Der demografische Wandel aus personalpolitischer Sicht


Mémoire (de fin d'études), 2008

317 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anlagenverzeichnis

Beilagenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Abgrenzung der Themenstellung
1.1 Hintergrund
1.2 Zielsetzung der Arbeit

2 Die demografische Entwicklung und ihre Folgen
2.1 Grundbegriff „Demografie“
2.2 Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung
2.2.1 Geburtenrate bzw. Fertilitätsrate
2.2.2 Lebenserwartung bzw. Mortalitätsrate
2.2.3 Bevölkerungszu- und -abwanderung bzw. Migration
2.3 Bevölkerungsentwicklung bis ins Jahr 2050
2.3.1 Methode der Bevölkerungsvorausberechnung
2.3.2 Entwicklung der Bevölkerungszahl
2.3.3 Entwicklung der Altersstruktur

3 Grundsatzüberlegungen

4 Älterer Arbeitnehmer
4.1 Begriff des älteren Arbeitnehmers
4.2 Entwicklung der Produktivität mit zunehmendem Alter
4.2.1 Physische Fähigkeiten
4.2.2 Psychische Fähigkeiten
4.2.3 Empirische Studien zur individuellen Produktivität
4.3 Entwicklung der Innovationsfähigkeit mit zunehmendem Alter

5 Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Unternehmen
5.1 Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials
5.1.1 Quantitative Betrachtung des Erwerbspersonenpotentials
5.1.2 Qualitative Betrachtung des Erwerbspersonenpotentials
5.1.3 Krankenstand
5.2 Entwicklung der Produktivität von Unternehmen
5.3 Entwicklung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen
5.4 Entwicklung der Kosten von Unternehmen
5.5 Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit

6 Unternehmerische Lösungsansätze
6.1 Handlungsfeld Gesundheit
6.1.1 Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung
6.1.2 Präventive Maßnahmen zur Anwesenheitserhöhung
6.1.3 Amortisation von Maßnahmen der Gesundheitsförderung
6.2 Handlungsfeld Weiterbildung
6.2.1 Analyse des aktuellen Zustands der beruflichen Weiterbildung
6.2.2 Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung
6.2.3 Wissenstransfer
6.2.4 Kosten und Amortisation von Weiterbildungsmaßnahmen
6.3 Handlungsfeld Arbeitsorganisation
6.3.1 Arbeitsgestaltung
6.3.2 Arbeitsorganisation
6.4 Handlungsfeld Personalmanagement
6.4.1 Schaffung ausgewogener Altersstrukturen
6.4.2 Rekrutierung
6.4.3 Entgelt
6.4.4 Mitarbeiterbindung
6.4.5 Erwerbsbiographie und Laufbahnplanung
6.5 Handlungsfeld Führung
6.5.1 Führungsstil
6.5.2 Führung verschiedener Beschäftigtengruppen
6.5.3 Unternehmenskultur (Corporate Culture)
6.5.4 Management-Strategien
6.5.5 Erhöhung der Innovationsfähigkeit und Innovationsbereitschaft
6.5.6 Auswirkung der Führung auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter79 6.6 Demografische Analyse
6.6.1 Quick Check der Initiative GiGA
6.6.2 Kurz-Check von INQA
6.6.3 Altersstrukturanalyse
6.6.4 Arbeitsfähigkeitsanalyse ABI / WAI
6.6.5 Weitere Analyseinstrumente

7 Empirische Studie
7.1 Datenerhebung
7.2 Rücklauf
7.3 Auswertung
7.4 Handlungsempfehlungen
7.4.1 Älterer Arbeitnehmer (Fragen 5-6)
7.4.2 Auswirkungen der demografischen Entwicklung (Frage 7)
7.4.3 Handlungsfeld Gesundheit (Frage 8)
7.4.4 Handlungsfeld Weiterbildung (Fragen 9-11)
7.4.5 Handlungsfeld Arbeitsorganisation (Fragen 12-16)
7.4.6 Handlungsfeld Personalmanagement (Fragen 17-19)
7.4.7 Handlungsfeld Führung (Fragen 20-22)
7.4.8 Demografische Analyse (Frage 23)
7.4.9 Zusammenfassung der Maßnahmen

8 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anlagen

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Erwerbspersonenpotential bis 2050

Abb. 2: Arbeitsanforderung, funktionelle Kapazität und Alter/Altern

Abb. 3: Arbeitsfähigkeit in Abhängigkeit vom Alter bei unterschiedlichen betrieblichen Maßnahmen

Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Entwicklung der Geburten und Sterbefälle in Deutschland

Anlage 2: Wanderungen für Deutschland unter Berücksichtigung der Zu- und Fortzüge sowohl von Deutschen als auch von Ausländern

Anlage 3: Bevölkerungsentwicklung in Deutschland

Anlage 4: Altersaufbau der Bevölkerung in Deutschland

Anlage 5: Porters Diamant

Anlage 6: Abgrenzungskriterien junger / alter Arbeitnehmer

Anlage 7: Veränderung der körperlichen (physischen) Eigenschaften und Fähigkeiten mit zunehmendem Alter

Anlage 8: Veränderung der geistigen (psychischen) Eigenschaften und Fähigkeiten mit zunehmendem Alter

Anlage 9: Altersspezifische Leistungsfähigkeit

Anlage 10: Das Angebot an Arbeitskräften

Anlage 11: Erwerbsquoten einzelner Bevölkerungsgruppen

Anlage 12: Erhöhung der Erwerbsbevölkerung durch politische Maßnahmen

Anlage 13: Beispielrechnung zur Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials

Anlage 14: Arbeitsunfähigkeitstage nach Alter und Krankheitsarten

Anlage 15: Arbeitsunfähigkeitstage und -fälle nach Alter

Anlage 16: Häufigste Erkrankungsarten und deren Ursachen

Anlage 17: Arbeitsunfähigkeitstage nach Alter und ausgewählten Berufen

Anlage 18: Meldepflichtige Arbeitsunfälle je 1.000 Vollarbeiter

Anlage 19: Bestimmungsfaktoren des Gesundheitszustandes

Anlage 20: Struktur der Arbeitskosten (am Beispiel des produzierenden Gewerbes)

Anlage 21: Veränderung der Arbeitskosten durch demografische Einflüsse

Anlage 22: Allgemeine betriebliche Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung

Anlage 23: Spezielle betriebliche Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung

Anlage 24: Kennziffern für ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement

Anlage 25: Präventive Maßnahmen zur Anwesenheitserhöhung

Anlage 26: Voraussetzungen, um Lernentwöhnte wieder an das Lernen heranzuführen

Anlage 27: Voraussetzungen des Wissenstransfers

Anlage 28: Halbwertzeit des Wissens

Anlage 29: Reduzierung der Umgebungseinflüsse

Anlage 30: Modelle der Arbeitsstrukturierung

Anlage 31: Flexible Arbeitszeitmodelle, flexibler Arbeitsort

Anlage 32: Problematik der Nachtarbeit

Anlage 33: Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf das Schichtplanmerkmal »Aufeinanderfolge der Schichten«

Anlage 34: Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen in Bezug auf das Schichtplanmerkmal »Dauer und Verteilung der Arbeitszeit«

Anlage 35: Konkrete Maßnahmen zur Erhöhung der Innovationsfähigkeit und Innovationsbereitschaft

Anlage 36: Operationale Gesundheitsziele

Anlage 37: Ursachenanalyse geringer Betriebsbindung / Bindungsaktivitäten

Anlage 38: Familienfreundliche Maßnahmen und Maßnahmen zur Mitarbeiter- Bindung

Anlage 39: Management-Konzepte zur Überwindung der demografischen

Anlage 40: Maßnahmen zur Führung verschiedener Beschäftigtengruppen

Anlage 41: Prinzipienmodell der Führung

Anlage 42: Ebenen der Kultur

Anlage 43: Mechanismen der Kulturverankerung

Anlage 44: Gestaltungselemente zur Förderung einer lebendigen Unternehmenskultur

Anlage 45: Wichtige Verknüpfungen der Management-Konzepte

Anlage 46: Determinanten des Verhaltens

Anlage 47: Quick-Check

Anlage 48: Kurz-Check

Anlage 49: Veränderung der betrieblichen Altersstrukturen im Zeitablauf

Anlage 50: Altersverteilung betrieblicher Kerngruppen

Anlage 51: Work Ability Index - Fragebogen

Anlage 52: Analyseinstrumente

Anlage 53: Determinanten der Teilnahmebereitschaft an internet-basierten Fragebogenuntersuchungen in Deutschland

Beilagenverzeichnis

Beilage 1: Anschreiben Empirische Studie

Beilage 2: Online-Fragebogen

Beilage 3: Detailergebnisse der empirischen Studie

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Abgrenzung der Themenstellung

1.1 Hintergrund

Die Arbeitswelt unterliegt ständig Veränderungen, denen technologische, ökono- mische und gesellschaftliche Entwicklungen zugrunde liegen. Doch in den kom- menden Jahrzehnten sieht sich Deutschland seiner vielleicht größten wirtschaftli- chen Herausforderung gegenüber. Nicht Kostensenkung, Globalisierung oder schwaches Wirtschaftswachstum, sondern demografischer Wandel heißt das Schreckgespenst, das immer öfter durch die Medien geistert und politische Dis- kussionen zunehmend bestimmt.

Bereits seit einigen Jahren wird die alternde Bevölkerung als Ursache für notwen- dige Umstrukturierungen der sozialen Sicherungssysteme und speziell unseres Rentensystems angeführt.

Doch die demografischen Faktoren zeigen auch, dass Deutschland eines der Län- der mit einer der geringsten Geburtenraten der Welt ist. Folge hiervon werden eine drastische Abnahme der Bevölkerungszahl und eine fortschreitende Bevölke- rungsalterung sein, wenn dieser Zustand weiter anhält.

Gleichwohl haben über die Hälfte der Deutschen laut einer Forsa-Umfrage noch nie den Begriff „demografischer Wandel“ gehört. „Dies zeigt, dass die Bedeutung dieses Phänomens bisher kaum in das öffentliche Bewusstsein gedrungen ist“ (Kröhnert et al. 2005: 92).

Ähnliches scheint aus betrieblicher und personalpolitischer Sicht der Fall zu sein. Zahlreiche Unternehmen sind immer noch vom Jugendwahn getrieben und Mitar- beiter 1 über 50 Jahre scheinen einer aussterbenden Spezies anzugehören. Laut dem IAB-Betriebspanel 2002, einer repräsentativen Befragung aller Betriebe mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, beschäftigen ledig- lich 60 % der Unternehmen Mitarbeiter, die 50 Jahre oder älter sind (vgl. Brussig 2005: 3).

Demgegenüber hat der Europäische Rat auf politischer Ebene bereits gehandelt und im Rahmen der Lissabon-Strategie beschlossen, dass in den EU- Mitgliedsländern bei den 55- bis 64-Jährigen bis 2010 eine Beschäftigungsquote von 50 % erreicht werden soll (vgl. Kistler 2005a: 73).

Können Unternehmen auf die Erfahrung und die Arbeitsleistung ihrer älteren Be- schäftigten wirklich verzichten? Zur Zeit scheint dies, auch angesichts einer Ar- beitslosenzahl von 3,4 Millionen und einer Arbeitslosenquote von 8,4 % (vgl. BA 2008: 8, 10), der Fall zu sein.

Dennoch beklagen Unternehmer bereits seit geraumer Zeit, dass sie keine qualifi- zierten Fach- und Führungskräfte finden und ein „War for Talents“ ausgebrochen ist (vgl. Willke 2002: 199). Diese Entwicklung wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten verschärfen und jedes Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen.

Diese mit dem demografischen Wandel verbundenen Herausforderungen lassen sich nur generationsübergreifend bewältigen. Die Chancen der Unternehmen lie- gen in der Nutzung der Potentiale, Fähigkeiten, Erfahrungen und Stärken der älte- ren Mitarbeiter und heute nicht konsequent genutzter Erwerbspersonenpotentiale wie Frauen und Ausländer.

Allerdings wird das Alter von den Unternehmen und der Gesellschaft momentan immer noch nicht als Chance begriffen, sondern eher als negativ behaftet angese- hen. Dies zeigt auch die niedrige Beschäftigungsquote älterer Menschen. Nicht eine Verjüngung der Belegschaft wird das zukünftige Ziel der Personalabteilungen sein, sondern der Erhalt einer qualifizierten und leistungsfähigen Belegschaft aller Altersstufen und Belegschaftsgruppen.

Die Unternehmen müssen sich zudem vor Augen führen, dass die Zahl der Schul- abgänger im Jahr 2006 ihren Höchststand erreicht hat und seitdem wieder ab- nimmt (vgl. Kultusministerkonferenz 2007: 63). Ausscheidende ältere Mitarbeiter können somit nicht mehr ohne weiteres durch jüngere Arbeitnehmer ersetzt wer- den.

Die demografische Entwicklung sollte bereits jetzt in den Unternehmen zu einem Umdenken führen, denn die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen hängt in Zeiten der Globalisierung und verkürzter Innovationszyklen immer stärker von der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter ab.

Schon der Managementvordenker Peter F. Drucker hat festgestellt: „Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass Unternehmen weit mehr von ihren besten Mitarbeitern abhängen als die guten Leute vom Unternehmen.“ (Maier 2004: 2; Simon 2005).

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Ausgangspunkt der vorliegenden Ausarbeitung bildet Kapitel 2, in dem der Grund- begriff der „Demografie“ und die Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung erläutert werden. Ausgehend hiervon werden Prognosen der Bevölkerungsent- wicklung hinsichtlich Bevölkerungszahl und Altersstruktur aufgezeigt.

Daran schließen sich in Kapitel 3 einige Grundüberlegungen an, die darlegen sol- len, welche Faktoren die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinflussen und in welchen Handlungsfeldern Unternehmen tätig werden können, um den Herausforderungen der demografischen Entwicklung zu begegnen.

Kapitel 4 soll eine Abgrenzung des Begriffs „älterer Arbeitnehmer“ versuchen und die Entwicklung der individuellen Produktivität und Innovationsfähigkeit eines Mit- arbeiters mit zunehmendem Alter aufzeigen.

Anschließend werden in Kapitel 5 die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Unternehmen dargestellt, wobei der Schwerpunkt auf der quantitativen und qualitativen Betrachtung des Humankapitals liegt. Anhand der Ausführungen soll versucht werden, die Veränderungen der Produktivität und Innovationsfähigkeit von Unternehmen darzustellen, und betrieblichen Entscheidungsträgern einen Ausblick auf die mögliche Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unterneh- men zu geben, wenn sie keine entsprechenden Maßnahmen ergreifen.

Das darauffolgende Kapitel 6 wird personalpolitische Handlungsfelder aufzeigen, die Unternehmen befähigen sollen, den demografischen Herausforderungen wirk- sam zu begegnen und ihre Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft und nachhaltig zu stärken. Begleitend werden Möglichkeiten der demografischen Analyse aufgezeigt, die dazu dienen sollen, diejenigen Handlungsfelder zu bestimmen, in denen ein Unternehmen tätig werden sollte.

Mittels einer empirischen Studie in Kapitel 7 soll untersucht werden, inwieweit die wissenschaftlichen Erkenntnisse bereits in die Personalarbeit Einzug gehalten haben. Ausgehend von den Ergebnissen der empirischen Studie sollen den Unter- nehmen Handlungsempfehlungen gegeben werden.

Die Ausarbeitung schließt mit einer Zusammenfassung, die die Erkenntnisse komprimiert wiedergibt und einen Ausblick auf weitere notwendige Betrachtungen gibt.

2 Die demografische Entwicklung und ihre Folgen

2.1 Grundbegriff„Demografie“

Ursprünglich wurde der Begriff Demographie2 von Achille Guillard 1855 einge- führt. Er hat sich um 1890 in einem eng an die Bedürfnisse der Sozialhygiene 3 angelehnten Verständnis durchgesetzt (vgl. Mackensen 2002: 2).

Der Begriff Demografie stammt aus dem Griechischen: „Demos“ heißt im Altgrie- chischen Volk und „graphein“ steht für schreiben. Demografie steht also für „Volksschreibung“ (vgl. Sedlatschek, Thiehoff 2005: 8).

Mittels Zahlen und Kennziffern wird die Veränderung der Bevölkerungszahl (quan- titativer Aspekt) und -struktur (qualitativer Aspekt) durch demografische Verhal- tensmuster und Ereignisse dargestellt. Die Bevölkerungsstruktur kann nach Alter, Geschlecht, Familienstand, Lebensform, Nationalität, Kinderzahl, Region, Ge- sundheitszustand u. ä. beschrieben werden. Als demografische Verhaltensmuster bzw. Ereignisse können z. B. Kinderwunsch, Eheschließungen, Scheidungen, Um- zug, Gesundheitsbewusstsein und Sterberaten zählen (vgl. Mackensen 2002: 2; BiB 2004: 7; Schimany 2003: 57).

2.2 Einflussfaktoren der demografischen Entwicklung

Die demografische Entwicklung ist abhängig von der Geburtenrate bzw. Fertilitäts- rate, der Lebenserwartung bzw. Mortalitätsrate und der Migration (vgl. Statisti- sches Bundesamt 2006c; Hofmann 2004: 21; Schimany 2003: 15).

Gelegentlich wird als vierte Ursache die Binnenwanderung genannt (vgl. Macken- sen 2002: 3). Da Binnenwanderungen aber nur regionale und keine nationalen Auswirkungen haben, werden sie im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht betrachtet.

2.2.1 Geburtenrate bzw. Fertilitätsrate

In der Literatur wird zumeist von der Geburtenrate als erstem Einflussfaktor der demografischen Entwicklung gesprochen. Zudem werden häufig die Begriffe „Ge- burtenrate“, „Fekundität“ und „Fertilität“ synonym verwendet.

Die Geburtenrate bezeichnet die Zahl der lebendgeborenen Kinder pro Jahr je 1.000 Einwohner eines Gebietes und bezieht sich somit nicht nur auf Frauen im gebärfähigen Alter, sondern auf die Gesamtpopulation (vgl. BIBE 2007).

Die Fekundität ist die biologische Fähigkeit, Kinder zu zeugen. Demgegenüber bezeichnet die Fertilität den Vorgang der Nachwuchserzeugung bzw. noch weiter spezifiziert die Zahl der Lebendgeburten von Frauen. Somit ist die Gesamtfertili-

tätsrate 4, die die Zahl der lebend geborenen Kinder einer Frau im Laufe ihres Le- bens angibt, der eigentliche erste Einflussfaktor (vgl. BIBE 2007; Schimany 2003: 159).

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war jede Frau in Deutschland noch Mutter von 4 Kindern (vgl. Michel o. J.: 5). Dies führte zu einer Erhöhung der Bevölkerungszah- len, da zu deren Erhalt jede Frau nur 2,1 Kinder gebären muss (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 31; Kröhnert et al. 2005: 12). Rechnerisch würden jeweils 2 Kinder ein Elternpaar ersetzen. Jedoch erreichen nicht alle Mädchen das gebärfähige Alter und außerdem werden regelmäßig mehr Jungen als Mädchen geboren (vgl. Schmitt-Lechner 2007: 18).

Bis zum Jahr 1969, dem sog. „Pillenknick“, war der Erhalt der Bevölkerungszahlen auch gegeben. Danach ging die Geburtenrate bis zum Jahr 1975 auf etwa 1,4 Kinder je Frau zurück, wo sie sich bis heute eingependelt hat (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 3). Ähnliches gilt auch für ausländische Frauen, deren Geburtenrate sich in den vergangenen Jahren an diejenige von deutschen Frauen angeglichen hat (vgl. DBT 2002: 18).

Als Ursachen für eine sinkende Geburtenrate lassen sich u. a. der verringerte Nut- zen eigener Kinder zur Absicherung bei Krankheit und Alter 5, eine öffentliche Dis- kussion, die Kinder lediglich als Kostenfaktor darstellt und die wachsende Bedeu- tung der Selbstverwirklichung von Frauen im Erwerbsleben, wodurch die Geburt von Kindern erschwert wird, identifizieren (vgl. Lehr 2005: 150; Schmitt-Lechner 2007: 22).

Die Fertilität ändert sich nur langsam und zeigt bis auf wenige Ausnahmen, wie den bereits erwähnten „Pillenknick“, die beiden Weltkriege und die Wirtschaftskrise um 1932, keine sprunghaften Veränderungen (vgl. Hofmann 2004: 21; DBT 2002: 25).

2.2.2 Lebenserwartung bzw. Mortalitätsrate

Während 1871/1881 die Lebenserwartung neugeborener Mädchen bei 38,4 Jah- ren und neugeborener Jungen bei 35,6 Jahren lag, hat sie sich bis 2002/2004 für neugeborene Mädchen auf 81,5 und neugeborene Jungen auf 75,9 Jahre erhöht (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 12).

Für die Zukunft wird davon ausgegangen, dass im Jahr 2050 neugeborene Mäd- chen eine Lebenserwartung von 88,0 bis 89,8 Jahren und neugeborene Jungen von 83,5 bis 85,4 Jahren haben werden (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 17).

Der größte Anteil des Anstiegs der Lebenserwartung kann auf verringerte Säug- lings- und Kindersterblichkeit zurückgeführt werden. Ein Viertel aller Neugebore- nen ist 1871/1881 im ersten Lebensjahr gestorben. Dieser Wert ist bis 1949/1951 auf 6 % zurückgegangen und liegt heute bei unter 0,5 % (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 14; Schimany 2003: 81).

Verbesserte Lebens-, Wohn- und Arbeitsbedingungen, Hygiene, Ernährung und verbesserte soziale und medizinische Versorgung in Deutschland führen zu einem weiteren Anstieg der Lebenserwartung (vgl. Behrend 2002: 34; Eisenmenger et al. 2006: 12; Richenhagen 2004: 61; Schimany 2003: 129).

Der geschlechtsunabhängige Anstieg der Lebenserwartung wird sich allerdings zukünftig abschwächen, da in einigen Altersstufen das Verbesserungspotential fast ausgeschöpft ist. Ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung wird von den hö- heren Altersstufen ausgehen, bei denen von einer Minderung von Kreislauferkran- kungen auszugehen ist. Auch die bei Männern niedrigere Lebenserwartung wird sich derjenigen der Frauen angleichen. Unter anderem werden hierfür das allmäh- liche Aussterben von Männerjahrgängen, die Gesundheitsschäden im Krieg da- vongetragen haben, und eine Angleichung des Gesundheitsverhaltens von Män- nern an das von Frauen hervorgehoben (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 16).

Die steigende Lebenserwartung führt zu einer sinkenden Mortalitäts- bzw. Sterb- lichkeitsrate, die ein Ausdruck für die Anzahl der Sterbefälle ist. Während es von 1947 bis 1971 einen Überschuss der Geburten über die Sterbefälle gab, hat sich dieser Verlauf in 1972 umgekehrt und damit zu einem Bevölkerungsrückgang (sie- he Anlage 1) geführt (vgl. Statistisches Bundesamt 2007a).

2.2.3 Bevölkerungszu- und -abwanderung bzw. Migration

Die Migration lässt sich in die beiden Bereiche Immigration und Emigration unter- teilen. Während die Immigration die Zuwanderung von Menschen aus dem Aus- land in das betrachtete Land darstellt, zeigt die Emigration die Bevölkerungsab- wanderung aus dem betrachteten Land (vgl. Schmitt-Lechner 2007: 19). Der Wan- derungssaldo, der sich aus den beiden Faktoren ergibt, gibt Aufschluss über die Veränderung der Bevölkerungszahl (vgl. DBT 2002: 22).

Im Jahr 2006 sind 558.467 Ausländer zugezogen und 483.774 haben Deutschland wieder verlassen, womit sich ein positiver Wanderungssaldo von 74.693 ergibt. Es darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass im selben Jahr 155.290 Deutsche das Land verlassen haben und nur 103.384 wieder zugezogen sind. Somit ergibt sich bei den Deutschen ein negativer Wanderungssaldo von 51.906. Der gesamte Wanderungssaldo von Ausländern und Deutschen ist positiv und beträgt 22.787 (vgl. Statistisches Bundesamt 2007: 7), was auch in Anlage 2 dargestellt ist.

Bei einer insgesamt abnehmenden Bevölkerung, einem negativen Wanderungs- saldo von Deutschen und einem positiven Wanderungssaldo von Ausländern wird der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung zunehmen.

2.3 Bevölkerungsentwicklung bis ins Jahr 2050

2.3.1 Methode der Bevölkerungsvorausberechnung

Einleitend sind verschiedene Arten der Bevölkerungsvorausberechnung zu erläu- tern. Im Prinzip sind sowohl Bevölkerungsprognosen, Bevölkerungsprojektionen als auch Modellrechnungen zu den Bevölkerungsvorausberechnungen zu zählen. Unterschiedlich ist allein deren Zielsetzung. Eine Bevölkerungsprognose ver- sucht, eine maximale Eintreffenswahrscheinlichkeit und einen minimalen Fehler zu erreichen. Bevölkerungsprojektionen berechnen ein Prognoseintervall, das aus einer oberen und einer unteren Variante besteht. Fast alle Bevölkerungsvorausbe- rechnungen, auch die des Statistischen Bundesamtes, sind Bevölkerungsprojekti- onen. Demgegenüber ermitteln Modellrechnungen demografische Zustände, ohne auf die Wahrscheinlichkeit der getroffenen Annahmen Rücksicht zu nehmen. Ihr Ziel ist die Analyse der Auswirkung einer Änderung ihrer Parameter (Geburten- rate, Lebenserwartung, Wanderung) auf das Ergebnis (vgl. Birg 2005: 49).

Demografische Prozesse vollziehen sich allmählich und wirken sich auf die Bevöl- kerungssituation oft erst nach Jahrzehnten aus, weshalb für Bevölkerungsvoraus- berechnungen normalerweise Zeiträume von 30 bis 50 Jahren gewählt werden.

De facto 6 sind Bevölkerungsvorausberechnungen mit Unsicherheiten behaftet, da sie auf aktuellen Bevölkerungszahlen und -strukturen sowie Hypothesen beruhen. Diese aktuellen Daten sind jedoch nicht hinreichend bekannt, da Bevölkerungs- zählungen nicht jährlich durchgeführt werden und nicht die gesamte Bevölkerung erfasst wird. Außerdem ist der Verlauf der Faktoren mit zunehmendem Abstand vom Basisjahr immer schwerer vorhersehbar, sodass auch die Spannweiten zu- nehmen. Unvorhersehbare natürliche, wirtschaftliche und politische Ereignisse, wie z. B. Naturkatastrophen, der „Pillenknick“ Mitte der 60er Jahre und geänderte

Gesetzgebung hinsichtlich Zuwanderungs- oder Aufenthaltsgesetzen, können zu- dem eine sprunghafte Veränderung der Bevölkerungszahlen verursachen (vgl. Statistisches Bundesamt 2006c).

In der vom Statistischen Bundesamt im Jahr 2006 durchgeführten 11. koordinier- ten Bevölkerungsvorausberechnung existieren 12 Varianten und 3 Modellrechnun- gen, die mit unterschiedlicher Geburtenhäufigkeit, Lebenserwartung und jährli- chem Wanderungssaldo durchgeführt werden. In den verschiedenen Varianten wird mit einer konstanten Geburtenhäufigkeit von 1,4, einer leicht auf 1,2 fallenden und einer leicht auf 1,6 steigenden Geburtenhäufigkeit gerechnet. Es wird ein Wanderungssaldo von 100.000 bzw. 200.000 Personen angenommen. Weiterhin wird die Lebenserwartung ausgehend von einer Basisannahme hin zu einem ho- hen Anstieg der Lebenserwartung variiert. Zusätzlich zu diesen 12 Varianten der Bevölkerungsvorausberechnung werden noch 3 Modellrechnungen durchgeführt, die von einem Wanderungssaldo von 0 bzw. 300.000 Personen und einem rein hypothetischen Anstieg der Geburtenhäufigkeit auf 2,1 Kinder je Frau ausgehen (vgl. Statistisches Bundesamt 2006a).

Abschließend ist noch zu erwähnen, dass Bevölkerungsvorausberechnungen von diversen staatlichen, wirtschaftlichen und unabhängigen Stellen durchgeführt wer- den, die sich sowohl im verwendeten Modell als auch in den Annahmen unter- scheiden und somit zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Diese Ausarbeitung stützt sich auf die Berechnungen des Statistischen Bundesamts.

2.3.2 Entwicklung der Bevölkerungszahl

In Anlage 3 befindet sich eine Darstellung der Bevölkerungsentwicklung, die von einer annähernd konstanten Geburtenrate, einer den Basisannahmen entspre- chenden Lebenserwartung und verschiedenen Wanderungssaldos ausgeht. Aus- gehend von einer Bevölkerungszahl von 82,4 Mio. im Jahr 2005 ist bei einem aus- geglichenen Wanderungssaldo ein Rückgang der Bevölkerung auf 62,5 Mio. bis 2050 zu erwarten. Geht man von einem realistischen positiven Wanderungssaldo von 100.000 Personen pro Jahr aus, würde die Bevölkerungszahl auf 68,7 Mio. zurückgehen (vgl. Statistisches Bundesamt 2007b: 58). Erst eine - unrealistisch hohe - jährliche Nettozuwanderung von 324.000 Personen würde gemäß einer Bevölkerungsmodellrechnung der UN zur Bestandserhaltung der Bevölkerungs- zahl in Deutschland ausreichen. Hierbei würde sich der Zuwandereranteil von ca. 9 % auf ca. 28 % erhöhen, was erhebliche Integrationsanstrengungen erfordern würde (vgl. Schimany 2003: 260). Dies würde bei unverändertem Verhältnis zwi- schen Immigration und Emigration (siehe Kapitel 2.2.3) eine jährliche Zuwande- rung von etwa 2,4 Mio. Ausländern erfordern. Fraglich ist weiterhin, inwieweit diese hohen Zuwanderungszahlen überhaupt er- reicht werden können, da die osteuropäischen Staaten als wichtigste Herkunfts- länder der letzten Jahre noch niedrigere Geburtenraten als Deutschland aufweisen (vgl. Schäfer 2006: 7).

2.3.3 Entwicklung der Altersstruktur

Geht man wiederum von einem realistischen positiven Wanderungssaldo von

100.000 Personen, einer annähernd konstanten Geburtenhäufigkeit und der Ba- sisannahme der Lebenserwartung (Variante 1-W1 nach 11. koordinierter Bevölke- rungsvorausberechnung) aus, dann wird sich der Anteil der Altersgruppe der unter 20-Jährigen von 19,7 % im Jahr 2006 auf 15,1 % im Jahr 2050 verringern. Weiterhin reduzieren wird sich der Anteil der 20- bis unter 65-Jährigen an der Ge- samtbevölkerung von 60,6 % im Jahr 2006 auf 51,7 % im Jahr 2050.

In der Altersgruppe der 65-Jährigen und Älteren kommt es zur gravierendsten Veränderung. Ihr Anteil erhöht sich von 19,8 % im Jahr 2006 auf 33,3 % im Jahr 2050 (vgl. Statistisches Bundesamt 2006a).

Bei dieser Variante der Bevölkerungsvorausberechnung wird es im Jahr 2050 also doppelt so viele 65-Jährige und Ältere wie unter 20-Jährige geben (vgl. Eisenmen- ger et al. 2006: 36). Das zwischen 1990 und 2005 bereits von 39 auf 42 Jahre ge- stiegene Durchschnittsalter wird bis 2050 auf etwa 50 Jahre ansteigen (vgl. Eisenmenger et al. 2006: 38). Wie in Anlage 4 dargestellt, wandelt sich die Bevöl- kerungspyramide langsam in eine Urnenform um (vgl. Schimany 2003: 241).

Die Altersstruktur des Wanderungssaldos der Ausländer zeigt, dass vor allem Junge zuziehen und Ältere das Land verlassen. Die Migration von Ausländern trägt damit zu einer Verjüngung der in Deutschland lebenden Bevölkerung bei (vgl. Fuchs, Söhnlein 2005: 18).

Bevölkerungsmodellrechnungen der UN haben ergeben, dass zum Erhalt der Al- tersstruktur eine jährliche Nettozuwanderung von 3,4 Mio. Menschen erfolgen müsste. Die Bevölkerungszahl würde bis 2050 auf 300 Mio. ansteigen und der Zuwandereranteil an der Bevölkerung würde sich auf 80 % erhöhen (vgl. Schima- ny 2003: 261).

Auch bei einem hypothetischen Anstieg der Geburtenrate innerhalb der nächsten 20 bis 30 Jahre auf das bestandserhaltende Niveau von 2,1 Kindern je Frau, wür- den sich Bevölkerungsrückgang und Bevölkerungsalterung (ohne Ausgleich durch Wanderungen) bis 2085 fortsetzen (vgl. Birg 2001: 199).

3 Grundsatzüberlegungen

Um aufzeigen zu können, welche Faktoren für die internationale Wettbewerbsfä- higkeit eines Unternehmens wesentlich sind, soll exemplarisch Michael E. Porters 7 Theorie der Wettbewerbsvorteile der Nationen herangezogen werden. Entge- gen dem Namen der Theorie legt Porter den Argumentationsfokus auf die einzel- nen Unternehmen, die mit anderen Akteuren auf den spezifischen Märkten in Kon- kurrenz stehen (vgl. Baade 2007: 67).

Porter erklärt die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen anhand der vier Bestimmungsfaktoren »Faktorbedingungen« 8, »Nachfragebedingungen« 9,

»verwandte und unterstützende Branchen« 10 und »Unternehmensstrategie, Struk- tur und Wettbewerb« 11 und der beiden Ergänzungsfaktoren »Staat« 12 und »Zu- fall« 13 mit ihrem dynamischen Zusammenspiel (vgl. Porter 1998: 127). Dieses Sys- tem wird in der Literatur auch als „Porters Diamant“ (siehe Anlage 5) bezeichnet (vgl. Jergers 1995: 118).

Die wichtigsten, sich hieraus ergebenden und hier relevanten, Erfolgsfaktoren zum Erhalt und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit sind Produktivität14 (vgl. Por- ter 1998: 76) und stetige Innovation, oder wie Schumpeter die Innovation be- schreibt, ein Prozess der schöpferischen Zerstörung 15 (vgl. Porter 1998: 86, 582; Ketels 2004: 6; Hofmann o. J.: 10 - 11).

Deutschlands Unternehmen können gemäß Porter lediglich durch Differenzierung und nicht durch Kosten wettbewerbsfähig sein 16. Dies gilt jedoch nur im Vergleich mit Nicht-Industriestaaten. Im Wettbewerb mit anderen Industriestaaten sind die Kosten sehr wohl relevant (vgl. Porter 1998: 375). Die Differenzierung vom Wett- bewerb kann hinsichtlich Qualität, Funktionalität oder Kundendienst geschehen (vgl. Schneck et al. 2005: 1099 - 1100; Porter 1999: 14, 23), wozu Innovationen notwendig sind, die sich in organisatorische Innovationen und technisch- technologische Innovationen gliedern. Technisch-technologische Innovationen lassen sich wiederum in Produktinnovationen und Prozess- bzw. Verfahrensinno- vationen differenzieren (vgl. Hofmann o. J.: 10). Produktinnovationen dienen der Schaffung eines temporären Monopols, sodass das herstellende Unternehmen über einen möglichst langen Zeitraum keinem Preis- oder Kostendruck ausgesetzt ist. Auch Prozessinnovationen schaffen ein Monopol, indem die Qualität verbes- sert oder die Produktivität soweit gesteigert wird, dass die Lohnstückkosten des Unternehmens trotz höherer Lohn- und Lohnnebenkosten 17 international wettbe- werbsfähig sind (vgl. Lehner 2005: 16). Auf organisatorische Innovationen wird in den Kapiteln 6.5.3 und 6.5.5 eingegangen.

Ausgehend von Porter’s Theorie lassen sich auch die Handlungsfelder bestimmen, in denen Unternehmen tätig werden müssen, um die Folgen der demografischen Entwicklung zu überwinden. Aus den »Faktorbedingungen« leitet sich der Human- kapitalbestand, als in dieser Ausarbeitung entscheidender Faktor, ab (vgl. Porter 1998: 74 - 75; Schütte 2005: 19). Dieser wird durch die multiplikativ verbundenen Faktoren Bevölkerungszahl, potentielle Erwerbsbeteiligung und Qualifikationsni- veau der Erwerbsbevölkerung bestimmt (vgl. Baade 2007: 152). Daraus ergibt sich die Verantwortlichkeit des Personalmanagements für die quantitativ richtige An- zahl Beschäftigter und die richtige Qualifikation, die durch Weiterbildung (vgl. Porter 1998: 77) erreicht wird. Samuelson/Nordhaus beziehen auch die Gesund- heit in die Betrachtung des Humankapitals ein, denn gesunde Mitarbeiter weisen gemäß ihren Ausführungen eine höhere Produktivität auf (vgl. Samuelson, Nord- haus 1998: 753, 808).

Aus »Unternehmensstrategie, Struktur, nationaler Wettbewerb« ergibt sich die Notwendigkeit der Führung (vgl. Porter 1998: 107) eines Unternehmens und der Sicherstellung einer effizienten und gesunderhaltenden Arbeitsorganisation (vgl. Baade 2007: 126).

Unberücksichtigt soll im weiteren Verlauf der Darlegungen bleiben, dass die vor- hergehend abgeleiteten Handlungsfelder Weiterbildung, Gesundheit, Arbeitsorga- nisation sowie Personalführung in Literatur und Praxis der Personalwirtschaft zu- geordnet sind (vgl. Jung 2006: 4; Olfert 2006: 27 - 30). Zudem werden die Begriffe Personalwirtschaft, Personalwesen und Personalmanagement teilweise synonym verwendet (vgl. Jung 2006: 4), was impliziert, dass alle genannten Handlungsfel- der unter der Personalwirtschaft subsummiert werden.

4 Älterer Arbeitnehmer

Die Sichtweise auf ältere Arbeitnehmer ist häufig mit Vorurteilen belegt, die ihnen einen schlechten Gesundheitszustand, geringes berufliches Engagement, geringe Leistungsmotivation 18, geringe Flexibilität und nachlassende Bereitschaft zur Wei- terbildung unterstellen (vgl. Lehr 2007: 211).

Einleitend erscheint eine Abgrenzung zum „jungen“ Arbeitnehmer bzw. eine Beg- riffsdefinition notwendig, da noch häufiger von „älteren Arbeitnehmern“ die Rede sein wird.

Ausgangspunkt der weiteren Überlegungen stellt die altersbedingte Veränderung relevanter Fähigkeiten zur Erfüllung der betrieblichen Aufgabe dar. Ausgehend von den in Kapitel 3 abgeleiteten und in dieser Ausarbeitung relevanten, ökonomi- schen Größen der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens, Produktivität und Innovation, lassen sich die individuellen Attribute eines Mitarbeiters bestimmen, die für seine betriebliche Einsatzfähigkeit bedeutsam sind und hier betrachtet wer- den: Leistungsfähigkeit bzw. Produktivität und Innovationsfähigkeit.

4.1 Begriff des älteren Arbeitnehmers

In der Literatur findet sich zumeist eine Einteilung in jüngere und ältere Arbeitneh- mer nach kalendarischem Alter, wobei die Grenze zum älteren Arbeitnehmer zwi- schen 45 und 55 Jahren schwankt (vgl. Koller et al. 2003: 9; DBT 2002: 60; Ro- senbladt, Büchtemann 1980: 558). Diese Einteilung erweist sich jedoch als un- tauglich, da der individuelle Alterungsprozess bei jedem Menschen unterschiedlich verläuft (vgl. Richter 1989: 420) und von biologischen, psychologischen und sozio- logischen Faktoren und der Lebenssituation abhängig ist (vgl. Stöckl et al. 2001: 90).

Weitere Ansätze versuchen eine Einteilung in jüngere und ältere Arbeitnehmer unter Verwendung verschiedener Abgrenzungskriterien wie z. B. Berufsgruppe, Unternehmensgröße, Mitarbeitergruppe, Durchschnittsalter, Leistungsfähigkeit, Arbeitsmarktsituation oder auch sozialversicherungsrechtliche, tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Regelungen herbeizuführen (siehe Anlage 6).

Schwierigkeiten im Hinblick auf eine Abgrenzung bereiten auch die steigende Le- benserwartung der Menschen und die Veränderung des Renteneintrittsalters.

Die OECD bezieht den Begriff „älterer Arbeitnehmer“ auf Mitarbeiter, die in der zweiten Hälfte des Berufslebens stehen, das Rentenalter noch nicht erreicht haben sowie gesund und arbeitsfähig sind (vgl. BAUA 2006: 9; Menges 2000: 31; Stöckl et al. 2001: 90).

Somit muss konstatiert werden, dass weder ein Abgrenzungsversuch zwischen

„jungen“ und „alten“ Mitarbeitern durch das kalendarische Alter, noch nach ande- ren Kriterien einen Allgemeingültigkeitsanspruch erheben kann. Eine Festlegung des Begriffs „älterer Arbeitnehmer“ ist also immer vom Untersuchungsziel abhän- gig.

In der vorliegenden Ausarbeitung ist eine Orientierung an kalendarischen Alters- grenzen nicht notwendig, sodass der Begriff „älterer Arbeitnehmer“ auf Personen Anwendung findet, deren Leistungsfähigkeit und damit deren betriebswirtschaftli- cher Nutzen nachlässt.

4.2 Entwicklung der Produktivität mit zunehmendem Alter

Die Leistungsfähigkeit 19 Älterer wird in der öffentlichen Wahrnehmung häufig nach dem Defizitmodell beurteilt, das von einer Zunahme von Kenntnissen und Fähig- keiten in der Jugend bis zu einem Höhepunkt im mittleren Erwachsenenalter und einer sich daran anschließenden schicksalhaften Abnahme von Kenntnissen und Fähigkeiten im Alter, wie z. B. verringerte Lernfähigkeit, geringe Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit und abnehmende intellektuelle Fähigkeiten, ausgeht (vgl. Lehr 2007: 16; Stöckl et al. 2001: 94). Obwohl das Defizitmodell seit Beginn der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wiederlegt ist, hält es sich nach wie vor hartnä- ckig in der gesellschaftlichen und betrieblichen Praxis (vgl. Richenhagen 2004: 63; Sedlatschek, Thiehoff 2005: 5).

Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass sich bestimmte Fähigkei- ten und Persönlichkeitsentwicklungen erst mit dem Alter herausbilden (vgl. BDI 2004: 6). An die Stelle des Defizitmodells ist aus diesem Grund das Kompetenz- modell getreten, das zwar altersspezifische Beeinträchtigungen nicht ausschließt, jedoch von einer Veränderung der Fähigkeiten und Kompetenzen ausgeht (vgl. Richenhagen 2004: 63; Sedlatschek, Thiehoff 2005: 7). Dieses Modell des diffe- rentiellen Alterns, das durch Forschungsergebnisse aus der Gerontologie 20 belegt ist, geht nicht von einem gleichförmigen Prozess sondern von einer je nach Indivi- duum unterschiedlich starken und in unterschiedliche Richtungen verlaufenden Veränderung der physischen und psychischen Leistungs- und Persönlichkeits- merkmale aus. Eigenes Interesse und eine anregende Arbeitsumwelt können zur Entwicklung neuer Fähigkeiten und zum Sammeln von Erfahrungen führen (vgl. Maintz 2005: 129; Schneider 2006: 6; Schat 2005: 27; BAUA 2004: 15).

4.2.1 Physische Fähigkeiten

Mit zunehmendem Alter nehmen physische Fähigkeiten wie Körperkraft, Ausdauer und motorische Fähigkeiten ab. Dieser Zusammenhang zwischen Alter und biolo- gisch definierter Leistungsfähigkeit ist bei überwiegend körperlicher Tätigkeit am deutlichsten ausgeprägt (vgl. IWH et al. 2006: 41; Maintz 2005: 128; Schneider 2006: 5). Aber auch Seh- und Hörvermögen und weitere körperliche Eigenschaften und Fähigkeiten verändern sich (siehe Anlage 7).

Sowohl bei Männern als auch bei Frauen wird zwischen dem 20. und 30. Lebens- jahr die maximale Muskelkraft erreicht, wobei berücksichtigt werden muss, dass die Muskelkraft der Frauen im Maximum etwa 40 % niedriger ist (vgl. Schat 2005: 27; Hettinger, Wobbe 1993: 99). Obwohl die Muskelkraft nach dem 50. Lebensjahr auf etwa 70 % ihrer Maximalkapazität sinkt, bedeutet dies lediglich eine geringfü- gige Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit, da während des gesam- ten Berufslebens nur 40 - 50 % der maximalen Muskelkraft benötigt werden (vgl. Lehr 2007: 214).

Während der körperlichen Belastung setzt der Körper Hormone frei, die Kreislauf, Atmung und Energiestoffwechsel umstellen, um eine ausreichende physische Leistungsfähigkeit zu gewährleisten. Der Körper nimmt vermehrt Sauerstoff zur Energiefreisetzung durch Verbrennung auf und es wird das dabei freiwerdende Kohlendioxid wieder ausgeatmet. Die Belastungsfähigkeit eines Menschen basiert somit auf einem Zusammenspiel von Muskeln, Herz-Kreislauf- und Atmungssys- tem (vgl. Börsch-Supan et al. 2006: 87; Ilmarinen, Tempel 2002: 193).

Ein Rückgang der körperlichen Tätigkeiten, die in der Vergangenheit hauptsächlich in der Landwirtschaft notwendig waren (vgl. Dostal 2001: 33), relativiert den Rück- gang der physischen Fähigkeiten. Im industriellen Bereich hat sich die überwie- gend körperliche Tätigkeit durch Computerisierung zum Wissensarbeiter hin ge- wandelt, sodass körperliche Fähigkeiten nicht mehr ausschlaggebend sind (vgl. Freyermuth 2002: 45).

Mit zunehmendem Lebensalter entstehen vermehrt chronische Krankheiten wie z.

B. Muskel-Skelett- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die hierdurch hervorgerufe- nen Einschränkungen der beruflichen Einsetzbarkeit werden weniger durch den Alterungsprozess als vielmehr durch individuelle Veranlagungen, indivi- duelle Lebensweise und die im bisherigen Leben erfahrenen Belastungen beeinflusst (vgl. Lindemann 2005: 15).

4.2.2 Psychische Fähigkeiten

Die psychische Leistungsfähigkeit wird zunächst mit der Intelligenz in Verbindung gebracht. Diese besteht nach Catell aus zwei Komponenten, der fluiden Prozess- komponente und der kristallinen Wissenskomponente (vgl. Schneider 2006: 5).

Die fluide Intelligenz21 wird für die Lösung neuer Probleme 22 benötigt. Es kann

davon ausgegangen werden, dass sich diese biologisch determinierte Komponen- te schon ab einem Lebensalter von 30 Jahren sukzessive verringert. Der fluiden Intelligenz werden schnelle Auffassungsgabe, hohe Informationsverarbeitungsge- schwindigkeit, Abstraktions- und Assoziationsfähigkeit zugerechnet (vgl. IWH et al. 2006: 72; Schneider 2006: 5; Brandstätter 2006: 68).

Im Gegensatz hierzu steht die kristalline Intelligenz23 als kulturell determinierte

Komponente, die auf erworbenem Wissen, dem Wortschatz und gesammelten Erfahrungen zu Problemlösungswegen 24 beruht. Die kristalline Komponente der Intelligenz bleibt bis ins hohe Alter stabil und lässt sich unter gewissen Umständen sogar noch steigern (vgl. IWH et al. 2006: 72; Schneider 2006: 5; Jung 2006: 244; Börsch-Supan et al. 2006: 87).

Auch bei den kognitiven Fähigkeiten gilt, wie bei den physischen Fähigkeiten be- reits dargelegt, dass Alterungsvorgänge sehr unterschiedlich verlaufen und die Streuung der individuellen Leistungsverläufe mit dem Alter zunimmt (vgl. Schnei- der 2006: 6; Schat 2005: 27; BAUA 2004: 15).

Weitere wichtige Aspekte für die psychische Leistungsfähigkeit sind u. a. Ge- dächtnisleistung, Kreativität und soziale Fähigkeiten (vgl. Lehr 2007: 76), die hier nicht näher betrachtet werden sollen. Eine Zusammenfassung der psychischen Eigenschaften und Fähigkeiten und deren Verlauf mit zunehmendem Alter befindet sich in Anlage 8.

Personalpolitische Relevanz für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit Älterer hat auch die Korrelation zwischen denjenigen Eigenschaften, die betriebliche Ent- scheidungsträger bei Mitarbeitern schätzen, und denjenigen Eigenschaften, die eher bei älteren Mitarbeitern ausgeprägt sind (siehe Anlage 9)(vgl. INQA 2005: 10).

4.2.3 Empirische Studien zur individuellen Produktivität

Zur Bestimmung des Zusammenhangs zwischen Alter und individueller Produktivi- tät können grundsätzlich drei Methoden unterschieden werden.

Die traditionelle Methode, die Einschätzung der Leistungsfähigkeit durch Vorge- setzte, zeigt gemäß einer Reihe von Analysen, die in den 1980er Jahren durchge- führt wurden, keinen oder lediglich einen schwachen Zusammenhang zwischen Alter und Produktivität. Diverse Meta-Analysen, die zahlreiche Studien, die z. T. aus zwei Jahrzehnten stammen, auswerten, kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Nach einer Analyse von Avolio (1990) gilt es als erwiesen, dass Berufserfahrung die Leistung besser erklärt, als das Alter. Das Fraunhofer-Institut ermittelte 2002 eine sehr positive Einschätzung der Leistungsfähigkeit älterer Ingenieure. Auch Bellmann, Kistler und Wahse konnten 2003 keine geringere Leistungsfähigkeit älterer Arbeitnehmer feststellen. Allerdings dürfte die in den Analysen ermittelte Produktivität älterer Mitarbeiter aufgrund der Loyalität von Vorgesetzten zu ihren älteren Mitarbeitern wenig über ihre tatsächliche Produktivität aussagen. Im Ge- genteil, die Subjektivität der Einschätzungen führt zu systematischen Verzerrun- gen (vgl. Schneider 2006: 7; Börsch-Supan et al. 2006: 95).

Untersuchungen, die sich auf die zweite Methode zur Bestimmung der Leistungs- fähigkeit beziehen, beschränken sich auf Tätigkeiten, in denen die Leistung aus- schließlich von einer Person erbracht wird und deren Ergebnis gut messbar ist. Außerdem beziehen sie sich meist auf den künstlerischen oder wissenschaftlichen Bereich und treffen Aussagen über die Kunstproduktion oder die Anzahl von Veröf- fentlichungen von Wissenschaftlern. Es wurde festgestellt, dass Ökonomen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren die meisten Veröffentlichungen machen und auch Nobelpreisträger machen ihre größte Entdeckung im Alter von ungefähr 40 Jahren. Diese Bereiche zeigen einen umgekehrt u-förmigen Verlauf des Alters- Produktivitäts-Profils, was aber nicht verwunderlich ist, da die Produktivität in bei- den Bereichen stark mit der Innovationsfähigkeit verbunden ist. Die Innovationsfä- higkeit ist wiederum mit der fluiden Intelligenz verbunden, die im Alters stark ab- nimmt (vgl. Schneider 2006: 7 - 8; Börsch-Supan et al. 2006: 96).

Es sind jedoch keine Verallgemeinerungen möglich, da lediglich sehr spezielle Formen der Erwerbstätigkeit untersucht wurden (vgl. Börsch-Supan et al. 2006: 96). Eine weitere Einschränkung der Anwendbarkeit dieser Methode ergibt sich durch die Tatsache, dass in den meisten Wirtschaftsbereichen die Leistung von Teams erbracht wird (vgl. Schneider 2006a: 332).

Die dritte Methode beruht auf der Auswertung des Entgelts von neu eingestellten Mitarbeitern (vgl. Schneider 2006: 8). In Deutschland bietet sich eine Analyse auf- grund der im Mikrozensus erhobenen Daten an. Problematisch an dieser Methode ist, dass die Entgelthöhe aufgrund tarifvertraglicher oder betrieblicher Regelungen z. T. eine Senioritätskomponente aufweist, die sich am Lebensalter oder der Dauer der Betriebszugehörigkeit orientiert. Aufgrund von gesetzlichen und / oder tarifver- traglichen Regelungen existiert in Deutschland faktisch eine Lohnuntergrenze, die die Aussagekraft des Entgelts als Indikator der Produktivität einschränkt. Sinkende Leistungsfähigkeit führt somit meist nicht zur Senkung des bisherigen Verdienstes. Außerdem darf der öffentliche Dienst nicht in die Analyse einbezogen werden, da dessen ausgeprägte Senioritätsentlohnung und soziale Entgeltkomponenten für Kinder und Verheiratete die Interpretation des Lohns als Produktivitätskomponente beeinträchtigen (vgl. IWH et al. 2006: 44 - 46) 25.

Die Auswertung der im Mikrozensus erhobenen Daten zeigt nach Berechnungen des IWH einen erkennbaren Einfluss des Alters auf die Produktivität abhängig Be- schäftigter. In jungen Jahren ist ein Anstieg der Produktivität zu verzeichnen, die bei Angestellten ihr Maximum bei 45 Jahren und bei Arbeitern bei 37 Jahren er- reicht. Anschließend fällt die Produktivität bis zum Alter von 65 Jahren bei Ange- stellten um 6 % und bei Arbeitern um 8 % ab. Dieser Unterschied im Produktivi- tätsabfall ist durch die höhere körperliche Belastung von Arbeitern und die positive Auswirkung bei geistig-administrativ fordernden Tätigkeiten der Angestellten er- klärbar (vgl. IWH et al. 2006: 50). Auch diese Methode zeigt somit einen umge- kehrt u-förmigen Verlauf des Alters-Produktivitäts-Profils.

4.3 Entwicklung der Innovationsfähigkeit mit zunehmendem Alter

Kreativität ist als „Fähigkeit, Verbesserungen und Neues zu erkennen“ definiert. Innovativität ist die Fähigkeit, diese Erkenntnisse umzusetzen. Jedem Innovati- onsprozess ist somit ein individueller, kreativer Prozess vorgelagert 26 (vgl. Volk- holz 2005: 2; Amabile 1988: 126).

Zur Beurteilung der Innovationsfähigkeit älterer Beschäftigter liegen nur wenige empirische Erkenntnisse vor (vgl. Schat, Wittstock 2007: 66). Allerdings verringert sich die Kreativität mit zunehmendem Alter (siehe Anlage 8). Somit könnte man davon ausgehen, dass die Innovationsfähigkeit mit zunehmendem Alter ebenfalls abnimmt. Dies lässt sich untermauern durch die in Kapitel 4.2.3 aufgeführten empi- rischen Untersuchungen, in denen festgestellt wurde, dass Ökonomen das Maxi- mum ihrer Veröffentlichungen zwischen dem 40 und 50 Lebensjahr erreichen und Nobelpreisträger ihre größte Entdeckung im Alter von ungefähr 40 Jahren machen, vation is the successful implementation of creative ideas ... .“ was auf einen umgekehrt u-förmigen Verlauf der Innovationsfähigkeit schließen lässt (vgl. Schneider 2006: 7 - 8; Börsch-Supan et al. 2006: 96).

Auch beim betrieblichen Ideenmanagement wurde ein umgekehrt u-förmiger Ver- lauf von Beteiligungsgrad und Nutzen im Verhältnis zum Alter festgestellt (vgl. Mühlbradt 2005: 51), der eine im Alter nachlassende Innovationsfähigkeit impli- ziert. Ähnliches wurde auch für Erfinder festgestellt, wobei aber auch Karrieremus- ter beachtet werden müssen, denn ein erfolgreicher Erfinder wird später Manager und beteiligt sich kaum noch an der Innovationsfindung (vgl. Schat, Wittstock 2007: 66 - 67).

Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen hängt jedoch nicht nur von den Kompe- tenzen, der Kreativität, den Kenntnissen und der Erfahrungsvielfalt sondern auch von der Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter, Wechsel der Arbeitsanforderun- gen und -inhalte u. ä. ab. Ein häufiger Betriebswechsel ist jedoch nicht notwendig, um die Innovationsfähigkeit eines Mitarbeiters zu erhalten oder zu erhöhen (vgl. Buck, Reif 1995: 5; Jasper, Fitzner 2000: 170).

Betrachtet man die individuellen Bedürfnisse der Menschen, so stellt man fest, dass diese sich mit der Lebens- und Arbeitssituation wandeln. Eine Befriedigung dieser Bedürfnisse wirkt stimulierend auf innovatives Verhalten. Negativ auf inno- vatives Verhalten wirken allerdings Innovationen, durch die Ältere ihre berufliche Zukunft bedroht sehen. Auch eine höhere Arbeitszufriedenheit oder die Angst, den durch Innovationen entstehenden Lernanforderungen und Veränderungen nicht gewachsen zu sein, behindert innovatives Verhalten (vgl. Jasper, Fitzner 2000: 178; Krey, Meier 2004: 162).

Somit lässt sich eine geringe Innovationsbeteiligung Älterer eher auf eine psycho- soziale Verhaltensänderung als auf biologische Probleme zurückführen (vgl. Schat, Wittstock 2007: 76) und damit handelt es sich um einen Rückgang der Innovationsbereitschaft und nicht der Innovationsfähigkeit27.

5 Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf die Unternehmen Innerhalb dieses Kapitels werden die Erkenntnisse zur individuellen Leistungs- und Innovationsfähigkeit aus Kapitel 4 auf die unternehmerische Ebene projiziert und daraus Erkenntnisse zur Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen unter den demo- grafischen Veränderungen abgeleitet.

Ausgehend von der Aufgabenstellung dieser Ausarbeitung können nicht alle Aus- wirkungen der demografischen Entwicklung behandelt werden. Es erfolgt eine Be- schränkung auf die Auswirkungen, denen sich Unternehmen durch älter werdende Arbeitnehmer und ein sinkendes Erwerbspersonenpotential stellen müssen, um ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten 28.

5.1 Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials

Die Ermittlung der Erwerbstätigen- und Erwerbslosenzahlen erfolgt sowohl bei den verschiedenen Wirtschaftsforschungsinstituten, als auch bei der Bundesagentur für Arbeit und dem Statistischen Bundesamt nach unterschiedlichen Methoden und führt somit auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. Diese Ausarbeitung wird sich im weiteren Verlauf auf die Methode des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsfor- schung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) stützen.

Das konjunkturelle Erwerbspersonenpotential setzt sich aus Erwerbstätigen, Er- werbslosen und Stiller Reserve zusammen (vgl. Fuchs 2002: 79, 83). Eine Über- sicht über die Vorgehensweise bei der Berechnung des aktuellen Arbeitskräftepo- tentials befindet sich in Anlage 10.

Die Projektion des Erwerbspersonenpotentials basiert auf der Bevölkerungsprojek- tion (siehe Kapitel 2.3) und der Projektion der Potentialerwerbsquoten (vgl. Fuchs, Dörfler 2005a: 5).

Die Potentialerwerbsquoten werden mittels Regressionsverfahren ermittelt (vgl. Fuchs, Dörfler 2005a: 7) und anschließend mit der Bevölkerungsvorausberech- nung zusammengeführt, um das zukünftige Erwerbspersonenpotential zu berech- nen. Hierbei werden zwei Verfahren angewendet. Während das erste Verfahren mit einer konstanten Potentialerwerbsquote rechnet, geht das zweite Verfahren davon aus, dass die Erwerbsquote im Durchschnitt steigt (vgl. Fuchs, Dörfler 2005a: 6 - 7).

5.1.1 Quantitative Betrachtung des Erwerbspersonenpotentials

Alle Szenarien der Entwicklung des Erwerbspersonenpotentials haben eine Ge- meinsamkeit. Sie zeigen ein bis ca. 2010 ansteigendes Erwerbspersonenpotential, das danach erst langsam und dann akzelerierend 29 abnimmt (vgl. Fuchs, Dörfler 2005a: 20).

Betrachtet man zunächst ein unwahrscheinliches Szenario mit konstanten Er- werbsquoten und ohne Wanderungsbewegungen, so wird das Erwerbspersonen- potential von 44,5 Mio. im Jahr 2004 bis 2050 auf 26,3 Mio. abnehmen (siehe Abb. 1). Nimmt man steigende Erwerbsquoten, bei weiterhin unberücksichtigten Wan- derungsbewegungen, hinzu, so fällt das Erwerbspersonenpotential nunmehr auf 27,6 Mio. ab. Diese geringe Differenz von 1,3 Mio. Menschen zeigt schon, dass eine Erwerbsbeteiligung, die im selben Maße wie in den letzten Jahren zunimmt, den demografischen Effekt kaum abschwächen geschweige denn aufhalten kann (vgl. Fuchs, Dörfler 2005a: 19 - 21). Einen Überblick über die Erwerbsquoten ein- zelner Bevölkerungsgruppen und die möglichen Ursachen potentieller Verände- rungen gibt Anlage 11.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Erwerbspersonenpotential bis 2050.

Quelle: Fuchs, Dörfler 2005a: 20.

Neben der Beeinflussung der Potentialerwerbsquoten könnte die Bevölkerungs- zahl angehoben werden, um das Erwerbspersonenpotential gegenüber den Vor- ausberechnungen zu steigern (siehe Kapitel 2.2). Während Unternehmen die Po- tentialerwerbsquoten z. B. durch günstige Arbeitsbedingungen bedingt beeinflus- sen können, kann die Bevölkerungszahl in erster Linie durch bevölkerungspoliti- sche 30 und nicht durch unternehmerische Handlungsoptionen beeinflusst werden, sodass diese Möglichkeit in Anlage 12 nur kurz diskutiert wird.

Unter Zugrundelegung verschiedener Annahmen zur Erhöhung des Erwerbsper- sonenpotentials ist in Anlage 13 eine Beispielrechnung durchgeführt. Rein rechne- risch würden ceteris paribus 31 immer noch 7,4 Mio. Arbeitskräfte fehlen. Außerdem sind diese in der Literatur zu findenden Annahmen in einigen Punkten sehr opti- mistisch. Die Frage der Netto-Zuwanderung wurde bereits in Kapitel 2.2.3 erörtert. Weiterhin ergibt sich die niedrige Jahresarbeitszeit von 1.359 Stunden in Deutsch- land im Jahr 2004 durch die gemeinsame Betrachtung von Teilzeit- und Vollzeit- beschäftigten. Die Jahresarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten lag im Jahr 2004 bei 1.679 Stunden (vgl. Wanger 2006: 14, 20). Eine Erhöhung der Jahresarbeitszeit würde somit eher eine Abschaffung der Teilzeitbeschäftigung als eine weitere Er- höhung der Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten bedeuten. Eine reduzierte Teil- zeitarbeit würde jedoch wiederum bei vielen Frauen dazu führen, dass diese voll- ständig aus dem Berufsleben ausscheiden.

Nicht einbezogen in diese Betrachtung ist die Entwicklung des Arbeitskräftebe- darfs. Eine sinkende Bevölkerungszahl würde, unter der Annahme eines gleich- bleibenden Konsumvolumens pro Kopf, auch eine Abnahme der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen und damit nach Arbeitskräften bewirken (vgl. Arnds, Bonin 2002: 5). Ebenso sind Produktivitätssteigerungen, wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen sowie der Export zu berücksichtigen (vgl. Arnds, Bonin 2002: 1).

Neben einem quantitativen Rückgang der Erwerbsbevölkerung wird durch die sukzessive Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre die zunehmende Alte- rung der Erwerbsbevölkerung noch verstärkt (vgl. Schneider 2006: 5).

Eine eindeutige Aussage, inwieweit es einen quantitativen Arbeitskräftemangel geben wird, ist ohne Betrachtung der Qualifikationsstruktur nicht möglich.

5.1.2 Qualitative Betrachtung des Erwerbspersonenpotentials

Die Projektion der Tätigkeits- und Qualifikationsstruktur des Arbeitsmarktes zeigt eine weitere Tertiärisierung 32. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass sich der Anteil der primären Dienstleistungen wie Handel, Transport und Bürotätigkeiten nur ge- ringfügig, der Anteil der sekundären Dienstleistungen wie Forschung, Entwicklung und Management jedoch stark erhöhen wird (vgl. DBT 2002: 74).

Gleichzeitig erfolgt in fortschrittlichen Industrienationen die Erhöhung der Produkti- vität durch eine zunehmende Investition in kapitalintensives Anlagevermögen. Folglich stellen diese komplexen Anlagen immer höhere Anforderungen an das Qualifikationsniveau der Beschäftigten (vgl. Weise 2000: 4).

Aufgrund dieser Entwicklungen wird es zu einem starken Rückgang der Anteils- werte einfacher und Hilfs-Tätigkeiten kommen. Qualifizierte Fachtätigkeiten und Fachtätigkeiten mit Führungsaufgaben werden leicht zunehmen. Der Anteil der Arbeitskräfte, der hochqualifizierte Tätigkeiten durchführt, wird dahingegen stark zunehmen (vgl. DBT 2002: 75; Weise 2000: 4; Reinberg, Hummel 2003: 1).

Stellt man den quantitativen Rückgang des Erwerbspersonenpotentials, die zu- künftige Arbeitskräftenachfrage und den zukünftigen qualitativen Arbeitskräftebe- darf in Relation, so ist ein allgemeiner quantitativer Mangel an Arbeitskräften nicht zu erwarten. Auch zukünftig wird es einen Überschuss an Arbeitskräften ohne Berufsabschluss geben (vgl. Reinberg, Hummel 2003: 5).

Die Anzahl der Absolventen und Abgänger allgemeinbildender Schulen geht ab dem Jahr 2007 zurück. Im Jahr 2006 sind noch 975.000 junge Menschen von den allgemeinbildenden Schulen abgegangen. Bereits 2010 werden nur noch 877.000 und im Jahr 2020 nur noch 781.000 Absolventen und Abgänger erwartet (vgl. Kul- tusministerkonferenz 2007: 63).

Vor dem Hintergrund eines wachsenden Anteils der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung (siehe Kapitel 2.2.3) ist auch deren Allgemeinbildung zu betrachten. Im Jahr 2004 haben etwa 59 % der Ausländer 33 keinen oder nur einen Hauptschulabschluss erreichen können; bei den Deutschen waren es knapp 31 % (vgl. Statistisches Bundesamt 2006b: 63). Weiterhin ist festzustellen, dass Ausländer 2004 lediglich einen Anteil von 4,6 % an den Auszubildendenzahlen hatten (vgl. Statistisches Bundesamt 2006b: 61). Allerdings liegt der Anteil der Ausländer 34 an der Bevölkerung bei etwa 8,2 %.

Als Folge dieser beiden Entwicklungen wird es ceteris paribus einen starken Wett- bewerb von Unternehmen und Behörden um Ausbildungsplatzbewerber geben und es wird ein Engpass bei der Besetzung der Ausbildungsplätze entstehen. Dies wird gemäß einer Studie der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung zu einem leichten Mangel an Fachkräften führen (vgl. Reinberg, Hummel 2003: 5).

Das Angebot an Akademikern wird sich zwar bei konstanter Erwerbsneigung und konstantem Akademikeranteil an der Erwerbsbevölkerung von derzeit 5,8 Mio. bis etwa zum Jahr 2015 auf 6,1 Mio. erhöhen, danach wird es sich aufgrund der de- mografischen Entwicklung jedoch bis zum Jahr 2050 auf etwa 5,1 Mio. verringern. Unterstellt man jedoch einen Anstieg des Akademikeranteils 35 in der Bevölkerung und eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Akademikern in Fünfjahresschrit- ten um je 0,5 % in den Altersklassen 55 - 60 und 60 - 65 Jahre, so zeigt sich ein Anstieg des Angebots an Akademikern bis zum Jahr 2020 auf etwa 6,3 Mio. Die- ses würde dann nur geringfügig bis zum Jahr 2050 auf etwa 6,1 Mio. abfallen (vgl. Baade 2007: 97 - 99).

Generell muss man allerdings konstatieren, dass Deutschland sowohl bei der An- zahl der Hochschulabsolventen eines Jahrgangs mit 16 % gegenüber 25 % beim OECD-Mittel als auch der Studiendauer mit 6 Jahren gegenüber 4,7 Jahren beim OECD-Mittel in der Hochausschulbildung ein Defizit hat. Dies wird begleitet von einem geringeren Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von 5,5 % gegenüber einem OECD-Mittel von 5,7 %. Auch der Anteil von Frauen in der Hochschulausbildung ist in Deutschland mit 45 % der Abschlüsse gegenüber dem OECD-Durchschnitt von 53 % relativ niedrig (vgl. DBT 2002: 75).

Obwohl der Ausländeranteil an den Studenten in Deutschland im Wintersemester 2004/2005 etwa 13 % betrug, waren hiervon lediglich 59.700 oder 24 % der aus- ländischen Studenten sog. Bildungsinländer 36. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Studierenden beträgt somit etwa 3 %. Bildungsausländer sind Studenten, die ihre Hochschulzugangsberechtigung außerhalb Deutschlands erworben haben und grenzüberschreitend mobil sind (vgl. Willand 2005: 36). Deren Verbleib nach dem Studium in Deutschland ist jedoch fraglich.

Studien von OECD und Institut der deutschen Wirtschaft zeigen bereits seit eini- gen Jahren einen Mangel an hochqualifizierten Mitarbeitern in der Hightech- Branche und den Ingenieurwissenschaften, der sich im Jahr 2007 weiter verstärkt hat (vgl. DBT 2002: 75; Koppel 2007: 1).

Dieser Engpass an hochqualifizierten Beschäftigten ergibt sich nicht nur durch demografische Einflüsse, sondern er wird durch den in Kapitel 2.2.3 dargestellten negativen Wanderungssaldo von Deutschen noch intensiviert, denn es sind nicht vorrangig Menschen mit niedrigem Ausbildungsstand, die das Land aufgrund der hohen Arbeitslosenquote verlassen. Als Beispiel sei hier angeführt, dass die dritt- größte Gruppe der in den USA lebenden und arbeitenden Ausländer mit höchstem Bildungsstand etwa 70.000 Deutsche sind (vgl. Kröhnert et al. 2005: 94).

Aufgrund der demografischen Entwicklung und höherer Qualifikationsanforderun- gen ist somit ein verbreiteter Akademikermangel auf mittlere Sicht wahrschein- lich (vgl. Biersack et al. 2007: 5; Reinberg, Hummel 2003: 5).

5.1.3 Krankenstand

Nach einer Studie des BKK Bundesverbandes nimmt die Zahl der Arbeitsunfä- higkeitsfälle mit zunehmendem Alter ab, um bei den 30- bis 34-Jährigen ihr Mini- mum zu erreichen und dann bis zum Alter von 55 bis 59 Jahren wieder anzustei- gen. Die bei den 60- bis 64-Jährigen abnehmenden Arbeitsunfähigkeitsfälle sind auf ein Ausscheiden kranker Arbeitnehmer in früheren Jahren zurückzuführen, d. h., es arbeiten nur noch die Gesunden (vgl. Lehr 2007: 224).

Eine andere Darstellung ergibt sich in Bezug auf die Arbeitsunfähigkeitstage. Mit zunehmendem Alter ist eine drastische Zunahme von Muskel-Skelett- Erkrankungen zu verzeichnen. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Störungen, die bei unter 20-Jährigen lediglich selten auftreten, bewirken gemäß Anlage 14 mit zunehmendem Alter eine starke Zunahme der Arbeitsunfähigkeits- tage (vgl. BKK Bundesverband 2007: 35 - 36). Diese Erkrankungsarten haben zwar nur einen relativ geringen Anteil an den Arbeitsunfähigkeitsfällen, jedoch füh- ren sie mit ihren langen Falldauern zum Anstieg der Arbeitsunfähigkeitstage, wie in Anlage 15 dargestellt ist (vgl. Badura, Hehlmann 2003: 25; BKK Bundesverband 2007: 35 - 36).

Erläuterungen zu den Ursachen der häufigsten Erkrankungsarten finden sich in Anlage 16. Jedoch werden etwa 50 bis 60 % der Fehlzeiten mit Stress am Arbeits- platz in Verbindung gebracht (vgl. Vetter 2003: 261). Dauerhafter Arbeitsstress führt zu Arbeitsunzufriedenheit und Demotivation. Hieraus wiederum resultieren innere Kündigung und Fluktuationsabsichten (vgl. Stadler, Spieß 2002: 4). Geschlechtsspezifische Unterschiede in der Höhe des Krankenstandes sind nur in geringem Maß vorhanden. Es gibt vielmehr Unterschiede in der Verteilung der Krankheitsarten (vgl. Vetter 2003: 252). Berufsgruppenspezifische Unterschie- de (siehe Anlage 17) ergeben sich durch die Schwere der körperlichen Belastun- gen (vgl. BKK Bundesverband 2007: 36).

Inwieweit die steigende Lebenserwartung einen Einfluss auf die Morbiditätsent- wicklung 37 der Erwerbsbevölkerung hat, ist in der Epidemiologie 38 umstritten. Mög- licherweise verschiebt sich das Auftreten von gesundheitlichen Problemen zukünf- tig durch eine steigende Lebenserwartung in Altersgruppen, die nicht mehr im Er- werbsleben stehen (vgl. Schimany 2003: 413 - 414).

Die Anzahl der Arbeitsunfälle nimmt mit zunehmendem Alter ab (vgl. Lehr 2007: 223). Wie Anlage 18 zeigt, liegen die meldepflichtigen Arbeitsunfälle je 1.000 Voll- arbeiter bis etwa zum 30 Lebensjahr z. T. weit über dem Durchschnitt. In den hö- heren Altersstufen liegen die Arbeitsunfälle dann unter dem Durchschnitt und da- mit unter denen der jüngeren Mitarbeiter. Begründet werden kann dieser Umstand mit einer höheren Risikofreudigkeit bei jüngeren Arbeitnehmern (vgl. Lehr 2007: 223).

Die Anzahl der Berufskrankheiten39 nimmt mit steigendem Alter zu. Ursachen hierfür sind berufliche Belastungen, die erst viele Jahre später zu einer Erkrankung führen (vgl. Otten 2003: 283).

Obwohl mit zunehmendem Durchschnittsalter eine Erhöhung der Krankenstände eintritt (vgl. Berssem et al. 2006: 46), bleibt grundsätzlich festzuhalten, dass zwi- schen dem biologischen Alter und dem Krankenstand keine feste Beziehung besteht (vgl. Vetter 2003: 252). Vielmehr ist der Gesundheitszustand eines Men- schen und somit die Höhe des Krankenstands und der Fehlzeiten im Alter von einem komplexen Beziehungsgefüge von außerbetrieblichen, betrieblichen und persönlichen Faktoren (siehe Anlage 19) abhängig (vgl. Derr 1995: 21 - 22; Schnabel 1998: 266; Schimany 2003: 416).

Als betriebliche Einflussfaktoren kommen hauptsächlich die Schichtzugehörigkeit, die berufliche Stellung, die Zugehörigkeit zu Berufsgruppen, die Art der ausgeüb- ten Tätigkeit, das Betriebsklima sowie das Qualifikationsniveau zum Tragen (vgl. Ilmarinen, Tempel 2002: 232; Vetter 2003: 252).

Wie die Ausführungen zeigen, tritt mit zunehmendem Durchschnittsalter der Be- schäftigten eine Erhöhung der Krankenstände und eine Erhöhung der Zahl leistungsgeminderter Mitarbeiter ein, falls nicht durch präventive Maßnahmen entgegengewirkt wird (vgl. Berssem et al. 2006: 46; Rudow et al. 2006a: 48).

5.2 Entwicklung der Produktivität von Unternehmen

Wäre die betriebliche Produktivität allein von der individuellen Produktivität abhän- gig, so hätten Betriebe mit einem hohen Anteil jüngerer oder älterer Mitarbeiter Produktivitätsnachteile gegenüber Betrieben mit einer hauptsächlich dem mittleren Alter zuzurechnenden Belegschaft. Dies begründet sich durch den umgekehrt u- förmigen Verlauf der individuellen Produktivität (vgl. IWH et al. 2006: 53).

Der Frage der Produktivität von Unternehmen geht eine Studie von IWH, TU Dres- den und ifo (vgl. IWH et al. 2006: 9) nach, die als Datenbasis den Linked- Employer-Employee-Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (LIAB) nutzt. Dieser Datensatz enthält sowohl Angaben zur betrieblichen Produkti- vität, als auch Individualdaten, wie z. B. Bildungsniveau, Geschlecht, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Nationalität, der sozialversicherungspflichtig Beschäftig- ten (vgl. Schneider 2006a: 333).

Durch die Komplexität des Datensatzes lassen sich in einer Regressionsrechnung zahlreiche Einflüsse auf die betriebliche Produktivität berücksichtigen und somit der Einfluss des Alters bestimmen (vgl. IWH et al. 2006: 56). Die Altersstruktur wird hierbei durch die Einteilung der Arbeitnehmer in fünf Alterskohorten abgebil- det (vgl. IWH et al. 2006: 57).

Als Ergebnis der Analyse ist ein signifikanter Einfluss des Alters auf die Pro- duktivität erkennbar. Ebenso wie bei der lohnorientierten Methode zur Bestim- mung der individuellen Produktivität ist ein umgekehrt u-förmiger Verlauf des Alters-Produktivitäts-Profils gegeben. Während der negative Effekt der jungen Ko- horten im industriellen Bereich stärker ausgeprägt ist, machen sich die Defizite der ältesten Kohorte stärker im Dienstleistungsbereich bemerkbar. Es ist allerdings eine geringe Erwerbsbeteiligung Älterer zu verzeichnen. Ein hierin enthaltener Selektionseffekt von weniger Produktiven würde zu einer überproportionalen Be- schäftigung hochproduktiver Älterer führen, was den negativen Effekt der Beschäf- tigung Älterer abschwächen würde (vgl. IWH et al. 2006: 68).

Gleichzeitig weist die Studie darüber hinaus nach, dass sich sowohl ein hoher Frauen-, wie auch ein hoher Ausländeranteil negativ auf die Produktivität auswir- ken (vgl. IWH et al. 2006: 66). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Frauen und Ausländer eher kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse eingehen (vgl. IWH et al. 2006: 60). Auch der negative Einfluss der jüngeren Kohorten lässt sich durch eine kurze Betriebszugehörigkeitsdauer erklären. Ein hohes Qualifikationsniveau und eine große Erfahrung wirken hingegen produktivitätsfördernd (vgl. IWH et al. 2006: 66; Schneider 2006a: 337).

Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass der Einsatz der komplementären 40

Kompetenzen Jüngerer und Älterer in altersgemischten Teams sich nicht produkti- vitätsfördernd auswirkt, sondern sogar eine produktivitätsmindernde Wirkung auf- tritt (vgl. IWH et al. 2006: 68; Börsch-Supan et al. 2006a: 79).

Der dargestellte Leistungsabfall wird jedoch nicht durch biologische Ursachen bzw. das kalendarische Alter, sondern innerbetriebliche Organisationsabläufe und Produktionsstrukturen hervorgerufen (vgl. Arnds, Bonin 2002: 11).

5.3 Entwicklung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen

Auch zur Klärung der Entwicklung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen kann der bereits in Kapitel 5.2 herangezogene Linked-Employer-Employee-Datensatz des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (LIAB) verwendet werden (vgl. IWH et al. 2006: 74).

Dessen Auswertung hat einen moderaten aber doch signifikanten Einfluss des Alters auf die Innovationsfähigkeit ergeben. Ein höherer Anteil jüngerer Mitarbeiter wirkt sich positiv auf die Innovationsneigung von Unternehmen aus. Dieser Ein- fluss fällt bei Dienstleistungsunternehmen stärker als bei Industrieunternehmen aus (vgl. IWH et al. 2006: 84).

Auch wirkt sich eine heterogene Alterszusammensetzung der Teams innovations- fördernd aus, sodass von einer Komplementarität der Kompetenzen von Jüngeren und Älteren ausgegangen werden kann. Jüngere Mitarbeiter bringen ihr Innovati- onspotential aufgrund der höheren fluiden Intelligenz ein, während ältere Mitarbei- ter ihr Erfahrungswissen, das auf der kristallinen Intelligenz beruht, einbringen (vgl. IWH et al. 2006: 84; Kordey, Korte 2006: 44).

Wie gleichzeitig festgestellt wurde, begünstigt die Aktualität des technischen Wis- sens der Jüngeren Produktinnovationen. Das Erfahrungswissen und die sozialen Kompetenzen Älterer wirken sich förderlich für organisationale Innovationen aus (vgl. IWH et al. 2006: 84).

Die auf innovativen Ideen basierende Entwicklung von Innovationen wird i. d. R. von spezialisierten Beschäftigtengruppen durchgeführt, bei denen sich die Alte- rung kaum negativ auswirkt (vgl. IWH et al. 2006: 72). Diese Expertenteams bei Innovationsvorhaben sind häufig international zusammengesetzt und beinhalten Mitarbeiter verschiedener Fachrichtungen. Ihre Zusammenarbeit erfordert Fähig- keiten wie Koordination, Erfahrung und Organisationstalent, die eher älteren Mitar- beitern zuerkannt werden (vgl. Krey, Meier 2004: 162).

Im weiteren Verlauf des Lebenszyklus sind diese Innovationen allerdings durch weitere Beteiligte zu implementieren, was bei einer zunehmenden Alterung lang- samer erfolgen könnte (vgl. IWH et al. 2006: 72).

Als zentrale Aussage der Untersuchung des LIAB bleibt festzuhalten, dass die betriebliche Innovationsfähigkeit durch die demografische Entwicklung ge- hemmt wird. Zentrales Kriterium für die nachlassende Innovationsfähigkeit ist je- doch nicht die Alterung der Beschäftigten. Stattdessen wirken sich ein Rückgang der Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter (siehe Kapitel 4.3), der Rückgang des Erwerbspersonenpotentials und ein Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften aus (vgl. IWH et al. 2006: 85; Bellmann et al. 2005: 22 - 23).

5.4 Entwicklung der Kosten von Unternehmen

Betrachtet man die Kosten von Unternehmen, so sind aus demografischer Sicht zu aller erst die Arbeitskosten zu berücksichtigen. Gleichzeitig ist zu beachten, dass sich die Arbeitskosten in den verschiedenen Wirtschaftszweigen unterschiedlich auswirken und in personalintensiven Bereichen wie dem Dienstleistungssektor den höchsten Einfluss zeigen (vgl. DBT 1998: 104). Einen Überblick über die Struktur der Arbeitskosten gibt Anlage 20.

Anhand der Entwicklung von Arbeitskräfteangebot, Durchschnittsalter und Qualifi- zierung wurde in Anlage 21 der Versuch gemacht, die Veränderung der Personal- kosten abzuschätzen. Fasst man die dortigen Aussagen unter Berücksichtigung der prozentualen Arbeitskostenanteile zusammen, so kann konstatiert werden, dass durch demografische Einflüsse die Arbeitskosten steigen werden.

Allerdings unterliegen die Arbeitskosten nicht nur der Verknappung von Arbeits- kräften und dem Senioritätsprinzip. Zu beachten sind auch mögliche gegenläufige Entwicklungen: Ein Rückgang der Arbeitskräftenachfrage aufgrund einer Konsum- nachfrageverringerung und die Steigerung der Arbeitszeit ohne entsprechenden Lohnausgleich könnten die Reallöhne konstant halten oder zu deren Absenkung führen (vgl. DBT 1998: 76; DBT 2002: 76; Börsch-Supan 2004: 11).

Weiterhin ist auch die Substitution von Arbeit durch Kapital ein mögliches Mittel, um die Verteuerung des Faktors Arbeit zu verhindern (vgl. Börsch-Supan, Reil- Held 2005: 10), was allerdings steigende Kapitalkosten impliziert. Außerdem ist diese Substitution bei Industriearbeitsplätzen mit niedriger Qualifikation zwar in einem hohen Maße möglich, im Bereich wissensintensiver Arbeiten jedoch nicht (vgl. Koppel 2007: 1).

Die betriebliche Produktivität hat einen umgekehrt u-förmigen Verlauf gezeigt, wodurch ceteris paribus mit steigendem Durchschnittsalter der Belegschaft die Produktivität abnehmen und damit die Kosten steigen werden (siehe Kapitel 5.2).

Die Innovationsfähigkeit wird durch einen Rückgang des Erwerbspersonenpo- tentials und einen Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften sinken (siehe Kapi- tel 5.3). Es ist zwar möglich, Innovationen von extern zuzukaufen oder die Qualifi- kation der eigenen Mitarbeiter zu erhöhen, dies würde jedoch zu höheren Kosten für die Unternehmen führen.

Zu berücksichtigen sind auch nicht sofort offensichtliche Kostenfaktoren. Jüngere Mitarbeiter neigen zu höherem Karriere- und Konkurrenzverhalten als Ältere. Durch diesen Aufstiegskampf wird Arbeitszeit verschenkt und Produktivität geht verloren. Mit steigendem Alter der Beschäftigten werden die dadurch verursachten Kosten tendenziell sinken (vgl. Hormel, Hiltl 2005: 108).

Abschließend kann festgehalten werden, dass die aufgeführten Entwicklungen und Einflüsse ceteris paribus zu steigenden Kosten für die Unternehmen führen wer- den.

5.5 Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit

Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist von deren Möglichkeiten zur Kos- tenführerschaft und Differenzierung abhängig. Während eine Kostenführerschaft durch niedrige (Arbeits-)Kosten und hohe Produktivität erreicht werden kann, ist die Differenzierung wiederum maßgeblich von der Innovationsfähigkeit anhängig.

Gemäß Kapitel 5.4 werden die Kosten für die Unternehmen steigen und damit die Möglichkeit der Kostenführerschaft negativ beeinflussen.

Steigende Kosten inländischer Unternehmen sind jedoch nicht alleiniges Merkmal der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, da auch andere Faktoren wie z. B. die Entwicklung der Arbeitskosten in den Konkurrenzländern und die Wechselkurse betrachtet werden müssen (vgl. DBT 1998: 103).

Auch erscheint die Frage der Kostenführerschaft vor dem Hintergrund der Globali- sierung zweitrangig, denn deutsche Unternehmen können mit ihrem hohen Lohn- niveau nicht mit Niedriglohnländern konkurrieren. Somit verbleibt ihnen als einzige Möglichkeit zum Erhalt ihrer Wettbewerbsfähigkeit die Differenzierung (siehe Kapi- tel 3).

Allerdings wird die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen, als Grundlage der Differenzierung, durch die demografische Entwicklung ebenfalls negativ beein- flusst. Deren Ursachen wurden in Kapitel 5.3 erläutert.

Diese Ausführungen führen zu dem Schluss, dass die internationale Wettbe- werbsfähigkeit deutscher Unternehmen demografiebedingt sinken wird, wenn keine politischen 41 und unternehmerischen Lösungsansätze gefunden wer- den (vgl. Sinn 2004: 65).

6 Unternehmerische Lösungsansätze

In diesem Kapitel werden die den Unternehmen zur Verfügung stehenden Hand- lungsoptionen aufgezeigt. Hergeleitet wurden die Handlungsfelder, die sich an den betrieblich beeinflussbaren Mitarbeitermerkmalen Leistungsfähigkeit 42 und Leis- tungsbereitschaft sowie an den Arbeitsbedingungen orientieren und die Arbeitsfä- higkeit eines Beschäftigten beeinflussen, bereits in Kapitel 3.

Aufgrund der Komplexität der Themenstellung können die vielfältigen Maßnahmen in dieser Ausarbeitung keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Weiterhin können die Maßnahmen nicht immer eindeutig einem Handlungsfeld zugeordnet werden und eine Maßnahme kann multiple Effekte, auch in anderen Handlungsfel- dern, aufweisen.

Bei der Durchführung der Maßnahmen sind Unternehmen jedoch nicht auf sich allein gestellt. Sie können und müssen überbetriebliche Institutionen wie Kranken- kassen, Berufsgenossenschaften, IHK, HWK, Branchenverbände und Sozialpart- ner einbeziehen (vgl. Kistler et al. 2006: 103).

Die Personalfreisetzung durch Altersteilzeit soll im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht diskutiert werden, da es die Zielsetzung der Personalpolitik sein muss, die Arbeits- und Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer bis zum regulären Renteneintritt zu erhalten.

6.1 Handlungsfeld Gesundheit

„Gesundheit ist mehr als Abwesenheit von Krankheit und umfasst physisches, psychisches und soziales Wohlbefinden“ (Richenhagen 2004: 66). Diese auf der Ottawa-Charta der WHO von 1986 (vgl. Badura, Hehlmann 2003: 11) basierende Erkenntnis erweitert die in der Biomedizin im Fokus stehende Erforschung und Kontrolle pathogener 43 Vorgänge im menschlichen Organismus um den Gesund- heitspotentiale erforschenden und Gesundheit fördernden Ansatz der Salutogene- se 44 (vgl. Badura, Hehlmann 2003: 14 - 15).

Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Gesundheit zu einem zentralen Fak- tor in alternden Belegschaften wird, beschränken sich aber dennoch meist auf Krankenstandsanalysen, Mitarbeiterbefragungen zum Gesundheitsschutz am Ar- beitsplatz und Rückkehrgespräche nach einer Krankheit.

Gefragt ist jedoch ein systematischer Ansatz, der einzelne Maßnahmen des Ar- beits- und Gesundheitsschutzes zu einem ganzheitlichen Präventionsmanagement

bündelt (vgl. Berssem et al. 2006: 44). Dieses kann ein integriertes und ganzheitli- ches Gesundheitsmanagement leisten, das Gesundheitsschutz und Gesund- heitsförderung umfasst.

Der in umfangreichen gesetzlichen Bestimmungen geregelte Gesundheitsschutz soll die Mitarbeiter vor Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Erkrankungen schützen. Dies soll durch eine arbeitssichere, gesundheitsgerechte und ergonomi- sche Gestaltung von Arbeitssystemen und Werkzeugen und eine Vermeidung von Gefahrstoffen geschehen. Außerdem muss den Mitarbeitern der richtige Umgang mit technischen und räumlichen Arbeitsbedingungen nahe gebracht werden. Diese Maßnahmen können zwar Krankheiten verhindern, sie reichen jedoch nicht aus, Gesundheit = Wohlbefinden zu erreichen. Hierzu ist in Ergänzung die Gesund- heitsförderung notwendig (vgl. Bullinger, Schmauder 1998: 40 - 41, 43).

I. d. R. finden jedoch keine aktiven Maßnahmen im Sinne einer präventiven Ge- sundheitsförderung statt. Werden Maßnahmen durchgeführt, handelt es sich meist nur um vereinzelte Angebote, die sich auf gelegentliche Gesundheitstage, Fit- nessangebote oder punktuelle Vorsorgemaßnahmen beschränken (vgl. Berssem et al. 2006: 44; O. V. 2005: 50; Richenhagen 2004: 66; Kistler 2005: 30) und oft nach dem Gießkannenprinzip durchgeführt werden (vgl. Gerlmaier, Latniak 2005: 24).

Eine Beschränkung des Gesundheitsmanagements auf eine angestrebte Umset- zung gesetzlicher Auflagen und eine Kostensenkung durch Reduzierung der Fehl- zeiten ist nicht ausreichend. Die weiterreichenden Effekte, wie Reduzierung der Arbeitsbelastungen, Erhöhung der Belastbarkeit, Verbesserung des Gesundheits- zustands und verbesserte Eigenverantwortung des Mitarbeiters, decken sich mit den personalpolitischen Zielen Erhöhung der Arbeitszufriedenheit 45 und Motivati- on, Steigerung von Leistungs- und Innovationsfähigkeit, Verbesserung der inner- betrieblichen Kommunikation und Erhöhung der Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen und seine Ziele (vgl. Siegemund 2006: 49; Kwapil 2004: 68; Badura et al. 1999: 34; Badura, Hehlmann 2003: 39).

Ein Patentrezept für die betriebliche Gesundheitsförderung gibt es nicht, sondern für jeden Betrieb muss eine individuelle Anpassung an die spezifischen Anforde- rungen erreicht werden (vgl. Badura et al. 1999: 59). Ein ernsthaftes Interesse des Unternehmens an betrieblicher Gesundheitsförderung ist jedoch wichtige Voraus- setzung, die keine Unsicherheit im Management erlaubt (vgl. Vieweg 2003: 140) und das Gesundheitsmanagement zu einer Führungsaufgabe macht (vgl. Kwapil 2004: 66). Siehe auch die Ausführungen in Kapitel 6.5.2 bzw. Anlage 40.

In der betrieblichen Praxis des Gesundheitsmanagements wird nach Maßnahmen der Fehlzeitenreduzierung und präventiven Maßnahmen der Anwesenheitserhö- hung unterschieden (vgl. Piorr et al. 2000: 62).

6.1.1 Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung

Vor dem Hintergrund notwendiger präventiver Maßnahmen sollen hier nicht Maß- nahmen zur Fehlzeitenreduzierung als Ziel des Gesundheitsmanagements propa- giert werden. Nichtsdestotrotz sind diese jedoch in einigen Fällen zum Verständnis erforderlich bzw. Maßnahmen in anderen Handlungsfeldern bauen auf ihnen auf.

Die Maßnahmen der Fehlzeitenreduzierung können weiter in allgemeine betriebli- che Maßnahmen und spezielle betriebliche Maßnahmen differenziert werden (vgl. Derr 1995: 70).

Als allgemeine betriebliche Maßnahmen zur Fehlzeitenreduzierung, die eine langfristige Wirkung haben, lassen sich die »Ursachenermittlung«, »gesundheits- politische Maßnahmen«, »Verbesserung der Arbeitsbedingungen«, »personalpoli- tische Maßnahmen« und »Verbesserung von Führung und Betriebsklima« auffüh- ren, die in Anlage 22 erläutert sind. Allgemeine betriebliche Maßnahmen zielen generell darauf ab, die Arbeitsbedingungen zu analysieren und zu verbessern (vgl. Derr 1995: 57, 70 - 99).

Grundlage der Fehlzeitenreduzierung ist eine »Ursachenermittlung«, zu der die drei Instrumente Fehlzeitenbericht, Mitarbeiterbefragung und Mitarbeitergespräch gehören (vgl. Derr 1995: 71). Auch Screening 46 und werksärztliche Untersuchung werden der Ursachenermittlung zugerechnet (vgl. Badura et al. 1999: 88).

Zu den »gesundheitspolitischen Maßnahmen« zählen Gesundheitsbericht, Ge- sundheitszirkel, Fokusgruppen, betriebliche Sozialleistungen, Einzel- und Rehabili- tationsmaßnahmen (vgl. Derr 1995: 94 - 95; Badura et al. 1999: 87). Einzelmaßnahmen gehören zu den verhaltenspräventiven Maßnahmen und wer- den in Kapitel 6.1.2 dargelegt.

Eine »Verbesserung der Arbeitsbedingungen« erfolgt durch arbeitsgestalterische und arbeitsorganisatorische Maßnahmen, die in Kapitel 6.3 dargestellt sind. »Per- sonalpolitische Maßnahmen« und die »Verbesserung von Führung und Betriebs- klima« werden in Kapitel 6.4 bzw. 6.5 aufgezeigt.

Eine kurzfristige Wirkung wird den speziellen betrieblichen Maßnahmen zur

Fehlzeitenreduzierung zugeschrieben, die sich in »informatorische«, »kontrollie- rende«, »belohnende« und »strafende« Maßnahmen unterteilen. Diese sind in Anlage 23 dargestellt. Sie zielen darauf ab, ein ungerechtfertigtes Fehlen von Mit- arbeitern nicht zu tolerieren (vgl. Derr 1995: 57, 99 - 116).

Das Ziel von »informatorischen Maßnahmen«, deren Zielgruppen die Gesamtbe- legschaft, einzelne Mitarbeiter, Vorgesetzte und Ärzte im Umfeld des Betriebes sein können, ist eine Schärfung des Problembewusstseins, dass hohe Fehlzeiten für alle Beteiligten im Unternehmen negative Konsequenzen haben (vgl. Derr 1995: 99).

Als »kontrollierende Maßnahmen« werden häufig Fehlzeitenbriefe, Fehlzeitenge- spräche, Krankenbesuche, Attestpflicht ab dem 1. Krankheitstag, Untersuchungen durch den Betriebsarzt oder durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse eingesetzt, wenn die Begründung der Fehlzeiten zweifelhaft erscheint oder sich Fehlzeiten an bestimmten Wochentagen häufen (vgl. Derr 1995: 103 - 104).

Materielle Anreize, die gewährt werden, wenn in einem bestimmten Zeitraum keine Fehlzeiten angefallen sind, sind »belohnende Maßnahmen« wie z. B. die Zahlung von Anwesenheitsprämien und Erfolgsbeteiligungen (vgl. Derr 1995: 108 - 110).

Zu den »strafenden oder disziplinarischen Maßnahmen« gehören Ermahnungen, Verwarnungen, Abmahnungen, Strafversetzungen, krankheitsbedingte Kündigun- gen und Kürzungen von übertariflichen Zulagen, die ein auffälliges Fehlzeitenver- halten eines Mitarbeiters sanktionieren sollen. Die fehlzeitenreduzierende Wirkung dieser Maßnahmen, außer der Kündigung, ist fraglich, wenn sie nicht sogar zu einer Erhöhung der Fehlzeiten führen (vgl. Derr 1995: 111 - 112).

6.1.2 Präventive Maßnahmen zur Anwesenheitserhöhung

Für Unternehmen und Mitarbeiter sinnvoller als die Fehlzeitenreduzierung ist eine Erhöhung der Anwesenheitsquote. Grundlage hierfür ist der in Kapitel 6.1.1 er- wähnte krankheitsorientierte Fehlzeitenbericht. Um aus ihm ein Instrument zur Anwesenheitserhöhung zu machen, ist er um die Gesundheitsdimension zu erwei- tern und in ein biopsychosoziales Kennziffernsystem (siehe Anlage 24) zu überfüh- ren. Aus der sozialepidemiologischen Forschung sind zahlreiche psychosoziale Indikatoren bekannt, die bereits im Rahmen von Mitarbeiterbefragungen ange- wandt werden: Gesundheit, Krankheit, Ressourcen und Belastungen. Mit Hilfe der ermittelten psychosozialen Kennziffern lassen sich die notwendigen Informationen über die Zielgröße Gesundheitszustand und seine potentiellen Einflussgrößen Ressourcensituation und Belastungssituation zur ganzheitlichen Steuerung der Gesundheitsförderung extrahieren (vgl. Pfaff 1999: 136 - 137). Eine ganzheitlich verstandene Gesundheitsförderung umfasst sowohl verhältnis- präventive 47 Maßnahmen, die auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen ab- zielen, als auch verhaltenspräventive 48 Maßnahmen (vgl. Slesina 2003: 161).

Verhältnispräventive Maßnahmen (siehe u. a. Kapitel 6.3) gelten als die wirksams- ten Maßnahmen. Sie sind die Grundlage für Verhaltensänderungen (vgl. Derr 1995: 97). Verhaltenspräventive Maßnahmen sollten nicht nur das berufliche, son- dern auch das private Umfeld der Mitarbeiter abdecken (vgl. Jancik 2002: 85). Sie werden in Anlage 25 dargestellt.

Verhältnis- und verhaltenspräventive Maßnahmen, die das berufliche Umfeld der Mitarbeiter betreffen, werden vorwiegend auf den Handlungsgebieten Arbeitsorga- nisation, Personalmanagement und Führung durchgeführt und in den entspre- chenden Kapiteln erläutert (vgl. Schnabel 1998: 267 - 268; Derr 1995: 95).

Weiterhin zählen auch ärztliche Vorsorgeuntersuchungen für besonders belastete Arbeitnehmergruppen zu den verhältnispräventiven Maßnahmen im beruflichen Umfeld (vgl. Derr 1995: 95).

Verhaltenspräventive Maßnahmen im privaten Bereich sind notwendig, da die mit steigendem Alter drastisch zunehmenden Muskel-Skelett-Erkrankungen, Herz- Kreislauf-Beschwerden und psychischen Störungen neben den im Berufsleben erfahrenen Belastungen auch durch die individuelle Lebensweise entscheidend beeinflusst werden (vgl. Lindemann 2005: 15).

Beispiele für verhaltenspräventive Maßnahmen der Mitarbeiter im privaten Umfeld sind die Veränderung der Ernährungsgewohnheiten (vgl. Jancik 2002: 91) oder des Freizeitverhaltens (vgl. Jancik 2002: 93), die durch betriebliche Motivation un- terstützt werden können.

Eine Minderung außerbetrieblicher Belastungen und damit eine Reduzierung von Fehlzeiten und Fluktuation gehört zu den verhältnispräventiven Maßnahmen im privaten Umfeld (vgl. Derr 1995: 95) Diese Belastungsminderung kann u. a. durch familienfreundliche Maßnahmen, die in Kapitel 6.4.4 beschrieben sind, erfolgen.

Kritisch ist anzumerken, dass die fehlzeitensenkende Wirkung verhaltenspräventi- ver Einzelmaßnahmen im privaten Umfeld in der Literatur z. T. skeptisch beurteilt wird. Die Angebote erreichen lediglich diejenigen Arbeitnehmer, die ohnehin Inte- resse an diesen Angeboten haben. Arbeiter fühlen sich in der Regel nicht ange- sprochen (vgl. Derr 1995: 98; Slesina 2003: 161). Weiterhin bietet es sich an, ver- haltenspräventive Einzelmaßnahmen im beruflichen Bereich mit zusätzlichen An- geboten zu kombinieren. Z. B. können Rückenschulungen, die von belasteten Per- sonen nicht angenommen werden, mit zusätzlichen Massagen oder der kostenlo- sen Nutzung des Hallenbades kombiniert werden und somit die Teilnahmebereit- schaft erhöhen (vgl. Echterhoff 2003: 60).

6.1.3 Amortisation von Maßnahmen der Gesundheitsförderung

Studien zu verschiedenen Gesundheitsförderungsprogrammen haben eine Redu- zierung der Fehlzeiten von 12 bis 36 % und eine Reduzierung der mit Fehlzeiten verbundenen Kosten von 34 % ermittelt. Einige Studien haben sich mit dem Kos- ten-Nutzen-Verhältnis von Gesundheitsförderungsprogrammen beschäftigt. Hier- bei wurde ein Return on Investment zwischen 2,5 und 4,85 ermittelt. D. h., für je- den investierten Euro wurden zwischen 2,5 und 4,85 Euro durch reduzierte Abwe- senheitsstunden eingespart (vgl. Kreis, Bödeker 2003: 30).

Die Maßnahmen der Gesundheitsförderung müssen langfristig betrachtet werden, denn die Wirkung der Gesundheitsförderung tritt über einen Zeitraum von 25 Jah- ren ein (vgl. Jancik 2002: 20). Wichtig ist somit, dass Maßnahmen der Gesund- heitsförderung nicht erst bei älteren Mitarbeitern ansetzen, sondern schon bei Jüngeren Anwendung finden, um chronische Krankheiten gar nicht erst entstehen zu lassen (vgl. Pack et al. 2000: 34; Richenhagen 2004: 66).

6.2 Handlungsfeld Weiterbildung

Wissen und seine Anwendung werden mit dem Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft zum entscheidenden Produktionsfaktor, der langfristig Wett- bewerbsvorteile sichert (vgl. Buck, Weidenhöfer 2006: 103). Der Erwerb neuen Wissens zur Bewältigung komplexerer Aufgaben wird in Zukunft nicht mehr aus- schließlich durch die Rekrutierung junger Hochschulabgänger oder Fachkräfte zu lösen sein, da diese nicht mehr in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen werden (vgl. Buck, Weidenhöfer 2006: 113; Richenhagen 2004: 60; siehe Kapitel 5.1.2).

Ein Unternehmen, dass im Markt bestehen will, muss sicherstellen, dass seine

„Lerngeschwindigkeit gleich oder größer ist als die Änderungsgeschwindigkeit des Umfeldes“ (Nagel 1994: 31) und seine Mitarbeiter für alle gegenwärtigen und zu- künftigen Anforderungen qualifizieren (vgl. Jung 2006: 250). Es werden verstärkt Investitionen in die Aus- und Weiterbildung aller Beschäftigtengruppen notwendig werden (vgl. Buck, Weidenhöfer 2006: 113; Richenhagen 2004: 60).

6.2.1 Analyse des aktuellen Zustands der beruflichen Weiterbildung

Untersuchungsgegenstand soll im folgenden Verlauf die berufliche Weiterbildung Erwerbstätiger sein. Zunächst ist die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung ins- gesamt zu betrachten. Hierbei werden Erwerbstätige und Erwerbslose einbezo- gen. Sowohl die Teilnahmequote an betrieblicher Weiterbildung, als auch der Zeit- aufwand zeigen in jüngerer Zeit einen abnehmenden Trend. Die Teilnahmequote ist bis 1997 beständig auf 30 % angestiegen und hat seitdem bis 2003 auf 26 % abgenommen (vgl. Kuwan et al. 2006: 40).

Die Bildungsteilnahme nach Alter bei Erwerbstätigen hat im Jahr 2003 gegenüber dem Jahr 2000 in allen Altersgruppen abgenommen (vgl. Kuwan et al. 2006: 91). Auch der durchschnittliche Stundenaufwand für berufliche Weiterbildung (Erwerbs- tätige und Erwerbslose) hat im Jahr 2003 mit zunehmendem Alter stärker abge- nommen (vgl. Kuwan et al. 2006: 91). Im Alter von 19 - 34 Jahre hat zwar fast kei- ne Veränderung stattgefunden. Demgegenüber hat sich der Stundenaufwand bei den 34- bis 49-Jährigen um über 30 % und bei den 50- bis 64-Jährigen um 50 % verringert. Über alle Altersgruppen ergibt sich eine Reduzierung von etwa 25 % (vgl. Kuwan et al. 2006: 98).

Die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung nimmt mit steigender beruflicher Qua- lifikation zu. Erstaunlich ist eine Zunahme der beruflichen Weiterbildung in 2003 gegenüber 2001 bei Erwerbstätigen ohne Berufsausbildung. Entgegengesetzt entwickelt und teilweise drastisch verringert hat sich die Teilnahme bei Erwerbstä- tigen mit Lehre, Berufsfachschule, Meister- und anderen Fachschulen und Hoch- schulabschlüssen (vgl. Kuwan et al. 2006: 110).

Die geschlechtsspezifische Betrachtung ergibt in den Jahren 1979 - 2000 immer eine geringere Teilnahme erwerbstätiger Frauen gegenüber Männern. Im Jahr 2003 haben prozentual betrachtet erstmals mehr erwerbstätige Frauen als Männer an beruflicher Weiterbildung teilgenommen (vgl. Kuwan et al. 2006: 121). Betrach- tet man allerdings die Maßnahmestunden, so stellt man fest, dass Männer um ü- ber 50 % mehr als Frauen von betrieblicher Weiterbildung partizipieren (vgl. Ku- wan et al. 2006: 132).

Seit 1997 hat die Teilnahme an beruflicher Weiterbildung bei Ausländern abge- nommen (vgl. Kuwan et al. 2006: 135). Im Jahr 2003 war die Teilnahme an berufli- cher Weiterbildung (Erwerbstätige und Erwerbslose) bei Deutschen mit ausländi- schem Lebenshintergrund etwa 50 % höher als bei Ausländern. Deutsche mit deutschem Lebenshintergrund haben etwa doppelt so oft an beruflicher Weiterbil- dung teilgenommen wie Ausländer (vgl. Kuwan et al. 2006: 140), die sich mit ge- ringen oder gar keinen deutschen Sprachkenntnissen und unzureichenden Schreib- und Lesefähigkeiten nicht so oft an beruflicher Weiterbildung beteiligen (vgl. Kuwan et al. 2006: 136; BMFSFJ 2005: 92).

Nicht nur Ältere werden von den Unternehmen weniger in die betriebliche Weiter- bildung einbezogen, sondern auch geringer Qualifizierte, Frauen und Ausländer, da sie häufig auf Arbeitsplätzen mit restriktiven Anforderungen zu finden sind (vgl. BMFSFJ 2005: 138; Köchling 2006: 105).

6.2.2 Maßnahmen der betrieblichen Weiterbildung

Die im vorigen Kapitel aufgezeigte Benachteiligung bestimmter Beschäftigtengrup- pen muss in einen Zustand der Chancengleichheit umgewandelt werden, da zu- künftig mehr Ältere, Frauen und Ausländer in den Unternehmen beschäftigt wer- den müssen, um den Personalbedarf zu decken (vgl. Köchling 2006: 101). Dies trifft auch auf Weiterbildungsmaßnahmen mit längerer Dauer und höheren Kosten zu (vgl. Köchling 2006: 109). Siehe hierzu auch die Ausführungen zu Kosten und Amortisation von Weiterbildungsmaßnahmen in Kapitel 6.2.4.

Älteren Beschäftigte werden häufig mangelnde Lernbereitschaft und Lernfähigkeit unterstellt (vgl. Nocera, Zweifel 1996: 40; Stöckl et al. 2001: 92). Die Lernfähig- keit nimmt jedoch nicht zwangsläufig mit zunehmendem Alter ab, sondern ist meist das Ergebnis einer ungünstigen Arbeitsbiografie. Beeinflusst wird die Lern- fähigkeit von exogenen Faktoren wie z. B. der Schulbildung, dem Qualifizierungs- grad und dem Ausmaß kognitiven Trainings im Erwachsenenalter (vgl. Stöckl et al. 2001: 94 - 95; Schwab, Seemann 2005: 63).

Grundsätzlich setzt die Lernbereitschaft „bei den Lernenden auch die Überzeu- gung voraus, dass sich Lernen lohnt. ... Berufserfahrene Personen sind häufig der Meinung, dass sie bereits alles Wichtige gelernt haben.“ (Bergmann 1994: 128). Viele Beschäftigte aus den sog. Benachteiligungsgruppen, die hauptsächlich mo- notone Tätigkeiten ausüben, haben seit längerer Zeit nicht mehr an Weiterbil- dungsmaßnahmen teilgenommen. Dies ist häufig auch in der persönlichen Einstel- lung des Beschäftigten begründet, der der Meinung ist, mit „Abschluss der ersten Ausbildung ausgelernt zu haben“ (Berssem et al. 2006: 46) oder er denkt, er sei nicht mehr lernfähig und fürchtet zu versagen (vgl. INQA 2005: 20; Geldermann 2005: 70). Zudem wächst mit zunehmendem Alter die Zufriedenheit mit der er- reichten Position, sodass Weiterbildung nicht mehr als notwendig erachtet wird (vgl. Geldermann 2005: 70). Hier handelt es sich somit um ein Motivationsproblem (vgl. Christ, Röhrig 2001: 48).

Den Mitarbeitern muss bewusst gemacht werden, dass Lernen ein altersintegrier- ter Prozess ist. Die klassischen sequentiell hintereinander ablaufenden Lebensbe- reiche Bildung, Arbeit und Freizeit müssen in ein Konzept überführt werden, bei denen diese Lebensbereiche parallel ablaufen und in einem Prozess des lebens- langen Lernens münden (vgl. Baltes 2001: 29; Riley, Riley 1994: 454).

Bei Beschäftigten, die längere Zeit nicht an Weiterbildungsmaßnahmen teilge- nommen haben, tritt eine Lernentwöhnung ein, die sich insbesondere bei Weiter- bildungsmaßnahmen mit einem hohen Anteil Theorievermittlung negativ bemerk- bar macht (vgl. Köchling 2006: 110). Fehlende Lernmöglichkeiten führen nicht nur zum Verlust vorhandener Qualifikation, sondern auch zum Nachlassen der Lernfä- higkeit (vgl. Frerichs 2005: 51 - 52).

Mitarbeiter bei denen eine Lernentwöhnung bereits eingetreten ist, sollten langsam wieder an den Lernprozess herangeführt werden und durch gezielte Weiterbil- dungsmaßnahmen sollte auf einen nachträglichen Ausgleich qualifikatorischer Defizite hingewirkt werden (vgl. Schwab, Seemann 2005: 64). Hierfür sollten die in Anlage 26 genannten Voraussetzungen gegeben sein.

Aufgabe aus Unternehmenssicht ist es somit nicht nur, die bereits erwähnte Chan- cengleichheit sicherzustellen. Vielmehr muss eine lernförderliche Arbeitsorgani- sation geschaffen werden (vgl. Becker et al. 2004: 5). Eine Tätigkeit sollte ständig Lernanreize enthalten, was immer dann der Fall ist, wenn der Mitarbeiter mit neu- en Aufgaben, Arbeitsverfahren und Arbeitsmitteln konfrontiert wird (vgl. Köchling 2006: 112). Lernanreize erleichtern Veränderungen und Umstellungen auf neue Arbeitssituationen und Anforderungen. Diese Lernanreize sind häufig bei Erwerbs- tätigen in Führungspositionen, bei Erwerbstätigen mit Computertätigkeiten und bei Beschäftigtengruppen bis zum 45. Lebensjahr anzutreffen (vgl. Köchling 2006: 107).

Für die Gesamtheit der Mitarbeiter sind präventive Konzepte zur Qualifizierung notwendig, sodass eine Lernentwöhnung nicht eintreten kann und Qualifikations- defizite verhindert werden (vgl. Schwab, Seemann 2005: 64). Hierzu bieten sich ein kontinuierlicher Erwerb von arbeitsplatzbezogenen und arbeitsplatzübergrei- fenden Qualifikationen an, die systematisch geplant werden müssen und durch zwischen- bzw. innerbetriebliche Mobilitätsförderung und Arbeitsplatzwechsel un- terstützt werden können (vgl. Frerichs 2005: 50).

Als weitere wichtige Rahmenbedingung im Sinne eines lebenslangen Lernens (vgl. INQA 2005: 20) im Unternehmen müssen lernförderliche Organisationsstruktu-

ren geschaffen werden. Diese umfassen u. a. flache Hierarchien mit eigenverant- wortlichen Organisationseinheiten, eine hohe Mitwirkungsmöglichkeit der Mitarbei- ter und die Formulierung von Lernzeiten bzw. den Einsatz von Lernzeitkonten. Durch flache Hierarchien wird der Austausch von Wissen und Informationen er- leichtert. Von eigenverantwortlichen Einheiten mit ganzheitlichen Aufgaben geht eine motivierende Wirkung aus. Lernzeiten bzw. Lernzeitkonten sollen eine Ver- nachlässigung des Lernens während des täglichen Arbeitsdrucks verhindern (vgl. Sonntag et al. 2006: 195). Weiterhin sollten wechselnde Aufgaben, geeignete Formen der Gruppenarbeit, Kooperationsmöglichkeiten mit Mitarbeitern aus be- nachbarten Prozessen, Kunden und Zulieferern einer Lernentwöhnung entgegen- wirken, indem Routinearbeiten verringert werden und das Mitdenken gefordert und gefördert wird (vgl. Wolff et al. 2001: 26). Dies wird u. a. durch verschiedene Sys- teme der Gestaltung des Arbeitsinhalts erreicht, die in Kapitel 6.3.2 beschrieben werden.

Weiterbildung ist auch eine Führungsaufgabe. Dies ergibt sich nicht nur durch die notwendige Implementierung der lernförderlichen Organisationsstruktur und Ar- beitsorganisation, sondern auch aus den persönlichen Einstellungen des Mitarbei- ters, die zur Lernentwöhnung geführt haben. Die Führungskraft muss lernentwöhn- ten Beschäftigten „das Vertrauen in die eigene geistige Beweglichkeit und das Interesse an neuen Erfahrungen .. stärken, denn Zweifel an den eigenen Fähigkei- ten führen letztlich wegen des damit oft verbundenen Verzichts ihrer Betätigung auch dann zu einer Minderung dieser Fähigkeiten, wenn die Zweifel ursprünglich gar nicht gerechtfertigt waren“ (Brandstätter 2006: 69).

In vielen Fällen sind sich die Mitarbeiter auch nicht bewusst, ein Qualifikationsdefi- zit zu haben. Die Führungskraft ist dann gefordert, dem Beschäftigten dieses Qua- lifikationsdefizit bewusst zu machen, sodass der Mitarbeiter durch eine Weiterbil- dung die notwendige Qualifikation erreichen und den zukünftigen Anforderungen gerecht werden kann (vgl. Ulich 2006: 152). Dies muss unter dem Aspekt erfolgen, dass Mitarbeiter zunehmend selbst gefordert sind, „ihre Lernprozesse zu initiieren, zu gestalten und zu steuern“ (Sonntag et al. 2006: 199).

[...]


1 Wenn im Rahmen dieser Ausarbeitung nur in der männlichen Form von Mitarbeitern oder Arbeitnehmern die Rede ist, geschieht dies ausschließlich der besseren Lesbarkeit halber und schließt selbstverständlich Mitarbei- terinnen und Arbeitnehmerinnen mit ein.

2 Ältere, aber immer noch gültige, Schreibweise von Demografie (vgl. Dudenredaktion 2007: 212).

3 Teilgebiet der Hygiene, das sich mit der Wechselbeziehung zwischen dem Gesundheitszustand des Menschen und seiner sozialen Umwelt befasst (vgl. Dudenredaktion 2007: 975).

4 Aufgrund des in der Literatur zumeist verwendeten Begriffs Geburtenrate werden im Folgenden die Begriffe Fertilitätsrate und Geburtenrate synonym verwendet.

5 Birg spricht auch davon, dass die von Bismarck eingeführte Sozialversicherung wesentliche Ursache für den Geburtenrückgang ist und somit selbst dazu beitrug, dass sie ihre Funktionsfähigkeit verlor (vgl. Birg 2005: 9).

6 tatsächlich (vgl. Dudenredaktion 2007: 205)

7 Porter ist eine der führenden Autoritäten auf dem Gebiet der Wettbewerbsstrategie und Wettbewerbsfähigkeit auf der Ebene von Unternehmen, Regionen und Nationen. Außerdem war und ist er Berater der US- amerikanischen Regierung und zahlreicher internationaler Unternehmen (vgl. Harvard Business School 2007).

8 Factor conditions

9 Demand conditions

10 Related and supporting industries

11 Firm strategy, structure and rivalry

12 Government

13 Chance

14 Die Produktivität ist allgemein definiert als Verhältnis zwischen Produktionsmenge (output) und dem Faktoren- einsatz (input) (vgl. Schneck et al. 2005: 827).

15 „ ... that a firm practice a form of what Schumpeter called „creative destruction“ on itself.“

16 „ ... leads German firms almost inevitably to compete on the basis of differentiation, not cost.“

17 Die Begriffe Lohn und Entgelt werden synonym verwendet.

18 Motivation: Summe der Beweggründe, die jmds. Entscheidung, Handlung beeinflussen (vgl. Dudenredaktion 2007: 680)

19 Die Leistungsfähigkeit ist mit der Produktivität gleichzusetzen (vgl. Dudenredaktion 2007: 844).

20 Fachgebiet, auf dem die Alterungsvorgänge beim Menschen unter biologischen, medizinischen, psychologi- schen und sozialen Aspekten erforscht werden (vgl. Dudenredaktion 2007: 364).

21 „fluid intelligence“ (vgl. Brandstätter 2006: 68)

22 Problemerstlösungskompetenz (vgl. IWH et al. 2006: 41)

23 „crystallized intelligence“ (vgl. Brandstätter 2006: 68)

24 Problemwiederholungslösungskompetenz (vgl. IWH et al. 2006: 41)

25 Entgegen dem Titel der Studie wurden mangels ausreichender Daten für Ostdeutschland die Ergebnisse von Deutschland auf Ostdeutschland übertragen (vgl. IWH et al. 2006: 39).

26 „Creativity is the production of novel and useful ideas by an individual or small group working together. ... inno-

27 „Während die Innovationsfähigkeit vornehmlich kognitive Parameter wie Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten umfasst, charakterisieren wir mit dem Begriff der Innovationsbereitschaft diejenigen Motivlagen und Einstel- lungen, die die Akzeptanz von und das Streben nach Neuem befördern.“ (Jasper, Fitzner 2000: 144; Herv. d. Verf.).

28 Neben der Veränderung des Erwerbspersonenpotentials ergeben sich u. a. Risiken hinsichtlich des Marktpoten- tials bzw. der Zielgruppe des Unternehmens (vgl. Bursee, Schawilye 2005: 15).

29 beschleunigend (vgl. Dudenredaktion 2007: 46)

30 Der Begriff „Bevölkerungspolitik“ ist seit der Nazizeit negativ belastet, kann aber unter demokratischen Zielen der heutigen Zeit als Familienpolitik verstanden werden (vgl. Birg 2001: 162).

31 unter [sonst] gleichen Umständen (vgl. Dudenredaktion 2007: 168)

32 Verschiebung des Anteils an der Gesamtbeschäftigung vom primären Sektor der Land- / Forstwirtschaft und Fischerei und vom sekundären Sektor der Energie-/ Wasserversorgung und Bergbau, verarbeitendes Gewerbe sowie Baugewerbe hin zum tertiären Sektor der Dienstleistungen (vgl. DBT 1998: 141).

33 Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung werden die Begriffe Ausländer und Migranten synonym verwendet.

34 Die Gesamtbevölkerung betrug 2005 etwa 82,4 Mio., von denen 6,75 Mio. Ausländer waren (vgl. Statistisches Bundesamt 2007b: 34, 48).

35 Es wird der gleiche Zuwachs unterstellt, wie er sich zwischen 1970 und 2000 real ergeben hat (vgl. Baade 2007: 98; Plünnecke, Seyda 2004: 127, 132).

36 Dies sind meist Kinder von Zuwanderern, die in der zweiten oder dritten Generation in Deutschland leben, ihre Hochschulzugangsberechtigung in Deutschland erworben haben und ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten haben (vgl. Willand 2005: 36).

37 Morbidität: Häufigkeit der Erkrankungen innerhalb einer Bevölkerungsgruppe (vgl. Dudenredaktion 2007: 678).

38 Wissenschaft von der Entstehung, Verbreitung, Bekämpfung und den sozialen Folgen von Epidemien, zeittypi- schen Massenerkrankungen und Zivilisationsschäden (vgl. Dudenredaktion 2007: 282).

39 Krankheiten, die Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit erleiden (vgl. BMAS 2007: 12).

40 sich gegenseitig ergänzend (vgl. Dudenredaktion 2007: 544)

41 Als politische Maßnahmen können hier z. B. die vom Bundesrat am 30.03.2007 beschlossene schrittweise Anhebung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre in den Jahren 2012 bis 2029 (vgl. O. V. 2007: 2) und ein frü- herer Eintritt ins Erwerbsleben durch kürzere Ausbildungs- und Studienzeiten aufgeführt werden.

42 Während die Leistungsfähigkeit die Gesundheit und Qualifikation der Mitarbeiter umfasst, sind Motivation und Arbeitszufriedenheit die Grundlagen der Leistungsbereitschaft (vgl. Ilmarinen, Tempel 2002, 167).

43 Pathogen: Krankheiten erregend, verursachend. Hiervon abgeleitet die Pathogenese: Gesamtheit der an Entstehung und Entwicklung einer Krankheit beteiligten Faktoren (vgl. Dudenredaktion 2007: 771).

44 Salutogenese: Gesamtheit gesundheitsfördernder und -erhaltender Faktoren (vgl. Dudenredaktion 2007: 929).

45 Unter Arbeitszufriedenheit versteht man „die Summe der Empfindungen und Gefühle, die ein Arbeitnehmer aus dem Erlebnis seiner Arbeit gewinnt und in seinem Verhalten zum Ausdruck bringt“ (Richter 1989: 193).

46 Medizinisches Verfahren zur Reihenuntersuchung (vgl. Dudenredaktion 2007: 940).

47 Verhältnisänderung in den Betrieben

48 Verhaltensänderung der Mitarbeiter

Fin de l'extrait de 317 pages

Résumé des informations

Titre
Der demografische Wandel aus personalpolitischer Sicht
Université
University of Applied Sciences Hamburg
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
317
N° de catalogue
V117627
ISBN (ebook)
9783640198863
ISBN (Livre)
9783640199044
Taille d'un fichier
10334 KB
Langue
allemand
Mots clés
Auswirkungen, Wandels, Unternehmen, Handlungsfelder, Sicht
Citation du texte
Dipl.-Ing. (FH), Dipl.-Wirtsch.-Ing (FH) Andreas Ruhm (Auteur), 2008, Der demografische Wandel aus personalpolitischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117627

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