Die Transferwirkung ästhetischer Bildung. Wo und wie transferiert sie künstlerische Kompetenzen in nicht-künstlerische Bereiche?


Hausarbeit, 2021

20 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Ästhetische Bildung

3 Transferwirkungen ästhetischer Bildung
3.1 Wo steht ästhetische Bildung heute?
3.2 Zielsetzungen nach Anne Bamford
3.3 Transferwirkungen künstlerischer Tätigkeiten
3.4 Kritik

4 Bezug zu Schiller

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

„Das Wahrnehmen und Gestalten der Umwelt über die Sinne, wie es der Ästhetischen

Erziehung und Bildung zu eigen ist, beschreibt elementare Denk- und Verarbeitungsprozesse in der frühen Kindheit, die eine wesentliche Grundlage für weitere Lern- und Bildungsprozesse darstellen1.“

Durch verschiedene Studien belegt, fördert Kulturvermittlung und die Auseinandersetzung mit künstlerischen Aktivitäten, nicht-künstlerische Kompetenzen. Es erscheint zunächst paradox, wenn auf der einen Seite von „wesentlichen Grundlagen“ gesprochen wird, ästhetische Bildung direkten Einfluss auf Entwicklungs- und Verarbeitungsprozesse nimmt und somit auch in Bereiche hineinwirkt, welche nicht in den ästhetischen Bereich einzuordnen sind, wie die naturwissenschaftlichen Fächer und Mathematik, auf der Kehrseite Geisteswissenschaften und künstlerische Fächer aber eher als weniger priorisierte Nebenfächer angesehen werden2 .

Schiller sprach in seinen Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen davon, dass Schönheit, im weiteren Sinne die Ästhetik, sich als eine notwendige Bedingung der Menschheit aufzeigen lassen müsse3 . Auf der einen Seiten haben wir die Bedeutung der Ästhetik im Allgemeinen als „Notwendigkeit“ und Sinnstiftend für den Menschen, zum anderen zeigt die Forschung, dass ästhetische Bildung im speziellen als ein Transfer genutzt werden kann, welcher akademische und schulische Leistungen, emotionale Intelligenz fördern kann und sich im Bereich der Sozialisierung unterprivilegierter Kinder positiv auswirkt4 .

Bei genauerer Betrachtung der Transferforschung von ästhetischer Bildung entsteht ein Diskurs, welcher die Frage nach einem Missbrauch des Transfers aufstellt, wobei Ästhetik lediglich als eine Art „Brücke“ zum Erwerb anderer, nicht-künstlerischer Kompetenzen angesehen wird. Kritiker sind der Ansicht, dass Ästhetik in diesem Zusammenhang zweckentfremdet wird, als Resultat nur eine Auseinandersetzung aufgrund des Transfers geschieht und nicht der ästhetischen Bildung an und für sich.

Innerhalb dieser Arbeit soll der Frage nachgegangen werden, in welchen nicht-künstlerischen Lebensbereichen die Auseinandersetzung und Vermittlung ästhetischer Bildung nachhaltig wirkt und wie ein solcher Transfer in schulischen, akademischen und privaten Bereichen kognitive, moralisch-soziale und emotionale Fähigkeiten grundlegend beeinflusst. Zunächst werden die theoretischen Grundlagen (2) der ästhetischen Bildung beschrieben mit ihrer Definition, Geschichte und verschiedener Perspektiven der Vergangenheit und Gegenwart. Im weiteren Verlauf behandelt das nächste Kapitel (3) die direkte Transferwirkung ästhetischer Bildung in nicht-künstlerische Lebensbereiche. Zunächst wird hier der gegenwärtige Ausgangspunkt ästhetischer Bildung beschrieben und definierte Zielsetzungen vorgelegt. Der Frage in welchen Bereichen, sowie welche Fähigkeiten und Kompetenzen aktiv und passiv durch ästhetische Bildung beeinflusst werden, soll hier nachgegangen werden. Zusätzlich werden die kritischen Punkte der Transferforschung aufgezeigt. Im darauffolgenden Kapitel (4) wird versucht, Parallelen zwischen den heutigen Ergebnissen und Zielen der ästhetischen Bildung und den Ansichten von Schiller zu Zeiten der Aufklärung zu ziehen. Im letzten Kapitel (5) werden die wesentlichen Erkenntnisse dieser Arbeit zusammenfassend dargestellt.

2 Ästhetische Bildung

Wenn man sich mit der Thematik der ästhetischen Bildung beschäftigen möchte, ist es zunächst nicht einfach eine kurze und standardisierte Definition aufzustellen. Je nach Kultur- und Sprachkreis, Nationalität oder Fachbereichen, im Sinne von schulisch-akademischen oder beruflichen Ausrichtungen, erhält man verschiedene Vorstellungen und Ziele von Ästhetik bzw. im genaueren Fall von ästhetischer Bildung. Im weiteren Verlauf soll versucht werden, den Begriff der „ästhetischen Bildung“ aus diesen unterschiedlichen Bereichen und verschiedenen Epochen der Menschheit zu definieren und dessen Bedeutung und Ziele für Mensch und Gesellschaft in der jeweiligen Zeit herauszustellen.

„Ich hoffe, Sie zu überzeugen, daß diese Materie weit weniger dem Bedürfnis als dem Geschmack des Zeitalters fremd ist, ja daß man, um jenes politische Problem in der Erfahrung zu lösen, durch das ästhetische den Weg nehmen muß, weil es die Schönheit ist, durch welche man zu der Freiheit wandert5“.

Friedrich Schiller (1795) beschreibt in diesem Zusammenhang in den ersten Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen zum Ende der Aufklärung und zum Beginn der industriellen Revolution (Ende des 18. Jahrhunderts), Kunst als Allheilmittel und die Notwendigkeit von Schönheit für das Erlangen von Freiheit. Er sieht Ästhetik nicht als nebensächliche Freizeitbeschäftigung bzw. lediglich als Teil der Kultur von Menschen und Gesellschaft an, sondern als Grundlage für u.a. das Lösen von politischen und gesellschaftlichen Problemen. Wenn der Mensch erwacht, sieht er sich in einem durch Zwang von Bedürfnissen entstandenen Staat aus Naturgesetzen wieder, dem Menschen kann nach ihm aber keine moralische Kultur aufgezwungen werden. Da der Mensch seiner Natur beraubt wird, sieht Schiller es als eine Diktatur der Vernunft an, woraus sich Mensch und Gesellschaft nur mit der Aneignung von Vernunft und Sittlichkeit befreien können und somit zum Naturstaat gelangen. Die aufgezwungene moralische Kultur führt zur moralischen Verwirrtheit des Menschen. Mit Hilfe der ästhetischen Erziehung ist diesem jedoch geholfen, da diese den Menschen sinnlich und vernünftig heranwachsen und erziehen lässt. Damit sich als Resultat die Gesellschaft wandeln kann, muss sich zunächst das Individuum verändern6 . Schiller spricht also davon, dass sich Ästhetik, als eine notwendige Bedingung der Menschheit aufzeigen lassen muss.

Zur selben Zeit sieht Johann Friedrich Herbart (1804) Moralität als Grundlage der Erziehung und somit als höchsten Zweck des Menschen. Die Charakterbildung des Zöglings - also einem Jugendlichen in Erziehung und Ausbildung - soll durch eine eigene Tätigkeit im Sinne des selbstständigen Entschlusses und der intrinsischen Wahl nach Freiheit entstehen. Der Zögling soll demnach seine Persönlichkeit eigenständig, ohne äußere Einflussnahme entwickeln können bzw. müssen. Moralität kann nicht aufgezwungen werden und wird der eigene Wille nur durch den Willen anderer zum Motiv, so ist dies auch kein sittliches Handeln mehr. Ästhetik wird nach Herbart als Grundlage und Voraussetzung für Sittlichkeit angesehen, also für das Individuum mit Vernunft zu handeln7 .

In der Epoche der Neuzeit, der Zeit des Imperialismus und der Weltkriege, stellte der Schriftsteller und Kunsthistoriker Herbert Read (1986) die These „Die Kunst sollte die Grundlage der Erziehung sein“ auf8 . Die Problematik, welche sich zu dieser Zeit stellt, ist auf der einen Seite, die Vorstellung der Diversität und Verschiedenheit des Individuums, mit all seinen Gewohnheiten und spezifischen Eigenschaften, auf der anderen Seite die Gesellschaft als Konstrukt einer Einheitlichkeit, in welcher sich das Individuum einfügen muss, um seinen Teil beizutragen. Der Mensch soll so erzogen werden, um zu werden was er ist und was er nicht ist. Der Zweck der Erziehung ist es in diesem Fall, „[…] sowohl das Einmalige des Individuums wie daß Bewußtsein der gesellschaftlichen Zusammengehörigkeit bzw. der Reziprozität dieser Gesellschaft zu entwickeln9“. Read bezieht sich in seiner Definition und Vorstellung von Ästhetik zunächst sehr stark auf die unterschiedlichen Teilbereiche der Ästhetik, alle Erscheinungsformen der Selbstäußerung wie Musik, Tanz, Bild, Poesie und Schauspiel, Werkunterricht und Literatur. Durch diese Erscheinungsformen wird der Mensch in seiner Einmaligkeit gefördert und kann sich so am besten weiterentwickeln10 . Doch auch Read distanziert sich von der Ansicht, Ästhetik nur aus der eingeschränkten Perspektive zu betrachten, in welcher sie als Randerscheinung und Nebensächlichkeit eingeordnet wird. Für ihn ist Kunst an verschiedenen Entwicklungsprozessen des Menschen beteiligt, zur Weiterbildung des organischen Geistes und somit im weiteren Verlauf auch für nicht-künstlerische Fähigkeiten und Kompetenzen zuständig11 .

[...]


1 Reinwand 2013, S.573

2 Vgl. Rittelmeyer 2017, S.9ff.

3 Vgl. Schiller [1795]1953, S.430

4 Vgl. Rittelmeyer2017, S.21f.

5 Schiller, Friedrich [1795]1953, S. 402

6 Vgl. Ebd. S.401ff.

7 Vgl.Herbart [1804]1997, S.48ff.

8 Vgl. Read 1968, S.10

9 Ebd. S.15

10 Ebd. S.19

11 Vgl. Read 1943, S.24f.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Transferwirkung ästhetischer Bildung. Wo und wie transferiert sie künstlerische Kompetenzen in nicht-künstlerische Bereiche?
Hochschule
Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Veranstaltung
Probleme und Epochen der Bildungsgeschichte: Einführung in die Geschichte(n) der ästhetischen Erziehung und Bildung ab dem 18. Jahrhundert
Note
1,3
Jahr
2021
Seiten
20
Katalognummer
V1173841
ISBN (eBook)
9783346592057
ISBN (Buch)
9783346592064
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transferwirkung, Ästhetik, ästhetische Bildung, Bildung
Arbeit zitieren
Anonym, 2021, Die Transferwirkung ästhetischer Bildung. Wo und wie transferiert sie künstlerische Kompetenzen in nicht-künstlerische Bereiche?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1173841

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