Grundannahmen der Organisationssoziologie Niklas Luhmanns


Trabajo de Seminario, 2008

22 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Grundbegriffe
2.1 Soziale Systeme als operativ geschlossene Systeme / Autopoiesis
2.2 Interaktion, Organisation, Gesellschaft
2.3 Triviale und nichttriviale Maschinen
2.4 Zwischenfazit

3. Organisationen
3.1 Die Paradoxie des Entscheidens
3.2 Unsicherheitsabsorption
3.3 Entscheidungsprämissen
3.4 Organisation und Gesellschaft

4. Fazit

5. Literatur

1. EINLEITUNG

Bei Organisationen handelt es sich um komplexe Gebilde. Sie koordinieren Aufgaben und Tätigkeiten unterschiedlichster, weit verstreuter und zumeist nicht gleichzeitig anwesender Charaktere. Dabei vermögen sie es all diese Tätigkeiten, trotz ihrer Simultanität so aufeinander zu beziehen, dass sie nicht Willkür oder Chaos ausgesetzt sind. Sie entwickeln Ordnungsprinzipien, gestalten Hierarchien und requirieren ihre Mitglieder anhand selbst formulierter Ein- und Austrittskriterien. Dabei agieren sie als Repräsentatoren übergeordneter, nicht adressierbarer Funktionssysteme (z.B. Bildung) und sind Mitgestalter individuell zurechenbarer Karrieren, sei es derer ihrer Mitglieder, sei es derer der von ihnen betroffenen Gesellschaftsteilnehmer.

Aufgrund all dieser Anforderungen ist es ihnen nicht möglich, alle Faktoren ihrer Existenz, Strukturierung und Ausprägung in Betracht zu ziehen. Sie sind genötigt Routinen und Programme zu entwickeln, welche Komplexität insoweit reduzieren, dass die Organisation handlungsfähig bleibt. Dabei können sie nicht ausschließlich die an sie formulierten Ansprüche in Betracht ziehen, sondern sind darauf angewiesen eigene Operationsweisen als Ausgangspunkt ihrer evolutionären Entwicklung anzuerkennen. Nichtsdestotrotz bedeutet aber die Rekursivität ihrer eigenen Operationsweise nicht, dass sie sich von der Gesellschaft soweit distanzieren, dass sie nicht mehr zu verorten, adressierbar oder mit Anforderungen zu belasten sind. Bei aller operativen Geschlossenheit sind sie auf Gesamtgesellschaft angewiesen, um diese dauerhaft in Betracht ziehen zu können, was gleichzeitig Grundbedingung ihrer Existenz ist.

Eine Theorie, welche mit der nahezu unendlichen Komplexität sozialer Systeme befasst ist, muss all diese Faktoren in Betracht ziehen. Sie muss Begrifflichkeiten für Kontingenz, Redundanz und Komplexität definieren, um auf deren Grundlage die Operationsweise nicht einsehbarer operativer Strukturen darlegen zu können.

Eine Theorie dieser Art ist die Systemtheorie Niklas Luhmanns. In ihrer Abstellung auf Kommunikation ermöglicht sie es, soziale Systeme jeglicher Art, seien es Interaktions- oder Organisationssysteme, über den gemeinsamen Nenner ihrer autopoietischen Operationsweise zu definieren und diese gleichsam in Beziehung zu setzen. Dementsprechend ist die wissenschaftliche Fragestellung dieser Hausarbeit: Was sind die Grundannahmen der Organisationstheorie Niklas Luhmanns?

Zwecks dieser Zielsetzung sollen in einem ersten Teil Grundbegrifflichkeiten der Systemtheorie vorgestellt werden, um diese dann in einem zweiten Teil auf den Sonderfall der Organisationssysteme anzuwenden.

2. GRUNDBEGRIFFE

Ziel dieses ersten Kapitels ist es systemtheoretische Grundannahmen darzulegen, ohne deren Verständnis eine Darstellung der Organisationssoziologie Niklas Luhmanns nicht möglich ist. Dazu gehört eine Klärung der Theorie operativ geschlossener Systeme und des Begriffes Autopoiesis, ebenso wie die Unterscheidung von Interaktions-, Organisations- und Gesellschaftssystemen. In einem weiteren Schritt sollen an dieser Stelle Begrifflichkeiten Heinz von Foersters eingeführt werden, auf welche Niklas Luhmann in seinen Überlegungen zurückgreift. Um das kontingente Verhalten von Organisationen zu beschreiben, genügt es nicht, sie als nach Input-Output Regeln funktionierende Gebilde zu begreifen. Daher bedarf es in diesem Schritt einer Definition trivialer und nichttrivialer Maschinen im Sinne des radikalen Konstruktivismus. Ein Zwischenfazit soll dann den Übergang zur Organisationstheorie Niklas Luhmanns einleiten.

2.1 SOZIALE SYSTEME ALS OPERATIV GESCHLOSSENE SYSTEME / AUTOPOIESIS

Nach Luhmann etablieren sich soziale Systeme jedweder Art, seien es Interaktions-, Organisations- oder Funktionssysteme wie z.B. Recht, Wissenschaft oder Kunst über ihre Differenz zur Umwelt. Ein System kann immer nur dann operativ geschlossen agieren, wenn es sich gegen Umwelteinflüsse abgrenzt, und für den eigenen, autopoietischen Fortgang nur Einflüsse zulässt, die innerhalb des jeweiligen Systems kommunikativ verarbeitet werden können.

Autopoiesis meint die Selbstproduktion und –reproduktion eines Systems durch eigene Operationen, im Falle von sozialen Systemen durch Kommunikation. Das System produziert die Elemente, aus denen es besteht durch die Elemente, aus denen es besteht. Daher produzieren soziale Systeme ihre Grenzen zur Umwelt, also z.B. ihre Grenzen zu allen anderen sozialen Systemen, indem sie eigene Kommunikationen von allen anderen Dingen unterscheiden und reduzieren dadurch an sich unendliche Komplexität durch Selektion (Luhmann b, 2006, S.55-58).

Strukturaufbau ist nur systemintern möglich und kann nicht über Strukturimport, also Umweltrückgriff getätigt werden. Die eigenen Operationen determinieren den historischen Zustand des jeweiligen Systems und erhalten gleichzeitig die Differenz von System und Umwelt aufrecht. Daher können Rückgriffe auf die Umwelt nicht operativ, sondern nur sinnmäßig erfolgen (Luhmann a, 2006, S.92-95).

Als grundsätzliche Operation eines jeden Systems definiert Luhmann Kommunikation, deren Voraussetzung das Vorhandensein von mindestens zwei „informationsverarbeitenden Prozessoren, die sich aufeinander und übereinander auf sich selbst beziehen können“ ist, also zwei Identitäten (Luhmann, 1987, S.191). Grundlegend für Kommunikation ist die synthetische Einheit der Ebenen Information, Mitteilung und Verstehen. Auf allen drei Ebenen wird Komplexität durch Selektion reduziert, ohne den Kommunikationsspielraum der Beteiligten vollends zu determinieren. Dazu Luhmann: „Kommunikation ist Prozessieren von Selektion“, und weiter: „Die Selektion, die in der Kommunikation aktualisiert wird, konstituiert ihren eigenen Horizont; sie konstituiert das, was sie wählt, schon als Selektion, nämlich als Information“ (Luhmann, 1987, S.191).

Der Begriff der funktionalen Differenzierung bezeichnet den Zustand moderner Gesellschaft. Demnach ist für die Moderne ein Ensemble unterschiedlichster Funktionssysteme kennzeichnend, welche in sich autopoietisch agieren und in ihrer Vorgehensweise unterschiedlichen Leitdifferenzen folgen. Dabei unterscheiden sich die Funktionssysteme nicht in ihrer Grundfunktionalität, da z.B. sowohl Recht, als auch Politik autopoietisch operieren, orientieren sich aber an unterschiedlichen Binärcodierungen und handeln dementsprechend autonom. Binärcodierungen, wie z.B. die Unterscheidung von Recht / Unrecht für das Rechtssystem stellen sicher, dass nur das intern kommunikativ behandelt wird, was systemintern auch anschlussfähig ist. Daher beschäftigt sich das Rechtssystem nicht mit der Produktion von Wahrheit, wie es für das Funktionssystem der Wissenschaft üblich ist, sondern behandelt diese nur dann, wenn wissenschaftliche Wahrheit, z.B. in einem Plagiatsprozess kommunikativer Bestandteil des Rechtssystems wird (Luhmann b, 2006, S.263). Dabei wird klar, dass Ereigniskontexte in verschiedenen sozialen Systemen auftauchen können. So ist z.B. das Thema der Arbeitslosigkeit nicht alleine der Politik vorbehalten, sondern wird ebenso von dem Funktionssystem der Massenmedien bearbeitet. Dabei ist aber die Politik gezwungen, das Thema anhand der Binärcodierung von Macht / Opposition zu behandeln, derweil die Massenmedien das Thema anhand der Leitdifferenz von Information / Nicht – Information bearbeiten müssen (Luhmann b, 2006, S.275).

Trotz der grundsätzlichen autopoietischen Autonomie der jeweiligen sozialen Systeme, agieren diese nicht autonom im Sinne von Nichtbetroffenheit. Luhmann unterstellt sozialen Systemen, dass diese sich über strukturelle Kopplungen wechselseitig irritieren und dementsprechend gleichzeitig abhängig, wie auch unabhängig agieren. Daher hat sehr wohl wirtschaftliche Stagnation Einfluss auf die Politik, ebenso wie die Politik über das Mittel der Gesetzgebung Einfluss auf die Wirtschaft, z.B. über das Steuerrecht hat. Luhmann schließt aber aus, dass die jeweiligen Systeme die spezifische Operationsweise anderer Systeme beeinflussen, verändern oder gar vereinnahmen können. Die Politik kann nicht entscheiden, dass es der Wissenschaft ab jetzt nicht mehr um die Differenz von Wahrheit / Unwahrheit zu gehen hat, ebenso wenig wie die Wissenschaft entscheiden kann, dass sich die Politik jetzt nicht mehr an der Unterscheidung von Macht / Opposition zu orientieren hat (Luhmann b, 2006, S.269). Daher bedeutet funktionale Differenzierung nicht hierarchische Anordnung, sondern horizontale Nebeneinanderreihung als Gleichheit ungleicher Systeme (Luhmann b, 2006, S.254).

Die jeweilige Leitdifferenz stellt sicher, dass nur das Einfluss nimmt, was für das System auch verhandelbar ist (Luhmann b, 2006, S.263). Die Kriterien der Zuordnung von z.B. wahr oder falsch für das Funktionssystem der Wissenschaft, nennt er Programme, deren Aufgabe es ist, die an sich inhaltsarme Binärcodierung zu füllen. Während die Wissenschaft sich an ihren eigenen Logiken und Theoriegebäuden orientiert, um Tatbestände, Logiken oder Zusammenhänge auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen, orientiert sich die Rechtssprechung z.B. an Gesetzen (Luhmann b, 2006, S.266). Funktionssysteme unterscheiden sich demnach nicht nur anhand ihrer Leitdifferenz, sie agieren auch anhand unterschiedlicher Programmierung, welche für das eine System sinnvoll, für das andere nicht zu gebrauchen ist (Luhmann b, 2006, S.267).

2.2 INTERAKTION, ORGANISATION, GESELLSCHAFT

Luhmann unterscheidet grundsätzlich zwischen Interaktions-, Organisations- und Gesellschaftssystemen. Es kann immer dann von sozialen Systemen gesprochen werden, „wenn Handlungen mehrerer Personen sinnhaft aufeinander bezogen werden und dadurch abgrenzbar sind von einer nichtdazugehörigen Umwelt“ (Luhmann, 2005, S.10).

Demnach entstehen Interaktionssysteme immer schon dann, wenn zwei Personen aufeinander treffen und miteinander kommunizieren. Dabei wird Anwesenheit der Beteiligten vorausgesetzt, welche sich wechselseitig wahrnehmen. Der Kassiervorgang im Supermarkt, wie die Unterhaltung mit Fremden oder Bekannten, gelten als Interaktionssysteme. Dabei treten strukturelle Probleme auf, welche die Bearbeitung hochkomplexer Sachverhalte nahezu unmöglich werden lassen. Das Erfordernis thematischer Konzentration, also die Tatsache, dass immer nur ein Thema behandelt werden kann, immer nur einer sprechen kann, und nicht alle gleichzeitig, ist nach Luhmann „ein zeitraubendes Strukturprinzip“ (Luhmann, 2005, S.11) jedweder Interaktion. Dadurch, dass Themen und Beiträge nur in die „lineare Form der Sequenz“ (Luhmann, 2005, S.11) gebracht werden können, fällt die Koordination sachlich komplexer Kommunikation in Interaktionssystemen schwer.

Dem entgegen steht Luhmanns Vorstellung eines allumfassenden Gesellschaftsbegriffs. Als Definition schlägt er vor: „Gesellschaft ist das umfassende Sozialsystem aller kommunikativ füreinander erreichbaren Handlungen“ (Luhmann, 2005, S.12). Im Zuge funktionaler Differenzierung, also der Dezentralisierung gesellschaftlicher Teilbereiche in autarke Funktionssysteme wie Recht, Politik, Wirtschaft oder Kunst, mit jeweils eigenen Funktionen, Aufgaben und, auf Binärcodierungen aufbauenden Eigenlogiken der Operationsweise, gelten die jeweils ausgeführten Kommunikationen als allumfassend. Man kann Waren aus Bangladesch kaufen, den europäischen Gerichtshof bei Menschenrechtsverletzungen anrufen oder Kunstwerke aus aller Welt im heimischen Museum betrachten. Dazu Luhmann: „Die Gesellschaft muss in der Lage sein, auch die möglichen Kommunikationen unter jeweils Abwesenden oder mit jeweils Abwesenden mitzusystematisieren“ (Luhmann, 2005, S.12).

[...]

Final del extracto de 22 páginas

Detalles

Título
Grundannahmen der Organisationssoziologie Niklas Luhmanns
Universidad
Ruhr-University of Bochum  (Sektion für Soziologie)
Curso
Einführung in die Arbeits-, Wirtschafts- und Organisationssoziologie
Calificación
1,0
Autor
Año
2008
Páginas
22
No. de catálogo
V117375
ISBN (Ebook)
9783640199471
ISBN (Libro)
9783640205394
Tamaño de fichero
451 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Grundannahmen, Organisationssoziologie, Niklas, Luhmanns, Einführung, Arbeits-, Wirtschafts-, Organisationssoziologie
Citar trabajo
Michael Kazmierski (Autor), 2008, Grundannahmen der Organisationssoziologie Niklas Luhmanns, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117375

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