Von einer sportbetonten Schule zur Kaderschmiede für den Leistungssport – Zur Geschichte der Kinder- und Jugendsportschule (KJS) Magdeburg von 1953 bis 1991


Examensarbeit, 2007

138 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

TABELLENVERZEICHNIS

VORWORT

1 GRUNDLEGUNG
1.1 EINLEITUNG
1.2 DIE FORSCHUNG ZUR GESCHICHTE DER KJS DER DDR
1.2.1 Vorbemerkungen
1.2.2 Die DDR-Forschung
1.2.3 Die BRD-Forschung bis 1990
1.2.4 Die gesamtdeutsche Forschung nach 1990

2 ZUR ENTWICKLUNG VON KÖRPERKULTUR UND SPORT IN DER SBZ / DDR BIS ZUR GRÜNDUNG DER KJS (1945-1953)
2.1 VORBEMERKUNGEN
2.2 ANMERKUNGEN ZUM ZUSTAND DES DEUTSCHEN SPORTS IN DER UNMITTELBAREN NACHKRIEGSZEIT
2.3 ZUR NEUORGANISATION DES SPORTS IN DER SBZ / DDR NACH 1945 UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER ENTWICKLUNG IN MAGDEBURG
2.4 ZUR GENESE DES SCHULSPORTS IN DER SBZ / DDR

3 ANREGUNGEN UND MAßNAHMEN ZUR ERRICHTUNG SPORTLICHER SPEZIALSCHULEN IN DER DDR IM VORFELD DER GRÜNDUNG DER KJS MAGDEBURG (1950-1953)
3.1 VORBEMERKUNGEN
3.2 ZUR KONFRONTATION MIT DEM KJS-MODELL DER SOWJETUNION
3.3 DAS PROJEKT „ZENTRALE JUGENDSPORTSCHULE NORDHAUSEN“
3.4 ZUR ENTSTEHUNG UND ERÖFFNUNG DER ERSTEN SPORTSCHULEN DER DDR

4 DIE ERÖFFNUNG DER KJS MAGDEBURG UND IHR BESTEHEN ALS SPORTBETONTE SCHULE (1953-1962)
4.1 VORBEMERKUNGEN
4.2 ZUR ERÖFFNUNG DER KJS MAGDEBURG
4.3 ZUR ENTWICKLUNG UND KONSOLIDIERUNG DER KJS MAGDEBURG IN DEN 1950ER JAHREN
4.3.1 Zur schulischen Entwicklung der KJS
4.3.2 Zur sportlichen Entwicklung der KJS
4.3.3 Zur Entwicklung der Internatsstruktur
4.4 ZUR UMGESTALTUNG DER KJS ZWISCHEN 1958 UND 1962

5 DIE KJS MAGDEBURG ALS „SPEZIALSCHULE DES SPORTLICHEN NACHWUCHSES“ (1962-1975)
5.1 VORBEMERKUNGEN
5.2 DIE PLANERISCHEN GRUNDLAGEN ZUR UMSETZUNG DER „MAßNAHMEN ZUR ENTWICKLUNG DER KJS DER DDR ZU SPEZIALSCHULEN DES SPORTLICHEN NACHWUCHSES“ AN DER KJS MAGDEBURG
5.3 ZUR PRAKTISCHEN UMSETZUNG DER „MAßNAHMEN ZUR ENTWICKLUNG DER KJS DER DDR ZU SPEZIALSCHULEN DES SPORTLICHEN NACHWUCHSES“ AN DER KJS MAGDEBURG VON 1962 BIS 1975
5.3.1 Zu den Veränderungen im schulischen Bereich
5.3.2 Zu den Auswirkungen der Maßnahmen auf den sportlichen Bereich
5.3.3 Zur Entwicklung der Internatsstruktur
5.3.4 Anmerkungen zur Situation der Trainingsstätten

6 ZUM SCHULNEUBAU DER KJS MAGDEBURG IN DER FRIEDRICH- EBERT-STRAßE (1976)

7 DIE WEITERE PROFILIERUNG DER KJS MAGDEBURG ALS EINRICHTUNG FÜR DEN HOCHLEISTUNGSSPORTS (1975-1990)
7.1 VORBEMERKUNGEN
7.2 ZUR ENTWICKLUNG DER KJS MAGDEBURG IM SCHULISCHEN BEREICH
7.3 ZUR ENTWICKLUNG DER KJS MAGDEBURG IM SPORTLICHEN BEREICH

8 ZUR UMGESTALTUNG DER KJS MAGDEBURG IN EIN SPORTGYMNASIUM (1990-1991)

9 ZUSAMMENFASSUNG

QUELLENVERZEICHNIS

LITERATURVERZEICHNIS

ANHANG

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Entwicklung der möglichen Standorte der ersten KJS (Falkner, 2003, S. 25)

Tabelle 2 Entwicklung der Schülerzahlen und Klassenfrequenzen in den Normalklassen

Tabelle 3 Entwicklung der Schülerzahlen und Klassenfrequenzen in den Sportklassen von 1953/54 bis 1957/58

Tabelle 4 Entwicklung der Schülerzahlen und Klassenfrequenzen von 1963/64 bis 1974/75

Tabelle 5 Sportartenkanon der KJS Magdeburg ab 1970

Tabelle 6 Anzahl der Klassen im Schuljahr 1970/71

Tabelle 7 Anzahl der Schüler in den Sportarten und Klassenstufen im Schuljahr 1970/71

Tabelle 8 Entwicklung der Schülerzahlen und Klassenfrequenzen von 1976/77 bis 1989/90

Tabelle 9 Anzahl (Anteil) der Schüler in kleinen Klassen von 1968/69 und 1976/77 bis 1989/90

Tabelle 10 Wettkampf

Tabelle 11 Anzahl der Schüler in den Sportarten und Klassenstufen im Schuljahr 1987/88

Tabelle 12 Anzahl der Klassen im Schuljahr 1987/88

Tabelle 13 Schülerzahlen und Klassenfrequenzen im Schuljahr 1990/91

Tabelle 14 Anzahl der Schüler in den Sportarten und Klassenstufen im Schuljahr 1990/91

Vorwort

„Das Ziel des Schreibens ist es, andere sehen zu machen,“ sagte einst der Schriftsteller Joseph Conrad. Mit diesem ebenso ehrbar wie trivial anmutenden Leitgedanken vor Augen machte ich mich daran, die hier vorliegende Arbeit zu Papier zu bringen. Nun ist es mit dem Schreiben allein leider noch nicht getan, wie hinlänglich bekannt sein dürfte. Denn um Wissen zu vermitteln, muss man es sich zunächst aneignen. Und bevor man sich damit abplagt, sich einschlägiges Wissen anzueignen, braucht es eine Idee, ein Thema, über das es zu schreiben lohnt.

Ich selbst trage mich seit längerer Zeit mit der Idee zu der vorliegenden Arbeit. Als Schüler des Sportgymnasiums in Magdeburg, der Nachfolgeinstitution der Kinder- und Jugendsportschule, wurde ich oft mit der Geschichte dieser Einrichtung konfrontiert. Hier schwärmte ein Trainer von den guten alten Zeiten, dort erzählte ein Lehrer Anekdoten aus der Vergangenheit und füllte damit ganze Unterrichtsstunden. Aus diesen Erzählungen und aus dem Nachdenken über die Gebäude und Sportanlagen heraus, die ich täglich vor Augen hatte, entwickelte sich ein latentes Interesse dafür, wie all dies entstanden sein mochte.

Durch mein Studium der Geschichts- und der Sportwissenschaft verstärkte sich dieses Interesse und es erweiterte sich dahingehend, dass nicht die zweifelsfrei unterhaltsamen Anekdoten, sondern vielmehr die wahren Fakten und Zusammenhänge in den Fokus rückten.

Nachdem der erste Schritt, das Finden eines Themas, gegangen war, stand die besagte Aneignung des Wissens an. Dazu bedurfte es der Hilfe vieler Menschen, ohne die eine solche Arbeit nicht hätte zustande kommen können. Daher möchte ich mich an dieser Stelle bei diesen Menschen bedanken. Da seien zunächst die Mitarbeiter des Stadtarchivs Magdeburg und des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt (Magdeburg) genannt, die geduldig meine Bestellungen entgegennahmen und jene Dokumente, die das Fundament dieser Arbeit bilden, auf meinem Arbeitsplatz aufstapelten. Danken möchte ich auch der Schulleitung des Sportgymnasiums Magdeburg, insbesondere Herrn Pawletko, für die gute Zusammenarbeit und die Gelegenheit, mich im Schularchiv frei bewegen zu dürfen. Mein Dank gilt weiterhin Herrn Dr. Michael Thomas für die Betreuung der Arbeit sowie Katharina Binder, Alexander Jantz und Melanie Dannhauer für ihre konstruktive und bisweilen spitzfindige Kritik und für die wachsamen Augen, die hoffentlich auch den letzten Fehlerteufel aufgespürt haben.

Möge die Tatkraft aller beteiligten Personen dazu beitragen, den Leser „sehen zu machen“.

Magdeburg, im August 2007 Tobias Jantz

1 Grundlegung

1.1 Einleitung

Das Sportsystem der DDR mit seinen unzähligen Erfolgen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften hat über Jahre hinweg Bewunderung, Anerkennung, Staunen, Neugier und Neid hervorgerufen – je nach Standpunkt des Betrachters. Die Entwicklung dieses Sportsystems war in dieser Form nur möglich, weil der totalitäre Herrschaftsanspruch der SED auch den Sport nicht überging, sondern ihn im Gegenteil so stark förderte, wie es noch nie ein Staat in der Geschichte getan hat. Der Sport wurde politisch instrumentalisiert und entwickelte sich zum am stärksten ausgeprägten Subsystem der DDR (vgl. Gallinat, 1997, S. 11). Er wurde als Identitätsträger des Staates, ja sogar des gesamten politischen Systems genutzt.

Die identitätstragenden Erfolge des DDR-Sports bedurften jedoch einer äußerst aufwendigen und kostenintensiven Vorbereitung. Es entstand ein dreistufiges Fördersystem, welches im letzten Jahr seines Bestehens fast 80.1 Sportler einbezog (vgl. Anlage 2). Das wichtige Bindeglied in diesem System, das die Kinder und Jugendlichen in den 1.692 Trainingszentren und -stützpunkten (1. Förderstufe) auf die Arbeit in einem der 27 Sportclubs (3. Förderstufe) vorbereiten sollte, waren die am Ende 25 Kinder- und Jugendsportschulen (KJS), welche die zweite Förderstufe darstellten.

Bis zur Auflösung der DDR und der anschließenden Öffnung der Archive für die Forschung waren die KJS über Jahrzehnte hinweg eine zwar weltweit bekannte, aber geheimnisumwobene Erscheinung. Dies resultierte aus der von der DDR-Sportführung initiierten Geheimhaltung und führte zur kausalen Verknüpfung der KJS mit dem Aufstieg der DDR zur Sportweltmacht.

Eine der ersten dieser auf den Sport ausgerichteten Spezialschulen war die KJS Magdeburg, deren historische Entwicklung von der Gründung 1953 bis zum Ende, dem Übergang zum Sportgymnasium 1991, im Folgenden aufgezeigt wird.

Es soll herausgearbeitet werden, unter welchen Voraussetzungen und Motiven die Schule entstand und welchen Fortgang ihre Genese nahm. Da das Verständnis hierfür eine mindestens in Grundlagen vorhandene Kenntnis von der Herkunft sowie der Planung und Umsetzung der Idee einer sportbetonten Schule voraussetzt, werden die Anregungen und Maßnahmen zur Entstehung von Sportschulen in der DDR im dritten Kapitel kurz erläutert. Dem wird im zweiten Kapitel vorangestellt, wie sich der Sport allgemein in der SBZ / DDR herausbildete, da ein entsprechender Entwicklungsstand im Bereich des Sports die Grundlage für ein Nachdenken über entsprechende Spezialschulen darstellt. Dabei wird der regionalen Entwicklung in Magdeburg besondere Beachtung geschenkt. Auch die Anfänge des Schulsports, der die Grundvoraussetzung für eine sportbetonte Schule bildet, werden in diesem Kapitel betrachtet.

Mit diesem Grundwissen um die Genese und den Zustand des Sports und des Schulsports sowie um den Entwicklungsstand bei der Herausbildung der KJS in der DDR zum Zeitpunkt der Entstehung der Sportschule in Magdeburg als Basis – diese kann im Rahmen dieser Arbeit nur überblicksartig und unvollständig ausfallen – wird in den darauffolgenden Kapiteln die Genese der Kinder- und Jugendsportschule Magdeburg detaillierter dargestellt. Dazu wird der gesamte Betrachtungszeitraum von 1953 bis 1991 nach der von Helfritsch und Becker (1993) erschaffenen chronologischen Vierteilung gegliedert.

1. Die KJS als allgemeinbildende Schule mit erweitertem Sportunterricht und beginnender Förderung sportbegabter Schüler in ihren Spezialsportarten und -disziplinen (1953-1962)
2. Die Entwicklung der KJS zu Spezialschulen für den Leistungssport (1962-1975)
3. Die weitere Profilierung der KJS als Einrichtungen für den Hochleistungssport (1975-1990)
4. Die Dezentralisierung der KJS und ihre Umgestaltung zu Gesamtschulen bzw. Gymnasien mit sportlichem Schwerpunkt (nach 1990)

Innerhalb dieser Etappen werden jeweils die Entwicklung der Schule (Struktur, Schüler, Lehrer), die Entwicklung des Sports (leistungssportliche Ausprägung, Sportunterricht, Sportlehrer, Training, Trainer) sowie die Entwicklung der Internatsstruktur[1] schwerpunktmäßig untersucht, da sich darin die Besonderheiten dieser Schulform widerspiegeln.

Das Kapitel sechs gleicht einem Exkurs zur Thematik des Schulneubaus und schildert explizit die diesbezüglichen Bemühungen sowie die Probleme und deren Bewältigung auf dem Weg zum Schulumzug im Jahre 1976. Zwar gehört dieser Teil der KJS-Geschichte in die dritte Entwicklungsphase, seine Ursprünge liegen indes schon in den frühen 1960er Jahren. Deswegen und weil der Schulneubau die wohl wesentlichste Veränderung für die KJS Magdeburg nach der allgemeinen Umstrukturierung von 1963 darstellt, ist dieser Thematik ein eigenes Kapitel gewidmet.

Hinsichtlich der verfügbaren Literatur muss grundsätzlich zwischen solchen Schriften unterschieden werden, die sich explizit mit der Geschichte der KJS Magdeburg befassen, jenen Arbeiten, die allgemein die KJS der DDR thematisieren und den Veröffentlichungen, welche die Sportentwicklung der SBZ / DDR zum Gegenstand haben.

Für den letztgenannten Bereich, der aus besagten Gründen für diese Arbeit von Interesse ist, erweist sich die Literaturlage als vergleichsweise gut. Gerade von der neuesten Forschung wurde die Genese der Sportstruktur in der SBZ / DDR recht ausführlich behandelt. Für das zweite Kapitel dieser Arbeit werden vornehmlich die Sammelbände von Becker und Buss (2001) sowie Nitsch und Peiffer (1995), außerdem die Monografie von Gallinat (1997) und für die Schulsportentwicklung die Arbeit von Thomas (1999) herangezogen.

Die Literatur zur Entwicklung der KJS der DDR ist sehr ausführlich, sie ist jedoch, gerade bei älteren Arbeiten, kritisch zu betrachten. Daher erachtet es der Verfasser als wichtig und notwendig, einen kurzen Literaturbericht zur Thematik zu geben, der im Kapitel 1.2 zu finden ist. Dieser ist jedoch bewusst kurz gehalten, um das Wesentliche nicht aus den Augen zu verlieren.

Texte, die sich explizit mit der Geschichte der KJS Magdeburg befassen, stehen lediglich in rein publizistischer Art zur Verfügung. Im Speziellen sind das die Chronik vom Förderverein des Sportgymnasiums Magdeburg e.V. (2003), die von Olfert (2003) geschriebene 21-teilige Volksstimme-Serie „50 Jahre Sportschule Magdeburg“ sowie die Jubiläumsbroschüre zum zehnjährigen Bestehen der KJS Magdeburg (o.J.). Da dies einer wissenschaftlichen Schrift nicht genügt, basiert diese Arbeit auf den – zumindest bis 1976 – zahlreichen Akten aus den Beständen des Stadtarchivs Magdeburg (StadtAM) sowie des Landeshauptarchivs Sachsen-Anhalt, Abteilung Magdeburg (LHASA, MD). Auch der Besuch des Schularchivs des Sportgymnasiums Magdeburg war sehr hilfreich, da dieses fast alle Klassenlisten aufbewahrt, die in der Arbeit zu statistischen Auswertungen herangezogen werden. Diese Klassenlisten sind für die Zeit von 1977 bis 1990 auch die einzigen zur Verfügung stehenden Quellen.

1.2 Die Forschung zur Geschichte der KJS der DDR

1.2.1 Vorbemerkungen

Im Folgenden wird die Forschung zur KJS der DDR von den 1950er Jahren bis zur Gegenwart skizziert. Bei der Beschäftigung mit der Literatur werden wesentliche Unterschiede zwischen der DDR-Forschung, der bundesdeutschen Forschung bis 1990 und der gesamtdeutschen Forschung nach 1990 bezüglich der Wahrnehmung, der Interessenschwerpunkte und letztlich der Bewertung deutlich. Die Arbeiten vor 1990 gleichen auf beiden Seiten oftmals weniger einer wissenschaftlichen Untersuchung als vielmehr polemischen Erklärungsversuchen, die vom „Wettkampf der Systeme“ geprägt waren. Daher hatte die Forschung nach 1990 die schwierige Aufgabe, das vorhandene Bild der KJS einem modernen wissenschaftlichen Anspruch genügend darzustellen und gegebenenfalls zu korrigieren. Dieser Prozess ist längst noch nicht abgeschlossen. Im Folgenden wird ein Überblick über die DDR-Forschung, die BRD-Forschung vor 1990 und die gesamtdeutsche Forschung nach 1990 gegeben, um die differierenden Darstellungsweisen aufzuzeigen.

1.2.2 Die DDR-Forschung

In der DDR-Forschung sind die KJS von Beginn an ein weitreichend erörtertes Thema. Bereits vor der Gründung der ersten Sportschulen berichtet Boywitt (1952), die als Referentin im Ministerium für Volksbildung (MfV) maßgeblich an der Schaffung und der Entwicklung der frühen KJS beteiligt war, über den Zweck und die Voraussetzungen dieser Einrichtungen. Die Arbeit gleicht einem Leitfaden zum Aufbau von Kindersportschulen – es wird beschrieben, welche materiellen, medizinischen und pädagogischen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit eine Sportschule eingerichtet werden kann.

Im Laufe der 1950er Jahre erschien eine Vielzahl von Zeitschriftenartikeln, in denen die Schulen als überaus fortschrittliche und vorbildhafte Bildungseinrichtungen dargestellt werden. Diese Arbeiten wurden in der Regel von involvierten Personen, wie etwa (stellvertretenden) KJS- Direktoren, MfV-Funktionären etc. verfasst und berichten meist vom Aufbau der Schulen selbst oder von der Lösung verschiedener Probleme.

Helbig (1954), Direktor der KJS Karl-Marx-Stadt, sieht die Aufgabe der Sportschulen noch darin, „den Trainer-, Sportlehrer- und Sportärzte- nachwuchs vorzubereiten“, wobei er auch anführt, dass „sich weitere Perspektiven auf sportlichem Gebiet eröffnen, die wir noch nicht übersehen können (BSG-Leiter, Spartenleiter, Spitzensportler usw.)“ (S. 12). Friedrich (1957a, 1957b), für die KJS zuständiger Referent im MfV und später Direktor der KJS Nordhausen, akzentuiert in seiner Bilanz der ersten fünf Jahre die Herausbildung von jungen Leistungssportlern als Aufgabe der KJS schon deutlicher. Eine Fülle weiterer Arbeiten der 1950er Jahre ist nach dem gleichen Schema aufgebaut. In fast allen wird betont, dass die KJS einen allgemeinbildenden Charakter haben und zu einem normalen Abschluss führen, mit dem auch sportfremde Berufe erlernt werden können. Überhaupt werden die schulischen Leistungen als wichtiges Kriterium für den Besuch einer KJS genannt[2]. Auch wird mehrfach betont, dass eine entsprechende Quote an Arbeiter- und Bauernkindern (mindestens 50%) an den KJS lernt, um dem Anspruch der DDR, ein Arbeiter- und Bauernstaat zu sein, gerecht zu werden.

Bäskau (1957a), stellvertretender Direktor der KJS Rostock, beschreibt hingegen besondere Probleme, welche die KJS mit sich brachten. So befasst er sich zum Beispiel mit der Belastung der Schüler an den KJS und bemängelt die nicht ausreichende Abstimmung zwischen Schule und Training oder er stellt seine Erfahrungen aus der Zusammenarbeit zwischen der KJS und dem SC Empor in Rostock dar, die, wie er betont, nicht ohne Spannungen und Meinungsverschiedenheiten verlief (vgl. Bäskau, 1957b). In Bäskaus Darstellungen wird der Weg angedeutet, der dann ab 1960 konsequent gegangen wurde: Die autonome Stellung der KJS wurde aufgegeben, die Schulen den SC angeschlossen und aus den Schulen mit sportbetonter Prägung wurden Spezialschulen des sportlichen Nachwuchses. Mit dieser Entwicklung aus sporthistorischer Sicht beschäftigt sich Bäskau dann in seiner Dissertation ausführlich (vgl. Bäskau, 1962).

Fortan ist in der öffentlich zugänglichen Literatur kaum mehr etwas über die KJS zu lesen. Lediglich Nennungen von KJS bei Auszeichnungen, Erlebnisberichte bekannter Sportler oder Jubiläumsschriften der Schulen gaben Kunde von der Existenz der Bildungseinrichtungen.

Das heißt allerdings nicht, dass sich die Forschung nicht mit den Spezialschulen beschäftigt hätte. In den 1970er Jahren wurden in Halberstadt, später in Magdeburg, Forschungsgruppen eingerichtet, die sich mit den Themen „Training im frühen Schulalter“, „Didaktisch-methodische Gestaltung des allgemeinbildenden Unterrichts“, „Persönlichkeitsentwicklung und Lebensgestaltung“ und „Zusammenwirkung mit den Eltern und Zusammenarbeit von KJS und SC“ beschäftigen, um die KJS noch effektiver zu gestalten. Die Ergebnisse dieser Arbeit waren allerdings nur einem kleinen Personenkreis zugänglich (vgl. Helfritsch & Becker, 1993, S. 9).

1.2.3 Die BRD-Forschung bis 1990

In der Bundesrepublik wurde die Einrichtung der ersten KJS ab 1952/53 zunächst kaum wahrgenommen. Zwar äußert Peltzig (1952) bereits vage Vorstellungen über Kindersportschulen in der DDR, jedoch erst Richter (1957) macht auf westdeutscher Seite ernsthaft auf die KJS aufmerksam und sieht bereits deren Ziel darin, künftige Leistungssportler auszubilden.

Zur Mitte der 1960er Jahre wurde dann die Forschung zur Thematik der KJS wieder aufgegriffen, also zu einem Zeitpunkt, zu dem in der DDR keine allgemein zugänglichen Arbeiten zur KJS mehr veröffentlicht wurden. Ausschlaggebend war nicht zuletzt eine Diskussion darüber, ob ein ähnliches Schulmodell auch in der Bundesrepublik praxistauglich wäre. Diese entbrannte nach dem schlechten Abschneiden der westdeutschen Mannschaften bei den Olympiaausscheidungen des Jahres 1964[3]. Als dann zwei Jahre später die Olympischen Spiele von 1972 nach München vergeben wurden, befürchteten viele „das ,Schreckgespenst’ des Überranntwerdens auf eigenem Boden“ (Brögel, 1967, S. 377). So lehnen etwa Böhlmann (1966), Paschen (1966, 1969) oder Karger (1967) eine sportbetonte Schule aus pädagogischer Sicht nicht unbedingt ab, sondern sehen in ihr vielmehr eine wirkungsvolle Möglichkeit der Talentsuche und -förderung. Brögel (1967, 1969) hingegen hält ein Übertragen dieser zentral gesteuerten Schulform auf das föderalistisch geprägte Schulsystem Westdeutschlands für sehr fragwürdig und erkennt bereits, dass die KJS nur einen Teil des umfassenden Leistungssportsystems der DDR darstellen und daher nicht isoliert betrachtet werden können (vgl. Brögel, 1967, S. 377-378).

Insgesamt werden in zahlreichen westdeutschen Veröffentlichungen der 1960er Jahre die augenscheinlichen Merkmale der KJS, wie etwa das erweiterte Sportangebot, die gute materielle Ausstattung, eine Internatsunterbringung oder die gezielte Auswahl von Schülern und Lehrern, sowie der leistungsorientierte Charakter dieser Schulen erkannt und herausgestellt. Ein tieferer Einblick zu Problemen, zur Planung oder zu organisatorischen Abläufen kann jedoch nicht gegeben werden. Es scheint, dass die westdeutschen Kenntnisse vom KJS-System der tatsächlichen Entwicklung desselben hinterherhinkten[4].

Diese Wissenslücke wuchs im Laufe der Zeit immer weiter an. Während der 1960er Jahre wurde der Informationsfluss aus der DDR zunehmend spärlicher[5]. Neue Veröffentlichungen waren nicht mehr für jedermann zugänglich und bereits vorhandene wurden nicht mehr verliehen (vgl. Brögel, 1967, S. 378). Spätestens mit dem Schreiben des MfV an die Räte der Bezirke vom 29.05.1970 riss der Informationsfluss nach Westdeutschland ganz ab. In diesem Schreiben wird darauf aufmerksam gemacht, dass der Bundesausschuss zur Förderung des Leistungssports des westdeutschen Sportbundes ausführliche Informationen über die Entwicklung des Leistungssports in der DDR zu erhalten versuche und dass jegliche Anfragen zur Arbeitsweise der KJS etc. nicht zu beantworten seien und statt dessen dem DTSB-Vizepräsidenten übermittelt werden sollen (Schreiben des Ministerrates der DDR an den Rat des Bezirkes vom 29.05.1970; LHASA, Nr. 7881, o.Bl.).

Die wenigen zu Beginn der 1970er Jahre erschienenen Publikationen beziehen sich in der Regel auf ältere Veröffentlichungen, so dass in der Bundesrepublik seit dieser Zeit nichts Neues mehr bekannt wurde. Zwar wagt Knecht (1978) erneut den Versuch, das KJS-System zu beschreiben, sein Bild ist jedoch sehr undifferenziert und fernab der Realität. Fortan erschienen keine Beiträge mehr zu den KJS. Die Schulen werden lediglich als Teil des Sportförderungssystems der DDR erwähnt.

1.2.4 Die gesamtdeutsche Forschung nach 1990

Nach der politischen Wende, der Wiedervereinigung und der folgenden Öffnung der DDR-Archive wurde die Forschung zur Thematik der KJS wieder aufgenommen. Erste Veröffentlichungen, wie etwa die von Rott (1991), Ledig und Wojciechowski (1993) oder Brettschneider, Heim, Drenkow und Hummel (1994), beschäftigen sich mit der Zukunft der KJS. Im Rahmen der Erörterung des Problems der Umgestaltung der Sportschulen und der Arbeitsweise ihrer Nachfolger werden die Eigenschaften der KJS dargestellt, ohne dass jedoch neue Erkenntnisse zum Vorschein kommen. Es werden lediglich die konstitutiven Merkmale der KJS (Internate, sportmedizinische Kontrolle, Anpassung des Unterrichts an das Training, Einzelunterricht, Schulzeitstreckung etc.) zusammengefasst. Die Autoren stützen sich in ihren Arbeiten vornehmlich auf Zeitzeugenbefragungen oder eigene Erfahrungen. Eine erste ausführliche Analyse der KJS erfolgt durch Helfritsch und Becker (1993), die erstmals die seither zur Verfügung stehenden Archivdokumente nutzten. Die Verfasser prägten auch die Strukturierung der KJS-Entwicklung, die sie aufgrund mehrerer signifikanter Umgestaltungen in vier Etappen zusammenfassen: 1. Die KJS als allgemeinbildende Schulen mit erweitertem Sportunterricht (1952-1961); 2. Die Entwicklung der KJS zu Spezialschulen für den Leistungssport (1962-1975); 3. Die weitere Profilierung der KJS als Einrichtungen für den Hochleistungssport (1975-1990); 4. Die Dezentralisierung der KJS und ihre Umgestaltung zu Gesamtschulen / Gymnasien mit sportlichem Schwerpunkt (nach 1990).

Helfritsch (1997) gibt einen fundierten Überblick über die Entstehung und Entwicklung der KJS bis zur Auflösung der DDR, ohne allerdings auf die politischen Rahmenbedingungen tiefgreifend einzugehen.

Nachfolgende Autoren konzentrieren sich auf Begebenheiten an einzelnen KJS oder auf verschiedene Teilbereiche der Entwicklung. Ahrens (2000) erzählt in einer Art Erlebnisbericht über sein Wirken als Direktor an der KJS Leipzig und gibt, ähnlich wie Ledig (2001) oder Boelcke (2002), einen Einblick in den Alltag der KJS aus der Perspektive eines Insiders. Albiez (2001, 2002) legt am Beispiel der KJS Jena die Kontrolle der Sportschüler durch das MfS dar. Reichelt (2001) und Korte (2001) beschränken sich, ebenso wie Wiese (2001) und Falkner (2003), auf die Entwicklung der KJS in den 1950er und 1960er Jahren und stützen ihre Arbeiten auf zahlreiche Quellen aus den Archiven des ZK der SED, des MfV, des STAKO und des DTSB. Daher ist es ihnen möglich, die politischen Intentionen zu beleuchten und ein umfassenderes Bild der Entstehungszeit zu geben.

Wiese (2001, 2004) und Falkner (2003) gehen bei ihren Darstellungen auch ausführlich auf die Vorgeschichte der KJS-Gründungen ein und sehen deren Ursprung im Modell der Sowjetunion (SU).

Für die Zeit der 1970er und 1980er Jahre gibt neben den Autoren der genannten älteren Darstellungen nur Hoffmann (2003) Auskunft, der, bezogen auf die gesamte Geschichte der KJS, den Fokus auf den Konflikt zwischen MfV und DTSB bezüglich eines „humaneren Kinderhochleistungssports“ legt.

Einen umfassenden Bericht über die Geschichte der KJS erarbeitet derzeit Wiese. In seiner geplanten Dissertation beabsichtigt er, die Organisationsstruktur des KJS-Systems, „anhand der Kriterienpaare ,Lenkung und Kontrolle’, ,Verflechtung und Abgrenzung’ sowie ‚Erfolg und Misserfolg’ im gesamten Betrachtungszeitraum“ (1949-1990) zu überprüfen (Wiese, 2006, S. 63).

2 Zur Entwicklung von Körperkultur und Sport in der SBZ / DDR bis zur Gründung der KJS (1945-1953)

2.1 Vorbemerkungen

Um das Interesse an und die damit verbundene Entstehung von sportbetonten Schulen in der DDR zu veranschaulichen, erscheint es sinnvoll, einen grundlegenden Überblick über die Entwicklung des Sports in der SBZ bzw. der frühen DDR zu geben. Nur mit dem Wissen über die rechtlichen, materiellen und personellen Voraussetzungen ist es möglich, die Genese der KJS im Allgemeinen und die der KJS Magdeburg im Speziellen adäquat zu beleuchten und zu verstehen. Ebenso erweist es sich als hilfreich, die frühe Entwicklung des Schulsports in der SBZ / DDR darzustellen, da nur so die Besonderheiten der sich konstituierenden Sportschulen herausgestellt werden können.

Beides, die Genese des Sports als solche und die Entstehung des Schulsports, soll im folgenden Kapitel in einem idealtypischen Überblick zur Strukturgeschichte verdeutlicht werden. Auf regionale Besonderheiten wird nur, soweit dies möglich ist, bezüglich der Entwicklung in Magdeburg eingegangen. Der Überblick soll zeigen, welchen Stand die Entwicklung dieser zwei Bereiche des Sports bei der Einrichtung der ersten Sportschulen der DDR im September 1952 erreicht hatte und wie dieser zustande kam.

2.2 Anmerkungen zum Zustand des deutschen Sports in der unmittelbaren Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zeigte sich in ganz Deutschland bezüglich des Sports ein analoges Bild. Viele Sportstätten waren zerstört, andere wurden zweckentfremdet als Lazarette, Lagerhallen oder Notunterkünfte gebraucht. Intakte Sportstätten wurden nicht selten von den örtlichen Vertretern der Besatzungsmächte genutzt und waren somit der Bevölkerung nicht oder nur schwer zugänglich (vgl. Gallinat, 1997, S. 34).

Neben den entsprechenden Sportanlagen fehlte es auch an Sportgeräten und -bekleidung. Die materielle Hinterlassenschaft des zusammen- gebrochenen nationalsozialistischen Sportsystems war katastrophal. Weiterhin beherrschten Hunger, Armut und zerstörte Städte das Bild. Die Bevölkerung hatte, selbst wenn das Interesse bestand, kaum die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen.

Dennoch gab es bereits kurz nach dem Kriegsende Gedanken zur Wiederbelebung des Sports, deren Umsetzung aber, wie das gesamte öffentliche Leben in Deutschland, der strengen Gesetzgebung der Alliierten unterlag.

Es erscheint nicht verwunderlich, dass der Bereich des Sports zunächst eine inferiore Rolle in der Politik der Besatzungsmächte spielte[6]. Entsprechende Gesetze und Verordnungen betrafen den Sport daher anfangs nur indirekt durch den Prozess der Entnazifizierung und der Entmilitarisierung. Hier sei zunächst der Befehl Nr. 1 des Chefs der Besatzung in Berlin vom 28. April 1945 genannt, der die NSDAP und die ihr unterstellten Organisationen und damit den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) und die ihm unterstellten Verbände und Vereine verbot. Dieses Verbot galt zwar nur für Berlin, in anderen Ländern und Städten der SBZ wurden allerdings ähnliche Regelungen erlassen, die sich am Befehl Nr. 1 orientierten (vgl. Gallinat, 1997, S. 28). Das Fehlen einer einheitlichen Vorgabe machte sich allerdings beim Aufbau einer Sportsozialisation bemerkbar, da sämtliche Entscheidungen diesbezüglich der lokalen Militärverwaltung oblagen und somit willkürlich waren. Die regionale Sportentwicklung lag daher im persönlichen Ermessensspielraum des zuständigen Kontrolloffiziers (vgl. Nitsch, 1990, S. 32).

Mit der Konstituierung des Alliierten Kontrollrates am 30. Juli 1945 wurden dann einheitliche Bestimmungen für ganz Deutschland erlassen. In der Proklamation Nr. 2 vom 20. September 1945 wurden die NSDAP und mit ihr der NSRL samt der ihm unterstellten Verbände und Vereine endgültig für aufgelöst erklärt. Weiterhin wurden alle Gruppen und Organisationen verboten, „die militärische Eigenschaften entwickeln könnten, [...] gleichgültig, ob derartige Organisationen oder Gruppen angeblich politischer, erzieherischer [...] sportlicher oder irgendwelcher anderer Natur sind“ (Frost et al., 1991, Dok. 4, S. 6).

Das Kontrollratsgesetz Nr. 2 über die Auflösung und Liquidierung der Naziorganisationen vom 10. Oktober 1945[7] und das Gesetz Nr. 8 über die Ausschaltung und das Verbot der militärischen Ausbildung vom 30. November 1945 eliminierten die nationalsozialistische Sportstruktur endgültig. Mit diesen Maßnahmen sollte ein erneuter Missbrauch des Sports für militärische Zwecke in Deutschland seitens der alliierten Besatzungs- politik verhindert werden (vgl. Keiderling, 1995, S. 157).

Eine weitere, in diesem Zusammenhang häufig zitierte Weisung ist die Kontrollratsdirektive Nr. 23 vom 17. Dezember 1945 über die Beschränkung und Entmilitarisierung des Sportwesens in Deutschland.

In dieser wurden erneut alle vor der Kapitulation in Deutschland bestehenden „sportlichen, militärischen oder paramilitärischen athletischen Organisationen (Klubs, Vereinigungen, Anstalten und andere[.] Organisationen)“ verboten. Es wurde die Auflage erteilt, diese bis spätestens zum 1. Januar 1946 aufzulösen. Ebenfalls verboten wurde die „Ausbildung in athletischen Übungen militärischen oder militärähnlichen Charakters“. Aber diese Weisung kam keinesfalls einer Liquidierung des Sportes an sich gleich, denn es wurde explizit und erstmals erwähnt, dass die Existenz und die Neugründung von nichtmilitärischen Sportorganisationen gestattet sei. Allerdings mussten diese von der entsprechenden örtlichen Besatzungsbehörde genehmigt werden und sie durften das Niveau eines Kreises nicht überschreiten, wenn nicht die ausdrückliche Erlaubnis des Zonenbefehlshabers vorlag (Frost et al., 1991, Dok. 6, S. 8-9).

Zwar erscheint diese Direktive auf den ersten Blick wie ein Startsignal zur Wiederbelebung des Sports in neuen Strukturen, jedoch blieb ihre tatsächliche Wirkung relativ gering (vgl. Mai, 1990, S. 97). Die Weisung richtete sich nicht an die Deutschen, sondern an die Zonenkommandeure, welche auch zuvor schon eine relativ freie Hand hatten. Somit änderte die Kontrollratsdirektive Nr. 23 faktisch nicht viel an der Sportentwicklung in Deutschland. Dieser Umstand ist auch darin ersichtlich, dass die Initiativen zur Wiederbelebung des Sports schon sehr viel früher einsetzten.

Denn all den ungünstigen äußeren Bedingungen zum Trotz begann schon sehr bald eine „Normalisierung des Lebens“, die auch sportliche Betätigungen in verschiedenen Formen beinhaltete. Dazu gehörten Tanzveranstaltungen, Kinderfeste mit Sport und Spiel oder Wanderungen (vgl. Wonneberger, 2001, S. 194). Aber auch erste Fußballspiele fanden schon ab Ende Mai 1945 etwa in Hamburg, Berlin oder Frankfurt/M., zumeist gegen Armeemannschaften der Besatzungsmächte, statt (vgl. Teichler, 2002, S. 24). Das Bedürfnis der Bevölkerung nach sportlicher Betätigung war vorhanden und es wurde im Rahmen der bescheidenen materiellen und rechtlichen Möglichkeiten zu befriedigen versucht.

2.3 Zur Neuorganisation des Sports in der SBZ / DDR nach 1945 unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in Magdeburg

Wenngleich die äußeren Umstände für ein Sporttreiben im ländlichen und im kleinstädtischen Bereich aufgrund des geringeren Zerstörungsgrades weitaus günstiger waren, begann die Belebung des Sportbetriebes zunächst in den größeren Städten (vgl. Nitsch, 1990, S. 30). In der SBZ entwickelte sich ein Kommunalsport[8] nach dem Vorbild Berlins. Am 15. Mai 1945 wurde nach einer sowjetischen Weisung der Magistrat der Stadt Berlin eingesetzt. Er galt als kommunalpolitisches Modell für die Errichtung einer neuen Staatlichkeit in der Sowjetzone. Eine solche Beispielrolle sollte auch dem neu entstehenden Sportwesen der Stadt zukommen (vgl. Keiderling, 1995, S. 158).

Beim Aufbau der Berliner Verwaltung, bei dem die „Gruppe Ulbricht“[9] die Leitung übernahm, spielte der Sport zunächst keine nennenswerte Rolle. Erst als ehemalige Sportfunktionäre, vorwiegend aus dem Arbeitersport, bei der Militärkommandantur auf den Sport aufmerksam machten, wurde man für dieses Problem sensibilisiert. Am 7. Juni 1945 konstituierte sich dann das Sportamt (ab Oktober 1945 Hauptsportamt) der Stadt Berlin als Fachressort in der Abteilung für Volksbildung mit der Aufgabe, die organisatorische Arbeit im Bereich des Sports voranzutreiben. Da die besonderen Verhältnisse im Sport, wie etwa die Verwaltung von Liegenschaften, die Bildung einer städtischen Körperschaft für den Sport erforderten und die alte Sportorganisation mit ihren Strukturen verboten war, schien der Kommunalsport eine geeignete Organisationsform zu sein (vgl. Gallinat, 1997, S. 40). Der Schritt weg von der deutschen Vereinstradition hin zum Kommunalsport wurde von Franz Müller, dem Leiter des Sportamtes, wie folgt begründet:

„Eine neue Zersplitterung der Sportbewegung in verschiedene Vereine würde jegliche Kontrolle erschweren und gebe [sic!] den Nationalsozialisten Gelegenheit, unter dem Deckmantel des Sports ihre politischen Absichten weiter zu verfolgen.“ (SAPMO-BArch IV 2/16/5 Bl. 67, zitiert aus: Gallinat, 1997, S. 41)

Kurze Zeit später vollzog sich der Sportaufbau in den 20 Berliner Verwaltungsbezirken, in denen Bezirkssportämter gebildet wurden, sehr zügig, so dass bereits im Oktober 1945 über 25.000 aktive Sportler in 29 Sportarten erfasst waren. Der Sportbetrieb gliederte sich dabei in Kinderturnen, Schul-, Jugend- und Erwachsenensport (vgl. Keiderling, 1995, S. 159).

Damit hatte das Fundament des kommunalen Sports in der SBZ seine Gestalt angenommen und es wurde von Berlin aus mit Hilfe der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und des KPD-Parteiapparates auf die übrigen Regionen der SBZ zu übertragen versucht.

Die Anbindung des Sports an die kommunalen Abteilungen für Volksbildung hat ihren Ursprung in der Sowjetunion, die hier, wie häufig, richtungsweisend war. Dort wurde die Körperkultur, wie der Terminus bereits verdeutlicht, als Bestandteil der sozialistischen Kultur und nicht als Teil des Gesundheits- oder Sozialwesens verstanden.

Dennoch wurde der Kommunalsport offenbar nur als eine Übergangslösung betrachtet, die aus der Not heraus erwuchs. So verstand es zumindest Otto Winzer, Stadtrat für Volksbildung im Berliner Magistrat. Im Sommer 1946 äußerte er sich wie folgt:

„Die Bildung unserer Sportämter haben wir seit Beginn als eine Übergangsregelung betrachtet. Ich bin fest überzeugt, dass [...] wir wieder zur freien Betätigung auf dem Gebiet des Sports kommen können. Unsere Arbeit ist darauf ausgerichtet, jede andere Darstellung ist eine Verwirrung.“ (LAB (STA), Rep. 120, Nr. 18888, Bl. 86, zitiert aus: Keiderling, 1995, S. 161)

Die Internalisierung des Kommunalsports verlief allerdings nicht in der gesamten SBZ einheitlich.

In Magdeburg allerdings wurde vermutlich noch im August 1945 das Sportamt innerhalb der Selbstverwaltungsorgane der Stadt gegründet (vgl. Heise, 1991, S. 55). Seine Aufgabe bestand primär darin, für die Umsetzung der alliierten Verordnungen zu sorgen. Weiterhin war es für die Verwaltung und die Nutzbarmachung sämtlicher Sportanlagen der Stadt zuständig (vgl. Knobbe, 2005, S. 22). Nur kurze Zeit später konstituierte sich in Magdeburg auf Initiative des städtischen Sportamtes der Antifaschistische Sportausschuss. Er entstand als organisatorisches Element einer spontanen Sportbewegung, die sich seit spätestens Sommer 1945 vornehmlich durch ehemalige Arbeitersportler begründete, und kann als Keimzelle des selbstverwalteten Sports angesehen werden (vgl. Thomas, 2001, S. 98). Die Bildung des Antifaschistischen Sportausschusses war notwendig geworden, da das Sportamt seinen Aufgaben nicht gewachsen zu sein schien[10]. Der Antifaschistische Sportausschuss begann mit dem Aufbau eines arbeitsfähigen Verwaltungsapparates und bildete in den einzelnen Stadtteilen Volkssportgemeinschaften (VSG). Bereits am 1. Oktober 1945 bestanden in Magdeburg 14 dieser VSG[11].

Der Antifaschistische Sportausschuss wurde allerdings im Januar 1946 durch eine Weisung der Provinzialregierung in Halle wieder aufgelöst, da der Sport in der SBZ auf kommunaler Ebene einheitlich geführt werden sollte. Im gleichen Schreiben wurde angeordnet, dass das Stadtsportamt personell erweitert werden sollte, um den gesamten kommunalen Sport in Magdeburg anzuleiten. Zu dieser Erweiterung kam es allerdings nicht (vgl. Knobbe, 2005, S. 23).

Es wird deutlich, dass sich der Sport schon unmittelbar nach dem Ende des Krieges zu entwickeln begann. Die Organisation des Sports wurde durch die Weisungen der Besatzungsmächte sukzessive reglementiert und letztlich bildete die Kontrollratsdirektive Nr. 23 ab Ende 1945 die Grundlage für die Sportorganisation. Zwar war es organisatorisch möglich, die Direktive durchzusetzen, technisch war sie jedoch nicht praktikabel. Da laut der Weisung die Kreisgrenzen nicht überschritten werden durften[12], war der Aufbau eines Wettkampfsystems unmöglich. In vielen Kreisen gab es so wenige aktive Sportler, dass kein Wettkampfbetrieb zustande kommen konnte. Daher mussten die Bestimmungen der Direktive nach und nach gelockert werden (vgl. Gallinat, 1997, S. 42)[13].

Zunehmenden Widerstand gegen den Kommunalsport gab es seitens der Arbeitersportler und der Jugend. Erstgenannte standen der neuen Organisationsform zwar anfangs wohlwollend gegenüber, jedoch änderte sich die Einstellung, als klar wurde, dass eine Wiederherstellung der alten Traditionsvereine nicht möglich sein sollte. Vielen Jugendlichen war die politische Einflussnahme auf den Kommunalsports durch die KPD ein Dorn im Auge. Außerdem wurden allgemein die schlechte Organisation, die fehlende sportliche Führung und das Ausbleiben von Erfolgen kritisiert (vgl. Keiderling, 1995, S. 162). Bereits Ende 1946 war der kommunale Sport an seine Grenzen gestoßen und er wirkte sich im Jahre 1947 zunehmend nachteilig auf die Sportentwicklung aus. Nicht zuletzt die Überlastung der Sportämter trug ihren Teil dazu bei. Gallinat (1997) sieht eine weitere Ursache darin, dass die Besatzungsmacht 1945/46 zwar klar festlegte, wie sich der Sport nicht entwickeln durfte, jedoch nur schemenhaft umriss, wie er zu gestalten sei (S. 55).

Einen Ausweg aus dieser misslichen Lage forderte im April 1946 Erich Honecker, der zu dieser Zeit Vorsitzender der kurz zuvor gegründeten Einheitsorganisation Freie Deutsche Jugend (FDJ) war. Nach anfänglicher Ignoranz sah der SED-Kulturausschuss[14] dann in der FDJ die geeignete tragende Kraft, um den Kommunalsport in ein neuartiges Vereinskonzept eines Volkssportverbandes zu überführen. Spätestens ab dem Herbst 1946 war der Sport zu einem festen Bestandteil der Jugendarbeit herangereift. Mit dem wachsenden Einfluss der FDJ auf das gesellschaftliche Leben in den Jahren 1947/48 verstärkte sich auch deren Einfluss auf den Sport. Während anfangs lediglich die sportliche Betätigung der FDJ-Mitglieder organisiert wurde, bekam die FDJ im Mai 1948 mit der Zustimmung der SMAD die Verantwortung für den gesamten Sport übertragen[15] (vgl. Nicklaus, 1982, S. 38). Das geschah, weil sich die Unzufriedenheit mit der strukturellen Entwicklung des Sports verstärkte. Vor allem die steigende Zahl aktiver Sportler und die Beschränkungen der Kontrollratsdirektive Nr. 23 – insbesondere die Einengung auf die Kreisebene – lösten diese Missstimmung aus (vgl. Wonneberger, 2001, S. 197).

Bereits im Juni 1948 wurde die alleinige Trägerschaft durch die FDJ wieder revidiert. Nach einer gemeinsamen Beratung beschlossen der Zentralrat der FDJ und der Bundesvorstand des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB), dass fortan FDJ und FDGB in gemeinschaftlicher Arbeit die demokratische Sportbewegung entwickeln sollten (vgl. Keiderling, 1995, S. 172). Auf der 11. Tagung des Parteivorstandes der SED am 29./30. Juni 1948 wurden neben der FDJ und dem FDGB, die als Träger der Sportbewegung offiziell bestätigt wurden, auch die großen Betriebe angehalten, Sportgemeinschaften (SG) zu gründen, die nach Sportarten (Sparten) aufgegliedert sein sollten (vgl. Frost et al., 1991, Dok. 41, S. 53).

Die Hauptlast beim Aufbau der neuen Strukturen trug dabei der FDGB, da er über die effektivere Organisation, höhere Beitragseinkünfte der Mitglieder und bessere materielle Voraussetzungen verfügte (vgl. Keiderling, 1995, S. 173).

In der Folgezeit schritt der Aufbau der neuen Sportbewegung weiter voran. In den Ländern und Kreisen konstituierten sich mit der Zustimmung der SMAD Sportausschüsse, welche die teilweise noch vorhandenen kommunalen Sportämter ablösten (vgl. Gallinat, 1997, S. 121). Selbst die Bevölkerung wurde aufgerufen, sich an der Gründung einer „einheitlichen demokratischen deutschen Sportbewegung“ zu beteiligen. Dazu sollten, so forderten es die Vorsitzenden der Trägervereinigungen Erich Honecker (FDJ) und Hans Jendretzky (FDGB) im Sport-Echo, in allen Dörfern, Städten und Großbetrieben Sportgemeinschaften ins Leben gerufen werden (Frost et al., 1991, Dok. 42, S.55-56). Am 1. Oktober 1948 wurde dann die Dachorganisation der neuen Sportbewegung, der Deutsche Sportausschuss (DS) gegründet. Wie es die Träger dieser Organisation, FDJ und FDGB, vermuten lassen, bildeten der Jugend- und der Betriebssport das Fundament der „demokratischen Sportbewegung“. Deren organisatorischer Aufbau war in seinen Grundstrukturen bis zum Februar 1949 abgeschlossen[16]. Für die SG in den Kreisen waren die 132 Kreissportausschüsse verantwortlich, die der Lenkung und Leitung der sechs Landessportausschüsse unterstanden. Der DS in Berlin war das zentrale Organ, dem die gesamte Sportorganisation oblag. Er war in seinen Entscheidungen nicht frei, sondern von der FDJ und dem FDGB abhängig. Die Sportausschüsse sollten sich auf allen Leistungsebenen aus Vertretern aller Parteien, der Massenorganisationen, den Organen der Volksbildung und aus Sportlern zusammensetzen, wobei in der Praxis die politische Zuverlässigkeit das primäre Kriterium bei der Auswahl der Kader darstellte (vgl. Gallinat, 1997, S. 130).

Mit dem im Juli 1952 nach sowjetischem Vorbild gegründeten Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport (STAKO) verlor der DS zwar seine Stellung als höchste Instanz des Sports und die Konstituierung des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) am 27./28. April 1957 besiegelte seine Existenz endgültig, aber die prinzipielle Ausrichtung der neuen Sportstruktur blieb erhalten.

Erst die Existenz einer in ihren Grundfesten stabilen Ordnung ermöglichte es, sich mit speziellen Themen wie der Sportförderung und der Bildung von sportbetonten Schulen zu befassen.

2.4 Zur Genese des Schulsports in der SBZ / DDR

Nachdem der Schulbetrieb in Deutschland in den letzten Kriegswochen vollständig eingestellt wurde, beschäftigten sich die Besatzungsbehörden bereits kurz nach dem Ende des Krieges mit dem Wiederaufbau des Schulwesens. Dazu wurden die neu formierten Verwaltungen oftmals direkt von den Besatzungsbehörden aufgefordert. Bereits am 25. August 1945 wurde der SMAD-Befehl Nr. 40 über die „Vorbereitung der Schulen zum Schulbetrieb“ unterzeichnet. Darin wurden neben der Wiederaufnahme des Schulbetriebs die Ausarbeitung neuer Lehrpläne, der Druck neuer Lehrbücher, die Wiedereinstellung politisch unbelasteter Lehrer und die Neueinsetzung von Schulleitungen und Schulaufsicht gefordert (vgl. Gallinat, 1997, S. 79). Die entsprechenden Resultate sollten der SMAD vorgelegt werden und am 1. Oktober 1945 konnte der Unterricht in den allgemein- und berufsbildenden Schulen der SBZ beginnen.

Auch der Sportunterricht wurde trotz enormer materieller und personeller Schwierigkeiten wieder aufgenommen. Er hatte es jedoch wegen seiner überzogenen Bedeutung zur Zeit des Nationalsozialismus[17] schwer, sich in der neuen Zeit durchzusetzen, da viele Pädagogen diesen Umstand für das gesunkene Bildungsniveau der deutschen Schule verantwortlich machten. Die reservierte Haltung gegenüber dem Schulsport wurde weiter verstärkt durch die Tatsache, dass die Vorstellung über die Rolle des Sports im Prozess der Gesamterziehung noch völlig ungeklärt und unsicher war. Das zeigt der Umstand, dass der Notlehrplan vom 13. August 1945 die körperliche Erziehung zunächst nicht berücksichtigte (vgl. Gallinat, 1997, S. 80-81).

In Reaktion auf den SMAD-Befehl Nr. 40, wonach alle Landesregierungen Lehrpläne erarbeiten sollten, lag bis zum 1. Oktober 1945 nur der Lehrplan der Provinz Brandenburg vor, nach dessen Vorbild dann im November 1945 in der SBZ Richtlinien für die Körpererziehung erlassen wurden (vgl. Thomas, 1999, S. 78). Der Schulsport stand jedoch in den Jahren 1945/46, wie auch der Sport allgemein, unter dem Einfluss der Kontrollratsdirektive Nr. 23. Da der Fokus aber auf die Gesundheit, die Hygiene und die Erholung unter Ausschluss aller Bestandteile militärischen Charakters gelegt werden sollte, genehmigte die SMAD den ersten zentralen „Lehrplan für Körperliche Erziehung“, der am 1. September 1946 in Kraft trat und bis 1951 Bestand hatte. Darin wurde festgelegt, dass die körperliche Erziehung einen wesentlichen und unentbehrlichen Bestandteil der Gesamterziehung bilden sollte. Unter Berücksichtigung der Kontrollratsdirektive Nr. 23 wurden sämtliche Ordnungsübungen wegen ihrer Nähe zum militärischen Exerzieren aus dem Unterricht verbannt. Der Sportunterricht, für den zunächst zwei Wochenstunden vorgesehen waren[18], orientierte sich stark an der Zeit vor 1933 und er „atmete[.] den Geist der pädagogischen Reformbewegung der Weimarer Republik“ (Thomas, 1999, S. 78).

Ein Rundschreiben des Volksbildungsamtes Leipzig über die Neugestaltung des Leibeserziehungsunterrichtes in den Volksschulen vom Februar 1946 informiert über die Aufgaben der Leibesübungen in der Schule:

„Durch die Leibesübung ist der Sinn für regelmäßige Körperpflege und gesunde, enthaltsame Lebensführung zu entwickeln. In Verbindung mit Musik und Gesang sind durch die Pflege rhythmischer Gymnastik schöpferische Kräfte zu entwickeln. Beharrlich, fröhlich und kameradschaftlich betriebene Leibesübungen sollen die Persönlichkeit bilden und zusammen mit der geistig-seelischen Erziehung zu einer harmonischen Gesamtentwicklung des jungen Menschen führen.“ (zitiert aus: Nicklaus, 1982, S. 50)

Zerstörte Sportanlagen, fehlende Sportkleidung und -geräte und fehlende, politisch unbedenkliche, Lehrer sorgten allerdings dafür, dass die Ziele des Schulsports in der Praxis kaum verwirklicht werden konnten. Weitere Hindernisse, wie etwa der Kohlemangel, der den gesamten Schulbetrieb im Winter 1946/47 zum Erliegen brachte und im Folgewinter stark einschränkte, hatten zur Folge, dass der Sportunterricht nur im begrenzten Maße erteilt werden konnte (vgl. Nicklaus, 1982, S. 50).

Das reformpädagogische Konzept als solches, das sich zunächst durchaus in den politischen Aufbau Deutschlands nach 1945 einordnete, stand in der SBZ allerdings bald im Widerspruch zum Selbstverständnis der sowjetischen Besatzungsmacht, so dass seit 1948 immer mehr die Meinung vertreten wurde, die reformpädagogischen Prinzipien müssten überwunden und das gesamte Bildungssystem den marxistisch-leninistischen Vorstellungen entsprechend umgestaltet werden (vgl. Thomas, 1999, S. 79).

Diese Umgestaltung, die ab 1949 vorgenommen wurde, leitete die zweite Phase der Schulsportentwicklung ein, die Periode des sozialistisch- patriotischen Turnunterrichts[19]. Der Schulsport orientierte sich nun sehr stark am sowjetischen Modell der Körperkultur.

Dieser Umgestaltungsprozess bettet sich ein in den allgemeinen Trend, den die SED nun immer offenkundiger durchzusetzen begann: Die sozialistische Entwicklung in der mittlerweile gegründeten DDR nach dem stalinistischen Muster der Sowjetunion (vgl. Hinsching, 1997, S. 19). Nicht zuletzt durch die Situation des aufflammenden Kalten Krieges erfuhr der Schulsport, so wie der Sport im Allgemeinen, eine politische Instrumentalisierung. Die junge Generation sollte auf den Beruf und die Verteidigung der Heimat vorbereitet werden. Damit avancierte der Sportunterricht von der Randständigkeit zum planmäßig gesteuerten zentralen Anliegen der sozialistischen Umgestaltung der Schule. Am 1. April 1950 wurde die „Körperliche Erziehung“ als Unterrichtsfach verbindlich in allen Klassenstufen mit nun wieder zwei Stunden wöchentlich eingeführt und ab dem 15. Mai 1950 wurde obligatorischer Schwimmunterricht erteilt (vgl. Peiffer, 2001, S. 383; Thomas, 1999, S. 79).

Im Juli 1951 wurden dann auf der ersten zentralen Fachkonferenz für Körpererziehung neue Lehrpläne erarbeitet und ein geschlossenes Sportsystem für die gesamte lernende Jugend vom Kindergarten bis zur Hochschule entworfen. Außerdem wurden in der Folgezeit der neue Terminus „Körpererziehung“ für das Unterrichtsfach festgelegt und die Orientierung auf höhere Leistungen, Kollektivität und Disziplin verdeutlicht. Ein Indiz dafür sind die Wiedereinführung von Ordnungsübungen und vormilitärischen Übungsformen (1952) und die fortan obligatorisch durchgeführten Prüfungen (vgl. Hinsching, 1997, S. 21; Thomas, 1999, S. 80).

In diese Bestrebung zur Entwicklung eines leistungsfähigen Nachwuchses bettete sich das Nachdenken über eine spezielle Förderung sportbegabter Kinder und damit die Genese der KJS ein. Sie sollten auf sportlichem Gebiet die neuen Ideale betonen.

3 Anregungen und Maßnahmen zur Errichtung sportlicher Spezialschulen in der DDR im Vorfeld der Gründung der KJS Magdeburg (1950-1953)

3.1 Vorbemerkungen

„Der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Walter Ulbricht, legt großen Wert auf die Eröffnung der Kindersportschulen am 1.9.1952.“ (Bundesarchiv, DR 2/4979, Bl. 178, zitiert aus: Wiese, 2004, S. 422). Mit dieser Hausmitteilung an die Volksbildungsstaatssekretärin Else Zaisser vom 29. Juli 1952, also nur wenige Wochen vor der Eröffnung der ersten vier Sportschulen, wurde ein Prozess in seine finalen Bahnen gelenkt, der bereits zwei Jahre zuvor zu reifen begann: Die Einrichtung von Schulen, in denen „die Körpererziehung einen besonderen Schwerpunkt bildet“ (Boywitt, 1952, S. 148). Das Ergebnis dieses Prozesses, der in die Eröffnung der ersten vier Kindersportschulen[20] in Berlin, Leipzig, Brandenburg und Halberstadt mündete, stellt die Anfänge einer weltweit einzigartigen Einrichtung dar.

Im Folgenden soll gezeigt werden, wo die Ursprünge für die Gründung der KJS der DDR liegen. Weiterhin wird dargelegt, wie die Anregungen zur Errichtung solcher Spezialschulen aufgegriffen und derart verändert wurden, dass diese Zeit ihres Bestehens einzigartig blieben. Mit der Eröffnung der ersten vier Sportschulen im Jahre 1952 erfuhr dieser komplexe Konzeptionsprozess sein (vorläufiges) Ende.

3.2 Zur Konfrontation mit dem KJS-Modell der Sowjetunion

Wie in Kapitel 2.2 bereits dargestellt wurde, war die erste Entwicklungsphase des DDR-Sports stark von der Übernahme sowjetischer Strukturen geprägt.

So suchte man auch bei der Förderung des Kinder- und Jugendsports, dem von Anfang an eine große Bedeutung beigemessen wurde[21], in der SU nach Anregungen. Zum Ende des Jahres 1950 (31.10.-14.12.1950) reiste eine erste Delegation aus Sportfunktionären und Wissenschaftlern unter der Führung des Deutschen Sportausschusses[22] in die SU, um dort die Gestaltung des sowjetischen Kinder- und Jugendsports zu untersuchen. Auf dieser Reise besuchten die Delegationsmitglieder viele Kinder- und Jugendsporteinrichtungen und sie erfuhren erstmals etwas über Kinder- und Jugendsportschulen (Boywitt, zitiert aus: Falkner, 2003, S. 5).

In der SU bestanden Kinder- und Jugendsportschulen bereits seit 1934 – die erste Sportschule entstand in Tiflis. Es wurde je nach Aufnahmealter zwischen Kindersportschulen und Jugendsportschulen unterschieden. Die sowjetischen KJS waren außerschulische Einrichtungen. Sie rekrutierten ihre Schüler aus den umliegenden Schulen und bildeten sie ausschließlich am Nachmittag aus, weswegen diese Institutionen auch „Nachmittags-Kinder- und Jugendsportschulen“ (NKJS) genannt wurden. Die Ausbildung fand entweder in nur einer Sportart (sog. Spezialschulen) oder in verschiedenen Sportarten (sog. Komplexschulen) statt (vgl. Bäskau, 1962, S. 91-92). Durch diese Schulen sollten möglichst alle jungen Sportler erreicht erden. Daher wurde das Netz der NKJS sukzessive ausgebaut – im Jahre 1940 existierten bereits 262 NKJS, 1949 waren es 550 Schulen, in denen über 100.000 Personen erfasst waren[23] (vgl. Wiese, 2001, S. 33). Im Zuge einer ab 1948 eingeleiteten Umstrukturierung des sowjetischen NKJS-Systems[24] erhielten die Kindersportschulen einen umfassenden, allgemeinbildenden Charakter, während die Jugendsportschulen auf die Herausbildung leistungssportlicher Eliten ausgerichtet wurden. Den trainingswissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechend wurden Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr eingeschult, um neben den leistungsorientierten Zielen zu Trainern und Kampfrichtern ausgebildet zu werden (vgl. Wiese, 2004, S. 423). Die Kontrolle über den sowjetischen Jugendsport hatte nicht der Jugendverband (Komsomol), sondern das Volksbildungsorgan inne. Dem Bildungswesen wurde die Leitung der körperlichen Erziehung anvertraut, um „einer Divergenz in der Erziehung der heranwachsenden Jugend aus dem Wege zu gehen“ (Merkwiladse, zitiert aus: Wiese, 2001, S. 32).

Mit vielen Erkenntnissen, Anregungen und Ansätzen kehrte die Delegation zurück und es war der Grundstein für eine Diskussion zur Problematik der Kinder- und Jugendsportschulen in der DDR gelegt.

3.3 Das Projekt „Zentrale Jugendsportschule Nordhausen“

Nach der Reise galt es nun, mit Hilfe der gesammelten Erfahrungen das Sportschulsystem der SU in einer geeigneten Form an die Gegebenheiten und Anforderungen der DDR anzupassen. Dabei stellte sich zunächst die Grundsatzfrage, ob man eine KJS in der DDR überhaupt benötigte. Diese Frage wurde im Übrigen auch in den ersten Jahren des Bestehens der KJS gelegentlich wieder gestellt.

Dabei war das Problem nicht nur die Förderung des Sports im Speziellen[25], sondern auch die Begabtenförderung an sich. Über die Möglichkeiten der Förderung spezieller Talente verschiedener Bereiche wurde im Bildungswesen der DDR ab 1950 verstärkt nachgedacht, daher ordneten sich die Bestrebungen zur Gründung von Sportschulen in diesen Gesamtprozess ein, wenngleich die KJS eine Vorreiterrolle in dieser Entwicklung einnahmen.

[...]


[1] Da sich in der dritten und vierten Entwicklungsphase bezüglich der Internatsstruktur in Magdeburg keine Veränderungen mehr ergaben, wird in den Kapiteln sieben und acht auf ein explizites Unterkapitel verzichtet.

[2] So führt z.B. Friedrich (1957a, S. 522) gute schulische Leistungen als ersten Punkt, besondere sportliche Leistungen hingegen erst als vierten Anforderungspunkt auf.

[3] Bis einschließlich 1964 traten beide deutsche Staaten mit einer gemeinsamen, gesamtdeutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen an. In den verschiedenen Sportarten wurde ein Vergleichswettkampf zwischen den Sportlern der DDR und denen der BRD ausgetragen und die jeweils Bestplatzierten gehörten zum gesamtdeutschen Aufgebot.

[4] So bezieht sich beispielsweise Böhlmann (1966) auf die KJS in ihrer Zeit als sportbetonte Schule, obwohl sie 1966 schon eine Spezialschule mit stark veränderten Strukturen war. Weiterhin waren nicht einmal die genauen Standorte der KJS bekannt (vgl. Brögel, 1969, S. 297).

[5] Ein eindrucksvolles Beispiel ist die mehrfach aufgelegte „Kleine Enzyklopädie Körperkultur und Sport“. Während die erste Auflage (1960) etwa 250 Wörter zur KJS enthält, schrumpfte der Umfang der dritten Auflage (1965) auf etwa 75 Wörter und die vierte und fünfte Auflage (1972 bzw. 1979) kommen mit knapp 50 Wörtern aus, wobei die letztgenannte nicht einmal den Begriff „Kinder- und Jugendsportschule“ im Stichwortverzeichnis führt (vgl. Hoffmann, 2003, S. 4).

[6] An Bedeutung gewann der Sport lediglich durch die historische Erfahrung mit den illegalen paramilitärischen Organisationen der 1920er Jahre. Dadurch bedurfte er aus Gründen der Sicherheit und Kontrolle rechtssystematisch einer gesonderten Regulierung (vgl. Mai, 1990, S. 97).

[7] Der NSRL ist hier neben anderen Organisationen explizit aufgeführt (Frost et al., 1991, Dok. 5, S. 8).

[8] Mit Kommunalsport wird die sportliche Betätigung im Rahmen und unter Aufsicht einer kommunalen Sportbehörde bezeichnet (vgl. Keiderling, 1995, S. 159).

[9] Das war eine von drei Gruppen, die aus Remigranten bestanden und von der Sowjetunion eingesetzt wurden, um politische Vorarbeit für die weitere Entwicklung zu leisten. Der Leiter dieser Gruppe war Walter Ulbricht.

[10] Das Stadtsportamt setzte sich aus lediglich drei Personen zusammen.

[11] Als „Vater“ der VSG Fermersleben kann Herbert Wahrendorf bezeichnet werden, der später als erster Direktor der KJS Magdeburg maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Schule hatte.

[12] Vgl. Kapitel 2.2 dieser Arbeit.

[13] Damit wurde sich in der SBZ den Entscheidungen der anderen Besatzungszonen immer mehr angepasst.

[14] Die SED war am 21./22. April 1946 aus der Vereinigung von KPD und SPD hervorgegangen. Die Vorbereitung dieser Fusion führte auch dazu, dass sich mit der Problematik des Sports, die von Honecker angesprochen wurde, zunächst nicht befasst wurde.

[15] In Mecklenburg hatte die FDJ bereits mit ihrer Gründung die Verantwortung über den gesamten Sport übernommen, in Sachsen-Anhalt und Brandenburg geschah das zur Mitte des Jahres 1947 (vgl. Nicklaus, 1982, S. 38)

[16] Der Kreissportausschuss Magdeburg wurde am 24. September 1948 gegründet und setzte sich aus Vertretern der FDJ, des FDGB sowie den Mitgliedern des Städtischen Sportamtes zusammen, das offenbar nicht umgehend, sondern erst zum 1. Januar 1949 vollständig aufgelöst wurde (vgl. Knobbe, 2005, S. 24).

[17] Die Körperertüchtigung nahm bei der nationalsozialistischen Erziehung eine immanente Stellung ein. Für die Leibeserziehung in der Schule wurden bis zu fünf Stunden je Woche veranschlagt (vgl. Gallinat, 1997, S. 80).

[18] Ab Juli 1948 wurde der Unterricht im Fach „Körpererziehung“ auf teilweise eine Stunde gekürzt. Die Stunde wurde mit der Begründung verlagert, das allgemeine Bildungsniveau heben zu wollen (vgl. Peiffer, 2001, S. 382).

[19] Anknüpfend an Hinsching (1997) können fünf Phasen der Schulsportentwicklung in Ostdeutschland unterschieden werden. Die Bezeichnung dieser Phase, die sich zeitlich und inhaltlich mit der Hinschings deckt, ist auch bei Thomas (1999).

[20] Diese Schulen wurden zunächst nur für die Klassenstufen fünf bis sieben eröffnet, weswegen sie als Kindersportschulen bezeichnet wurden. Mit der Ausweitung auf höhere Klassenstufen wurde der Terminus Kinder- und Jugendsportschule verwendet.

[21] Bereits im Artikel 39 der Verfassung der DDR war verankert, dass jedem Kind „die Möglichkeit zur allseitigen Entfaltung seiner körperlichen [...] Kräfte gegeben werden“ muss ( Frost et al., 1991, Dok.52, S. 72). Im „Jugendfördergesetz“ vom 8. Februar 1950 heißt es sogar: „ Alle Organe der staatlichen Verwaltung sind verpflichtet, die weitere Entwicklung der Demokratischen Sportbewegung [...] in der Deutschen Demokratischen Republik sowie die Erziehung einer körperlich und geistig gesunden jungen Generation zu fördern.“ (Frost et al., 1991, Dok. 55, S. 77)

[22] Zu den Mitgliedern gehörte auch Irmgard Boywitt, die zu diesem Zeitpunkt Vertreterin des Sektors Sport der FDJ war. Sie hatte später als Referentin im MfV einen maßgeblichen Anteil an der frühen Entwicklung der KJS.

[23] Zu Beginn der 1970er Jahre bestanden dann über 3300 NKJS.

[24] Diese war nötig, weil eine Überprüfung des NKJS-Systems viele Unzulänglichkeiten aufdeckte. Speziell im Bereich der Kindersportschulen wurden eine ungenügende pädagogische Betreuung, nicht altersgerechtes Training oder eine zu zeitige Sportartspezialisierung kritisiert.

[25] Wenngleich Vorurteile gegenüber dem Sport bestanden. Er wurde, besonders von führenden Kulturtheoretikern, für nicht förderungswürdig befunden, da er nicht als Kulturbestandteil definiert wurde. Diese Auffassung wurde erst nach und nach revidiert und dem sowjetischen Kulturverständnis angepasst (vgl. Buss & Güldenpfennig, 2001, S. 76).

Ende der Leseprobe aus 138 Seiten

Details

Titel
Von einer sportbetonten Schule zur Kaderschmiede für den Leistungssport – Zur Geschichte der Kinder- und Jugendsportschule (KJS) Magdeburg von 1953 bis 1991
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
138
Katalognummer
V117826
ISBN (eBook)
9783640212439
Dateigröße
2917 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schule, Kaderschmiede, Leistungssport, Geschichte, Kinder-, Jugendsportschule, Magdeburg
Arbeit zitieren
Tobias Jantz (Autor:in), 2007, Von einer sportbetonten Schule zur Kaderschmiede für den Leistungssport – Zur Geschichte der Kinder- und Jugendsportschule (KJS) Magdeburg von 1953 bis 1991 , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/117826

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Titel: Von einer sportbetonten Schule zur Kaderschmiede für den Leistungssport – Zur Geschichte der Kinder- und Jugendsportschule (KJS)  Magdeburg von 1953 bis 1991



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