How to be Hornby - Die Struktur der erzählerischen Vermittlung in "A Long Way Down" und "About a Boy"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1. Nick Hornbys Stimme

2. Kriterien zur Analyse der Erzählsituation
2.1. Gérard Genettes Erzähltheoretische Analysekategorien
2.2. Die Theorie multiperspektivischen Erzählens

3. Die Struktur der erzählerischen Vermittlung in a long way down
3.1. Die Ausgestaltung der Erzählinstanzen
3.2. Die Perspektivenstruktur in A long way down

4. Struktur der erzählerischen Vermittlung in About a Boy
4.1. Die Ausgestaltung der Reflektorfiguren in About a Boy
4.2. Die Perspektivenstruktur in ABout a Boy

5. How to be Hornby: Gibt es einen einheitlichen Erzählstil in A long way down und About a Boy ?

1. Nick Hornbys Stimme

Betrachtet man die Autoren zeitgenössischer britischer Romane in den letzten fünfzehn Jahren, so zeichnet sich Nick Hornby vielleicht nicht als der einflussreichste Autor, aber zumindest als einer der kommerziell erfolgreichsten Autoren aus. Doch nicht nur sein kommerzieller Erfolg, sondern vor allem die Erzählweise in seinen Romanen, die D.J. Taylor als "self-interrogative streams of an occasionally less than illuminating consciousness“[1] bezeichnet, scheint ein bemerkenswerter Aspekt von Hornbys Werken zu sein. Taylor bezieht sich mit seinem Zitat vor allem auf Hornbys Roman A long way down, der 2005 erschienen ist. Gilt diese Beschreibung der Erzählweise Hornbys nur für diesen Roman, oder finden sich Aspekte einer "hornbyesken" Erzählweise auch in seinen anderen Romanen? Was macht die Struktur der erzählerischen Vermittlung in Nick Hornbys Romanen aus? Im Folgenden soll anhand eines Vergleichs zwischen Nick Hornbys Romanen A long way down und About a boy diese Frage zwar nicht für Hornbys gesamtes Werk, aber zumindest für diese beiden Romane beantwortet werden. Zum einen soll untersucht werden, wie genau in beiden Romanen erzählt wird, zum anderen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich in der Erzählweise der beiden Romane ergeben. Dazu muss zunächst dargelegt werden, welche Kriterien zur Analyse der erzählerischen Vermittlung verwendet werden und auf welchen theoretischen Grundlagen diese basieren. Anschließend soll zunächst die Struktur der erzählerischen Vermittlung in A long way down, dann in About a Boy anhand der gewählten Kriterien untersucht werden. Abschließend kann dann ein Vergleich, der Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Erzählweise beider Romane zutage bringen soll, gezogen werden und eine Beschreibung von eventuell typischen Merkmalen in der Erzählweise Nick Hornbys die beiden Romane betreffend erfolgen.

2. Kriterien zur Analyse der Erzählsituation

Um die Struktur der erzählerischen Vermittlung zweier Romane vergleichen zu können, benötigt man zunächst einen Katalog von Kriterien anhand derer sich die Erzählstruktur beschreiben lässt. Hier bietet es sich an, auf die Analysekategorien Gérard Genettes zurückzugreifen. Seine strukturalistische Taxonomie wird der discourse -orientierten Narratologie zugeordnet, bei der es um die Analyse der Struktur der erzählerischen Vermittlung geht, im Gegensatz zur story -orientierten Narratologie, die sich mit der Handlung von Erzähltexten befasst[2] – und genau darum soll es bei der Analyse von A long way down und About a Boy gehen.

2.1. Gérard Genettes Erzähltheoretische Analysekategorien

Genette trifft zunächst die Unterscheidung zwischen Erzähler und Fokalisierungsinstanz. Es geht also um die Beantwortung der Fragen „Wer spricht?", oder auch „Wer ist der Erzähler?" und „Wer sieht?“, also „Wer ist das wahrnehmende Subjekt?“[3]. Der nächste Schritt liegt danach in der Frage nach der Ebene des Erzählens. Hier unterscheidet Genette zwischen extradiegetischer Erzählung, wenn auf der Rahmenebene der erzählerischen Vermittlung erzählt wird, und intradiegetischer Ebene, wenn auf der Ebene der Figuren, also der Binnenerzählung erzählt wird. Außerdem wird die Stellung des Erzählers zum Geschehen berücksichtigt. Ist der Erzähler selbst nicht Teil der erzählten Geschichte, spricht man von einem heterodiegetischen Erzähler, ist der Erzähler selbst aber eine Figur in der von ihm erzählten Geschichte, handelt es sich um einen homodiegetischen Erzähler. Wenn der Erzähler selbst der Held seiner eigenen Erzählung ist, spricht von einem autodiegetischen Erzähler.[4]

Weitere Kategorien zur Analyse von Erzählsituationen sind zum einen der Grad der Explizität, zum anderen der Grad der Zuverlässigkeit des Erzählers, wobei ersteres die Personalisierung und Individualisierung des Erzählers meint und so zwischen einem expliziten Erzähler und einer neutralen Erzählinstanz unterschieden wird. Zudem kann analog zur Explizität des Erzählers die Ausgestaltung des Adressaten analysiert werden, so dass man auch hier von einem von einem explizit

mitartikulierten Adressaten, bzw. einem verborgenen Adressaten sprechen kann.[5]

2.2. Die Theorie multiperspektivischen Erzählens

Ein weiterer Ansatz zur Analyse der Erzählstruktur, der allerdings innerhalb der Literaturwissenschaft bislang nur wenig Beachtung fand, ist die Theorie multiperspektivischen Erzählens. Insbesondere im Hinblick auf die Analyse von A long way down sollen hier kurz die wichtigsten Merkmale muliperspektivischen Erzählens genannt werden. Multiperspektivität ist nach Vera und Ansgar Nünning „nicht bloß ein numerischer Effekt, der aus dem Vorhandensein von mehr als bloß einem Perspektiveträger in einem Werk resultiert."[6] Es ist vielmehr von Bedeutung, dass "mehrere Versionen desselben Geschehens […] erzählt werden."[7] Nünning und Nünning stellen folgende Typologie des multiperspektivischen Erzählens auf:

Typ I: multiperspektivisch erzählte Texte – erzähltes Geschehen wird von zwei oder mehreren Erzählinstanzen vermittelt.

Typ II: multiperspektivisch fokalisierte Texte – erzähltes Geschehen wird aus der sich von zwei oder mehreren Reflektorfiguren vermittelt.

Typ III: multiperspektivisch strukturierte bzw. collagierte Texte –Auffächerung des Geschehens beruht nicht/nicht allein auf personalisierten Instanzen, sondern auf der montage- oder collageartigen Kombination verschiedener Textsorten.[8]

Darüber hinaus lassen sich diese Grundtypen in weitere Erscheinungsformen multiperspektivischen Erzählens unterteilen, deren Beschreibung an dieser Stelle jedoch nicht notwendig ist.[9] Der nächste Schritt bei der Untersuchung von Multiperspektivität ist zum einen die Analyse der Einzelperspektiven. Zu deren Analyse bieten sich folgende Kategorien an: Umfang und Streubreite der Einzelperspektiven, d.h. wie viele Perspektiven werden dargestellt und wie verschieden sind diese voneinander. Des weiteren der Grad an Konkretisierung der Figurenperspektiven, den Grad der Explizität der Erzählerperspektive, und die Zuverlässigkeit der Figuren- und Erzählerperspektive. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Grad der Repräsentativität der Figurenperspektiven im Verhältnis zu den Normen und Werten, die innerhalb der fiktionalen Welt vertreten werden, genauso wie der Grad der Autorität, den eine Figurenperspektive innerhalb der fiktionalen Welt für sich beanspruchen kann.[10]

Nicht vergessen darf man die Betrachtung des Verhältnisses der Einzelperspektiven zueinander. So kann man beispielsweise zwischen gleichgeordneten oder hierarchisch geordneten Perspektivenstrukturen oder zwischen aufeinander folgendem, alternierendem oder gleichzeitigem multiperspektivischen Erzählen unterscheiden. In Anlehnung an die Dramentheorie kann man schließlich zwischen einer geschlossenen oder offenen Perspektivenstruktur unterscheiden, wobei erstere von der Homogenität der Perspektiven, letztere dagegen von der Heterogenität der Perspektiven geprägt ist.[11]

3. Die Struktur der erzählerischen Vermittlung in a long way down

Nick Hornbys im Jahr 2005 erschienener Roman A long way down handelt von vier Menschen, die sich alle zufällig in der Silvesternacht auf dem Dach eines Gebäudes in London treffen, um dort Selbstmord zu begehen. Ihre Begegnung miteinander führt jedoch dazu. dass alle ihren Plan Selbstmord zu begehen, verschieben, um zu versuchen, ihre Probleme gemeinsam zu lösen. Das Buch erzählt, was die vier Protagonisten nach ihrem ersten Zusammentreffen gemeinsam erleben.

Die erzählerische Vermittlung ist rein äußerlich zunächst durch die Einteilung des Buches in drei Teile gekennzeichnet. Innerhalb dieser Teile ist jedes Kapitel durch einzelne Kapitelüberschriften, die den Namen der jeweiligen Erzählinstanz, immer eine der vier Hauptfiguren, strukturiert ist. Das gesamte Buch umfasst eine Zeitspanne von neunzig Tagen. Der erste Teil der Buches umfasst die Nacht, in der sich alle vier Hauptfiguren, Martin, Maureen, Jess und JJ, treffen, sowie die anschließende Suche nach Jess' Freund Chas und Martins Freundin Penny bis zum nächsten Morgen, an dem die Vier zum Topper's House, ihrem ersten Treffpunkt, zurückkehren und beschließen, sich am Valentinstag erneut dort zu treffen. Der zweite Teil umfasst die sechs Wochen zwischen Silvesternacht und Valentinstag und beschreibt, was die Hauptfiguren in dieser Zeit sowohl allein als auch gemeinsam erleben und endet mit dem angekündigten Treffen auf dem Dach von Topper's House, wo sich genau zu dem Zeitpunkt ein Selbstmörder vom Dach stürzt, als die Vier dort ankommen. Der dritte Teil endet am 31. März, also neunzig Tage nachdem sich Martin, Maureen, Jess und JJ das erste Mal getroffen haben.

3.1. Die Ausgestaltung der Erzählinstanzen

Die vier Hauptfiguren sind in jeweils 'ihrem' Kapitel die einzige Erzählinstanz. Es gibt keinen vermittelnden heterodiegetischen Erzähler so dass in A long way down nicht nur eine Erzählinstanz existiert, sondern vielmehr vier intradiegetisch-homodiegetische Erzähler, da die Erzähler gleichzeitig die Hauptfiguren des Romans sind.[12] In Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Figurenperspektive und Erzählerperspektive kann konstatiert werden, dass die Figurenperspektive der Erzählerperspektive in diesem Fall entspricht. Die Abfolge der einzelnen Erzähler alterniert regelmäßig, so dass dem Leser dasselbe Geschehen aus mehreren Perspektiven präsentiert wird.

Ein Beispiel hierfür ist die Szene, in der Jess als Figur in der Geschichte auftaucht:

Martin

And I was just to let Maureen jump in peace when this fucking lunatic came roaring at us.

Jess

I shouldn't have made the noise. […] I yelled something like, 'Out of the way, losers!' and made this Red Indian war-whoop noise, as if it were all a game […][13]

Man kann also von einem multiperspektivisch erzähltem Text sprechen – genauer von einem polyperspektivisch erzähltem Text, weil das Geschehen von mehr als zwei Erzählinstanzen wiedergegeben wird.[14]

Die Erzähler beschreiben jedoch nicht nur die ihnen gemeinsamen Ereignisse, die die Handlung der fiktiven Welt konstituieren, sondern machen immer wieder Kommentare, die sich auf ihr Leben, bis zum Zeitpunkt des Treffens mit den anderen beziehen. So erfährt der Leser immer wieder Teile der Vorgeschichten der Protagonisten durch sie selbst, wie man an folgendem Beispiel sehen kann:

[...]


[1] Taylor, D.J.: "About a Boy who grew". Rev. of A long way down by Nick Hornby. The Independent 6 May 2005.

< http://www.independent.co.uk/arts-entertainment/books/reviews/a-long-way-down-by-nick-hornby-753017.html>

[2] vgl. Nünning, Vera und Ansgar: Grundkurs anglistisch-amerikanistische Literaturwissenschaft. Stuttgart: Klett 2001. 114ff.

[3] Genette, Gérard: Die Erzählung. München: Fink 1994. 132.

[4] vgl. Genette, 1994: 175-181.

[5] Nünning/Nünning 2001: 122-123.

[6] Vera und Ansgar Nünning: "Von 'der' Erzählperspektive zur Perspektivenstruktur narrativer Texte", in Vera und Ansgar Nünning (Hrsg.), Multiperspektivisches Erzählen, Trier, WVT 2000: 18.

[7] ebd: 18-19.

[8] Nünning /Nünning 2000: 42.

[9] vgl. dazu Nünning/Nünning 2000: 41-46.

[10] ebd. 2000: 52-54.

[11] ebd. 2000: 55-62.

[12] vgl. Genette 1994: 178ff.

[13] Nick Hornby, A long way down, London: Penguin, 2006 [2005], 17. Die folgenden Seitenzahlen beziehen sich auf diese Ausgabe.

[14] vgl. Nünning/Nünning 2000: 44.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
How to be Hornby - Die Struktur der erzählerischen Vermittlung in "A Long Way Down" und "About a Boy"
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Anglistisches Seminar Heidelberg)
Veranstaltung
British Novels at the Beginning of the 21st Century: Beyond Postmodernism?
Note
1,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
17
Katalognummer
V118079
ISBN (eBook)
9783640202171
ISBN (Buch)
9783640206971
Dateigröße
492 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hornby, Postmodernism, Erzählstruktur, A long way down, About a Boy
Arbeit zitieren
Eva-Maria Griese (Autor:in), 2008, How to be Hornby - Die Struktur der erzählerischen Vermittlung in "A Long Way Down" und "About a Boy", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118079

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