Der Titel dieser Arbeit mag im ersten Moment vielleicht etwas verwundern, haftet doch dem Begriff Schmuggel intuitiv etwas Geheimnisvolles und Abenteuerliches an. Allerdings handelt es sich gleichzeitig um ein allgegenwärtiges und aktuelles Thema – sei es in Form des Menschenschmuggels an den Grenzen der EU und USA, im Zusammenhang mit womöglichem Waffenschmuggel im Libanon oder bezüglich des Tank-Tourismus an der sächsischen Grenze zu Polen. Außerdem spielt der Schmuggel unter (wirtschafts-) historischen Gesichtspunkten keine untergeordnete Rolle – etwa im Zusammenhang mit der Jakobiterbewegung in England oder mit der Kolonialisierung Amerikas und dem damit verbundenen Freibeutertum. Jenseits der Geschichtswissenschaften beschäftigen sich aber auch andere wissenschaftliche Disziplinen mit diesem Begriff oder sind – zwangsläufig – mit ihm konfrontiert, z.B. in der Kriegsursachenforschung oder in der (wirtschafts-) politischen Analyse von Sanktionswirkungen; selbst einige makro-ökonomische Wohlfahrtsanalysen widmen sich speziell diesem Phänomen. Die Aktualität und die wissenschaftliche Relevanz dieses Themas sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die tatsächliche wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Schmuggel in Grenzen hält. Hinzu kommt, dass die entsprechenden Artikel häufig nur spezielle Aspekte des Schmuggels beleuchten oder einfach nur zeit-punktuelle Zustände beschreiben. Insofern fehlt es leider auch an einer allgemeinen Betrachtung, die sich des Phänomens Schmuggel einmal in genereller Weise annimmt. Eine solche grundlegende Erörterung wäre schon deshalb notwendig, weil der Begriff Schmuggel zwar rege verwendet, aber kaum reflektiert wird.
Genau diesen kritischen Diskurs möchte die vorliegende Arbeit liefern. Dabei soll gezeigt werden, dass sich hinter der landläufigen Bezeichnung Schmuggel verschiedene Phänomene verbergen, welche hauptsächlich – aber nicht nur – der informellen Wirtschaft zuzurechnen sind. Insofern möchte diese Arbeit auch um ein anderes Verständnis des Begriffs Schmuggel werben – nämlich Schmuggel als Form des informellen Handels, über den sich somit auch ein Fenster zur informellen Wirtschaft öffnet. Darauf aufbauend werden im Kapitel C verschiedene reale Formen und Ausprägungen des informellen Handels vorgestellt. Weiterhin soll dabei der Frage nachgegangen werden, was sich am informellen Handel über die Zeit hinweg verändern kann und welche Entwicklungstendenzen beobachtbar sind.
Inhaltsverzeichnis
- A Einleitung
- B Was ist Schmuggel?
- B.1 Der Begriff
- B.2 Kritischer Diskurs
- B.2.1 Inhärente Probleme des Begriffs
- B.2.2 Erweiterte Kritik
- B.3 Schmuggel als informeller Handel
- C Empirie: Informeller Handel & Veränderung
- C.1 Einleitende Vorbemerkungen
- C.2 Beispiele
- C.2.1 Schmuggel in Mexiko (1981-1996)
- C.2.2 Schmuggel in Südwest-Kamerun
- C.2.2.1 Fallstudie: Benzinschmuggel (Mamfe)
- C.2.2.2 Prostitution und Schmuggel
- C.2.2.3 Erläuterungen
- C.2.3 Alkoholschmuggel (Südafrika)
- C.2.4 Schmuggel und Krieg (Balkan)
- C.2.4.1 Hintergrund und Vorkriegsphase
- C.2.4.2 Die Serbische Seite während des Krieges
- C.2.4.3 Die bosnische Situation anhand der Belagerung Sarajevos
- C.2.4.4 Nachkriegsphase
- C.2.4.5 Anmerkungen und Bewertung
- C.2.5 Drogenhandel in Rondônia (Brasilien)
- C.2.6 Schmuggel und Jakobitertum
- C.3 Beobachtbare Tendenzen
- C.3.1 Grundmerkmale und Veränderung
- C.3.2 Die Persistenz des informellen Handels
- C.3.3 Weitere Auffälligkeiten
- C.3.4 Entwicklungstendenzen
- D Informeller Handel aus evolutorischer Sicht
- D.1 Zur Theoriefähigkeit des informellen Handels
- D.2 Was ist Evolutorik?
- D.2.1 Charakter und Grundbegriffe der Evolutorik
- D.2.2 Entstehung und Ausbreitung von Neuheit
- D.2.3 Institutioneller Wandel (Skizze)
- D.3 Evolutorische Elemente des informellen Handels
- D.3.1 Vorbemerkung
- D.3.2 Aspekte der Selektion
- D.3.3 Gesellschaftliche und individuelle Institutionen
- D.3.4 Evolutorische Aspekte der Persistenz
- E Zusammenfassung
- Kritische Analyse des Begriffs Schmuggel
- Schmuggel als Form des informellen Handels
- Empirische Untersuchung des informellen Handels
- Evolutorische Perspektive auf den informellen Handel
- Entwicklungstendenzen des informellen Handels
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen des Schmuggels und untersucht dessen ökonomische Bedeutung. Sie analysiert den Begriff Schmuggel kritisch und zeigt auf, dass er verschiedene Formen des informellen Handels umfasst. Die Arbeit beleuchtet die empirische Realität des informellen Handels durch verschiedene Fallstudien und untersucht dessen Entwicklungstendenzen. Schließlich werden die evolutorischen Aspekte des informellen Handels beleuchtet, um mögliche Erklärungsansätze zu finden.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Thema Schmuggel vor und betont seine Aktualität und wissenschaftliche Relevanz. Kapitel B befasst sich mit der Definition des Begriffs Schmuggel und analysiert dessen inhärente Probleme. Kapitel C präsentiert verschiedene Formen des informellen Handels anhand von Fallstudien aus verschiedenen Regionen der Welt. Kapitel D untersucht den informellen Handel aus evolutorischer Sicht und erörtert dessen Theoriefähigkeit. Die Zusammenfassung fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Schmuggel, Informeller Handel, Evolutorische Ökonomik, Institutioneller Wandel, Empirische Forschung, Fallstudien, Grenzübertritt, Handelsbarrieren, Wirtschaftspolitik
- Citation du texte
- Diplom-Volkswirt Sebastian Thieme (Auteur), 2006, Schmuggel als ökonomisches Phänomen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118130