Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Kompetenzorientierter Unterricht - ein ideales didaktisches Modell?
1.1 Einleitung
1.2 Was ist guter Unterricht?
1.3 Die Idee des kompetenzorientierten Unterrichts
1.4 Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts
1.5 Begründungen für kompetenzorientierten Unterricht
1.6 Fazit
1.7 Literaturverzeichnis
2. Wie kann der Moderator den dynamischen Prozess einer Gruppe beeinflussen?
2.2 Zum Begriff Moderation
2.3 Einfluss des Moderators auf den gruppendynamischen Prozess
2.3.1 Gezielte Unterstützung während des Gruppenprozesses
2.3.2 Prozessverständnis auf der Sach- und Beziehungsebene
2.4 Fazit
2.5 Literaturverzeichnis
3. Wie drücke ich in Konflikten meinen Ärger aus, ohne andere zu verletzen?
3.1 Einleitung
3.2 Ärger als Emotion
3.3 Was ist gewaltfreie Kommunikation (GFK)?
3.4 Der Prozess der GFK
3.5 In Konflikten den Ärger vollständig ausdrücken, ohne andere zu verletzen
3.6 Fazit
3.7 Literaturverzeichnis
4 Welche Herausforderungen bringen das Lehren und Lernen im virtuellen Raum mit sich?
4.1 Einleitung
4.2 Lehr-und Lernprozesse im virtuellen Raum
4.3 Herausforderungen des Lehrens und Lernens im virtuellen Raum
4.3.1 Lehren im virtuellen Raum
4.3.2 Lernen im virtuellen Raum
4.4 Fazit
4.5 Literaturverzeichnis
1. Kompetenzorientierter Unterricht - ein ideales didaktisches Modell?
1.1 Einleitung
Der Schulunterricht stellt für Kinder und Jugendliche einen wesentlichen und prägenden Teil ihres Lebens dar. Dabei spielen die erworbenen Kompetenzen eine entscheidende Rolle, da sie am Ende jedes Schuljahres abgefragt werden, um so eine Orientierung über den Leistungsstand der Schüler1zu geben. Um den Fokus im Unterricht mehr auf den Kompetenzerwerb eines Schülers zu setzen, entstand die Idee des kompetenzorientierten Unterrichts. Ob es das ideale didaktische Modell darstellt - darüber ist sich die Forschung uneins. Im Folgenden wird dieses Konzept jedoch näher beleuchtet. Dafür wird hierzu zunächst anhand der Merkmale nach Meyer (2003), auf die Frage eingegangen, was guten Unterricht ausmacht. Als nächstes folgen die Begriffsklärung und Beschreibung von kompetenzorientiertem Unterricht und anschließend die Darstellung der Merkmale. Zuletzt folgen Begründungen für kompetenzorientierten Unterricht in Hinblick auf die zuvor untersuchten Themen.
1.2 Was ist guter Unterricht?
Um kompetenzorientierten Unterricht als ein ideales didaktisches Modell zu untersuchen, werden in diesem Kapitel zehn Merkmale guten Unterrichts nach Hilbert Meyer (2003) in Kurzform beschrieben, die mehr Klarheit darüber geben sollen, was guten Unterricht ausmacht.
Das erste Merkmal stellt eine klare Strukturierung des Lehr- und Lernprozesses dar. Eine klare Strukturierung zeigt sich nach Meyer in einer verständlichen Lehrsprache, in der Klarheit der Aufgabenstellung oder auch in einer guten Vorbereitung sowie einer verständlichen Untergliederung des Unterrichtsinhalts (vgl. Meyer 2003, S. 38).
Als zweites Merkmal nennt er die intensive Nutzung der Lernzeit. Für ihn bedeutet die echte Lernzeit, „[...] die vom Schüler tatsächlich aufgewandte Nettozeit, in der er an der gestellten Aufgabe arbeitet“ (ebd.). Dies zeigt sich dadurch, dass die Schüler aktiv bei der Sache sind, sie sich nicht ablenken lassen sowie ordentliche Arbeitsergebnisse liefern (vgl. ebd.).
Als drittes Merkmal beschreibt er die Stimmigkeit der Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen. Wechselwirkungen bestehen immer zwischen Zielen, Inhalten und Methoden, daher ist es von hoher Bedeutung, dass dennoch eine Stimmigkeit im Unterricht erreicht wird. Diese macht sich unter anderem dadurch bemerkbar, dass die Ziele der Schüler deren der Lehrer entsprechen oder dass leistungsschwächere, wie auch leistungsstärkere Schüler zu Wort kommen. Fehlende Stimmigkeit ist oftmals an der Unterrichtsatmosphäre festzustellen (vgl. Meyer, S. 38).
Als ebenso charakteristisch für guten Unterricht sieht er die Methodenvielfalt, die dann vor liegt, „[...] wenn der Reichtum der verfügbaren Inszenierungstechniken [...] genutzt wird, wenn die Sozialformen variieren und verschiedene Grundformen des Unterrichts [...] praktiziert werden“ (ebd., S. 39).
Intelligentes Üben sowie individuelles Fördern stellen für Meyer ebenso zwei Merkmale guten Unterrichts dar. Nach seiner Ansicht ist der konventionelle Schulunterricht in Hinblick auf das Üben von Gelerntem fehlerhaft konstruiert und bedarf mehr Zeit und fantasiereiche Methodik. Individuelles Fördern findet dort statt, wo der Lehrer (emotional) auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen eines Schülers eingeht (vgl. ebd.).
Das siebte Merkmal beschreibt lernförderliches Unterrichtsklima, welches sich durch eine gemeinsame Orientierung, einen verantwortungsvollen Umgang mit der Umgebung und durch Höflichkeit, Respekt sowie Gerechtigkeit kennzeichnet (vgl. ebd., S. 40). Weitere Merkmale guten Unterrichts stellen nach Meyer sinnstiftende Unterrichtsgespräche, regelmäßige Nutzung von Schüler-Feedback sowie klare Leistungserwartungen- und kontrollen dar (vgl. ebd.).
1.3 Die Idee des kompetenzorientierten Unterrichts
Der PISA-Schock, „[.] das heißt die allgemeine Betroffenheit nach dem mäßigen Abschneiden deutscher Schüler in internationalen Vergleichsstudien [.]“ (Schott und Azizig- hanbari 2012, S. 19) führte dazu, dass sich die Bildungspolitik über die Qualität des deutschen Schulwesens Gedanken machte und eine Qualitätssteigerung des Bildungssystems forderte. „Damit wurde ein bildungspolitischer Kurswechsel von einer Input- hin zu einer Output-orientierten Steuerung des Bildungssystems eingeleitet“ (Müller et al. 2013, S. 127). Durch die Inputsteuerung wird versucht, das Bildungssystem durch den Input, den man in das System hineingibt, zu regulieren. Dieser Input äußert sich in Lehrerbildung, Lehrpläne, Vorschriften oder dem Schulgebäude. Für eine Verbesserung des Bildungssystems ist aber auch sein Ertrag, sprich sein Output zu beachten, der die Leistungen der Lernenden impliziert. Das Kultusministerium fordert demnach eine verstärkte Outputorientierung des Bildungssystems, die sich an bestimmten Standards, den sogenannten Bildungsstandards, orientieren soll (vgl. Schott und Azizighanbari 2012, S.16f.). Hinsichtlich der Leistungen und damit auch der Lernergebnisse, die in den Fokus gerückt sind, kommt der Begriff der Kompetenz in Gebrauch. Nach Weinert (2002) versteht man unter Kompetenzen „[.] die bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen [.]“ (Weinert 2002, S. 27). Zudem wird mit diesem Begriff betont, inwieweit das Wissen, welches in der Schule erworben wurde, in variablen Situationen flexibel einsetzbar und für zukünftiges Lernen anschlussfähig ist. Aufgrund der eingeführten Bildungsstandards, ändert sich der Anspruch an die Lehrpersonen, da sie nun gefordert sind, ihren Unterricht kompetenzorientiert zu gestalten (vgl. Müller et al. 2013, S. 128). Mit der Einführung des kompetenzorientierten Unterrichts, wird ein didaktischer Perspektivenwechsel vorgenommen. Demnach wird bei der Planung und Durchführung von Unterricht das Lernen der Schüler in den Fokus gestellt, während das Lehren der Lehrer in den Hintergrund gerät (vgl. Michalke-Leicht 2011, S. 11f.).
1.4 Merkmale des kompetenzorientierten Unterrichts
Einen gemeinsamen Konsens über die Merkmale eines kompetenzorientierten Unterrichts gibt es nicht, jedoch haben die bestehenden Definitionen einige Gemeinsamkeiten.
Ein zentrales Merkmal des kompetenzorientierten Unterrichts ist, die Schaffung von Anforderungssituationen, die es den Lernenden ermöglicht, eigenaktiv Kompetenzen zu erwerben (vgl. Martens 2014, S. 18). Lernprozesse entstehen dort, wo einer Person deutlich wird, dass das bisher erlernte Wissen für eine Situation, wie dem Lösen einer Aufgabe oder dem Erklären eines Sachverhalts, nicht genügt, sondern entsprechend ausgebaut werden sollte. Um einen Lernprozess zu generieren, muss die Situation gewisse Bedingungen erfüllen. Zum einen muss die Situation herausfordernd, zum anderen aber auch attraktiv sein, sodass die Person sich gerne damit beschäftigen will (vgl. Joller-Graf et al. 2014, S. 22). Kompetenzorientierter Unterricht bedeutet, dass Lernende die eigenen Kompetenzen in einem kumulativen Prozess erwerben, im Sinne eines aufeinander aufbauenden Kompetenzerwerbs (vgl. Martens 2014, S. 18), in einer mittel- bis langfristigen Zeitspanne, die meist über eine Klassenstufe hinausgeht (vgl. Joller-Graf et al. 2014, S. 24). Kompetenzorientierter Unterricht sieht vor, dass Lernende ihr Können und Wissen stets an konkreten Handlungen prüfen. Im konventionellen Unterricht haben Lehrende den Auftrag, einen vorgegebenen Lernstoff mit einer bestimmten Klasse durchzunehmen und gleichmäßig auf das Schuljahr zu verteilen. Dagegen folgt im kompetenzorientierten Unterricht ein Perspektivenwechsel, der nicht mehr den durchgenommenen Stoff im Fokus hat, sondern sich an den Bedürfnissen der Schüler orientiert und fragt was die Schüler in welcher Qualität können müssen (vgl. Joller-Graf et al. 2014, S. 22). Zudem werden im kompetenzorientierten Unterricht Bezüge zwischen Lerninhalten und realen Problemstellungen hergestellt. Wissen ist kein Selbstzweck, sondern nützlich für die Lösung komplexer Probleme, die im Alltag auftauchen. Dafür muss schulisches Wissen auf die Probleme der Schüler angewendet werden. Die Schüler sollen erkennen, wozu ihr Wissen nützlich ist (vgl. Müller et al. 2013, S. 133) „[.] und welche Rolle darüber hinaus auch ihr eigener Ideenreichtum und ihre eigene Kreativität spielen können. Deshalb stellt kompetenzorientierter Unterricht [.] Probleme in den Mittelpunkt des Lernens und kreiert so wirklichkeitsnahe Lernanlässe“ (ebd.).
1.5 Begründungen für kompetenzorientierten Unterricht
Durch den didaktischen Perspektivenwechsel erfolgt im kompetenzorientierten Unterricht eine intensive und didaktische Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen des Schülers. Indem die zuvor beschriebenen Anforderungssituationen geschaffen werden, um dem Schüler den eigenaktiven Erwerb seiner Kompetenzen zu ermöglichen, kann nach den Merkmalen von Meyer intelligentes Üben ermöglicht werden.
Im kompetenzorientierten Unterricht erlangen die Schüler zudem die eigenen Kompetenzen durch einen kumulativen Prozess. Mit der Planung von kürzeren Unterrichtssequenzen (vgl. Joller-Graf et al. 2014, S. 24) ist eine Methodenvielfalt, die nach Meyer einen guten Unterricht ausmacht, zum Teil gegeben. Durch den didaktischen Perspektivenwechsel, der sich an den Bedürfnissen des Schülers orientiert (vgl. ebd., S. 22), ist eine individuelle Förderung des Schülers zum Teil vorhanden. Allerdings ist der alleinige Perspektivenwechsel nicht ausreichend, um eine stetige individuelle Förderung des Schülers zu gewährleisten. Wie bereits dargestellt, ermöglicht kompetenzorientierter Unterricht, die Bezüge zwischen Lerninhalten und realen Problemstellung herzustellen, um wirklichkeitsnahe Lernanlässe zu generieren. Dadurch kann intelligentes Üben der Schüler erfolgen.
1.6 Fazit
Kompetenzorientierter Unterricht orientiert sich an den Bedürfnissen der Lernenden. Durch diesen didaktischen Perspektivenwechsel wird dieser Form von Unterricht eine zunehmende Bedeutung für den Unterricht mit Schülern zugeschrieben. Durch Merkmale wie dem intelligenten Üben, der Methodenvielfalt, dem kumulativen Kompetenzaufbau und einer individuellen Förderung, die mit den Merkmalen von Hilbert Meyer übereinstimmen, stellt kompetenzorientierter Unterricht eine gute Alternative für die konventionelle Unterrichtsform dar.
[...]
1Aus Gründen der Vereinfachung werden, sofern nicht anders erwähnt, in dieser Arbeit stellvertretend für beide Geschlechter die maskulinen Formen von personenbezogenen Ausdrücken benutzt.
- Arbeit zitieren
- Josephine Kreuter (Autor:in), 2020, Kompetenzorientierter Unterricht, Einfluss eines Moderators auf den dynamischen Gruppenprozess, Gewaltfreie Kommunikation und Herausforderungen von Lehren und Lernen im virtuellen Raum, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1183091
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