Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Filmrechte als zentraler Wertschöpfungsfaktor für Medienunternehmen
3 Bewertung von Filmrechten in der nationalen Rechnungslegung
3.1 Grundsätzliches
3.2 Originäre Filmrechte des Anlagevermögens
3.3 Derivate Filmrechte des Anlagevermögens
3.4 Zwischenfazit
4 Bewertung von Filmrechten in der Internationalen Rechnungslegung
4.1 Grundsätzliches
4.2 Zugangsbewertung
4.3 Folgebewertung
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Urteilsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beispielhafte Verwertung eines Filmrechtes im Wertschöpfungs prozess
Abbildung 2: Zusammensetzung des Vermögens verschiedener Medienunterneh men zum 31.12.2019
Abbildung 3: Erfassung von Filmrechten in der Handels- und Steuerbilanz
1 Einleitung
Bedingt durch die Corona-Pandemie kam es im Jahr 2020 zu großen Verwerfungen in der Weltwirtschaft. Grenzschließungen, unterbrochene Lieferketten, weitreichende Einschränkungen des öffentlichen Lebens sowie der individuellen Grundrechte haben eine weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst. Während besonders betroffene Unternehmen, bspw. die Deutsche Lufthansa AG oder TUI, mit staatlicher Unterstützung gerettet werden mussten, haben andere Unternehmen durch die Ausgangsbeschränkungen sowie die Einschränkung des öffentlichen Lebens profitiert.
Zu nennen ist hier bspw. Netflix, ein US-amerikanischer Streaminganbieter. Während der MSCI-World Index im Jahr 2020 zwischenzeitlich hohe Kursverluste zu verzeichnen hatte, konnte Netflix nach Verlusten im Frühjahr 2020 im weiteren Jahresverlauf neue Allzeithochs erreichen. Gleichzeitig konnte im Jahr 2020 die Anzahl der Abonnenten um 21,9% auf erstmalig über 200 Millionen gesteigert werden. Der größte Zuwachs konnte zwischen März und Mai 2020 erzielt werden. Netflix‘ Umsatz stieg um ca. 24 % auf fast 25 Mrd. US-Dollar.1 Der Großteil des in der Bilanz erfassten Vermögens von Netflix besteht aus den Inhalten, welche die Abonnenten gegen Zahlung einer monatlichen Gebühr unbeschränkt anschauen können. Sowohl lizensierte als auch eigenproduzierte Inhalte werden in der Bilanz als „Non-current content assets, net“ ausgewiesen und betragen zum 31. Dezember 2020 ca. 25 Mrd. US-Dollar, was einer Steigung gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 3,5 % entspricht.2
Im Rahmen dieser Seminarbeit wird die Bilanzierung von Filmrechten in der nationalen und internationalen Rechnungslegung behandelt. Nach der einleitenden rechtlichen Einordnung von Filmrechten sowie der Darstellung der Bedeutung von Filmrechten für Unternehmen aus der Unterhaltungsindustrie, wird zunächst auf die Bilanzierung in der nationalen Rechnungslegung eingegangen und die Unterschiede zwischen der Erfassung in der Handels- und Steuerbilanz verdeutlicht. Darauf aufbauend wird die Bilanzierung in der internationalen Rechnungslegung nach IAS/IFRS näher dargestellt sowie die Unterschiede zur nationalen Rechnungslegung herausgearbeitet. Die anzuwendenden US-GAAP werden vergleichend und erläuternd im Zusammenhang mit den IFRS betrachtet. Die Bilanzierung in der Rechnungslegung von Unternehmen aus der Medienbranche wird anhand der veröffentlichen Finanzberichte von Unternehmen aus der Film- und Streamingbranche ergänzend exemplarisch verdeutlicht.
Ziel dieser Seminararbeit ist es, einen Überblick über die Bilanzierung von Filmrechten in der nationalen und internationalen Rechnungslegung zu schaffen sowie die Bilanzierung anhand veröffentlichter Finanzberichte näher zu verdeutlichen. Weiterhin sollen die zentralen Probleme bei der Bilanzierung von Filmrechten aufgezeigt werden. Ergänzt wird diese Seminararbeit durch eine abschließende und die Inhalte anhand von Praxisbeispielen verdeutlichende Präsentation.
2 Filmrechte als zentraler Wertschöpfungsfaktor für Medienuntemehmen
Nach § 94 Abs. 1 UrhG hat der Inhaber eines Filmrechtes „das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen“. Das Filmrecht ermächtigt den Inhaber des Filmrechtes folglich, dieses in seinem Wertschöpfungsprozess zu nutzen.3 4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. ^Beispielhafte Verwertung einesFilmrechtesim Wertschöpfungsprozess, eigeneDarstellungvgl. QuelleFußnotef
Auf Grund der eingangs erwähnten, durch die Corona-Pandemie hervorgerufenen Verwerfungen in den Wertschöpfungsprozessen der Medienunternehmen, verändert sich die klassische Verwertungsmöglichkeit von Filmrechten zunehmend. Durch die Schließung der Kinos während der Pandemie verkürzt sich die Zeit, die den Kinos durch die Filmverleiher und -studios zur exklusiven Verwertung der Filme gewährt wird, drastisch. Während bisher mehrere Monate der exklusiven Verwertung durch die Kinos als üblich galten, hat bspw. Universal Pictures die exklusive Verwertung der Filmrechte auf zwei Wochen verkürzt. Warner Brothers plant, 2021 „17 seiner großen Filme gleichzeitig mit dem Kinostart auf seiner Streamingplattform HBO Max (zu) veröffentlichen.“ Gleichzeitig kaufen Streaming Dienste Filmrechte, welche in der Corona-Pandemie durch die Kinos nicht verwertet werden können, auf, sodass Filme direkt bei Streaming Diensten erstmalig gezeigt werden. Zu nennen sind hier bspw. der Pixar-Film „Soul“, welcher erstmalig aufDisney Plus gezeigt wird.5
Hinsichtlich der Bedeutung der Filmrechte für Unternehmen aus der Medienbranche ließ sich anhand eines Vergleiches feststellen, dass für reine Streaminganbieter, hier am Beispiel von Netflix, das Programmvermögen in Form von Filmrechten mit ca. 72 % den größten Anteil am Vermögen der Gesellschaft ausmacht, wohingegen bei der Pro7/Satl-Gruppe das Programmvermögen nur 18 % des gesamten Vermögens umfasst. Für den Telekommunikationskonzem AT&T, zu welchem unter anderem der im Jahr 2020 gegründete Streaminganbieter HBO Max sowie das Medienunternehmen WarnerMedia gehört, stellt das Programmvermögen einen vergleichsweise geringen Anteil am Gesamtvermögen in Höhe von 2,2 % dar.
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Abb. 2: Zusammensetzungdes VermögensverschiedenerMedienuntemehmen zum 31.12.2019, eigeneDarstellung, vgl. Quelle Fußnote678
Somit kommt der Bewertung von Filmrechten insbesondere bei Streaminganbietem eine besondere Bedeutung zu, da diese den Großteil des Vermögens umfassen. Bei diesen ergeben sich besondere Probleme in der Bewertung der Filmrechte, welche nachfolgend dargestellt werden.
3 Bewertung von Filmrechten in der nationalen Rechnungslegung
Im nachfolgenden Abschnitt wird die Bewertung von Filmrechten in der nationalen Rechnungslegung näher dargestellt. Nach der Darstellung der Erfassung und Bewertung von Filmrechten in der Handelsbilanz werden darauf aufbauend die Unterschiede in der Bewertung für die Steuerbilanz herausgearbeitet.
3.1 Grundsätzliches
Filmrechte i. S. d. § 94 UrhG stellen laut Urteil des BFH vom 20. November 1970, Aktenzeichen VI R 44/69, handelsrechtlich immaterielle Vermögensgegenstände i. S. d. § 266 Abs. 2AI1 HGB dar.9 Steuerrechtlich handelt es sich bei Filmrechten um immaterielle Wirtschaftsgüter.10 Durch die Verfilmung eines Werkes, bspw. eines Romans, entsteht gegenüber dem Werk ein neues Urhebergut, welches einem eigenen Urheberschutz unterliegt. Der Wert des Urhebergutes entfälltjedoch nicht auf die körperliche Konkretisierung in Form eines Filmstreifens an sich, sondern auf die „an dem Film erwachsenen Rechte einschließlich der angrenzenden Schutzrechte, die seitens des Drehbuchverfassers und der zu der Herstellung des Films sonst beitragenden Personen (Spielleiter, Schauspieler, Komponist, Lichtbild- und Tonbandaufnehmer usw.) ausdrücklich oder stillschweigend auf den Filmunternehmer übertragen worden seien“.11 Somit kann für die bilanzielle Behandlung der Filmrechte die körperliche Konkretisierung dieser Rechte vernachlässigt und das Filmrecht als immaterieller Vermögensgegenstand behandelt werden.12
Filmrechte sind abstrakt bilanzierungsfähig, wenn „sie sich zum Bilanzstichtag in ihrer Existenz formal hinreichend sicher bestimmen lassen (Greifbarkeitsprinzip) und einer selbstständigen Bewertbarkeit zugänglich sind“. Somit sind sie als immaterielle Vermögensgegenstände zu bilanzieren, soweit keine Ansatzverbote vorliegen und somit die konkrete Aktivierungsfähigkeit besteht.13
Für die weiteren Ausführungen wird nunmehr unterstellt, dass die abstrakte Bilanzierungsfähigkeit gegeben sei.
Grundsätzlich lassen sich bei der Bilanzierung von Filmrechten die nachfolgend näher dargestellten Fallkonstellationen unterscheiden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Erfassung -von Filmrechten in derHandels- und Steuerbilanz, eigene Darstellung
Die Erfassung von Filmrechten im Umlaufvermögen ist insbesondere für Auftragsproduzenten relevant, auf welche im Rahmen dieser Seminararbeit nur ergänzend eingegangen wird.14
3.2 Originäre Filmrechte des Anlagevermögens
Selbst geschaffene Vermögensgegenstände, welche dazu bestimmt sind, „dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen“, sind nach § 247 Abs. 2 HGB dem Anlagevermögen zuzuordnen und nach § 246 Abs. 1 HGB mit den Anschaffungskosten i. S. d. § 253 Abs. 1 HGB in den Jahresabschluss aufzunehmen. Hierzu zählen bspw. Rechte an einem Film, welchen ein Produktionsunternehmen mehrfach ausstrahlen möchte. Auf Grund des Aktivierungsverbotes nach § 248 Abs. 2 Satz 2 HGB dürfen „selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte, Kundenlisten oder vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens“ nicht als Aktivposten in die Bilanz aufgenommen werden. Ein Verlagsrecht stellt nach § 8 VerlG „das ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung“ eines Werkes dar. Ein Filmrecht stellt nach § 94 UrhG das Recht dar, „den Bildträger oder Bild- und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen“. Eine tatsächliche Vergleichbarkeit hinsichtlich der wirtschaftlichen und rechtlichen Ausgestaltung der Rechte sei jedoch nicht notwendig. Vergleichbarkeit besteht laut DRS 24 dann, wenn „Herstellungskosten nicht eindeutig von den Aufwendungen für die Entwicklung des Unternehmens in seiner Gesamtheit abgrenzbar sind“.15 Begründet wird dies zum einen durch das Vorsichtsprinzip i. S. d. § 252 Abs. 1 HGB, da durch das Aktivierungsverbot eine „vorsichtige und objektivierte Rechnungslegung“ sichergestellt wird.16 In der Bilanz sollen nur solche Vermögensgegenstände ausgewiesen werden, die „im Rechtsverkehr einen feststehenden Inhalt und im Handelsverkehr einen bestimmten Wert haben“.17 Ein tatsächlicher Wert, welcher zur Schuldendeckung zur Verfügung steht, ist bei diesen Vermögensgegenständen nur schwierig objektiv feststellbar.18 Weiterhin können Ausgaben für die Entwicklung von immateriellen Vermögensgegenständen nicht „von den Ausgaben für die Entwicklung des Unternehmens als Ganzes unterschieden werden“ (vgl. IAS 36.64, siehe Abschnitt zur Internationalen Rechnungslegung), weshalb eine unzulässige Bilanzierung eines selbstgeschaffenen Geschäftsoder Firmenwertes durch die Aktivierung selbstgeschaffener Filmrechte nicht ausgeschlossen werden kann.19
Trotz ähnlichen Formulierungen im§8 VerlG und den §§ 88 - 94 UrhG hinsichtlich der Verwertung von Rechten handelt es sichjedoch um grundsätzlich verschiedene Rechte. Während § 8 VerlG vielmehr die Übertragung eines Rechtes, in diesem Fall vom Verfasser des Werkes auf den Verleger des Werkes, zum Inhalt hat und sich der Verfasser parallel von der eigenmächtigen „Vervielfältigung und Verbreitung zu enthalten und sie dem Verleger zu gestatten“ hat, handelt es sich bei den §§ 88 - 94 UrhG um gewerbliche Leistungsschutzrechte, welche dem Inhaber der Schutzrechte grundsätzlich auch die Verwertung dieser zugestehen.20 Filmrechte können weiterhin in Form von Urheberrechten, Nutzungsrechten und Lizenzen auftreten und somit durch ihre Verwertung „einen Beitrag zur Schuldendeckung des Unternehmens leisten“.21 Die Aufwendungen zur Erlangung der Leistungsschutzrechte an dem filmischen Werk sind somit klar von den Aufwendungen zur Schaffung einen Geschäfts- oder Firmenwertes abgrenzbar, da das Filmrecht zum einen einzeln verwertbar und auch einzeln bewertbar und somit vom Geschäfts- oder Firmenwert abgrenzbar ist. Dies ist bei selbsterstellten Verlagsrechten in der Regel nicht der Fall, da die Kosten zur Erstellung des dieser, im Gegensatz zu der Produktion des Filmes und des damit einhergehenden Rechtes, nicht „verlässlich von den Kosten für die Entwicklung und Pflege des (weiterhin nicht aktivierungsfähigen) originären Geschäfts- oder Firmenwerts abgegrenzt werden können“.22 Hierzu können bspw. Aufwendungen für Marketingmaßnahmen zählen, deren Effekt nicht klar von der Herstellung eines Geschäfts- oder Firmenwertes abgrenzbar ist.
Somit handelt es sich bei den dargestellten Filmrechten nicht um vergleichbare immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, weshalb die selbsterstellten Filmrechte als Anlagevermögen ausgewiesen werden können. Somit wird der Informationsgehalt der Berichterstattung für Unternehmen aus der Film- und Medienbranche entscheidend verbessert.23 Da es sich bei Filmrechten um immaterielle Vermögensgegenstände handelt, richtet sich der Umfang der Herstellungskosten nach § 255 Abs. 2, 2a HGB. Die Bewertung der Herstellungskosten erfolgt nach einem fertigungsbezogenen Vollkostenansatz, da nach § 255 Abs. 2 HGB „neben den Material-, Fertigungs- und den Sonderkosten der Fertigung auch zwingend angemessene Teile der Material- und der Fertigungsgemeinkosten sowie des Werteverzehrs des Anlagevermögens“ einzubeziehen sind.24 Weiterhin sind die Kosten für die Erstellung des Filmrechtes in Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen zu trennen, da die Aktivierung von Forschungsaufwendungen nach 255 Abs. 2 Satz 4 HGB nicht zulassig ist.
[...]
1 Vgl. Netflixlnc. (2021), S. 1-2.
2 Vgl. ebenda, S. 10; vgl. Netflix Inc. (2020), S. 49.
3 Vgl. Scholz, Christian (2006), S. 923.
4 Vgl. ebenda, S. 923.
5 Wollner, Anne und Wilhelm, Katharina (2020), Abs. 4, 5, 8.
6 Vgl. Netflix Inc. (2020), S. 46.
7 Vgl. AT&T Inc. (2020), S. 53.
8 Vgl. ProSiebenSat.l Media SE (2020), S. 127.
9 Vgl. Bundesfinanzhof (1970), Leitsatz.
10 Vgl. Bundesfinanzhof (1970), Leitsatz.
11 Vgl. Bundesfinanzhof (1995a).
12 Vgl. Winnefeld, Robert (2015), Abs. 386.
13 Hommel, Michael und Kiy, Florian (2020), Abs. 38.
14 Vgl. Bundesfinanzhof (1995b), Abs. 1.
15 Schmidt, StefanundUsinger, Rainer (2020), Abs. 20.
16 Hommel, Michael und Kiy, Florian (2020), Abs. 45.
17 Störck, UlrichundBüssow, Thomas (2020), Abs. 30.
18 Vgl. Küting, Karlheinz und Zwirner, Christian (2001), S. 15.
19 Hommel, Michael und Kiy, Florian (2020), Abs. 45.
20 Ballwieser, Wolfgang (2020), Abs. 24.
21 Gabert, Isabel (2010), S. 893.
22 Hennrichs, Joachim (2013), Abs. 26, 32.
23 Vgl. Gabert, Isabel (2010), S. 891.
24 Vgl. Ebenda, S. 895.
- Arbeit zitieren
- Lukas Westersötebier (Autor:in), 2021, Die Bilanzierung von Filmrechten in der nationalen und internationalen Rechnungslegung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1173763
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