Supply Chain Management in der Automobilindustrie


Mémoire (de fin d'études), 2008

94 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Hintergrund und Forschungsinteresse
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Die Automobilindustrie
2.1 Daten und Hintergrundinformationen
2.1.1 Historische Meilensteine
2.1.2 Die weltweite Bedeutung des Wirtschaftszweigs
2.1.3 Der Standort Deutschland
2.2 Aktuelle Trends
2.2.1 Preis- und Kostendruck
2.2.2 Globalisierung
2.2.3 Betriebsübergreifende Kooperationen und Zusammenschlüsse
2.2.4 Individualisierte Kundenbedürfnisse und verstärkte Kundenorientierung
2.2.5 Verkürzte Produktlebenszyklen

3 Prozessoptimierung
3.1 Abwendung von der Funktionsorientierung
3.2 Definitionen
3.2.1 Prozesse
3.2.2 Geschäftsprozesse
3.3 Ansätze der Prozessoptimierung
3.3.1 Total Quality Management
3.3.2 Lean Management
3.3.2.1 Kanban
3.3.2.2 Kaizen
3.3.3 Business Process Reengineering

4 Supply Chain Management
4.1 Grundlagen
4.1.1 Die Entstehung
4.1.2 Begriffsabgrenzung
4.1.3 Order-to-Payment-S
4.2 Der Bullwhip-Effekt als Hauptmotiv
4.3 Voraussetzungen für erfolgreiches Supply Chain Management
4.3.1 Change Management
4.3.2 Reduzierung der Schnittstellen
4.4 Aufgaben und Ziele des Supply Chain Management
4.5 Konzepte des Supply Chain Management
4.6 Querschnittsaufgaben
4.6.1 Supplier Relationship Management
4.6.2 Customer Relationship Management
4.7 Prozessoptimierungsansätze versus Supply Chain Management

5 Supply Chain Management-Handlungsempfehlung für kleine und mittlere Unternehmen

6 Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Weltautomobilproduktion 2007

Abbildung 2: Die Produktion deutscher Konzernmarken nach Regionen 2007

Abbildung 3: Die Zahlungsbereitschaft der Deutschen

Abbildung 4: Konzentrationsprozess bei den Automobilherstellern

Abbildung 5: Motivstruktur beim Autokauf

Abbildung 6: Anzahl der Rückrufaktionen von 1998–2005

Abbildung 7: Kernaussagen des Total Quality Management

Abbildung 8: Das Kanban-Regelkreissystem

Abbildung 9: Business Process Reengineering versus Kaizen

Abbildung 10: Beispielhafte Darstellung einer Supply Chain

Abbildung 11: Order-to-Payment-S in der Supply Chain

Abbildung 12: Der Bullwhip-Effekt

Abbildung 13: Von der konventionellen Produktion zum Supply Chain Management

Abbildung 14: Wirkungszusammenhänge bei Veränderungen

Abbildung 15: Mögliche Bestandteile des Relationship Management

Abbildung 16: Vom TQM zum CRM-Ansatz

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Neuzulassungen und Marktanteile von Pkw in Westeuropa

Tabelle 2: Veränderungen der Management-Denkweisen

Tabelle 3: Einstellungsänderung bei den Mitarbeitern

Tabelle 4: Definitionen des Supply Chain Management

1 Einleitung

1.1 Hintergrund und Forschungsinteresse

Es gibt eine Vielzahl von Methoden und Ansätzen zur Sicherung der Wettbewerbsfä- higkeit von Unternehmen. Kaizen, Total Quality Management (TQM) oder Customer Relationship Management (CRM) sind beispielhafte Ansätze. Hierbei wird die Organi- sationsstruktur in unterschiedliche Einheiten gegliedert, sodass es zwischen den einzel- nen Abteilungen zu Zielkonflikten kommen kann. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, bedarf es eines ausgewogenen Zusammenwirkens der Bereiche und Abteilungen. Hieran orientiert sich das Prozessmanagement mit seiner strukturübergreifenden Sichtweise innerhalb einer Supply Chain (SC)[1]. Die Beteiligten eines Geschäftsprozesses orientie- ren sich vermehrt am Kundenwunsch und legen diesen tendenziell bedarfsgerecht aus. Dadurch können sich Performance-Steigerungen in zweistelliger Höhe ergeben[2].

Die Logistik hat in ihrem Ursprung zunächst die funktional ausgerichteten Transferakti- vitäten Transport, Lager und Umschlag umfasst. Später ist die Koordinations- und Querschnittsfunktion als Integration der betrieblichen Funktionsbereiche mit einbezo- gen worden. Ab den 90er-Jahren ist vermehrt das Supply Chain Management (SCM) in den Vordergrund gerückt, das die Informations-, Material-, und Finanzflüsse integriert[3]. Es sind heute gerade gut funktionierende SCs, die überwiegend den Wettbewerbsvorteil sichern. Paradoxerweise zeigt eine aktuelle Studie der Universität Köln und der Unter- nehmensberatung McKinsey & Company, dass die Hälfte aller Versuche, die SC zu optimieren, scheitern. Das stimmt bedenklich, da ein derartiges Projekt nicht unerhebli- che Kosten verursacht und Mitarbeiter bindet[4]. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rahmenbedingungen im Bereich der Logistik in den letzten Jahren einen stetigen Wan- del erfahren haben. Beeinflusst wird das Wettbewerbsumfeld durch eine zunehmende Komplexität in Form von Teile-, Varianten-, Kunden- und Lieferantenvielfalt. Darüber hinaus wirken sich der technologische Fortschritt und die verkürzten Produktlebenszyk- len zunehmend auf den globalen Wettbewerb aus. Dennoch lassen sich mit Hilfe der unternehmensübergreifenden Geschäftsprozessintegration ungenutzte Erfolgspotenziale erschließen. Wie den veränderten Rahmenbedingungen entgegengewirkt werden kann, haben Innovationsführer mit der effektiven Vernetzung logistischer Prozesse vorge- macht[5]. Ganz aktuell wird die Automobilindustrie mit steigenden Benzinpreisen kon- frontiert. Laut statistischem Bundesamt sind insbesondere dadurch die Kosten für das Autofahren von Mai 2007 bis Mai 2008 um 4,3 Prozent gestiegen. Das wirkt sich zu- nehmend auf die Autoverkäufe im Inland aus, denn bereits im Jahr 2007 wurden 9,2 Prozent weniger Neufahrzeuge in Deutschland abgesetzt als noch ein Jahr zuvor. In einer Studie der Dekra Consulting heißt es zudem, dass in Deutschland die Existenz jedes dritten Automobilhändlers gefährdet ist[6]. Nicht zuletzt deshalb ist es interessant, das Thema um SCM in dieser Branche genauer zu betrachten.

1.2 Zielsetzung der Arbeit

Die Arbeit ist zu einem Großteil auf theoretischer Basis angelegt und wird im gesamten Verlauf mit Unternehmensbeispielen aus dem Wirtschaftszweig der Automobilindustrie verdeutlicht. Auch wenn der Titel der vorliegenden Arbeit die Vermutung aufkommen lässt, es würde ausschließlich das SCM behandelt, so sei darauf aufmerksam gemacht, dass zusätzlich die Prozessoptimierung in ihren unterschiedlichen Facetten und be- stimmten Management-Ansätzen umfassend thematisiert wird. Das SCM wird in der Praxis tendenziell von Großunternehmen umgesetzt, da sie ausreichend Macht besitzen, um Kooperationen im Zweifel zu erzwingen[7]. Doch das Wissen um SCM kann auch für kleine und mittlere Unternehmen[8] (KMU) genutzt werden, um ihre Prozesse effizient zu steuern. Denn vor dem Hintergrund sich ständig ändernder Marktbedingungen ist es gerade auch für KMU interessant und bedeutsam, diesen Ansatz mit seinen Möglichkei- ten zu kennen. Die wissenschaftliche bzw. methodische Zielsetzung der Arbeit stellt sich wie folgt dar:

(a) Wie ist der Status quo in der Automobilindustrie?
(b) Welche Ergebnisse können erzielt werden, wenn die funktionsorientierte Sichtweise abgelegt und eine prozessorientierte Sichtweise eingeführt wird?
(c) Welche Management-Ansätze neben dem SCM gibt es, um Geschäftsprozesse effi- zient zu steuern? Welchen Einfluss haben diese auf das SCM?
(d) Was sollte vor der Einführung des SCM beachtet werden und welche Aufgaben und Ziele hat es?
(e) Welche Potenziale des SCM lassen sich auch für KMU nutzen? Steht der Nutzen für diese Unternehmen in einem gesunden Verhältnis zu den Transaktionskosten? Ist es überhaupt zweckmäßig für Unternehmen dieser Größenordung, sich mit Einbindung von Lieferanten[9] und Endkunden mit SCM zu befassen?

1.3 Aufbau der Arbeit

Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert und wird nach der Einleitung mit der Vorstel- lung der Automobilindustrie beginnen. Eingehend werden historische Meilensteine der Automobilindustrie vorgestellt. Im Anschluss werden Daten und Hintergrundinformati- onen angeführt, um zu verdeutlichen, wie wichtig die Automobilindustrie weltweit und für den Standort Deutschland ist. Die Trends zeigen auf, welche derzeitigen Entwick- lungen von Wettbewerbern, aber auch von der Endkundenseite, ihren Lauf nehmen. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Prozessoptimierung, beginnend mit der Abkehr von der funktionsorientierten Sichtweise. Weiterführend werden der Prozess- und der Geschäftsprozessbegriff definiert, bevor Management-Ansätze wie TQM, Lean Mana- gement und BPR thematisiert werden, die u. a. auch in der Automobilindustrie hohen Stellenwert genießen und eingesetzt werden. Im vierten Kapitel wird das SCM disku- tiert. Nach Erarbeitung der Grundlagen werden insbesondere die Motive, Voraussetzun- gen und beispielhafte Konzepte des SCM erörtert. Als das in der Literatur ausschlagge- bende Motiv des SCM wird der Bullwhip-Effekt besonders hervor gehoben. Darüber hinaus werden das Supplier Relationship Management (SRM) und das CRM als Quer- schnittsaufgaben des SCM vorgestellt. Gemeinsamkeiten zwischen den Ansätzen der Prozessoptimierung und des SCM werden zum Ende des vierten Kapitels abgeglichen. Zur Frage, ob ein SCM in kleinen und mittleren Unternehmen sinnvoll ist, erarbeitet der Autor im fünften Kapitel eine Handlungsempfehlung. Das sechste Kapitel liefert eine zusammenfassende Betrachtung der Arbeit mit einem Ausblick.

2 Die Automobilindustrie

2.1 Daten und Hintergrundinformationen

2.1.1 Historische Meilensteine

Das erste Automobil[10] wurde 1885 von Carl Benz in Form einer dreirädrigen Kutsche mit Benzinmotor konstruiert. Bereits ein Jahr später entwickelten Gottlieb Daimler und Wilhelm Maybach eine 18 km/h schnell laufende Kutsche mit Benzinmotor[11]. Die Er- schaffung eines modernen Automobils gelang dem Letztgenannten im Jahre 1901. Wil- helm Maybach verstand es, sich von der Idee eines Kutschenwagens zu befreien und ein Automobil zu kreieren, das wir noch heute in seiner Form als solches kennen – das Au- to. Seiner Entwicklung gab er den Namen Mercedes, und es überzeugte in zukunftswei- sender Technik und Design. Nicht zuletzt ist es ihm zu verdanken, dass die deutsche Automobilindustrie Weltruhm errungen hat[12]. Zu dieser Zeit war es üblich, Automobile ausschließlich handwerklich zu produzieren[13].

Das änderte sich 1913 mit Henry Ford, der die effizientere Fließbandproduktion für das ,T-Modell’ einführte. Mit dem Prinzip der Arbeitsteilung entstand die Notwendigkeit, dass das richtige Material zur rechten Zeit am rechten Platz zur Verfügung steht. Er bezog die Motoren, Fahrgestelle und andere Bauteile von Lieferanten, um aus den Bau- gruppen fertige Automobile zu produzieren[14]. Aus Kostensenkungsgründen wurde das damalige T-Modell nur in der Farbe schwarz angeboten[15].

Die weltweite Nachfrage zeigte schon bald ein logistisches Problem auf. Henry Ford war zunächst der Auffassung, er könne zentral von einem Standort seine Automobile produzieren und weltweit vertreiben. Allerdings boten die damaligen Transportsysteme nicht die Möglichkeit, größere Stückzahlen fertiger Automobile wirtschaftlich und un- beschädigt zu befördern. Daher entschloss er sich 1926, 36 Standorte in den USA und weitere 19 in anderen Ländern zu gründen. COHEN und ROUSSEL gehen sogar so weit und sind der Ansicht, dass im weitesten Sinne aus heutiger Sicht eine SC geboren war[16].

2.1.2 Die weltweite Bedeutung des Wirtschaftszweigs

Henry Ford, dem das nachfolgende Zitat zugeschrieben wird, soll einst die Wichtigkeit des Autos[17] wie folgt beschrieben haben:

„Wir fahren nicht nur Auto, weil wir so reich sind, sondern wir sind auch so reich, weil wir Auto fahren.“[18]

Diese simple Aussage zeigt auf, welch enge wechselseitige Beziehung zwischen der Automobilindustrie und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung besteht. Sie haben beide eine breite volkswirtschaftliche Ausstrahlung. Die gesamtvolkswirtschaftliche Bedeutung des Automobils beruht auf der mit der Produktion verbundenen Wertschöp- fung[19]. Die weltweite Automobilnachfrage hat sich insgesamt im Jahr 2007 gesteigert. In den USA und in Japan war die Nachfrage rückläufig und in Westeuropa konnte ein leichter Anstieg verzeichnet werden. Länder wie Brasilien, China, Indien, Russland und die seit 2007 neu dazu gewonnenen EU-Staaten sind im Rahmen der Globalisierung weiter auf dem Vormarsch und konnten in der Summe ein Absatzplus von 4 Prozent erzielen. Im Jahr 2007 wurden in der Summe 72 Mio. Pkw und Nutzfahrzeuge abge- setzt, was einer Steigerung von fast 6 Prozent entspricht. Die folgende Grafik zeigt auf, welche Länder welchen Anteil an der weltweiten Automobilproduktion 2007 hatten[20].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Die Weltautomobilproduktion 2007

Quelle: VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 48.

Die Abbildung zeigt, dass China seine Automobilproduktion von 10,7 Prozent auf 12,3 Prozent und die neuen EU-Länder von 3,5 Prozent auf 4,3 Prozent gesteigert hat, was deutlichen zweistelligen Steigerungsraten entspricht. Aber auch Osteuropa mit einer Zuwachsraten von sieben Prozent und Mercosur[21] mit einer Steigerung von über acht Prozent haben aufgeholt. Diese aufstrebenden Länder setzen die anderen Wett- bewerbsländer zunehmend unter Druck. Die 15 EU-Staaten haben zwar leicht bei der Produktion abgebaut, konnten jedoch ihre Position als Spitzenreiter von der NAFTA[22] und Japan behaupten.

2.1.3 Der Standort Deutschland

Mit einem Gesamtumsatz von 290 Mrd. Euro ist die Automobilindustrie einer der wich- tigsten Wirtschaftszweige für Deutschland. Das zeigt sich nicht zuletzt dadurch, dass nahezu 750.000 Beschäftigte im Jahr 2007 ihren Lebensunterhalt in diesem Bereich erzielten. Das sind immerhin 72.300 Beschäftigte mehr, als noch zehn Jahre zuvor. Wird die Anzahl um die indirekt Beschäftigen der vorgelagerten Stufen, wie z. B. Che- mie- und Elektrozulieferer, sowie der nachgelagerten Stufen, z. B. Kfz-Handel, ergänzt, erhöht sich die Gesamtanzahl auf etwa 5,3 Mio. Beschäftigte[23]. Um den Standort Deutschland weiterhin zu sichern und darüber hinaus neue Arbeitsplätze zu schaffen, werden modernste Automatisierungen eingesetzt. Hiermit kann sich Deutschland als Hochlohnland in Sachen Qualität von vermeintlichen Niedriglohnländern abheben[24].

Erstmalig waren im Jahr 2007 drei von vier im Inland produzierten Pkw für Kunden aus dem Ausland bestimmt[25]. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Produktion deutscher Konzernmarken in Europa und den anderen Kontinenten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Die Produktion deutscher Konzernmarken nach Regionen 2007 Quelle: VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 60.

Bis auf Afrika konnte auf allen Kontinenten eine Steigerung der Produktionszahlen er- zielt werden. Dabei ragt Asien mit einer Produktionszuwachsrate von 31 Prozent be- sonders heraus, und es ist abzusehen, dass zukünftig mehr Kraftwagen im Aus- statt im Inland produziert werden. Erstmalig haben die deutschen Automobilhersteller im Jahr 2007 fast 12,2 Mio. Autos und Nutzfahrzeuge[26] weltweit gefertigt und damit einen Re- kord mit einer Steigerung um acht Prozent zum Vorjahr aufgestellt. Das bedeutet, dass jeder sechste Kraftwagen von einer deutschen Konzernmarke stammt[27]. Die Marktstel- lung der deutschen Pkw-Konzernmarken in Westeuropa lässt sich anhand folgender Tabelle erkennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Neuzulassungen und Marktanteile von Pkw in Westeuropa Quelle: VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 58.

Die Tabelle zeigt, dass die deutschen Konzernmarken im Ranking mit ihren Marktantei- len auf einem konstanten Niveau liegen. Es werden mehr als doppelt so viele deutsche Pkw[28] in Westeuropa zugelassen als von französischen Konzernmarken auf dem glei- chen Markt. Fast jeder zweite Pkw innerhalb Westeuropas stammt von deutschen Kon- zernmarken. Mit einem auffälligen Rückgang von über acht Prozent haben die koreani- schen Konzernmarken Zulassungszahlen einbüßen müssen.

Die deutsche Automobilindustrie hat 2006 Automobile im Wert von 155 Mrd. Euro[29] und 2007 über 187 Mrd. Euro exportiert[30], was vor allem aus der steigenden Nachfrage aus Osteuropa resultiert. Hier wurde ein Zuwachs von 33 Prozent generiert, der unter anderem dazu führte, dass Deutschland das fünfte Rekordjahr auf dem Weltmarkt er- zielte[31]. Damit stellt Deutschland zwar nach wie vor den Exportweltmeister auf dem Automobilmarkt, es könnte aber den Titel bereits im zweiten Halbjahr 2008 an China verlieren[32].

Konnte im Gegensatz dazu noch die Inlandsnachfrage 2006 mit 3,47 Mio.[33] zugelassenen Pkw gemessen werden, sank diese ein Jahr später um 9,2 Prozent auf 3,15 Mio.[34]. Das ist das schlechteste Ergebnis seit vier Jahren und sogar das niedrigste überhaupt seit der Wiedervereinigung Deutschlands. Gründe für diese Entwicklung werden in der De- batte des Klimawandels[35], dem vorläufigen Wegfall der Pendlerpauschale bis zum 20. Kilometer, den gestiegenen Kraftstoffkosten und insbesondere der Mehrwertsteuererhö- hung zum 01.01.2007 gesehen[36]. Um der angekündigten Steuerbelastung zu entgehen, haben Automobilkäufer aus dem Jahr 2007 ihren Kauf in das Vorjahr vorgezogen. Un- ter diesen Einflüssen leidet der hiesige Automobilmarkt noch heute[37]. Nach Einschät- zung von Jacques Rivoal wird es zudem Absatzzahlen von rund 3,8 Mio. Automobilen pro Jahr nicht mehr geben. Als Ursache hierfür führt er eine Marktsättigung aufgrund des demografischen Wandels Deutschlands an[38]. Die Möglichkeit, dass der Standort Deutschland in der Automobilindustrie an Bedeutung verlieren könnte, bestätigt die Studie Deutschland 2020 der McKinsey & Company. Hier wird belegt, dass sie kein Wachstumstreiber mehr für Deutschland sein wird. Von elf Branchen belegt die Auto- mobilindustrie den letzten Platz, und ihr wird lediglich ein jährliches Wachstum der Wertschöpfung von maximal 1,3 Prozent prognostiziert[39]. Diese Ansicht wird von KAT- ZENSTEINER so nicht geteilt. Nach seiner Prognose wird sich 2008 ein Wachstumsplus von sieben Prozent für den deutschen Automobilmarkt ergeben. Auslöser dafür sind seiner Meinung nach Kaufanreize durch über 200 neue Modelle[40].

2.2 Aktuelle Trends

2.2.1 Preis- und Kostendruck

Kunden sind zunehmend nicht mehr bereit, Listenpreise zu zahlen[41]. Wer kennt ihn nicht, den für die Gesellschaft wegweisenden Werbe-Slogan der Elektronikkette Saturn, ,Geiz ist geil’ und seine preisbewusste Botschaft? Eine Studie zur Bedeutung der Marke und der Markenartikelindustrie[42] der McKinsey & Company belegt allerdings gegentei- lig, dass sich das Bewusstsein der Kunden wieder weg vom Preis und stärker auf die Qualität fokussiert. Dennoch könnte sich durch die seinerzeitige aggressive Werbekam- pagne eine Art Lebenseinstellung zum Geiz in den Köpfen der Menschen manifestiert haben, welche durchaus auch die Automobilindustrie beeinflusst[43]. Das spiegelt zumin- dest das Bild, das der Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, gewonnen hat, wider. Es wird eine aktuelle Kaufzurückhaltung der privaten Haushalte festgestellt, bei der ein Ende der Sparsamkeit nicht in Sicht ist. Unterstrichen wird diese Entwicklung durch eine Studie von Roland Berger und Burda Community Network. Dabei wird die Bereitschaft der Deutschen, zukünftig deutlich weniger fürihren Pkw[44] bezahlen zu wollen, herausgestellt. Die ergänzende Grafik verdeutlicht die Problematik[45].

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Die Zahlungsbereitschaft der Deutschen Quelle: Freitag, M. (2007a), S. 9.

Die gestrichelte Linie kennzeichnet den arithmetischen Mittelwert der Durchschnitts- preise für den nächsten Pkw-Kauf. Bis auf die Mittelklasse sind deutsche Autokäufer nicht länger bereit, mehr Geld für einen neuen Pkw auszugeben als für ihr aktuelles Fahrzeug. Sind es in dieser und in der Kompaktklasse einstellige prozentuale Abwei- chungen, stellt sich die Situation bei den beiden übrigen Bereichen anders dar. Für ein zukünftiges Auto aus der Oberklasse will der Käufer fast 17 Prozent weniger ausgeben und bei den Kleinwagen sogar 34 Prozent weniger.

Dadurch ergibt sich Marktpotenzial für ,Billiganbieter’ aus dem Ausland wie z. B. Chi- na oder Indien. Zudem weist die Studie darauf hin, dass die Automobilhersteller sich an den falschen Werten orientieren. Es sind nicht technologie- und leistungsorientierte Automobile gefragt, sondern zunehmend preisgünstige und umweltfreundliche[46]. Die ho- hen Kraftstoffpreise führen dazu, dass der Trend vermehrt in Richtung Automobile mit Elektroantrieb geht. Großserienhersteller werden voraussichtlich 2010 mit der Markt- einführung beginnen[47]. Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer macht zudem darauf aufmerksam, dass an ,Billigautos’[48] nicht mehr vorbeizukommen ist. Seiner Meinung nach wird dieses Marktsegment in den nächsten 13 Jahren am schnellsten zunehmen, und es wird ohne Billigautos kein Wachstum des Automobilmarktes geben[49]. Das Seg- ment der Billigautos teilt sich derzeit in die 2.000 bis 4.000 Dollar-, die 4.000 bis 7.000 Dollar- und die 7.000 bis 10.000 Dollar-Klasse auf. Die letztgenannte Klasse weist zwar das geringste Wachstum auf, jedoch wird gerade dort der größte Wettbewerb erwartet.

Ferdinand Dudenhöffer postuliert, dass das Geschäft mit den Billigautos nur rentabel ist, wenn in den unteren Segmenten operiert wird und über die gesamte SC gedacht wird. Die Idee ist, Kapital durch Arbeit zu ersetzen. Daher können seiner Auffassung nach die Billigautos nur in Niedriglohnländern gebaut werden[50]. Genau dies wird der- zeit in Indien praktiziert. Ein vergleichsweise kleiner Hersteller namens Tata Motors hat 2008 ein Automobil vorgestellt, das umgerechnet etwa 1.700 Euro kostet. Zwar sollen zunächst lediglich 250.000 Billigautos in Indien produziert werden, jedoch später bis zu einer Million jährlich. Gerade diese Automobile sind für andere Schwellen- und Ent- wicklungsländer interessant, wenngleich sich eine Zustimmung hier zu Lande aufgrund von Sicherheits- und Umweltstandards noch in Grenzen halten dürfte[51]. Dennoch, es scheint ein Stein ins Rollen gebracht worden zu sein, der nicht mehr aufzuhalten ist. Aktuell lässt der französisch-japanische Automobilhersteller Renault-Nissan vermelden, dass ein noch günstigeres Automobil auf den Markt gebracht wird, das etwa 1.600 Euro kosten wird und somit 100 Euro günstiger wäre, als das von Tata Motors. Ab dem Jahr 2011 wird eine Produktionsmenge von 400.000 pro Jahr angestrebt[52].

Konträr dazu ist das Ergebnis einer Studie des Fraunhofer Instituts für System- und In- novationsforschung, das belegt, dass eine Produktionsverlagerung von Deutschland ins Ausland keine Kosten spart. Diese Entwicklung scheinen die deutschen verarbeitenden Gewerbe erkannt zu haben, da der Trend rückläufig ist. Als Hauptursache für eine Standortverlagerung werden in erster Linie die Personalkosten angeführt, die allerdings in einer Vielzahl von Betrieben nur noch zehn Prozent der Gesamtkosten ausmachen, sodass die Hebelwirkung begrenzt ist[53]. Zumal garantieren geringe Personalkosten noch keine vorteilhaften Gesamtkosten. Mangelnde Qualifikation, Betreuung und Flexibilität vor Ort, lange Anlaufzeiten bis zu einer stabilen Produktion und ,Know-how-Klau’ wer- den zumeist unterschätzt[54].

Eine bereits 2006 erschienene Studie von Roland Berger und der Investmentbank Roth- schild deckt auf, dass die Automobilzulieferer von den Automobilherstellern gelernt haben und im Durchschnitt besser verdienen. Ihre Eigenkapitalrendite beträgt 11,7 Pro- zent – die der Automobilhersteller lediglich 7,9 Prozent. Auffällig hierbei war, dass die Automobilzulieferer niedrigere Löhne als ihre Kunden zahlen und stärker in Osteuropa produzieren lassen. Als Folge des guten Ergebnisses sehen die Chefs der Automobilzulieferer die größte Herausforderung in der Abwendung von Preiszugeständnissen der Automobilhersteller[55].

Im Bereich des After-Sales, d. h. Service, Wartung und Teileverkauf, sind die Gewinne für die Automobilhersteller rückläufig. Im Jahr 2005 setzte die Branche hiermit alleine 42 Mrd. Euro in Deutschland um und realisierte daraus mehr als die Hälfte ihres Ge- winns. Doch dieses lukrative Geschäft ist zunehmend gefährdet. Serviceketten wie z. B. ATU oder Handelsangebote von Zulieferern wie Hella drängen auf den Markt, die an- statt der Originalteile No-Name-Produkte verkaufen. Der Erfolg gibt ihnen Recht, denn die Tendenz geht nach Ablauf der Garantiezeit eines Automobils zum Kauf von derarti- gen Produkten. Lag der Marktanteil von Originalteilen 1990 noch bei 63 Prozent, ist dieser bis auf 50 Prozent gesunken. Daher besteht die Gefahr, dass die Automobilin- dustrie ihren besten Gewinnbringer verliert. Um den Vertragswerkstätten Anreize zu bieten, wieder vermehrt Originalteile zu verkaufen, werden zusätzliche Rabatte gewährt, was jedoch zu Lasten der eigenen Marge geht[56].

2.2.2 Globalisierung

Die Globalisierung ist von stark ansteigenden internationalen Handels- und Kapital- strömen geprägt und durch technologischen Wandel charakterisiert. Im Zuge der Ab- schaffung von Handelshindernissen und der Integration der Europäischen Union (EU) in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg stimmten die meisten Länder dem Im- port von ausländischen Gütern und Dienstleistungen zu. Die Folge war, dass sich die Zollsätze aus dem zweistelligen Prozentbereich auf bis unter vier Prozent entwickelten und sich dadurch die Exporte vervielfachten[57]. Kurz gesagt: Mit steigender Globalisie- rung können sinkende Beschaffungs,- Produktions- und Absatzkosten einhergehen. Überhaupt ist in der Automobilindustrie zunehmend ein Rückgang der Fertigungstiefe bzw. eine Verlängerung der SC zu erkennen. Hier wird wieder verstärkt auf Spezialisie- rung gesetzt, die jedoch auch einer größeren logistischen Abstimmung zwischen den Beteiligten der SC bedarf. Das bedeutet für die Zulieferer, wenn sie diesen Trend nicht mitgehen, werden sie durch andere Zulieferer ersetzt[58].

Die Wettbewerbssituation mit Niedriglohnländern verschärft sich aufgrund des abneh- menden Qualitäts- und Innovationsvorsprungs für die führenden Automobilhersteller zunehmend. Allerdings bieten zusätzliche Beschaffungs- und Absatzmärkte im Rahmen der Globalisierung Chancen für beide Seiten. Durch Investitionen und damit einherge- henden Kooperationen in Niedriglohnländern können hiesige Arbeitsplätze gesichert werden[59]. Automobilhersteller aus Niedriglohnländern können sich mit Hilfe moderner Logistik- und Kommunikationstechniken zunehmend wettbewerbsfähiger positionie- ren[60]. Beispielsweise behauptet sich China zunehmend. Die Volksrepublik, die sich An- fang der 90er-Jahre für ausländische Investoren öffnete, möchte zunehmend eigenstän- dige Marken auf den Markt bringen. Dazu benötigen chinesische Automobilhersteller jedoch Marketing-Know-how und internationale Vertriebswege, die mit Hilfe ausländischer Firmenzukäufe am schnellsten realisiert werden. Die Strategie der aufstrebenden chinesischen Unternehmen, sich dabei vorerst auf weniger umkämpfte Märkte zu kon- zentrieren, wird bestätigt. So verkaufte der Automobilhersteller Geely seine Billigautos mit großem Erfolg in Lateinamerika und konnte hier erste Erfahrungen in Sachen Glo- balisierung machen[61]. In China erlebt der Automobilmarkt derzeit einen regelrechten Boom. In Shanghai werden aufgrund der großen Nachfrage einmal im Monat Automo- bile versteigert. Hatten die westlichen Automobilmanager häufig nur Spott für chinesi- sche Produkte übrig, haben sich chinesische Hersteller entwickelt und drängen fortan massiv auf den Weltmarkt[62].

Aber auch Europa steht für Globalisierung, und das auf engstem Raum. 18 Prozent des Welthandels laufen über die Außengrenzen der EU-Staaten, die damit die Handels- mächte USA mit zwölf Prozent, China mit zehn Prozent und Japan mit acht Prozent deutlich abhängen. Ein starker Euro, insbesondere gegenüber dem Dollar, beeinflusst diese Entwicklung derzeit positiv. Die alten EU-Staaten Westeuropas sind durch stei- gende Produktivitätszahlen und Lohnzurückhaltung wettbewerbsfähiger geworden. Im Gegensatz dazu konnten zwar die osteuropäischen Länder anfangs von den Grenzöff- nungen profitieren, jedoch ist es ihnen bis dato nicht gelungen, sich als Hightech- Standorte zu bewähren. Sie können sich insbesondere durch niedrige Personalkosten, Steuern und Energiepreise auszeichnen. Die Tatsache, dass zunehmend Osteuropäer in die westlichen EU-Staaten abwandern, verschlechtert ihre Situation. Zudem führen noch niedrigere Geburtsraten dazu, dass die osteuropäischen Länder stärker von der demogra- fischen Entwicklung betroffen sind als Deutschland und die alten EU-Staaten. Die Zahl der arbeitsfähigen Osteuropäer wird sich dadurch laut der EU-Kommission bis 2050 um 27,5 Prozent reduzieren[63].

2.2.3 Betriebsübergreifende Kooperationen und Zusammenschlüsse

Der zunehmende Wettbewerb hat in der Automobilindustrie zu einem Konzentrations- prozess geführt. Durch Fusionen, Unternehmenskäufe und strategische Allianzen wird versucht, Synergieeffekte zu erzielen, die z. B. durch noch höhere Rabatte beim gemein- samen Einkauf und abgestimmter Nutzung der Produktionskapazitäten Kosteneinspa rungspotenziale ermöglichen[64]. Die nachfolgende Abbildung lässt diese Entwicklung von 1980 bis 2002 erkennen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Konzentrationsprozess bei den Automobilherstellern Quelle: Marschner, K. (2004), S. 3.

Der Konzentrationsprozess hat Veränderungen in die Branche gebracht. Die Angebots- seite entwickelt sich zunehmend zu einem Oligopol, wohingegen die Nachfrager ver- mehrt durch die Angebotstransparenz an Marktmacht gewinnen[65]. Waren es im Jahr 1980 noch 30 unabhängige Automobilhersteller[66], so hat sich deren Anzahl bis ins Jahr 2002 auf zwölf rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen signifikant reduziert[67]. Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2015 eine Anzahl von neun Anbietern erreicht wird[68]. Derweil zeichnen sich weitere Änderungen bei den Beteiligungsverhält- nissen ab. Zwar kooperieren Porsche und Volkswagen (VW) seit vielen Jahren, jedoch strebt Porsche noch im Jahr 2008 eine über 50 Prozent-Mehrheit bei VW an. Den Kauf- preis habe sich Porsche bereits durch Kurssicherungsgeschäfte abgesichert. Für den Vollzug bedarf es noch der Zustimmung der Kartellbehörden[69].

Eine der größten Fusionen in der Automobilindustrie war 1998 der Zusammenschluss der Daimler-Benz AG und der Chrysler Corporation zur DaimlerChrysler AG. Das Ziel des Zusammenschlusses war vorrangig, die Marktposition zu stärken und nicht Akquisi- tionsziel anderer, größerer Unternehmen zu werden. Während sich Chrysler in Nord- amerika präsent zeigte, war Daimler-Benz stark in Europa vertreten. Zudem hatten bei- de Unternehmen stark differenzierte Produktangebote, mit denen jeweils neue Märkte erreicht werden sollten[70]. Allerdings endete der Gedanke einer Welt-AG 2007 mit dem Verkauf von Chrysler an den US-Finanzinvestor Cerberus und der Erkenntnis, dass die Größe eines Unternehmens kein Garant für Erfolg ist. Die Notierung an der Börse ist für Daimler mit dem derzeitigen verhältnismäßig niedrig bewerteten Aktienkurs eine Ge- fährdung. Wie auch bei anderen börsennotierten Unternehmen muss bei Daimler mit einer möglichen feindlichen Übernahme gerechnet werden. Im Jahr 2007 lagen 12,4 Mrd. Euro an liquiden Mitteln in der Konzernkasse. Durch ein Aktienrückkaufspro- gramm ist zwar ein Teil von dem Berg geschmolzen, aber mögliche Angreifer könnten sich mit Hilfe der verbliebenen Mittel zum Teil refinanzieren[71]. Aber nicht allein die Marktkapitalisierung ist entscheidend für eine Übernahme, sondern vielmehr, ob die Unternehmen vom Wettbewerbsumfeld zueinander passen[72]. Für Fusionen und Über- nahmen empfiehlt es sich zudem, SCM-Aktivitäten von der Strategiebildung bis zu der Integration mit einzubeziehen. Zusätzlich bietet es sich an, die Fusions- und Übernah-meaktivitäten mit der SCM-Strategie zu synchronisieren und Möglichkeiten, Chancen und Risiken vor der Integration in die SC zu berücksichtigen[73].

Nahezu alle westlichen Automobilhersteller sind in China mit einer eigenen Produktion vertreten[74]. Wie bereits erwähnt, deutet vieles darauf hin, dass Billigautos wegen der Kostenvorteile ausschließlich in Niedriglohnländern produziert werden. Damit Anbieter der Triade[75] Zugang zu diesen Ländern als Produktionsstandort erhalten, müssen sie selbst etwas zu bieten haben und den Niedriglohnländern Anreize verschaffen. Das kön- nen sie mit ihrem Know-how und einer Vielzahl von Innovationen tun, sodass als Er- gebnis eine Partnerschaft entsteht. Fraglich dabei ist, wer den größeren Nutzen davon trägt. Aus strategischer Sicht besteht die Gefahr für die Länder der Triade, dass die Niedriglohnländer sie zukünftig überholen[76].

Ein partnerschaftliches Verhältnis pflegt z. B. VW mit Shanghai Automotive Industries Corporation (SAIC) in China. Mit einem gegründeten Joint Venture namens Shanghai Volkswagen (SVW) vor über 20 Jahren hat VW jahrelang rentable Geschäfte gemacht. Einen konkret formulierten Entwicklungsauftrag gab es dabei nicht, aber im Gegenzug wurde die chinesische Regierung mit Technologietransfer zufriedengestellt. Das Bestre- ben von VW, zukünftige Entwicklungen auf den eigenen Konzern zu übertragen, sollte mit einer Verstärkung des Projektteams bei SVW erreicht werden. Zudem sollten junge Ingenieure von SAIC im SVW Joint Venture lernen, um später mit neu gewonnenem Wissen zu SAIC zurückzukehren. Diese Konstellation erscheint für SAIC bisweilen vorteilhaft. Das gewonnene Wissen ist für die Entwicklung und Produktion eines eige- nen Automobils in den SVW-Hallen ausgenutzt worden. Ein unkontrollierter Abfluss von Know-how scheint somit nicht vermeidbar zu sein[77].

2.2.4 Individualisierte Kundenbedürfnisse und verstärkte Kundenorientierung

Automobilkäufer haben verschiedene Wünsche und bestimmte Vorstellungen. Die Mo- bilität wird dabei heutzutage als eine Selbstverständlichkeit angesehen. Um sich von anderen Autofahrern abzugrenzen, suchen Kunden vermehrt nach einem individuellen Zusatznutzen, der über die reine Transportleistung hinaus geht[78]. Die Bedürfnispyrami- de nach MASLOW hilft bei der Darstellung der Motive beim Automobilkauf.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Motivstruktur beim Autokauf

In Anlehnung an: Diez, W. (2001a), S. 59; Maslow, A. H. (1999), S. 62 ff.

MASLOW unterteilt in seiner Theorie die menschlichen Bedürfnisse in Hierarchiestu- fen[79]. Übertragen auf den Automobilkauf lässt sich festhalten, dass zwar alle fünf Pyra- midenebenen von Bedeutung sind, sich jedoch durch die ausreichende Befriedigung der unteren Ebenen, das Interesse der Automobilkäufer zu den oberen Ebenen verschiebt. In punkto Zuverlässigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sicherheit erfüllen nahezu alle Automo- bilhersteller hinreichend die Anforderungen. Differenzierungspotenzial bietet sich daher lediglich in den Bereichen Design, Markenimage und kundenindividueller Ansprache an[80].

Bei der Einführung des T-Modells von Henry Ford und der Fließbandfertigung wurde zum Teil auf kundenindividuelle Lösungen verzichtet. Dafür waren Automobile stan- dardisiert und vor allem kostengünstig, was eher einem Massen- statt einem Luxusgut entsprach. Die Krux war jedoch, dass sich Kunden z. B. ihr Automobil nicht mehr in der gewünschten Farbe aussuchen konnten, da es diese nur noch in Schwarz gab[81]. Heute ist das eher unwahrscheinlich, weil Kunden darüber entscheiden, was gekauft wird. Mit- auslöser dafür war und ist die Globalisierung, die die Stellung der Kunden stärkt. Sie können gezielt und rasch im Internet recherchieren und sich einen Überblick über die Marktlage verschaffen[82]. Die Zeiten haben sich u. a. auch in der Automobilindustrie vom Verkäufermarkt zum Käufermarkt gewandelt. Dieser wird durch verstärkten Wett- bewerb geprägt, technischen Fortschritt und sich ständig veränderten und individuali- sierte Kundenbedürfnisse. Automobilhersteller sind daher darauf bedacht, sich auf das geänderte Kaufverhalten einzustellen[83]. Denn grundsätzlich hat ein Umdenken vom Produzieren auf Lager, dem so genannten Push-Prinzip zum Pull-Prinzip, stattgefunden. Hierbei wird im Extremfall mit der Produktion eines Automobils begonnen, wenn der Kunde die Nachfrage auslöst und eine Bestellung erteilt[84]. Sofern Automobilhersteller nicht auf das geänderte Kaufverhalten eingehen, besteht die Gefahr, dass sie im Wett- bewerb untergehen[85]. Der Automobilhersteller Bayerische Motoren Werke AG (BMW) kann z. B. teilweise noch sechs Tage vor dem vereinbarten Auslieferungstermin auf individualisierte Kundenwünsche eingehen[86].

Derzeit befindet sich das ,5-Tage-Auto’[87] im Aufbau, das sich bereits 2015 durchsetzen und die Automobilindustrie zum erneuten Mal revolutionieren könnte. Hierbei wird ganz auf die flexible Fertigung gesetzt, die innerhalb von fünf Tagen aus Modulen dem Endkunden genau das Auto fertigt, das seinen Wünschen entspricht.

[...]


[1] In der Arbeit wird der Begriff der SC verwendet, obwohl eine Vielzahl von Autoren die SC mit Wert- schöpfungskette, Versorgungskette oder Lieferkette bezeichnen.

[2] Vgl. Hirzel, M., Kühn, F. (2005), S. 5 f.

[3] Vgl. Kuhn, A., Hellingrath, H. (2002), S. 126.

[4] Vgl. Thonemann, U. W., Behrenbeck, K., Merschmann, U. (2007), S. 58 f.

[5] Vgl. Beckmann, H. (2004), S. 5; Busch, A., Dangelmaier, W. (2004), S. 3.

[6] Vgl. Reisener, T. (2008), S. C1.

[7] Vgl. Kotzab, H., Otto, A. (2001), S. 170 ff.

[8] Die Europäische Union definiert kleine und mittlere Unternehmen als Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern und höchstens 50 Mio. Euro Umsatz. Vgl. Möller, K. (2006), S. 1061.

[9] Die Begriffe Lieferanten und Zulieferer werden in der vorliegenden Arbeit synonym verwendet.

[10] Der Begriff wird einheitlich in der Arbeit, anlehnend an das französische Substantiv automobile, ver- wendet. Mit dem Begriff des Automobils werden grundsätzlich Nutzfahrzeuge umfasst. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden häufig die Bezeichnungen Auto oder Personenkraftwagen (Pkw) genannt, die Nutzfahrzeuge ausschließen. Wörtlich bedeutet Automobil Selbstbeweger, abgeleitet von dem griechi- schen Wort autós (= selbst) und dem lateinischen Wort mobilis (= beweglich). Vgl. Alsleben, B. (2007), S. 59 f.

[11] Vgl. Diez, W., Reindl, S. (2005), S. 21.

[12] Vgl. Haubner, B. (2001), S. 25.

[13] Vgl. Diez, W., Reindl, S. (2005), S. 21.

[14] Vgl. Cohen, S., Roussel, J. (2006), S. X.

[15] Vgl. Hüttenrauch, H., Baum, M. (2008), S. 9.

[16] Vgl. Cohen, S., Roussel, J. (2006), S. X.

[17] Einleitend auf das Zitat erscheint es sinnvoll, ausdrücklich von Autos zu sprechen anstatt von Automo- bilen. Automobile schließen Nutzfahrzeuge ein, die allerdings in diesem Zusammenhang nicht angespro- chen werden.

[18] Henry Ford, zitiert nach Diez, W. (2001b), S. 46.

[19] Vgl. Diez, W. (2001b), S. 46.

[20] Vgl. Katzensteiner, T. (2008b), S. 89; VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 48.

[21] Mercosur ist die deutsche Bezeichnung für den gemeinsamen Markt im südlichen Lateinamerika. Es umfasst die Gründungsländer Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay sowie Chile. Vgl. Pollert, A., Kirchner, B., Morato Polzin, J. (2008), S. 229.

[22] Die Länder der NAFTA umfassen die USA, Kanada und Mexiko. Vgl. Pollert, A., Kirchner, B., Morato Polzin, J. (2008), S. 231.

[23] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 5.

[24] Vgl. Winkler, H. (2008), S. 3.

[25] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 62.

[26] Hier wird eine explizite Trennung zwischen Autos und Nutzfahrzeugen vorgenommen, da der Begriff des Automobils zweideutig erscheinen könnte. Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 60 f.

[27] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 60 f.

[28] In diesem Zusammenhang wird ausdrücklich von Pkw respektive Autos gesprochen. Der Begriff des Automobils, der auch Nutzfahrzeuge per Definition umfasst, könnte zur Verwirrung führen und wird daher bei dieser Betrachtung ausgeschlossen. Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 58.

[29] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2007), S. 224.

[30] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 5.

[31] Vgl. o. V. (2008d), o. S.; VDA-Auto-Jahresbericht (2007), S. 62.

[32] Vgl. Achatz, H. (2007b), o. S.

[33] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2007), S. 56.

[34] Vgl. Reisener, T. (2008), S. C1; VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 63.

[35] Vgl. o. V. (2007b), o. S.

[36] Vgl. Reisener, T. (2008), S. C1; VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 32 ff.

[37] Vgl. VDA-Auto-Jahresbericht (2008), S. 64.

[38] Vgl. Achatz, H. (2007a), o. S.

[39] Vgl. Dalan, M. (2008), o. S.

[40] Vgl. Katzensteiner, T. (2008b), S. 87 ff.

[41] Vgl. ebd., S. 89.

[42] Der Begriff der Markenartikelindustrie umfasst in der Studie auch Hersteller aus der Automobilindust- rie. Vgl. o. V. (2004), S. 3.

[43] Vgl. o. V. (2004), S. 4 ff.

[44] Hier werden ausschließlich Pkw betrachtet. Vgl. Freitag, M. (2007a), S. 9.

[45] Vgl. Freitag, M. (2007a), S. 9; Hüttenrauch, H., Baum, M. (2008), S. 47.

[46] Vgl. Freitag, M. (2007a), S. 9; Katzensteiner, T. (2008b), S. 88.

[47] Vgl. Inacker, M., Augter, S. (2008), S. 54 f.

[48] Billigautos sind als Fahrzeuge definiert, die weniger als 10.000 Dollar kosten. Vgl. Schmitt, T. (2008), o. S.

[49] Vgl. Schmitt, T. (2008), o. S.

[50] Vgl. Dudenhöffer, F. (2007), S. 12.

[51] Vgl. Heinzle, C. (2008), o. S.

[52] Vgl. Rumpelt, T. (2008), S. 1.

[53] Vgl. Balzer, H. (2008), S. 27 ff.; Kinkel, S. (2008), S. 1 ff.; Schwartz, M. (2008), o. S.

[54] Vgl. Winkler, H. (2008), S. 3.

[55] Vgl. Freitag, M. (2006), S. 26 ff.

[56] Vgl. Freitag, M. (2007b), S. 22.

[57] Vgl. Arndt, H. (2006), S. 8.

[58] Vgl. Becker, H. (2005), S. 66 f.; o. V. (2008a), S. 82 f.

[59] Vgl. Kuhn, A., Hellingrath, H. (2002), S. 271.

[60] Vgl. Becker, H. (2005), S. 101.

[61] Vgl. Hirn, W., Müller, H. (2007), S. 120 ff.

[62] Vgl. Vougioukas, J., Giesen, C. (2007), S. 46 f.

[63] Vgl. Müller, E., Müller, H. (2007), S. 120 ff.

[64] Vgl. Marschner, K. (2004), S. 2 f.

[65] Vgl. ebd., S. 79 f.

[66] Von der Betrachtung ausgenommen sind kleine und unabhängige Automobilhersteller, die weniger als 2.500 Automobile pro Jahr produzieren und keinem größeren Automobilhersteller angehören, wie z. B. Caterham, Marcos, Invicta, Noble oder Shelby.

[67] Vgl. Marschner, K. (2004), S. 2 f.

[68] Vgl. Becker, H. (2005), S. 139 f.

[69] Vgl. o. V. (2008f), o. S.; Rother, F., Seiwert, M. (2008), S. 66 ff.

[70] Vgl. Müller, M. (2007), S. 192 ff.

[71] Vgl. Katzensteiner, T. (2008a), S. 54 f.

[72] Vgl. Lazarovic, S. (2008), o. S.

[73] Vgl. o. V. (2008b), S. 60.

[74] Vgl. Vougioukas, J., Giesen, C. (2007), S. 46.

[75] Hierunter werden Unternehmen aus Ostasien, Nordamerika und Europa verstanden. Vgl. Töpfer, A., Mehdorn, H. (1996), S. 7.

[76] Vgl. Hüttenrauch, H., Baum, M. (2008), S. 41.

[77] Vgl. Freitag, M. (2007c), S. 92.

[78] Vgl. Winzen, U. (2002), S. 8.

[79] Weiterführende Informationen zu seiner Theorie vgl. z. B. Maslow, A. H. (1999), S. 62 ff.

[80] Vgl. Marschner, K. (2004), S. 85.

[81] Vgl. Hüttenrauch, H., Baum, M. (2008), S. 8 ff.

[82] Vgl. Arndt, H. (2006), S. 18.

[83] Vgl. Arndt, H. (2006), S. 22; Becker, H. (2005), S. 107.

[84] Vgl. Arndt, H. (2006), S. 160 ff.

[85] Vgl. Arndt, H. (2006), S. 22; Becker, H. (2005), S. 107.

[86] Vgl. Heitmann, M. (2007), S. 119.

[87] In ihrem Beitrag wird der Begriff so definiert und wird daher als solcher angeführt. Vgl. Hellingrath, B., Mandel, J. (2007), S. 242.

Fin de l'extrait de 94 pages

Résumé des informations

Titre
Supply Chain Management in der Automobilindustrie
Université
University of applied sciences, Neuss
Cours
Logistik
Note
1,7
Auteur
Année
2008
Pages
94
N° de catalogue
V117820
ISBN (ebook)
9783640209026
ISBN (Livre)
9783640211104
Taille d'un fichier
2401 KB
Langue
allemand
Mots clés
Supply, Chain, Management, Automobilindustrie, Logistik
Citation du texte
Andreas Berrisch (Auteur), 2008, Supply Chain Management in der Automobilindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117820

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