Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Aufgabenstellung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Kleine und mittlere Unternehmen
2.2 Hidden Champions
2.3 Internationalisierung
2.4 Investitionsgüter
2.5 After Sales Service
2.6 Kundenzufriedenheit bei Investitionsgütern
3 Maßnahmenkatalog für After Sales Services von Hidden Champions
4 Fallstudie
4.1 Unternehmensportrait
4.2 Anwendung der entwickelten Strategie
5 Kritische Würdigung
6 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: KMU Definition in Anlehnung an ifM Bonn (2016)
Abbildung 2: Wettbewerbsstrategien der HC in Anlehnung an Simon (2018, S.6)
Abbildung 3: Zeitleiste der Personalbeschaffung
1 Einleitung
Der Großteil der Wirtschaftsbetriebe in der Bundesrepublik Deutschland setzt sich aus den sogenannten kleinen und mittleren Unternehmen zusammen. Mehr als 99% aller hiesigen Firmen sind dieser Gruppe zuzuordnen und erwirtschaften über 35% des Gesamtumsatzes des Landes. Die Vielfalt, Spezialisierung und Innovationskraft dieser Akteure sind verantwortlich für den Erfolg und die Robustheit der deutschen Wirtschaft (vgl. BMWi 2019).
Doch auch international stellen sich die Mittelständler vermehrt dem globalen Wettbewerb, indem sie ihr Angebotsportfolio in neue Märkte ausweiten. Dies trifft insbesondere auf sogenannte Hidden Champions zu, die sich durch exportorientierte Technologieführerschaft und hohe Weltmarktanteile auf einem Nischenmarkt auszeichnen. Eine Internationalisierung der Geschäftsaktivitäten konfrontiert die Unternehmen mit neuartigen Problemen, die sich aus dem Kontakt mit anderen Ländern, Kulturen und Wirtschafts- oder Sozialsystemen ergeben (vgl. Krystek & Zur 2002, S. 13). Die Expansion erfordert aufgrund der knappen finanziellen wie personellen Ressourcen der Hidden Champions einen genauen Planungsprozess sowie exzellente Vorbereitung, da Investitionen in ein breites Service-Netzwerk zur Befriedigung der Kunden durch produktbegleitende Dienstleistungen notwendig erscheinen.
Die Thematik gewinnt auch als Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung zunehmend an Bedeutung, um aufzuzeigen, wie After Sales Services im Bereich von hochwertigen Investitionsgütern erfolgreich internationalisiert werden können.
Daher wird diese Arbeit einen Versuch zur Klärung folgender Kernfrage unternehmen:
• Welche Maßnahmen sollten Hidden Champions in Bezug auf die Internationalisierung von After Sales Services ergreifen, um trotz des veränderten Wettbewerbs weiterhin erfolgreich zu bleiben?
Zu Beginn der Arbeit wird in grundlegende Begriffe eingeführt, verwandte Fachterminologie voneinander abgegrenzt und das sprachliche- sowie inhaltliche Fundament der nachfolgenden Ausarbeitung gelegt.
Im dritten und vierten Teil, der eigentlichen Analyse, wird zunächst ein Maßnahmenkatalog für die Ausweitung von After Sales Services der Hidden Champions aufgezeigt und anschließend anhand einer fiktiven Fallstudie angewendet.
In den letzten beiden Kapiteln erfolgt eine kritische Betrachtung der Limitationen der Durchführung und gewählten Methodik der Arbeit sowie im Anschluss ein Gesamtfazit der Ergebnisse der vorausgegangenen Kapitel.
2 Theoretische Grundlagen
Das folgende Kapitel soll das grundlegende Handwerkszeug an Begriffen bereitstellen und die Eigenschaften und Herausforderungen des Internationalisierungsprozesses voneinander abgrenzen, um die Abhandlungen in den nachfolgenden Abschnitten dieser Arbeit besser greif-bar zu machen.
2.1 Kleine und mittlere Unternehmen
Zunächst stellt sich die Frage nach einer einheitlichen Bezeichnung und den Eigenschaften von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).
Das Deutsche Institut für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn verweist auf eine Definition, die auf der Grundlage des KMU-Begriffs der EU-Kommission basiert, jedoch für den deutschen Markt adjustiert wurde. Demnach sind die quantitativen Unterscheidungskriterien zur Abgrenzung von Großunternehmen der jährliche Umsatz (< 50 Millionen €) und die Anzahl der beschäftigten Mitarbeiter (< 500 Mitarbeiter) (vgl. ifM Bonn 2016).
Die nachfolgende Grafik stellt diese Untergliederung der KMU-Definition in drei Kategorien dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: KMU Definition in Anlehnung an ifM Bonn (2016)
Im weiteren Verlauf der Ausarbeitung wird der Fokus auf eine besondere Ausprägung der KMU gelegt, den sogenannten Hidden Champions.
2.2 Hidden Champions
Der Begriff der Hidden Champions (HC) beschreibt mittelständische Unternehmen, welche im internationalen Wettbewerb erfolgreich agieren, jedoch der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbekannt sind. Zusammengesetzt ist der Terminus aus einem gegensätzlichen Wortspiel. „Hidden“, also heimlich oder verborgen, auf der einen Seite sowie „Champion“, im Sinne von Gewinner oder Weltmeister, auf der anderen Seite. Dieser wurde in der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung von Hermann Simon gegen Ende der 1980er Jahre maßgeblich geprägt (vgl. Pittrof 2011, S. 7). Oft werden HC auch synonym als “mittelständische Weltmarktführer” betitelt (Büchler & Faix, 2017, S. 3).
Die im folgenden Text erläuterten Kriterien entsprechen HC im Allgemeinen, gelten allerdings vor allem für deutsche Unternehmen, welche im Fokus der gesamten Ausarbeitung stehen. Ein solcher Champion entspricht nach Simon (2018, S. 5) insbesondere drei Hauptmerkmalen:
1. Das Unternehmen führt den weltweiten Markt unter den Top 3 an oder ist Marktführer auf dem eigenen Kontinent
2. Das Unternehmen erzielt weniger als 5 Milliarden Euro Jahresumsatz
3. Das Unternehmen verfügt über einen geringen öffentlichen Bekanntheitsgrad
Die Unternehmensgröße der jeweiligen HC weist dabei eine große Varianz auf. Durchschnittlich realisieren deutsche HC einen Umsatz von 325 Millionen Euro. Ihre starke Position im Wettbewerb beruht vor allem auf einem langfristigen, kontinuierlichen Wachstum in Verbindung mit einer sukzessiven Internationalisierung (vgl. Simon 2018, S. 7).
Die HC verfügen über ausgeprägte Wettbewerbsvorteile, welche sie zielstrebig im Markt einsetzen (vgl. Porter 1985). Die Marktführerschaft geht einher mit einem ganzheitlichen Anspruch auf technologische Innovationskraft gegenüber Wettbewerbern, Kunden und Lieferanten sowie die Fokussierung auf attraktive Nischenmärkte. Mehr als zwei Drittel dieser Unternehmen sind Weltmarktführer in ihrem Segment (vgl. Simon 2018, S. 7).
Die Strategie der Fokussierung beinhaltet dabei verschiedene Aspekte, etwa die der Produkte, Leistungen, Kompetenzen, Ressourcenzugänge, Wertschöpfungsaktivitäten oder Kundensegmente (vgl. Simon 2018, S. 8). Der Fokus auf eine Nische lässt den Markt zunächst klein werden, globale Aktivitäten im Zuge der Internationalisierung lassen den potentiellen Markt wiederum groß erscheinen und erlauben Economies of Scale (vgl. Simon 2013, S. 190). Die hohen Marktanteile können im Zuge von kontinuierlichen Investitionen den stetigen Ausbau der Wettbewerbsposition ermöglichen. Ein weiteres Merkmal von HC ist die langfristige Verpflichtung gegenüber einem ausgewählten Markt (vgl. Simon 2018, S. 8).
Üblicherweise sind Eigenanteil und Spezialisierung des HC in der Fertigung hoch. Eine Expansion entlang der Wertschöpfungskette der Kunden ist bedeutsam für das Wachstum der Unternehmung. Hierbei sind Akquisitionen von vor- oder nachgelagerten Zulieferern ein probates Mittel für den Ausbau von spezieller Fachexpertise oder der Ausweitung spezifischer Vertriebsnetze. Die Fertigungstiefe der mittelständischen Champions ist im Vergleich zur deutschen (Groß-)Industrie mit 5070% gegenüber 30% signifikant höher. Die HC profitieren davon, dass Kundenbedürfnisse innerhalb des Nischenmarktes einer Branche in der Regel über Ländergrenzen hinweg nur geringfügig variieren (vgl. Simon 2018, S. 9).
Einer der größten Vorteile von HC sind die Kundenbeziehungen. Die Nähe zwischen Organisation und Kunden ist bei Mittelständlern größer als bei Konzernen. Aufgrund der Komplexität der zugeschnittenen Produkte werden interaktive und stetige Austauschbeziehungen benötigt. Daher wählen drei Viertel der HC eine direkte Vertriebsform.
Eine weitere elementare Stärke ist das technologische Niveau der Produkte, welches international Standard setzt und oft als Benchmark der Branche fungiert. Auch der damit in Verbindung angebotene Service wird dabei immer wichtiger. Diese beinhalten gemeinsame Produktentwicklungen oder auch ganzheitliche Servicepakete mit Beratungen oder Trainings. Die Bedeutung globaler Präsenz und Verfügbarkeit steigt dabei (vgl. Simon 2018, S. 10). Es ist ein Wandlungsprozess der Unternehmen vom reinen Industrie- zum Serviceunternehmen zu verzeichnen. Diese Effekte werden durch die Digitalisierung weiter bestärkt. So sind etwa die zugehörige Integration der Systeme oder Ferndiagnosen bereits etablierter Standard (vgl. Simon 2018, S. 11).
Im Zentrum des Erfolgs der Unternehmen steht außerdem die starke Orientierung nach Innovationen (vgl. Meffert & Klein 2007, S. 83). Daraus resultieren hochwertige Spitzenleistungen hinsichtlich der Produktqualität. Die Champions zählen vor allem auf kontinuierliche Produktverbesserungen als auf disruptive Veränderungen. Eine Schlüsselkompetenz ist dabei die kundenahe Entwicklung (vgl. Simon 2018, S. 18). Die Patentanmeldungen von HC übersteigen die Deklarationen der deutschen Großunternehmen. Sie dienen den Mittelständlern nicht nur zur eigenen Nutzung, sondern blocken potentielle Konkurrenzvorhaben oder können Markteintrittsbarrieren darstellen. Patente sind jedoch erst dann Teil einer erfolgreichen Innovation, wenn diese gewinnbringend am Markt platziert werden (vgl. Simon 2018, S. 12). Um dies zu gewährleisten, stehen HC in starker Austauschbeziehung zwischen Produktions-, bzw. Entwicklungsabteilung und den Lieferanten sowie Kunden der Unternehmen (vgl. Simon 2018, S. 18). Ein Garant für den nachhaltigen Innovationserfolg ist also die Kollaboration zwischen der F&E-Abteilung und den Abteilungen, die eine Schnittstelle zum Kunden darstellen, etwa Marketing, Kundenservice oder Vertrieb (vgl. Simon 2018, S. 16). Diese Charakteristika der Wettbewerbsstrategie von deutschen Champions sind in Abbildung 2 plakativ dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Wettbewerbsstrategien der HC in Anlehnung an Simon (2018, S.6)
Trotz finanziell wie personell limitierter Ressourcen agieren HC also hochprofessionell und führen globale Nischenmärkte auf profitable Art und Weise an. Sowohl die Qualität und das Innovationslevel der Produkte als auch die genauen Kenntnisse von Kundenbedürfnissen sowie Kundenbeziehungen sind dabei die wichtigsten Treiber ihrer Marktführerschaft. Die Synthese aus Technologie, Service und der zugehörigen Systemintegration verschafft schwer imitierbare Vorteile im Vergleich zu den bestehenden Wettbewerbern und dient gleichzeitig als erschwerende Eintrittsbarriere gegenüber neuen Konkurrenten, wodurch die langfristige Position gefestigt wird (vgl. Simon 2018, S. 18).
In den nächsten Abschnitten sollen diese wichtigsten Bausteine des Erfolgs und der Besonderheiten von HC eine genaue Erklärung erfahren.
2.3 Internationalisierung
Der Prozess der Internationalisierung ist wichtiger Bestandteil der Wettbewerbsstrategie von HC. In der Literatur werden dem Begriff unterschiedliche Bedeutungen zugeschrieben. Im Kern lässt sich der Terminus jedoch als für das Unternehmen relevante, nachhaltige Geschäftstätigkeit im Ausland definieren (vgl. Krystek & Zur 2002, S. 5).
Für Unternehmen gilt es, Entscheidungen über die Internationalisierungsstrategie, die Zielmärkte, die Markteintrittsform und mögliche Kooperationsformen zu treffen (vgl. Krystek & Zur 2002, S. 4). In der Literatur werden dabei zwei grundlegende Timing-Strategien unterschieden. Zum einen gibt es die Möglichkeit, die Wasserfallstrategie zu verfolgen und somit schrittweise in Auslandsmärkte zu expandieren. Alternativ lässt sich die Sprinklerstrategie verfolgen, bei der zu einem Zeitpunkt in eine Vielzahl von Auslandsmärkten expandiert wird (vgl. Homburg 2017, S. 1114). Des Weiteren wird zwischen unterschiedlichen Formen des Markteintritts differenziert, welche Arten zur Erschließung des Auslandsmarkts beschreiben. Diese sind unter anderem der direkte oder indirekte Export, Lizenzverträge, partnerschaftliche Allianzen hinsichtlich der Produktion, Joint Ventures oder Tochtergesellschaften (vgl. Homburg 2017, S. 1114; Krystek & Zur 2002, S. 5). Der Internationalisierungsprozess deckt nicht nur eine Vielzahl von Unternehmensaktivitäten, sondern findet auf unterschiedlichen Ebenen statt. Sie drückt sich im -7-
Unternehmen nicht nur auf quantitativer Ebene wie beispielsweise die Summe der Auslandsinvestitionen aus, sondern auch qualitativ in der „Kultur, Zielsetzung, Strategien sowie den Denk-und Handlungsweisendes Managements“ aus (Krystek & Zur 2002, S. 6). Die Wettbewerbsfähigkeit eines Betriebs ist demzufolge abhängig von der mentalen Offenheit bzw. „mentale[n] Internationalisierung“ und ein „Phänomen“ welches sich über das gesamte Unternehmen erstreckt (Krystek & Zur 2002, S. 6). Aufgrund der Profilierung als internationaler Akteur sind neben den „Sachkompetenzen“ zusätzlich interkulturelle Sozialkompetenzen zu schulen (Krystek & Zur 2002, S. 13).
Der Vorgang der Internationalisierung erstreckt sich bei HC oft über mehrere Generationen und benötigt eine langfristige Zielsetzung sowie hohe Investitionen. Die Unternehmenskultur muss daher den Versuch als auch das Scheitern fördern und tolerieren, da üblicherweise eine Vielzahl an ungeahnten Komplikationen oder Misserfolgen auftritt (vgl. Simon 2018, S. 9). Die Unternehmensführung hat langfristig darauf zu achten, dass das Unternehmen die Aufteilung von der internationalen und nationalen Identität aufgibt und unter einer globalen Unternehmensführung aktiv ist (vgl. Krystek & Zur 2002, S. 13).
Um die Spezifikationen dieser Unternehmen zu verstehen, wird im folgenden Abschnitt eine Abgrenzung des Investitionsgütermarkts vorgenommen.
2.4 Investitionsgüter
Investitionsgüter sind Produkte, die in der Regel an eine geringe Anzahl an Nachfrager vertrieben werden. Die Güter zeichnen sich durch eine meist auf den Kunden spezifisch ausgerichtete Individuallösung sowie langfristig ausgelegte Kaufintervalle aus (vgl. Wöhe & Döring 2013, S. 372). Typische Investitionsgüter sind beispielsweise Industrieausrüstung oder Zulieferteile (vgl. Wöhe & Döring, 2013, S. 371). Zentrale Merkmale, die den Investitionsgütermarkt vom Konsumgütermarkt abgrenzen, lassen sich sowohl auf die Nachfragerseite als auch auf die Anbieterseite beziehen. Zentrales Unterscheidungskriterium ist die derivative Nachfrage, der ein Anbieter im Investitionsgütermarkt begegnet. Diese beschreibt die Nachfrage, die sich aus den Erzeugnissen, die mit Hilfe des Investitionsgutes hergestellt werden, ergibt (vgl. Meffert et al. 2019, S. 24). Das bedeutet, dass ein
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