Belohnung durch Bestätigung? - Warum positive Konsumerfahrungen glücklich machen


Masterarbeit, 2008

46 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

1. Einleitung: Glückliche Kunden = zufriedene Kunden?

2. Glücklich sein. Grundlagen der Kundenzufriedenheit
2.1. Begriffsdefinitionen
2.2. Physiologische Grundlagen: Das Belohnungszentrum des Gehirns
2.3. Theoretische Grundlagen und Konzepte
2.3.1. C/D-Paradigma
2.3.2. Kognitive Dissonanz
2.3.3. Umweltdeterminanten und Einfluss durch soziales Umfeld
2.4. Exkurs: Spiel mit dem Unterbewusstsein: Neuromarketing

3. Belohnung und Bestätigung im dimensionalen Kontext
3.1. Die Bewusstseinsdimension – Wahrnehmung und Erkenntnis
3.2. Die unterbewusste Dimension – das „Bauchgefühl“
3.3. Bezugsgruppen, Szenen und Familie. Einfluss des sozialen Umfelds
3.4. Überschneidungen und Parallelen der Dimensionen

4. Diskussion - Implikationen für Marketing und Forschung

Literaturverzeichnis

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Empirische Befunde [+] und kritische Beiträge [~] zu den Vorteilen der Kundenloyalität aus Anbietersicht

Tab. 2: Typisierung von Kundenerwartungen

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Das Dopaminsystem des Gehirns

Abb. 2: C/D-Paradigma

Abb. 3: PET-Scanner an der Universität Mainz

Abb. 4: Effect of Brand Knowledge on Behavioral Preferences

Abb. 5: Direkte Ansprache der emotionalen Komponente im Gehirn

Abb. 6: Lernprozess im dimensionalen Modell

Abb. 7: Anteile des Hauptnutzens aus Kundenengagement der Unternehmen

1. Einleitung: Glückliche Kunden = zufriedene Kunden?

Bereits seit der Mitte des letzten Jahrhunderts beschäftigt sich die Wissenschaft mit dem Phänomen der Kundenzufriedenheit, ihrer Entstehung und vor allem ihren Aus- wirkungen auf Kaufentscheidungen, Konsumverhalten und die langfristige Bindung von Kunden an ein Produkt, eine Marke oder einen Dienstleister. Dabei spielen heute allgemein akzeptierte theoretische Modelle in der Erforschung des Konsumenten- verhaltens immer wieder eine wichtige Rolle, so z.B. die Theorie der kognitiven Dissonanz, also das Streben nach innerem Gleichgewicht (vgl. Festinger, 1957) oder das Konfirmations-/Diskonfirmations-Paradigma, der Abgleich zwischen Erwartungen und tatsächlich wahrgenommener Leistung (vgl. Homburg, Becker & Hentschel, 2005: 97). Neuere Ansätze beschäftigen sich intensiv mit der Erforschung der physiologischen Abläufe im menschlichen Gehirn im Zusammenhang mit dem Zufriedenheitsempfinden des Kunden. Diese Forschungen werden durch die rapide technische Entwicklung der funktionellen Bildgebung, also das Erstellen von Bildern der Gehirnaktivität unter bestimmten Bedingungen, unterstützt (vgl. Abler, Erk & Walter, 2005: 1) und resultieren in Konzepten der Nutzbarmachung dieser Forschungen, wie z.B. dem Neuromarketing.

Speziell in diesem Bereich hat sich gezeigt, dass das menschliche Gehirn über ein Belohnungszentrum zu verfügen scheint, welches im Zusammenspiel diverser Regionen und Hormone – hauptsächlich Dopamin – auf primäre oder sekundäre Reize reagiert (vgl. Abler et al., 2005: 3). Darauf aufbauend stellt sich die Frage, inwiefern mögliche Ergebnisse aus den klassischen Forschungsmodellen im Hinblick auf eine Art Bestätigung des Kunden auf einer bewussten, einer unbewussten und einer sozial- psychologischen Ebene zueinander in Beziehung stehen sowie weiterhin einen Einfluss auf das Belohnungszentrum ausüben und damit zu einem Zufriedenheitsgefühl führen.

Um diese Fragen in der folgenden Arbeit zu behandeln, sollen zunächst Grundlagen und theoretische Ansätze dargestellt werden, bevor die einzelnen Einflussebenen detailliert analysiert und die Gemeinsamkeiten und Parallelen bzw. auch eine mögliche Abhängigkeit voneinander herausgearbeitet werden. So wird sich anschließend zeigen lassen, ob und inwieweit das Bewusststein, das Unterbewusstsein und das soziale Umfeld Einfluss auf das menschliche Belohnungssystem, auf die Zufriedenheit der Kunden und damit auf die Kaufentscheidung haben.

2. Glücklich sein. Grundlagen der Kundenzufriedenheit

2.1. Begriffsdefinitionen

Die Begrifflichkeit des glücklichen Kunden ist ein zentraler Punkt dieser Arbeit und soll aus diesem Grunde kurz definiert und abgegrenzt werden. Ist ein Kunde glücklich, lässt sich davon ausgehen, dass sich dies stets in einem Zufriedenheitsgefühl äußert, welches im Folgenden allgemein als Kundenzufriedenheit definiert werden soll. Diese ist in den meisten Betrachtungen konkret auf eine erfahrene Konsumsituation zurückzuführen, wobei klar wird, dass ein ex-post-Verhalten des Kunden zugrunde liegt, da die Beurteilung der Konsumerfahrung stets erst im Nachhinein erfolgt. Doch ist ein zufriedener Konsument auch gleichzeitig glücklich? In der Theorie wird zur Beantwortung dieser Frage zusätzlich zwischen verschiedenen Qualitäten von Kunden- zufriedenheit unterschieden, die in ihren Intensitäten von einer eher schlichten Form der Zufriedenheit bis hin zu so genannten Verstärkerzuständen wie Glück oder – im negativen Fall – Traurigkeit reichen (vgl. Faullant, 2007: 28). Somit existieren über der Ebene der allgemeinen Zufriedenheit qualitativ höherwertige und stärkere positive Zustände, welche über das Empfinden von schlichter Zufriedenheit hinausgehen. Es kann also davon ausgegangen werden, dass ein glücklicher Konsument durchaus mit der getroffenen Kaufentscheidung nicht nur zufrieden, sondern außergewöhnlich zufrieden bzw. von ihr begeistert ist, also einen besonders hohen Grad der Zufriedenheit erfährt.

Der Begriff der Kundenzufriedenheit selbst wird seit geraumer Zeit in der Wissenschaft behandelt, ohne dass sich eine klare einheitliche Definition durchgesetzt hätte (vgl. Faullant, 2007: 17). Eine treffende Darstellung der Kundenzufriedenheit liefern Giese und Cote (2000) mit der Beschreibung dreier Basiskomponenten, nämlich der Reaktion auf ein bestimmtes Hauptaugenmerk zu einer bestimmten Zeit. Die vorliegende Arbeit stützt sich daher auf deren Definition: „Consumer satisfaction is a summary affective response of varying intensity with a time-specific point of determination and limited duration directed toward focal aspects of product acquisition and/or consumption.“ (Giese & Cote, 2000: 2)

Die Definition der Begriffe Belohnung und Bestätigung in Bezug auf das Kunden- verhalten gestaltet sich als weitaus undeutlicher, da es sich hier um komplexe und weitläufige Begriffe handelt, die sich meist in nicht direkt erkennbaren menschlichen Bewusststeinsebenen abspielen. Belohnungen als positive Folge einer Handlung oder eines Ereignisses müssen vom Belohnten zunächst als solche wahrgenommen und als Motivationsanreize interpretiert werden. Erkenntnisse der Neurologie, speziell der Hirn- forschung, zeigen, dass sich die Wahrnehmung von Belohnungen in einem speziellen Zentrum des Gehirns abspielt, welches durch primäre wie sekundäre Verstärker aktiviert wird (vgl. Abler et al., 2005: 3). Eine Belohnung im Sinne des Konsumentenverhaltens kann in diesem Fall als die oben erwähnte positiv wahr- genommene Erfahrung in Folge eines Konsumerlebnisses definiert werden. Nach Abler lässt sich unter Belohnung „ganz allgemein all das zusammenfassen, was Verhalten verstärkt, das heißt, dessen Häufigkeit oder Intensität erhöht.“ (Abler et al., 2005: 1)

Bestätigung in Form von Selbstbestätigung oder ausgelöst durch verschiedene externe Faktoren (soziale Bestätigung in Familie und sozialem Umfeld sowie Nachkauf- werbung, also produktspezifische Werbung, die nach dem Kauf an den Konsumenten gerichtet ist, vgl. hierzu auch Punkt 3.2) kann auf verschiedenen Kommunikationswegen erfolgen. Bestätigt fühlt sich der Kunde in dem Moment, indem die eigene getroffene Entscheidung positive Reaktionen hervorruft. Dies kann einerseits die Erkenntnis sein, einen positiven Abgleich von Erwartungen und Erfahrungen wahrzunehmen (vgl. Conze, 2007: 34), andererseits aber auch ein positives Feedback aus dem direkten und indirekten sozialen Umfeld. Eine Bestätigung lässt sich in diesem Sinne definieren als positive Rückmeldung des eigenen Ichs oder des sozialen und gesellschaftlichen Umfeldes, welche die getroffene Entscheidung untermauert. Vergleicht man die vorangegangenen Definitionen von Belohnung und Bestätigung, so zeigt sich, dass eine Bestätigung durchaus das Gefühl der Belohnung hervorrufen oder unterstützen kann, wenn sie als positiv wahrgenommene Erfahrung fungiert.

2.2. Physiologische Grundlagen: Das Belohnungszentrum des Gehirns

Das Thema Belohnung und Bestätigung ist in der Wissenschaft ein wichtiges Forschungsfeld, das seit den berühmt gewordenen Experimenten von Pawlow im Jahre 1905 stetig an Bedeutung gewonnen hat.[1] Doch erst mit der Entwicklung neuer medizintechnischer Methoden und der damit verbundenen Möglichkeit, immer tiefere Einblicke in die eigentlichen bewussten und unbewussten Denkprozesse und deren physiologische Abläufe nehmen zu können, konnte ein klares Bild davon gezeichnet werden, welche Prozesse sich im menschlichen Gehirn abspielen, wenn es zu einer Belohnung kommt.

Einen großen Beitrag zum besseren Verständnis der Art und Weise, wie Belohnungen im menschlichen Gehirn verarbeitet werden, lieferte in jüngster Zeit die Methodik der funktionellen Bildgebung, also die Möglichkeit der Darstellung funktioneller Vorgänge im Gehirn (vgl. Abler et al., 2005: 1). Die bildgebenden Verfahren wie z.B. PET oder MRT arbeiten entweder mit starken Magnetfeldern oder auch mit radioaktiven Methoden, um sowohl Strukturen als auch Stoffwechselvorgänge im Körper medizinisch sichtbar zu machen (vgl. Krebsinformationsdienst, 2007). Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der fMRT, einer Weiterentwicklung der klassischen Magnetresonanztomographie. Durch die Ergänzung um die funktionelle Komponente lässt sich der aktuelle Funktionszustand von Zellen und Geweben anzeigen. Die Methode lässt mittlerweile so räumlich gute und scharf definierte Bilder zu, dass ein Forscherteam aus Hong Kong sogar die Wirkung der Anregung von Zell-strukturen durch Akupunktur nachweisen konnte (vgl. Lia, Ng et al., 2005: 995-999).

Diese technischen Entwicklungen ließen zu Beginn des neuen Jahrtausends neue Erkenntnisse über die Vorgänge im menschlichen Gehirn zu, eben auch im Bereich der Konsumentscheidungen, der Marken- und Produktwahl und der Belohnungsaspekte. Ergebnisse aus der funktionellen Bildgebung haben Befunde aus der klassischen tierexperimentellen Forschung bestätigen können und konnten aufzeigen, dass auch das menschliche Gehirn über eine Art Netzwerk aus verschiedenen Hirnregionen verfügt, das als Belohnungssystem fungiert (s. Abb. 1). „Dieses System ist zuständig für die Fähigkeit, Belohnungen und Motivationsreize wahrzunehmen, sie vorherzusehen und entsprechende Handlungen zur Erlangung der Belohnungen in die Wege zu leiten“ (Abler et al., 2005: 1). Als hauptverantwortlich für die Aktivierung der Schlüsselreize zeigte sich das Dopaminsystem bzw. die so genannten dopaminergen Neuronen. Neuronen geben zur Kommunikation mit anderen Zellen elektrische Reize ab, wobei man gemeinhin von „feuern“ spricht (vgl. Zens, 2007). Bei Tierexperimenten wurde gezeigt, dass diese elektrischen Reize nach Erhalt einer Belohnung sowie bei gewissen Stimuli verstärkt abgegeben wurden. Interessant hierbei ist die Tatsache, dass die Stärke des Neuronenfeuers von verschiedenen Situationen abhängt und variiert, so z.B. bei den Fragen, ob eine Belohnung spontan erfolgt, ob eine sicher geglaubte Belohnung ausbleibt oder ob der Erhalt einer Belohnung von vornherein nicht sicher ist. In letzterem Fall wurde z.B. nach Ankündigung einer Belohnung eine anhaltende Aktivierung des Dopaminsystems beobachtet (vgl Abler et al., 2005: 1-2). Die Bedeutung dieser verschiedenen Aktivitäten des Belohnungssystems soll im Verlauf dieser Arbeit noch detaillierter erläutert werden.

Weitere Zentren im menschlichen Gehirn, die eine wichtige Rolle für die Realisierung und Verarbeitung von Belohnungen spielen, sind das ventrale Striatum, der OFC und die Amygdala, Regionen im menschlichen Gehirn, welche mit den dopaminergen Neu- ronen des Mittelhirns in Verbindung stehen und Schlüsselstellen im neuronalen Netz- werk bilden (vgl. Abler et al., 2005: 2-3; Berridge & Kringelbach, 2008: 467-468). In diesen Regionen wurden Neuronen gefunden, die sowohl auf die Belohnung an sich als auch auf die reine Erwartung einer Belohnung hin feuern. Es stellte sich im Ver-lauf der Untersuchungen heraus, dass die einzelnen Regionen, welche miteinander in Verbindung stehen, unterschiedliche Aufgaben zu übernehmen scheinen. Man geht davon aus, dass der Orbitofrontale Kortex für die Valenz der Belohnung zuständig ist, demnach also die Funktion der Einschätzung des Belohnungswertes übernimmt. Die Amygdala hingegen liefert Antworten auf die Frage nach der Intensität einer Be- lohnung, unabhängig von deren Valenz. Das ventrale Striatum schließlich, dessen Aktivität stets bei Erwartung, wie der des Erhalts einer Belohnung, beobachtet wurde (vgl. Abler et al., 2005: 4) ist ein Indikator für Vorhersagefehler, Lernen und Salienz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Das Dopaminsystem des Gehirns (Quelle: Spitzer, 2003 in Abler et al. 2005: 3)

Die Untersuchung dieses menschlichen Belohnungssystems am lebenden Objekt und unter realen Bedingungen wurde durch die Einführung der funktionellen Bildgebung erst möglich. Dabei konnte aufgezeigt werden, dass bei Menschen im Gegensatz zu Tieren nicht ausschließlich primäre, sondern auch so genannte sekundäre Verstärker Reize auf das Belohnungssystem ausüben. Primäre Verstärker in diesem Zusammenhang sind alle Reize, welche das Belohnungssystem direkt aktivieren – also Verhalten verstärken – ohne gelernt zu sein. Dazu zählen vor allem grundlegende Stimuli wie Nahrung, Wasser, aber auch sexuelle Reizungen. Sekundäre Verstärker hingegen erhalten ihre Bedeutung nach allgemein anerkannter Meinung durch Lernvorgänge über primäre Verstärker. Zu den sekundären Verstärkern zählen also z.B. Lob, Geld, Herausforderung etc. (vgl. Abler et al., 2005: 3). In einer aktuellen Studie von Doherty et al. konnte nachgewiesen werden, dass die Aktivierung des Belohnungssystems von einem primären Verstärker auf einen sekundären Stimulus übergeht, nachdem sich durch Konditionierung eine Verschiebung der Aktivierung eingestellt hat. Daraus lässt sich ableiten, dass gewisse sekundäre Verstärker wie Geld, Anerkennung oder soziale Aspekte über primäre Verstärker wie z.B. Existenz- und Arterhaltung durch entsprechende Konditionierung den Wert eines primären, ursprünglich unkonditionierten Verstärkers erhalten und das Belohnungssystem so auch schon ohne das Vorhandensein primärer Verstärker aktivieren (vgl. Small, 2002 zitiert in Abler et al., 2005: 3). Diese Überlegung lässt schließlich Rückschlüsse ziehen auf das Konsumverhalten und eine mögliche Konditionierung des Stimulus der Bestätigung sowie seine möglichen Auswirkungen auf das Belohnungssystem.

2.3. Theoretische Grundlagen und Konzepte

2.3.1. C/D-Paradigma

Eine wichtige Grundlage der Kundenzufriedenheitsforschung bildet das Confirmation/Disconfirmation Paradigm, oder auch C/D-Paradigma. Faullant prägte 2007 auch den Begriff des Erwartungs-Diskonfirmations-Paradigmas, welcher einen etwas engeren Bezug zur Idee des ursprünglichen Paradigmas herstellt. Beim C/D- Paradigma handelt es sich um eine „modelltheoretische Konzeption der Kundenzufriedenheit“ (Faullant 2007: 18), welche stets transaktionsspezifisch, d.h. basierend auf einer bestimmten Kaufentscheidung/Kaufhandlung, angesehen wird. Bezug nehmend auf diese bestimmte Entscheidung wird nun laut dem C/D-Paradigma die Kundenzufriedenheit als Ergebnis eines Vergleichsprozesses gesehen, welcher die Erwartung eines Kunden, also die Soll-Leistung eines bestimmten Produkts oder einer Dienstleistung, mit der tatsächlich wahrgenommenen Leistung, also der Ist-Leistung, miteinander in Beziehung setzt (vgl. Faullant, 2007: 18; Homburg et al., 2005: 97).

Laut des C/D-Paradigmas läuft der Prozess der Entstehung von Kundenzufriedenheit dabei in mehreren Phasen ab (vgl. Faullant 2007: 19): Der Kunde trägt vor bzw. zu Beginn seiner beabsichtigten Konsumerfahrung bewusst oder unbewusst einen Soll- Zustand des Produktes oder der Dienstleistung mit sich. Diesen Soll-Zustand, der eine gewisse Erwartungshaltung des Kunden prägt, kann der Kunde auf verschiedenen Wegen erlangen, wie z.B. durch eigene Informationsrecherche über das betreffende Produkt im Vorfeld, durch Kommunikationsmaßnahmen und Werbung des Herstellers selbst, durch Informationen und Empfehlungen aus dem privaten und gesellschaftlichen Umfeld des Kunden oder auch aus bisherigen eigenen Konsumerfahrungen, wenn z.B. Erfahrungen mit demselben Hersteller, demselben Händler oder mit derselben Marke vorliegen.

Nach dem Kauf und während der anschließenden Nutzung des Produktes zeigt sich dem Kunden der entsprechend seinen Erfahrungen mit Qualität, Leistung, Benutzerfreundlichkeit und vielen weiteren Produktattributen assoziierte Ist-Zustand, mit anderen Worten die Realität dessen, was das Produkt ihm an Nutzen tatsächlich liefert. An dieser Stelle findet der eigentliche Vergleichsprozess zwischen den präkonsumptiven Erwartungen und der tatsächlich wahrgenommenen Leistung statt. Resultate dieses Vergleichs lassen drei Schlüsse zu: Entweder ist die wahrgenommene Leistung geringer, gleichwertig oder größer als die erwartete Leistung, der Soll- Zustand. Dabei spricht man von negativer Diskonfirmation, wenn der Ist-Zustand nicht den Erwartungen entspricht, das Produkt in den Augen des Kunden also minderwertiger erscheint als prognostiziert. Positive Diskonfirmation entsteht, wenn das Produkt die eigenen Erwartungen sogar übertrifft, und Konfirmation stellt sich ein, wenn kein Unterschied zwischen Soll- und Ist-Leistung ersichtlich ist (vgl. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: C/D-Paradigma (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Faullant, 2007: 19)

In Anlehnung an positive und negative Diskonfirmation und die zu Beginn dieser Arbeit dargestellte Definition zur Kundenzufriedenheit entwickelt der Konsument ein Gefühl außerordentlicher Zufriedenheit – also Glück – wenn durch besonders starke positive Diskonfirmation eine besonders starke Aktivierung in ihm ausgelöst wird. Diese Entwicklung ist gemeinhin anerkannt, eine treffende Formulierung liefern Spreng, MacKenzie & Olshavsky (1996, S. 16): „Feelings of satisfaction arise when consumers compare their perceptions of a product’s performance to their expectations.“ Ein als Konfirmation eingestuftes Vergleichsergebnis resultiert hingegen in einer indifferenten Zufriedenheit. Der Aspekt, dass lediglich erfüllte, aber nicht übertroffene Erwartungen dennoch meist einen Zustand der Zufriedenheit an sich beim Kunden auslösen, lässt sich wiederum mit weiteren Ansätzen der Verhaltenstheorie erklären, bei denen davon ausgegangen wird, dass der Kunde dazu neigt, einmal getroffene Kaufentscheidungen beizubehalten und dass er daher auch kleine Indizien, welche zu einer negativen Diskonfirmation führen könnten, meist abwertet (vgl. Conze, 2007: 31). Diese aus der Theorie der kognitiven Dissonanz stammenden Elemente werden im folgenden Abschnitt näher erläutert.

Im Verlauf dieser Arbeit wird von der im vorigen Abschnitt schon anklingenden Annahme ausgegangen, dass sich beim vorliegenden C/D-Paradigma keine statischen, klar festzulegenden Attribute der Leistung eines Produkts definieren lassen, nach denen der Kunde immer in Richtung positiv oder negativ entscheidet. Vielmehr liegt die Vermutung nahe, dass es sich stets um einen dynamischen Ermessensspielraum handelt, eine Art Toleranzzone, in welcher der Kunde seinen Bewertungskriterien beim Vergleichsprozess einen Spielraum lässt. Dies würde zur Folge haben, dass die Wahrnehmung von echter Diskonfirmation jeweils erst ab einer gewissen Schwelle auftritt, nämlich sobald der Ist-Zustand den maximal zulässigen Soll-Bereich verlässt (vgl. Faullant, 2007: 22). Das C/D-Paradigma ist demnach keineswegs ein festgelegtes Modell, sondern dient vielmehr als Grundlage weiterer Forschungen und Studien, speziell im Bereich der Kundenzufriedenheit. Weiterhin beinhaltet es diverse Ansätze anderer Theorien und Modelle wie z.B. der Dissonanztheorie oder auch der Risikotheorie im Bezug auf Vorentscheidungsdissonanz (vgl. Kroeber-Riel & Weinberg, 2003: 398). Tabelle 2 im Anhang zeigt ergänzend auf, welche Autoren in ihren Studien einige mögliche unterschiedliche Erwartungstypen herausgearbeitet haben, die im Rahmen des C/D-Paradigmas in Betracht gezogen werden können.

2.3.2. Kognitive Dissonanz

Die Theorie der kognitiven Dissonanz geht auf den US-amerikanischen Sozialpsychologen Leon Festinger zurück, der in seinem 1957 veröffentlichten Werk

„A Theory of cognitive dissonance“ ein Phänomen darstellt, das oft auch als Kaufreue beschrieben wird. Dabei geht die Theorie zunächst von einer sehr allgemeinen psychologischen Annahme aus, nämlich dem Streben nach innerem Ausgleich, also einem kognitiven Gleichgewicht (vgl. Kroeber-Riel & Weinberg, 2003: 182). Laut Festinger entsteht der so genannte „Missklang im Erkennen“ (vgl. Festinger, 1957: 4), wenn Individuen zwei unterschiedliche und unvereinbare Wahrnehmungen erleben, und sich dadurch eine innere Spannung aufbaut. Diese Spannung, ob deren Auslöser nun bewusst wahrgenommen oder unbewusst verarbeitet werden, wird als unangenehmer und damit zu beseitigender Zustand empfunden. Man spricht hierbei auch von kognitiven Konflikten (vgl. Kroeber-Riel & Weinberg, 2003: 183). Diese kognitiven Konflikte können in nahezu jeder Lebenslage und jedem Zusammenhang auftreten, entstehen aber in der Regel, wenn eine zuvor gebildete Einstellung oder Meinung zu einem passenden reellen Erlebnis im Widerspruch steht. Als reell ist in diesem Fall all das zu betrachten, was der Mensch auf Grund seiner Sinne und Fähigkeiten als Realität wahrnehmen und erfassen kann (vgl. Festinger, 1957: 11).

Speziell im Konsumentenverhalten zeigen sich also Parallelen zum C/D-Paradigma, denn auch hier geht es um einen Vergleichsprozess, jedoch meist mehr auf unterbewusster Ebene. Zur Betrachtung der Anwendbarkeit kann auch hier wieder eine durch verschiedene Faktoren geprägte Erwartungshaltung des Konsumenten als Ausgangspunkt gesehen werden. Stehen die erwartete Leistung und Qualität eines Produkts im Widerspruch zur tatsächlich wahrgenommenen und beurteilten Leistung, so entsteht Dissonanz, ein unwohles Gefühl. Da es sich um eine ex-post-Beurteilung handelt, wobei die Leistung erst nach dem Kauf objektiv bewertet werden kann, spricht man speziell in diesem Fall auch von Nachkaufdissonanzen. Jedoch muss nicht immer nur die eigene Bewertung der Leistung für die Entstehung kognitiver Dissonanz der Auslöser sein. Widersprüche können auch durch externe Faktoren forciert werden, wie z.B. durch die Meinungen wichtiger Individuen aus dem sozialen und gesellschaftlichen Umfeld oder auch durch andere externe, im Widerspruch zur eigenen Entscheidung stehende Kommunikation.

[...]


[1] Pawlow beobachtete, dass nach mehrmaligem Anbieten von akustischen Reizen (Glockenläuten) und einer darauf folgenden Fütterung nach gewisser Zeit bereits die Tonwahrnehmung ausreichte, um bei einem Hund Speichelfluss auszulösen, der Appetit signalisierte. Man nennt heute nach Pawlow den Lernvorgang „Konditionierung“ und die beschriebene Reaktion „konditionierten Reflex“.

Ende der Leseprobe aus 46 Seiten

Details

Titel
Belohnung durch Bestätigung? - Warum positive Konsumerfahrungen glücklich machen
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Europa-Institut)
Veranstaltung
Int. Kommunikation & Konsumentenverhalten
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
46
Katalognummer
V117378
ISBN (eBook)
9783640197163
ISBN (Buch)
9783640681228
Dateigröße
1370 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Belohnung, Bestätigung, Warum, Konsumerfahrungen, Kommunikation, Konsumentenverhalten, Konsum, Konsumforshung, IKV
Arbeit zitieren
MBA Christian Gansen (Autor:in), 2008, Belohnung durch Bestätigung? - Warum positive Konsumerfahrungen glücklich machen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117378

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