Agentenbasierende Simulation einer geschlossenen Volkswirtschaft


Diplomarbeit, 2007

60 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Die Volkswirtschaftslehre
1.1.1 Die Mikroökonomie
1.1.2 Die Makroökonomie
1.2 Die Spieltheorie
1.3 Motivation
1.4 Überblick

2 Wichtige Modelle der Wachstumstheorie
2.1 Das Solow-Modell
2.1.1 Definition und Grundannahmen
2.1.2 Die Produktionsfunktion
2.1.3 Die Herleitung der Wachstumsraten
2.1.4 Das Wachstumsgleichgewicht - Der "Steady-State"
2.2 Das Lucas-Uzawa-Modell
2.2.1 Kritik am Solow Modell
2.2.2 Die Nutzenfunktion
2.2.3 Einleitung und Modellannahmen
2.2.4 Die Produktionsfunktion
2.2.5 Das Optimierungsproblem
2.2.6 Die Wachstumsraten der Modellgrößen
2.2.7 Der Steady-State
2.2.8 Interpretation der Ergebnisse

3 Die Simulation
3.1 Das Lucas-Uzawa-Modell in der Simulation
3.1.1 Die Modellannahmen
3.1.2 Initialisierung der Parameter
3.1.3 Gesetzmäßigkeiten in der Simulation
3.1.4 Die Berechnung von cons
3.1.5 Die Berechnung von invh
3.1.6 Die Berechnung von invk
3.1.7 Die optimale Entscheidung
3.2 Die Bedienung der Simulation
3.2.1 Das Simulationsinterface
3.2.2 Die Steuerung
3.2.3 Die Grafik "BSP"
3.2.4 Die Grafik "Inputfaktoren"
3.2.5 Die Grafik "Beschäftigung"
3.2.6 Der Aktionsraum

4 Ergebnisse
4.1 Deterministische Parameterdefinitionen
4.1.1 Das Parameterset T1
4.1.2 Die Bedeutung der Parameter
4.1.3 Die Simulation unter T1
4.2 Sensitivitätsanalysen
4.2.1 Parameter A
4.2.2 Parameter B
4.2.3 Parameter Ù
4.2.4 Parameter à
4.2.5 Parameter ê und Ü
4.2.6 Parameter é
4.3 Stochastische Simulation
4.3.1 Das Parameterset T11
4.3.2 Die Simulation unter T11
4.4 Schocks
4.5 Zusammenfassung der Ergebnisse

5 Ein modifiziertes Lucas-Uzawa-Modell
5.1 Modifikation der Gleichungen
5.2 Anpassung der Simulation
5.2.1 Die Berechnung von EJRD
5.3 Ergebnisse der deterministischen Simulation
5.4 Sensitivitätsanalyse
5.5 Auswirkungen der Modifikation

6 Erkenntnisse
6.1 Konklusion
6.2 Ausblick

7 Anhang
7.1 Quellcode der Simulation
7.2 Literaturverzeichnis

Dank

Mein herzlicher Dank gebührt meinem Betreuer, Professor Alexander Mehlmann, für sein Interesse an dem von mir gewählten Thema und seine Unterstützung während der Umsetzung.

Besonderer Dank gilt meinen Eltern, Renate und Dr. Horst Fröhler, die mir ein sorgenfreies Studium ermöglicht haben.

Für wichtige Inputs während der Modellbildung möchte ich Professor Franz Hof und meiner Freundin Claudia Bernhard danken.

1 Einleitung

1.1 Die Volkswirtschaftslehre

Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich mit der Analyse von gesamtwirtschaftlichen Zusammenhängen wie den wechselnden Verhältnissen von Arbeit, Gütern und Geld. Es ist der Versuch, Gesetzmäßigkeiten zu finden und daraus Handlungsempfehlungen für die Wirtschaftspolitik abzuleiten. Sie teilt sich in zwei Teilgebiete: Die Mikroökonomie und die Makroökonomie.

1.1.1 Die Mikroökonomie

Die Mikroökonomie erforscht das wirtschaftliche Verhalten einzelner Konsumenten (Theorie des Haushalts), das Verhalten von Unternehmen (Produktionstheorie) sowie die Verteilung von endlichen Ressourcen wie Rohstoffen, Gütern und Geld zwischen den Haushalten und Unternehmen. Die Konsumenten werden als Quelle der Arbeitskraft, des Kapitals und als Verbraucher produzierter Güter angesehen. Güter werden mit dem Ziel verbraucht, den eigenen Nutzen zu maximieren. Betriebe setzen Ressourcen wie Arbeit, Rohstoffe, Boden, Kapital und Wissen mit dem Ziel der Gewinnmaximierung ein. Um diese Fragestellungen der Interdependenzen lösbar zu machen, werden von der Wirklichkeit abstrahierte mathematische Modelle untersucht. In der Regel wird angenommen, dass die Wirtschaftsakteure Nutzenmaximierung betreiben und rational handeln: Unter gegebenen Handlungsalternativen wird stets die beste ausgewählt. Ein derart handelnder Ideal-Akteur wird Homo Oeconomicus genannt.

1.1.2 Die Makroökonomie

Die Makroökonomie untersucht das Zusammenspiel aggregierter Wirtschaftsgrößen. Das Verhalten der Wirtschaft insgesamt wird untersucht, wie zum Beispiel Änderungen des Gesamteinkommens, der Beschäftigungsrate, der Inflationsrate und der Konjunktur. Anhand von mathematischen Modellen wird versucht, diese Schwankungen zu erklären und Empfehlungen für die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik abzuleiten. Im Mittelpunkt vieler makroökonomischer Betrachtungen steht daher die Rolle des Staates im gesamtwirtschaftlichen Kontext. So werden durch Änderungen bei Steuern, Zinsen oder Staatsausgaben politisch definierte Ziele, wie beispielsweise Preisniveaustabilität, Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum angestrebt.

1.2 Die Spieltheorie

Die Spieltheorie ist ein Teilgebiet der Mathematik, das Systeme mit mehreren Akteuren analysiert. Der Focus liegt dabei auf rationalem Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen. Historischer Ausgangspunkt der Spieltheorie ist der Versuch einer Analyse des Homo Oeconomicus. Seit 1970 setzt sich die Spieltheorie mehr und mehr als die beherrschende Methodik in den - traditionell normativ ausgerichteten - Wirtschaftswissenschaften sowie auch in deren sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen durch.

1.3 Motivation

Diese Arbeit soll ein Baustein sein, der dazu beiträgt, die Lücke zwischen den beiden Gebieten der Mikroökonomie und der Makroökonomie zu schließen.

Aufbauend auf den Prinzipien und Methoden der Spieltheorie wird mithilfe einer spieltheoretischen Simulationsumgebung eine virtuelle, heterogene Population rational agierender Agenten erschaffen, die sich in wiederholtem Spiel ökonomisch betätigen. Die Agenten haben in jeder Periode die Wahl zwischen 3 reinen Strategien und optimieren ihren Nutzen über einen endlichen und im Laufe des Spiels veränderlichen Zeitraum. Durch die Simulation wird gezeigt, wie bekannte Modelle der Makroökonomie mit den Methoden der Spieltheorie mikroökonomisch fundiert werden können, ohne auf mathematisch exakte Gleichgewichtsresultate zurückzugreifen. Dieser Ansatz erscheint insbesondere deshalb praktikabel, da die theoretisch hergeleiteten Werte und Wachstumsraten im Wirtschaftsgleichgewicht oftmals hohe Instabilitäten gegenüber der Varianz ihrer erklärenden Parameter aufweisen.

Diese Arbeit versteht sich als Grundlage, auf der weiterführende spieltheoretische Volkswirtschaftsanalysen aufbauen können.

1.4 Überblick

In Kapitel (2.1) wird zunächst ein fundamentales Wachstumsmodell von Robert Merton Solow vorgestellt und hergeleitet. Dieses Modell ist heute noch immer von großer Bedeutung, da viele wesentliche Beiträge zur neoklassischen Wachstumstheorie - so auch das in der Simulation behandelte Lucas-Uzawa-Modell darauf aufbauen.

In (2.2) wird die Theorie des Lucas-Uzawa-Modells behandelt. Im Lucas-Uzawa-Modell wird dauerhaftes Wirtschaftswachstum über Einführung von Humankapital in die Produktionsfunktion und dem nutzenmaximierenden Verhalten der Wirtschaftssubjekte erklärt. Es werden die Gleichungen für die Wachstumsraten der Input- und Output- und Entscheidungsgrößen im SteadyState betrachtet - dem langfristigen, gleichgewichtigen Wachstumspfad.

Kapitel (3.1) leitet die Theorie des Lucas-Uzawa-Modells für die spieltheoretische Simulation her. Es werden die Agenten, der Aktionsraum und die Entscheidungsalgorithmen der Agenten erklärt. Die zeitstetige Nutzenfunktion des Lucas-Uzawa-Modells wird diskretisiert, und die Annahme der Perfect Foresight (das heißt Optimierung über unendlichen Zeitraum bei perfekter Kenntnis aller Modellgrößen) für die Agenten wird zugunsten der Optimierung über einen endlichen Zeitraum fallen gelassen.

Kapitel (3.2) geht auf die technischen Details und die Steuerung der Simulation ein.

Kapitel (4.1) beschäftigt sich mit den Ergebnissen der Simulation unter verschiedenen deterministischen Parametersets.

Kapitel (4.2) analysiert die Sensitivität des Modells bezüglich der Veränderung von einzelnen Parameterwerten.

Kapitel (4.3) untersucht die Simulation mit stochastischen Parametersets.

Kapitel (4.4) geht auf Schocks innerhalb der Simulation ein.

In Abschnitt (4.5) werden die gewonnenen Erkenntnisse zusammengefasst und Kritikpunkte am Lucas-Uzawa-Modell angeführt.

In Kapitel (5.1) werden die Gleichungen des Lucas-Uzawa-Modells modifiziert. In (5.2) wird die Simulation modifiziert.

Abschnitt (5.3) behandelt die Ergebnisse unter deterministischer Simulation.

In Abschnitt (5.4) wird die Sensitivität des modifizierten Modells analysiert. Abschnitt (5.5) beschäftigt sich mit den Auswirkungen der Modifikation.

Kapitel (6.1) interpretiert die gewonnenen Erkenntnisse aus der Simulation.

Kapitel (6.2) bietet einen Ausblick, welche Fragestellungen auf Basis dieser Arbeit erforscht werden könnten.

(7.1) Enthält den Quellcode der Simulation.

(7.2) Enthält das Literatur- und Quellenverzeichnis.

2 Wichtige Modelle der Wachstumstheorie

2.1 Das Solow-Modell

Der US-amerikanische Ökonom Robert Menton Solow veröffentlichte 1956 im Quarterly Journal of Economics den Artikel16 "A Contribution to the Theory of Economic Growth", der bis heute viele makroökonomische Wachstumsmodelle entscheidend beeinflusst. 1972 erhielt er den Nobelpreis der Wirtschaftswissenschaften für seine Arbeiten über ökonomische Wachstumstheorien.

Das von ihm entwickelte und nach ihm benannte Solow-Modell erklärt das langfristige Wachstum in einer Volkswirtschaft nur durch exogenen technischen Fortschritt. Es reiht sich damit in die Kategorie der neoklassischen Wachstumsmodelle ein, die die Entwicklung des Produktionspotentials als entscheidende Determinante für den Wohlstand einer Volkswirtschaft betrachtet. Diese Auffassung steht im Gegensatz zum Postkeynesianismus - benannt nach dem bedeutenden britischen Ökonomen John Maynard Keynes - der die Nachfrage-Entwicklung als entscheidenden Faktor für Wachstum ansieht.

Solow konnte die Gültigkeit seines Modells empirisch am Beispiel der USA nachweisen: Er fand heraus, dass ein Großteil des US-amerikanischen Wirtschaftswachstums in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch technischen Fortschritt vorangetrieben wurde (totale Faktorproduktivität) und nur ein geringer Teil des Wachstums auf den wachsenden Einsatz von Arbeit und Kapital zurückzuführen war.

2.1.1 Definition der Grundannahmen

Solow unterstellt in seinem Modell folgende Annahmen:

- Die betrachtete Volkswirtschaft ist geschlossen - es existiert kein Handel mit anderen Volkswirtschaften und keine Beeinflussung durch externe Effekte
- Es wird nur ein homogenes Gut produziert
- Es herrscht Vollbeschäftigung
- Die Produktionsfunktion hat konstante Skalenerträge (d.h. eine Steigerung um ã ! 0 der Inputfaktoren erhöht das Output um ã)
- Das Grenzprodukt der Produktionsfunktion ist fallend
- Die Technologie und ihr Wachstum sind exogen gegeben (durch einen Parameter A) x Die Rate des Bevölkerungswachstums n ist exogen gegeben
- Die Abschreibungsrate (d.h. Entwertung der vorhandenen Inputfaktoren pro Periode) ist exogen gegeben (0 d G d 1)
- Die Sparquote (Anteil des gesparten Outputs am Gesamtoutput) ist exogen gegeben (0 d s d 1)

2.1.2 Die Produktionsfunktion

Die zentrale Funktion des Solow-Modells ist die Güterangebotsfunktion, die zu jedem Zeitpunkt die Höhe der volkswirtschaftlichen Produktion Y bestimmt. Die Inputfaktoren der Produktionsfunktion sind substitutional und durch Kapital K und Arbeit L gegeben; t bezeichnet dabei den Zeitindex.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es werden positive und abnehmende Grenzprodukte beider Faktoren unterstellt. Es gilt daher:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Produktionsfunktion ist faktorenweise konkav. Weiters gelten die sogenannten Inada Bedingungen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese Bedingungen besagen, dass die Grenzprodukte der Inputfaktoren bei unendlich kleinen Einsatzmengen über alle Grenzen wachsen, und dass die Grenzprodukte der Inputfaktoren gleich 0 sind, wenn ihre Einsatzmengen gegen unendlich gehen.

Die Annahme konstanter Skalenerträge lässt sich formal auf folgende Weise ausdrücken:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei konstanter Technologie kann also das doppelte Output erzeugt werden, wenn alle Inputfaktoren verdoppelt werden.

Allgemein definieren die Eigenschaften (2) - (4) eine neoklassische Produktionsfunktion (siehe[3] Barro, Sala-i-Martin, 2004). Folgerung aus den oben angeführten Eigenschaften ist, dass sich jede Outputmenge nur durch den Einsatz beider Faktoren erzeugen lässt. Ist einer der Inputfaktoren gleich 0, ist das Output ebenfalls gleich 0. Strebt ein Inputfaktor gegen f, so strebt auch das Output gegen f.

2.1.3 Die Herleitung der Wachstumsraten

Aufgrund von (4) lässt sich die Produktionsfunktion durch die Wahl von ã = 1 in Pro-Kopf-Größen schreiben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Durch Setzen von U = ; (Arbeitsproduktivität) und G = -(Kapitalintensität) erhält man die Gleichung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das Pro-Kopf-Einkommen hängt somit nur von der Kapitalintensität ab. Die Eigenschaften (2) - (4) bleiben erhalten (Äquivalenzumformungen). Wegen der Gültigkeit der Beziehung ; [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]folgt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Produktion verteilt sich als Einkommen auf die beiden Inputfaktoren Arbeit und Kapital. Die Inputfaktoren werden mit ihren Grenzprodukten entlohnt. Das Grenzprodukt des Kapitals kann dabei als Realzinssatz r interpretiert werden, das Grenzprodukt der Arbeit als Reallohn w.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Für eine weiterführende Analyse des Solow-Modells wird nun die am häufigsten verwendete neoklassische Produktionsfunktion F vom Cobb-Douglas-Typ unterstellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei bezeichnet A einen exogenen Effizienzparameter, der den gegenwärtigen Stand der Technologie abbildet. Die Grenzprodukte der Inputfaktoren lauten allgemein:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Gilt die Bedingung [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] liegen konstante Skalenerträge gemäß (4) vor, und Ú kann durch [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] substituiert werden. Mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] kann in Pro-Kopf-Größen transformiert werden. Die transformierteProduktionsfunktion lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Im neoklassischen Wachstumsmodell wird die Sparquote durch den konstanten exogenen Parameter

[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] beschrieben. In einer geschlossenen Volkswirtschaft entspricht die Ersparnis den Bruttoinvestitionen (I = S).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus folgt die Kapitalakkumulationsgleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sie besagt, dass die Veränderung des Kapitalstocks (in kontinuierlicher Zeit) der Differenz aus den Bruttoinvestitionen mit den Kapitalabschreibungen entspricht. 0 <ü< 1 ist dabei ein konstanter exogener Faktor.

Die zeitkontinuierliche Arbeitsakkumulationsgleichung lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

n ist ein konstanter exogener Parameter. Aufgrund der unterstellten Vollbeschäftigung entspricht n dem Bevölkerungswachstum.

2.1.4 Das Wachstumsgleichgewicht - Der "Steady-State"

In jedem neoklassischen Wachstumsmodell ist insbesondere der Zustand des Steady-State von Interesse - jenem gleichgewichtigen Wachstumspfad, entlang dem alle Größen mit einer konstanten Rate wachsen. Zur allgemeinen Herleitung des Steady-State im Solow-Modell werden die Wachstumsgleichungen (12) und (13) wieder in Pro-Kopf-Größen gebracht. (12) dividiert durch L liefert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Daraus folgt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einsetzen für [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]in (14) liefert folgende Differentialgleichung für die Veränderung der Kapitalintensität in stetiger Zeit:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Damit die pro Kopf Kapitalausstattung G steigt, müssen die Investitionen OB(G) die Reduktion des Pro-Kopf-Kapitalstocks durch Abschreibungen und Bevölkerungswachstum übersteigen.

Der Steady-State impliziert, dass die Modellgrößen unverändert bleiben. Die Kapitalintensität muss daher konstant sein. Durch 0-Setzen von G kann die Kapitalintensität im Steady-State ermittelt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

GÛbezeichnet die Kapitalintensität im Steady-State. Aus einem konstanten GÛ folgt mit (5), dass auch das Pro-Kopf-Einkommen im Steady-State konstant ist. Da die Bevölkerung mit der Rate n wächst, müssen das Output Y und der Kapitalstock K im Steady-State ebenfalls mit dieser Rate wachsen. Mit (11) folgt das Wachstum n der Sparquote.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass im Steady-State alle aggregierten Variablen mit der Rate n wachsen, während die Pro-Kopf-Variablen unverändert bleiben. Daher kann das empirisch nachweisbare Wachstum der Pro-Kopf-Größen nur durch den technischen Fortschritt erklärt werden.

Für das konkrete Beispiel der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion (8) und (10) gelten die folgenden Gleichungen im Steady-State:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wegen (16) gilt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das impliziert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Danach ist eine Volkswirtschaft im Gleichgewicht produktiver, je höher ihr Technologiefaktor A und ihre Sparbereitschaft s ist. Eine Volkswirtschaft ist umso unproduktiver, je größer ihr Bevölkerungswachstum n und ihre Abschreibungsrateüist.

Da an dieser Stelle nur ein Überblick über das Solow-Modell gegeben werden soll, werden die Anpassungsgleichungen einer Volkswirtschaft außerhalb ihres Steady-States an ihre Steady-State- Werte nicht hergeleitet. Für eine weiterführende Betrachtung des Solow-Modells sei auf3 Barro, Sala-i-Martin 2004 verwiesen.

2.2 Das Lucas-Uzawa-Modell

2.2.1 Kritik am Solow-Modell

Im neoklassischen Solow-Modell konvergiert die Volkswirtschaft über die Zeit in ihren Steady-State. Die Steady-State-Werte sind dabei durch die exogenen Faktoren: Technologieniveau A, die Sparquote s, die Abschreibungen G, das Bevölkerungswachstum n und den Produktionsfaktor D gegeben. Ein Schwachpunkt dieses Modells ist die Annahme einer konstanten exogenen Sparquote: Tatsächlich zeigen Personen, Haushalte und Firmen in ihrem Konsum- und Investitionsverhalten eine empirisch nachweisbare Gegenwartspräferenz. Hat eine Person die finanzielle Möglichkeit und die freie Wahl, wird sie in der Regel einen Konsum in der Gegenwart einem Konsum in der Zukunft vorziehen. Allgemein werden zukünftige Nutzen geringer bewertet als gegenwärtige. Das führt zu der Fragestellung, wie ein Wirtschaftssubjekt überhaupt seinen Nutzen definiert und wie es ihn über die Zeit bewertet.

2.2.2 Die Nutzenfunktion

Zur Quantifizierung des Nutzens wird eine Nutzenfunktion 7P eingeführt, die vom Konsum %P in der Periode P abhängt. In der Nutzentheorie existieren verschiedene Ansätze zur Definition einer Nutzenfunktion. Sie haben jedoch alle gemeinsam, dass der Grenznutzen positiv und mit zunehmendem Konsumniveau abnehmend ist. Formalisiert bedeutet das

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

wobei 7" die Ableitung nach dem Konsum bezeichnet. Außerdem wird die Gültigkeit der Inada- Bedingungen unterstellt - bei geringem Konsumniveau strebt der Grenznutzen gegen unendlich, bei hohem Konsumniveau gegen 0. Es gibt eine Vielzahl von Funktionen, die die oben genannten Eigenschaften erfüllen - etwa im Argument logarithmische Funktionen. Die Wahl verschiedener Nutzenfunktionen führt zu durchaus unterschiedlichem Konsumverhalten. Für das vorliegende Lucas-Uzawa-Modell wurde eine CRRA- Nutzenfunktion gewählt (CRRA steht für constant relative risk aversion). Sie hat eine konstante intertemporale Substitutionselastizität von [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und ist wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es wird angenommen, dass sich alle Wirtschaftsteilnehmer rational und nutzenmaximierend verhalten. Die Gegenwartspräferenz wird durch einen Faktor (0 < é < 1) abgebildet. Daraus ergibt sich der Diskontierungsfaktor für zukünftigen Nutzen:[Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

Wenn man unterstellt, dass die Wirtschaftsteilnehmer nicht durch Personen (endlicher Zeithorizont), sondern durch Haushalte (unendlicher Zeithorizont) modelliert werden, kann man den Gegenwartswert des Haushaltsnutzens anschreiben:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dieses Nutzenmaximierungsproblem soll nun für ein Lucas-Uzawa-Modell - unter den Nebenbedingungen der entsprechenden Volkswirtschafts-Gleichungen - gelöst werden.

2.2.3 Einleitung und Modellannahmen

Der bedeutende US-amerikanische Ökonom und Nobelpreisträger Robert Emerson Lucas (bekannt unter anderem wegen der nach ihm benannten Lucas-Kritik - die Kritik an statischen Erwartungen in Wirtschaftsmodellen) veröffentlichte 1988 im Journal of Monetary Economics seinen Artikel11 "On the Mechanics of Economic Development". Das hier vorgestellte Modell basiert auf diesem Artikel. Die wesentliche Neuerung im Vergleich zum Solow-Modell besteht in der Einführung von Humankapital (das heißt, Fähigkeiten und Wissen um ökonomisch verwertbare Tätigkeiten auszuführen) und der Endogenisierung der Akkumulationsentscheidungen. Ungelernte Arbeit kommt in dem Modell nicht mehr vor. Die Produktionsfunktion hat als Inputfaktoren Kapital und Humankapital; beide werden modellendogen akkumuliert.

Die bei Solow exogen gegebene Sparquote wird bei Lucas-Uzawa endogenisiert. Es gelten folgende Modellannahmen:

- Die betrachtete Volkswirtschaft ist geschlossen - es existiert kein Handel mit anderen Volkswirtschaften und keine Beeinflussung durch externe Effekte
- Es wird nur ein homogenes Gut produziert
- Es herrscht Vollbeschäftigung
- Die Produktionsfunktion hat konstante Skalenerträge (d.h. eine Steigerung um ã ! 0 der Inputfaktoren erhöht das Output um ã)
- Das Grenzprodukt der Produktionsfunktion ist fallend
- Die Abschreibungsrate (d.h. Entwertung der vorhandenen Inputfaktoren Kapital und Humankapital pro Periode) ist exogen gegeben (0 d G d 1)
- Der Technologieparameter ist exogen gegeben
- Der Effizienzparameter des Bildungssystems ist exogen gegeben
- Die Wirtschafssubjekte optimieren ihren Nutzen über einen unendlichen Zeithorizont x Es gilt die in (1)-(3) definierte CRRA Nutzenfunktion
- Die Investitionsquote und die Humankaptial-Akkumulationsquote werden endogen bestimmt

2.2.4 Die Produktionsfunktion

Die Produktionsfunktion gleichgesetzt mit der Ressourcenbeschränkung lautet

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist # ein exogener Parameter, der die Technologie abbildet; -P ist der physische Kapitalstock zum Zeitpunkt P; *P ist der Humankapitalstock zum Zeitpunkt P; 0 Q Q Q 1 - nicht mit der Nutzenfunktion Q:?P ; zu verwechseln - ist jener Anteil am Humankapital, der in die Outputproduktion eingeht, und Ù der Parameter der Inputfaktoreneffizienz. %P ist der Konsum und +P die Investitionen in den physischen Kapitalstock zum Zeitpunkt P

Die Bestände *P und -P werden durch Akkumulationsgleichungen bestimmt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Sind die Investitionen +P größer als der Verlust an Kapital durch Abschreibungen Ü-P , wird Kapital akkumuliert. Ist $(1 F Q) größer als der Verlust an Humankapital durch Abschreibungen Ü*P , wird Humankapital akkumuliert. $ ist ein exogener Parameter, der die Effizienz des Bildungssystems abbildet.

Über die Variable Q wird entschieden, welcher Anteil des Humankapitals * in die Produktion von Sachgütern eingeht und welcher Anteil (1 F Q) für die Akkumulation von Humankapital verwendet wird. Das erzeugte Output ;P wird für den Konsum %P und zur Investition in physisches Kapital +P eingesetzt.

2.2.5 Das Optimierungsproblem

Die Hamilton-Funktion für das Optimierungsproblem lautet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

[...]

Ende der Leseprobe aus 60 Seiten

Details

Titel
Agentenbasierende Simulation einer geschlossenen Volkswirtschaft
Hochschule
Technische Universität Wien  (Institut für Wirtschaftsmathematik)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
60
Katalognummer
V117351
ISBN (eBook)
9783640197323
ISBN (Buch)
9783640197439
Dateigröße
1631 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Agentenbasierende, Simulation, Volkswirtschaft
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Martin Fröhler (Autor:in), 2007, Agentenbasierende Simulation einer geschlossenen Volkswirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117351

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