1]

Wenn man die Schrift „Das monarchische Prinzip“ von Friedrich Julius Stahl aus heutiger Perspektive unbefangen liest, so gewinnt man schnell den Eindruck, darin der Argumentation eines zutiefst konservativen Politikers gegenüber zu stehen, der entgegen den Entwicklungen der Zeit auf die Beibehaltung der Monarchie als der „besseren“ Staatsform setzt und diese Meinung mit romantisch verklärten Argumenten zu untermauern sucht:

Immer wieder findet man die ausdrückliche Betonung des Monarchen „ als einen Höheren, Mächtigern, frei Handelnden[2] ; königliche Erklärungen, „ ... mündlich oder schriftlich, öffentlich oder privat, können keiner Schranke unterliegen. Wer da regieren darf und soll, der muss auch seine Gesinnung, in der er regiert und die er bei jeder einzelnen Maßregel hat, aussprechen dürfen[3] und „ Er wird imstande sein, den Paroxismen der Zeit den unerschütterlichen Widerstand seiner bessern Einsicht entgegenzusetzen, und einen selbständigen Plan ... durch alle Anfechtungen zuletzt zur Erfüllung zu bringen.[4]

Dazu kommt, dass F. J. Stahl auf der anderen Seite von einer Mitarbeit der Stände an Regierungsgeschäften nichts Gutes zu erwarten scheint, und sie deshalb besser unter Kontrolle gehalten sehen will: „ Haben die Stände den Staatshaushalt mit zu administrieren, ... so ist es nicht abzuhalten, dass sie ihn auch diktieren.[5] Deshalb ist von Seiten der Regierung vorzusorgen, damit die Stände gar nicht erst „ in die Lage kommen, der Regierung den Staatshaushalt oder vollends andere Wünsche diktatorisch vorzuschreiben[6]

Doch können wir etwas, was vor über 150 Jahren geschrieben wurde, mit unseren heutigen politischen Maßstäben beurteilen?

Wie sah die Situation 1845 aus? Waren die vertretenen Thesen damals Teil der allgemeinen politischen Meinung? Oder trafen sie auf Widerstand? Gab es vielleicht auch ganz andere politische Meinungen zur abgehandelten Thematik?

Daneben ist sicher davon auszugehen, dass es sich bei einer 34 Seiten umfassenden Arbeit nicht um das Gesamtwerk des Autors handelt. Aber vielleicht um die Zusammenschau seiner bisherigen Äußerungen in Bezug auf ein bestimmtes Problem?

Vielleicht gab es zur damaligen Zeit aber auch bereits eine rege wissenschaftliche Diskussion über das Thema, bei welcher der Autor auch mitzureden gedachte?

Um uns ein klareres Bild verschaffen zu können, müssen wir also zunächst die historisch-politische Entwicklung bis 1845 betrachten und die Schrift darin einordnen. Gab es vielleicht einen konkreten Anlaß für F.J. Stahl, sich gerade zu diesem Zeitpunkt zu Wort zu melden?

Daneben müssen wir uns auch mit den persönlichen Lebensumständen und -entwicklungen F.J. Stahl´s beschäftigen. Dies mag auf den ersten Blick als nicht unbedingt notwendig erscheinen, ist meines Erachtens nach jedoch wichtig, um zu verstehen, aus welcher Motivation her-aus er diese Schrift verfasst hat. Gewöhnlich geschieht so etwas ja nicht einfach deshalb, „weil jemanden gerade danach ist“. Zudem bilden sich bestimmte Theorien, die ein Autor vertritt, auch nicht einfach aus dem Nichts, sondern werden u.a. auch durch persönliche Erfahrungen begründet. Wobei hier „Erfahrungen“ im umfassenderen Sinne gemeint sind, d.h. nicht etwa auf konkrete „dramatische Erlebnisse“ des Autors abzielen, sondern sowohl den sozialen Kontext als auch die Beeinflussung durch bestimmte Denksysteme deutlich machen wollen.

Läßt sich also der erste Eindruck, den wir von der Schrift gewonnen haben, auch in der Bio-graphie F.J. Stahls wiederfinden und begründen? D.h., ist F.J. Stahl wirklich so konservativ wie „Das monarchische Prinzip“ uns aufzuzeigen scheint? Und wenn ja, wie kommt er zu dieser Denkhaltung?

1. Einordnung in das historisch-politische Umfeld

Ausgelöst durch die Französische Revolution war es in Europa zu schwerwiegenden Machtverschiebungen und Neuordnungen der politischen Kräfte gekommen.

Nach den Kriegswirren versuchten die Großmächte daher auf dem „Wiener Kongress“ 1814/15 Europa wieder eine stabile Grundlage zu geben. Geprägt war das Bemühen dabei aber vor allem vom Gedanken der Restauration, d.h. der Wiederherstellung des politischen Zustandes von 1792 sowie der Ansprüche der Dynastien des „Ancien régime“.

Deutlich wird dieses auch darin, das „monarchische Prinzip“ für die weitere Entwicklung der Staaten des Deutschen Bundes als Richtschnur festzuschreiben: „Da der deutsche Bund, mit Ausnahme der freien Städte, aus souveränen Fürsten besteht, so muss dem hierdurch gegebenen Grundbegriffe zufolge die gesamte Staatsgewalt in dem Oberhaupte des Staats vereinigt bleiben, und der Souverän kann durch eine landständische Verfassung nur in der Ausübung bestimmter Rechte an die Mitwirkung der Stände gebunden werden.“[7]

Auf der anderen Seite war durch die Französische Revolution das Gedankengut der Aufklärung in Europa verbreitet und aufgenommen worden. Die Fürsten der ehemaligen Rheinbundstaaten gewährten bereits früh Verfassungen nach französischem Vorbild.[8] In Jena gründet sich 1815 die Deutsche Burschenschaft, die sich an den Universitäten rasch ausbreitet. Die wachsende politische Radikalisierung eines Teils der Studenten führt jedoch auch zu weiteren Unruhen im Land.[9] 1830/31 erzwingen zudem Aufstände unzufriedener Arbeiter und Handwerker weitere Verfassungsgebungen in verschiedenen Bundesstaaten.[10]

Bis 1848 bleibt so in Deutschland die Situation eines ständigen Ringens beider politischen Ansichten miteinander bestehen.

Politische Strömungen der damaligen Zeit:

Der Liberalismus

Die zwar beschränkte, aber immerhin vorhandene Möglichkeit der politischen Mitwirkung fördert vor allem in Süddeutschland den Liberalismus, in welchem sich freiheitlich-demokratische Forderungen mit nationalen Ideen verbinden.

Die liberale Denkrichtung wurzelte geistig in den rationalistischen Ideen sowie der Vertrags- und Naturrechtslehre der Aufklärung und nahm von daher den steten Fortschritt der Vernunft in Kultur, Recht, Wirtschaft und Gesellschaft als Inhalt geschichtlicher Entwicklung an. Grundlage dieser Auffassung war ein Menschenbild, welches dem Einzelnen die Fähigkeit und den Willen zu fortschreitender Mündigkeit zuschreibt.

Daraus ableitend forderte der Liberalismus auf politischem Gebiet die Errichtung und den Ausbau eines Verfassungs- und Rechtsstaates, der die vorhandene staatliche Macht begrenzt und damit Rechtssicherheit für jeden Einzelnen schafft. Er übt dabei zwar auch Kritik am monarchischen Obrigkeitsstaat, sieht sein Ziel aber nicht unbedingt in der Abschaffung der Monarchie, sondern eher darin, deren Rechte klar zu beschränken, sie an eine Verfassung zu binden und durch Installation eines Parlamentes eine Gegenkraft zur monarchischen Gewalt zu schaffen.

Im wirtschaftlichen Bereich trat der Liberalismus für die Freiheit der Marktwirtschaft ein, in der die verschiedenen Teilnehmer die Regeln des Wirtschaftsprozesses selber bestimmen können und nicht vom Staat reglementiert werden.

Auf gesellschaftlichem Gebiet sind für den Liberalismus Ziele wie Glaubens-, Presse- und Meinungsfreiheit sowie die Rechtsgleichheit aller Bürger wichtig; jeder Einzelne soll in Aus-übung seiner Menschen- und Bürgerrechte sein Leben nach seinen eigenen ethischen und religiösen Vorstellungen leben können.

Damit repräsentierte der Liberalismus vor allem die Interessen, Denkweise und gesellschaftlich-politischen Ziele des aufstrebenden Bildungsbürgertums, aber auch die der arbeitenden Mittelschicht wie Kaufleuten und Handwerkern, die von politischen und wirtschaftlichen Freiheiten profitieren konnten.

Die führenden Denker dieser Richtung gehörten zumeist der akademischen Elite an; sie arbeiteten hauptsächlich in der Verwaltung und Justiz, ab den 1830er Jahren auch oft im journalistischen Bereich. Zu nennen wären hier stellvertretend: die badischen Professoren Karl von Rotteck und Karl Theodor Welcker sowie Friedrich Christoph Dahlmann und Johann Gustav Droysen für den von England stark beeinflussten norddeutschen Liberalismus.

Der Konservativismus

Der Konservativismus stellte die politische Gegenbewegung zur Französischen Revolution dar: Staat, Gesellschaft, Recht und Kultur wurden entweder als von Gott gegebene oder sich organisch (in langen Zeiträumen) entwickelnde Gebilde betrachtet, die sich nicht anhand von Theorien, Ideen oder Verfassungen „künstlich“ ändern lassen. Einrichtungen und Autoritäten, wie Kirchen, Berufsstände oder die Monarchie ect., die diese „gottgewollte Ordnung“ und die damit verbundenen überlieferten Werte schützen, wurden von den Konservativen in Ihrer Existenz verteidigt und zu erhalten gesucht.

Beheimatet war der Konservativismus vor allem beim Adel, der Geistlichkeit sowie höheren Beamten, welche an einer Veränderung der gesellschaftlichen Zustände natürlicherweise kein Interesse hatten. Aber auch bei der bäuerlichen Landbevölkerung war der tiefgreifende Umbau der sozialen Systeme auf Skepsis gestoßen. Ähnlich empfanden viele kleinere Handwerker, denen der Strukturwandel im gewerblichen Leben zu schnell ging; sie suchten davor Schutz im konservativen Traditionalismus.

Wie auch im Liberalismus, gab es auch im Konservativismus eine bestimmte Bandbreite an gesellschaftlichen Meinungen: In Großbritannien prägte Edmund Burke den Begriff der „geschichtlichen Kontinuität“ als Grundbegriff konservativer Gesinnung; gegen die „Willkühr der Mehrheitsherrschaft“ setzte er das „historische Recht“. In Deutschland nahm vor allem Friedrich Gentz die Ideen Burke´s auf.

Friedrich von Hardenberg (= Novalis) entwirft daneben ein romantisch verklärtes Bild der mittelalterlichen Weltordnung.

Aber auch der Schweizer Karl Ludwig von Haller übt mit seiner Staatslehre einen starken Einfluss auf den deutschen Konservativismus aus: Der Staat ist bei ihm das privatrechtliche Eigentum des nur Gott verantwortlichen Fürsten; dem Untertanen stehen keine Rechte, sondern nur Unterordnung zu.

Und auch Friedrich Julius Stahl können wir sicher der Richtung des deutschen Konservatismus zuordnen.

Die Demokraten

Wo für die Liberalen ein freiheitlich orientierter Verfassungs- und Rechtsstaat mit einem Monarchen als Oberhaupt noch als durchaus denkbar galt, gehen die Demokraten einen Schritt weiter: Sie fordern die Volkssouveränität, das allgemeine Wahlrecht, eine gerechtere Verteilung des Eigentums sowie die Beseitigung der Klassengegensätze. Anhänger gewinnt diese politische Richtung vor allem unter Kleinbürgern und Arbeitern.

Nationale Bewegungen

Mit ausgelöst durch die französische Revolution wird der Nationalismus zu einem der wichtigsten politischen Kräfte im 19. Jahrhundert. Er stellt dabei keine gesonderte politische Gruppierung dar, sondern kann sich mit allen politischen Denkrichtungen verbinden und so verschiedenartige Ausformungen zeigen. Grundlegend ist den verschiedenen Richtungen aber immer das Streben nach einem souveränen Nationalstaat, der nach außen hin Stärke zeigt.

Die politische Situation in Preußen

Hatte es zu Beginn des Jahrhunderts eher fortschrittliche Tendenzen in Preußen gegeben,[11] so geraten die eingeleiteten Reformen nach dem Wiener Kongress bald ins Stocken. Friedrich Wilhelm III. hält starr an den Grundsätzen der Hl. Allianz fest, angebliche „Demagogen“ werden verfolgt und Männer wie Freiherr vom und zum Stein, August Anton Graf Neidhardt von Gneisenau und Friedrich Schleiermacher, welche vorher aktiv an den verschiedenen Reformen beteiligt waren, als Anhänger der Ideen der französischen Revolution verdächtigt.

Die Hoffnungen der fortschrittlichen Kräfte ruhten deshalb auf dem preußischen Kronprinzen, der ab 1840 als Friedrich Wilhelm IV. dieser Hoffnung zuerst auch entgegenkommt, 1842 aus den Provinzialständen heraus die Vereinigten Ausschüsse beruft und im Dezember 1844 einen Verfassungsplan vorlegt, welcher jedoch keine Repräsentativverfassung für Preußen vorsieht.

1845, als Stahls Schrift erscheint, ist Preußen eines der letzten Länder des Deutschen Bundes ohne Verfassung.

In diese Situation hinein, in der das Land vor einem bedeutenden Schritt in der Verfassungsentwicklung zu stehen scheint, legt Stahl seine Schrift „Das monarchische Prinzip“ vor, um seine Ansichten bezüglich des für Preußen besten Weges in die Diskussion einzubringen.

2. Stahls Werdegang

Friedrich Julius wurde 1802 bei Würzburg bzw. in München[12] geboren. Aufgewachsen ist er dann aber bei seinem Großvater, dem Vorsteher der Jüdischen Gemeinde, Abraham Uhlfelder, in München. Dabei ist der Einfluss dieser Erziehung hinsichtlich der späteren Denkstrukturen Friedrich Julius Stahl´s von nicht unerheblicher Bedeutung. Seine Erziehung ist geprägt von den Emanzipationsbestrebungen des liberalen[13] Judentums seiner Zeit;[14] er geht auf ein „normales“ Gymnasium und kommt dort unter dem Einfluss seiner Lehrer auch mit der neueren deutschen Philosophie in Berührung.[15] Schließlich konvertiert mit 17 Jahren zum evangelisch-lutherischen Glauben. Dabei nimmt er den Namen „Stahl“[16] an. Inwieweit seine Konversion auch „karrieretechnische“[17] Gründe hatte, kann in diesem Zusammenhang nicht nachgewiesen werden. In seiner weiteren Entwicklung identifiziert er sich jedoch stark mit dem lutherischen Bekenntnis:[18] von 1848-61 ist er sogar Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentags sowie von 1852-58 Mitglied im Evangelischen Oberkirchenrat. Dies mögen äußerliche Posten sein, seine theologischen Prämissen sind jedoch auch in seiner Staats- und Rechtslehre deutlich ausmachbar.

Friedrich Julius Stahl studiert Jura in Würzburg, Heidelberg und Erlangen und engagiert sich dabei in der Burschenschaftsbewegung[19], was zunächst, wenn man seinen weiteren Werdegang betrachte, verwundert.

Nach dem Studium ist er ab 1826 als Privatdozent in München; dort habilitiert er sich auch 1827. 1832 wird er Ordentlicher Professor in Erlangen und vertritt bereits 1836/37 die Universität Erlangen als Abgeordneter im Bayrischen Landtag.

Hier kommt es jedoch wegen seiner „Verteidigung der ständischen Rechte gegen ´ultraroyalis-tische Ansichten´“[20] zu Schwierigkeiten.[21] Auf Anordnung Ludwig I. hin wird ihm die Professur für „Staatsrecht entzogen und das ihm fachfremde Zivilrecht übertragen.“[22]

Aufgrund dieser Vorkommnisse kommt F.J. Stahl 1840 seine Berufung nach Berlin sehr gelegen, zumal er dort mit dem Amtsantritt Friedrich Wilhelm IV. neue politische Entwicklungen zu erwarten sind, an deren Diskussion F.J. Stahl sich aktiv beteiligen möchte.

In Berlin verfasst er dann die 2.Ausgabe seines Hauptwerkes „Die Philosophie des Rechts“, eine Staatsrechtslehre, die stark von F.J. Stahl´s expliziten Bekenntnis zum Christentum geprägt ist.

[...]


[1] Stahl, S. 148.

[2] Stahl, S. 149.

[3] Stahl, S. 149f.

[4] Stahl, S. 151.

[5] Stahl, S. 147.

[6] Stahl, S. 147.

[7] Wiener Schlußakte vom 15. Mai 1820, Art. 57; zitiert nach: Huber, S. 99.

[8] So etwa 1814 in Nassau, 1816 in Sachsen-Weimar, 1818 in Bayer und Baden, 1819 in Württemberg und 1820 in Hessen-Darmstadt.

[9] Auf dem von der Jenauer Burschenschaft einberufenen Wartburgfest 1817 wird die Einheit Deutschlands beschworen, aber auch Rede- und Pressefreiheit, die Einführung einer allgemeinen Wehrpflicht u.ä. gefordert. Radikalere Gruppen rufen zum Umsturz auf. Das Wartburgfest endet mit der Verbrennung der Bundesakte sowie anderer reaktionärer Schriften und Symbole. 1819 kommt es zur Ermordung des Dichtes Kotzebue als angeblichem Agenten des Zaren durch einen Burschenschaftler.

Daraus resultierten letztlich die Karlsbader Beschlüsse von 1819, die ein Verbot der Burschenschaften und eine Verfolgung ihrer Mitglieder zur Folge hatten.

[10] Jetzt in Sachsen, Hannover, Braunschweig, Hessen-Kassel.

[11] Vor allem unter Freiherr Karl August von Hardenberg, der ab 1810 Staatskanzler in Preußen war, wurden bereits durch Reichsfreiherr vom und zum Stein angeregte Reformen in Angriff genommen. Darunter sind zu nennen: Sozialreformen zur Auflösung der Standesschranken (z.B. 1807 das Edikt zur Bauernbefreiung mit Abschaffung der Erbuntertänigkeit), Verwaltungsreformen, die Heeresreform sowie Bildungsreformen im neuhumanistischen Geist, wozu auch 1810 die Gründung der Berliner Universität als Stätte „akademischer Freiheit“ sowie eine Reform der Volksschule und 1812 die Einführung der Staatlichen Gymnasialordnung zählen.

[12] Die verschiedenen Quellen sind sich hier nicht einig.

[13] Hierbei darf aber der Begriff „liberal“ nicht verwechselt werden mit dem Liberalismus als politischer Richtung. Der liberalen Richtung des Judentums geht es vordringlich um Reformen innerhalb der jüdischen Gemeinde (Einführung von Chorgesang und Orgel beim Synagogengottesdienst ect.) sowie um eine stärkere Anpassung an die konkrete Umwelt (Juden als „Bürger“ eines konkreten Staates).

[14] Die jüdische Gemeinde in München kann man zu dieser Zeit der liberalen Richtung zurechnen. Abraham Uhlfelder bemühte sich stark um die Emanzipation der Müncher Juden, er hatte dem König „die treue Erfüllung der staatsbürgerliche Pflichten durch Judenschaft gelobt“. (Grosser, S. 12)

[15] Einer seiner Lehrer gehörte dem Kreis um Friedrich Heinrich Jacobi an. „Mit seiner Kritik an Spinoza hatte Jacobi die theistische Gegenbewegung gegen die rationalistische Philosophie eröffnet. Jacobi stellte als erster die Frage, die Schelling 1809 wieder aufnahm und die Stahl beherrschen sollte: ist die Ursache der Welt, ist das höchste Wesen eine bloße unendliche und ewige Wurzel aller Dinge, ein erster Beweger oder ist sie eine persönliche Intelligenz, die durch Vernunft und Freiheit wirkt. ... Auch Stahl gründete hinfort sein Denken auf die Bindung der freien Persönlichkeit des Menschen an einen persönlichen Gott.“ (Grosser, S. 11)

[16] Warum er gerade diesen Namen wählte, läßt sich nicht nachweisen. „Denkbar wäre die Wahl des Namens wegen seines metaphorischen Charakters, ähnlich der Namenswahl seines Onkels Mayer-Uhlfelder, der am 28.11.1816 zum katholischen Glauben übergetreten war und den Namen „Kraft“ angenommen hatte“ (Füßl, S. 17, Anm.7).

[17] Zwar waren in weiten Teilen Europas die Juden inzwischen als gleichberechtigte Bürger anerkannt. Die staatlichen Reformen zur Integration waren aber in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich verlaufen bzw. bestanden zum Teil auch noch nicht sehr lang. Diskriminierungen in Bezug auf die Vergabe von Ämtern oder den Zugang zu bestimmten Berufen lassen sich von daher nicht ausschließen. Der Grundsatz der allgemeinen Religionsfreiheit und der rechtlichen Gleichberechtigung der Juden wurde erst 1871 in der deutschen Reichsverfassung festgeschrieben.

[18] „Eine häufige Reaktion auf die Unsicherheiten der neuen Zeit war der Übertritt zum Christentum. ... In einigen deutschen Städten nahm im frühen 19. Jahrhundert vermutlich die Hälfte der jüdischen Bevölkerung das Christentum an. ... Die Taufe führte jedoch nicht zur unmittelbaren Assimilation, da die Konvertiten ihre Bande mit der alten Gemeinschaft beibehielten. ... Andererseits trafen sie auf Vorbehalte in der christlichen Gesellschaft, die wegen der durch die Übertritte entstandenen Probleme immer empfindlicher reagierte. Einige Christen wie der einflußreiche protestantische Theologe Friedrich Schleiermacher warnten vor der seit alters her beschworenen Gefahr der ´Judaisierung´ der Kirche.“ (Nicholas de Lange: Jüdische Welt, S. 58.) Als Reaktion auf diese „kritische“ Haltung der Umwelt treten die Konvertiten oft betont christlich und loyal gegenüber dem Staat auf.

[19] Wegen seines Engagement musste er die Universität sogar für einige Zeit verlassen.

[20] Füßl, S. 103.

[21] „Der König selbst war über Stahls Kritik des Rechenschaftsberichtes verärgert und hatte daher Finanzminister Wirschinger beauftragt, Stahl privat darauf hinzuweisen, wie auffallend es für den König sei, dass gerade ein Staatsrechtslehrer sich ein derartiges Verhalten erlaube.“ (Füßl, S. 103)

[22] Füßl, S. 103.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Friedrich Julius Stahl: Das monarchische Prinzip
Hochschule
Universität Koblenz-Landau  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Proseminar: Deutsche Verfassungen im 19. Jahrhundert zwischen konstitutioneller Monarchie und parlamentarischem System
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
32
Katalognummer
V117139
ISBN (eBook)
9783640195299
ISBN (Buch)
9783656281023
Dateigröße
519 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Kommentar des Dozenten: "eine weit überdurchschnittliche Leistung. Sie haben die Problematik voll erfasst und beahren die Souveränität über den Stoff, bemühen sich auch um angemessene sprachliche Gestaltung"
Schlagworte
Friedrich, Julius, Stahl, Prinzip, Deutsche, Verfassungen, Jahrhundert, Monarchie, System
Arbeit zitieren
Christiane Müller (Autor:in), 2006, Friedrich Julius Stahl: Das monarchische Prinzip, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117139

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