Grund und Gang spekulativen Denkens


Seminararbeit, 2008

13 Seiten, Note: 2.0

Anonym


Leseprobe

Inhalt

1 Fundierendes oder erkundendes Denken

2. Vormeinungen über Spekulation

3. Kants Begriff der Philosophie

4. Gründe für die Unausweichlichkeit spekulativen Denkens

5. Einheitsbegriff und Begriffsform

6. Entsprechen und Engagieren

7. Zusammenfassung und Bewertung

Quellen- und Literaturverzeichnis

Einleitung

Der Eifer nach Geld, die Expansion der Ökonomen und die Regression der Realdenker innerhalb der Gesellschaft beeinflussen unsere Märkte, unser System und somit automatisch unser Wohlbefinden – unsere Gesundheit. Die Einsparungen in der Wirtschaft greifen auf unser Sozial- und Gesundheitssystem über und „gleichzeitig steigen die Lebenshaltungskosten immer weiter“[1], womit der Lebensstandard vieler Menschen in Gefahr scheint zu suspendieren und vieles schon bald unbezahlbar wird. „Die Finanzwirtschaft […] hat sich von der Realwirtschaft abgekoppelt“[2] und mit dieser Einstellung drückt die freie Marktwirtschaft wie ein Monster auf die Menschen mit ihren Wohlstandserwartungen. Tag für Tag transferieren über eine Milliarde Dollar in den Markt. Hedgefonds, Banken, Pensionskassen, Krankenkassen und vieles mehr versuchen einen Platz im „Spekulations-Las Vegas“ zu finden. Auf der Suche nach sicheren und langfristigen Renditen investieren Großanleger bzw. Spekulanten in diverse Indizes bzw. Zertifikate. In der Rohstoff- und Nahrungsmittelindustrie kollabieren die Preise und verursachen eine Krise der Finanzmärkte – trotz allem gibt es weiterhin spekulatives Kapital, das nach renditeträchtigen Anlegern sucht. Anleger wie Industrie oder der einfache Otto-Normalverbraucher spekulieren, dass die Preise der Rohstoffe weiter steigen, weil auch eine steigende Nachfrage ein begrenztes Angebot besitzt- man spekuliert mit einer Erwartungshaltung. Diese Erwartungen stehen in Abhängigkeit zum Erwartungsgrad, wobei es sich dabei um einen Vergleich von Wahrscheinlichkeiten handelt-die Wahrscheinlichkeiten hierbei sind nicht numerisch erfassbar.[3] Zwar können wir nicht wissen, wie teuer Öl gegenwärtig wäre, wenn es die Spekulation nicht gäbe, nur können wir sagen, dass es auf jeden Fall billiger wäre.[4] Gegenwärtig klettern die Energiepreise auf immer neue Rekordstände und obwohl viele Familien einen immer größeren asketischen Umgang mit Energie an den Tag legen, steigen die Preise noch schneller.[5] Allein die Teuerungswellen der vergangenen Monate haben die deutschen Bürger um knapp 25 Milliarden Euro ärmer gemacht (Abb.1). Jedoch bleiben die Realeinkommen[6] der Arbeitnehmer eher stagnierend und drängen somit immer mehr Angehörige der Mittelschicht in die gesellschaftliche Armutszone. Diverse Experten glauben nicht mehr an einen Rückgang der hohen Ölpreise und prognostizieren eher das Gegenteil.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 1

Bricht jedoch aufgrund der hohen Preise die Nachfrage ein oder weitet sich das Angebot aus, kann die Spekulationsblase platzen- dann nämlich sinken die Preise und die Anleger verlieren ihre Wette.[7]

Philosophisch betrachtet, fährt der Bedeutungszug der Spekulation in zwei unterschiedliche Denkrichtungen:

1. Sie ist die spezifische Erkenntnisform der Reflexion (platonisch-augustinischer Ge danke)
2. Sie ist der Gegenbegriff zu <Praxis> (in der aristotelischen Tradition)

Mit dem Ableben des europäischen Mittelalters und dem Einsetzen der bis heute andauernden Neuzeit, setzt eine verstärkte Kritik an der Spekulation ein. Abwertungen als auch Unterordnungen der Spekulation erreichen bei Kant den wirkungsgeschichtlichen Höhepunkt.[8] Laut Kant zeigt die praktische Vernunft zwar, dass ihre Ideen real sind, dennoch nicht anschaulich. Die spekulative Absicht bleibt uns somit unerschlossen. Die spekulative Vernunft kann der praktischen nicht übergeordnet werden, „weil alles Interesse zuletzt praktisch ist, und selbst das der spekulativen Vernunft nur bedingt und im praktischen Gebrauche allein vollständig ist.“[9] Vergleichen wir also die wirtschaftliche Spekulation mit der philosophischen, so stellen wir fest, dass beide Genres vor der Erfahrung, für die Erfahrung leben und somit einen gewaltigen Unterschied zum empirischen Bewusstsein darstellen.

Doch was macht die Spekulation aus? Was ist der Gegenstand der Spekulation?

Die Essaysammlung „Bewusstes Leben“ von Dieter Henrich aus dem Jahre 1999 befasst sich im zweiten Kapitel mit dem Thema Spekulation und dient mir in dieser Arbeit als Hauporientierungwerk. Das Kapitel ist in sechs Unterkapitel gegliedert, die ich chronologisch erläutere und zusammenfasse:

1. Fundierendes oder erkundendes Denken
2. Vormeinungen über Spekulationen
3. Kants Begriff der Philosophie
4. Gründe für die Unausweichlichkeit spekulativen Denkens
5. Einheitsbegriff und Begriffsform
6. Entsprechen und Engagieren

Im letzten Teil „Zusammenfassung und Bewertung“ fasse ich das Kapitel stringent zusammen und bewerte diverse Punkte und Aspekte in diesem Werk.

I Grund und Gang spekulativen Denkens-

1 Fundierendes oder erkundendes Denken

Im ersten Teil des zweiten Kapitels der Essaysammlung „Bewusstes Leben“ behandelt Henrich die Fragen nach dem Sein der Philosophie, ihren Orientierungspunkten und ihren Aufgabenbereichen. Jedoch fangen diese Ungewissheiten erst mit dem Divergieren zwischen Philosophie und dem Streben nach begründetem Wissen an relevant zu werden. Ob laut Henrich eine Philosophie daher nicht mehr als Wissenschaft existieren darf, d.h. ohne Fragen, Methoden und Aufgaben, bleibt in der Schwebe.[10] Ebenso vermeidet er davon zu sprechen, die Philosophie als Glauben, also dem Gegenteil von Wissenschaft, fungieren zu lassen.

(B.S. 86) Jeder gesicherte Gang in einer Wissenschaft hat eine unabdingbare Voraussetzung, nämlich die, dass einige Fragen nicht gestellt werden. Z.B. wird die griechische Mathematik aus bestimmten Bewegungen der Menschen heraus gegründet, soll jedoch aus ihr heraus nie zum Ausdruck kommen. Das heisst, dass jegliche Wissensweisen und somit jede Wissenschaft ein implizites Tabu in ihrer Verfassung restituiert hat, welches ihr Halt gibt.

Das Denken der Philosophie beruht nun darauf, dieses Tabu bzw. diese Abscheidung zu hinterfragen. Sie agiert somit also als eine Kontrollinstanz, die das Konstrukt Wissenschaft nach zugrundeliegenden Quellen dekonstruiert (Abb.2).

[...]


[1] Dettmer, Markus; Hornig, Frank; Mahler, Armin; Pauly, Christoph; Reuter, Wolfgang; Tietz, Janko: Die Preistreiber, in: Der Spiegel 09.06.08, (Hg.) Rudolf Augstein (1923-2002), Hamburg 2008, S.72.

[2] Dettmer, Markus; Hornig, Frank; Mahler, Armin; Pauly, Christoph; Reuter, Wolfgang; Tietz, Janko: Die Preistreiber, in: Der Spiegel 09.06.08, (Hg.) Rudolf Augstein (1923-2002), Hamburg 2008, S.73.

[3] Vgl. Ritter, Joachim (Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2:D-F, Münster 1971, S.731-732.

[4] Dettmer, Markus; Hornig, Frank; Mahler, Armin; Pauly, Christoph; Reuter, Wolfgang; Tietz, Janko: Die Preistreiber, in: Der Spiegel 09.06.08, (Hg.) Rudolf Augstein (1923-2002), Hamburg 2008, S.72.

[5] Vgl. Beckmann, Hanna; Gunkel, Christoph; Jung, Alexander; Reiermann, Christian; Sauga, Michael: Ölkrise 2.0, in: Der Spiegel 14.07.08, (Hg.) Rudolf Augstein (1923-2002), Hamburg 2008, S.74-81.

[6] „Unter Realeinkommen wird die Gütermenge verstanden, die mit dem Nominaleinkommen erworben werden kann. Das Realeinkommen ist ein Indikator für die reale Kaufkraft des Geldes unter Berücksichtigung der Inflation. Es ist insbesondere bei der Betrachtung von Einkommensveränderungen von Bedeutung, da nominelle Erhöhungen bei gleichzeitiger Wertminderung des Geldes einen deutlich geringeren realen Netto-Effekt haben.“ (http://www.handelswissen.de/data/handelslexikon/buchstabe_r/Realeinkommen.php, 15.07.08, 16:32.)

[7] Vgl. Dettmer, Markus; Hornig, Frank; Mahler, Armin; Pauly, Christoph; Reuter, Wolfgang; Tietz, Janko: Die Preistreiber, in: Der Spiegel 09.06.08, hg. von Rudolf Augstein (1923-2002), Hamburg 2008, S.72.

[8] Vgl. Ritter, Joachim(Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9:Se-Sp, Basel 1995, S.1355-1356.

[9] Joachim Ritter(Hg.): Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 9:Se-Sp,Basel 1995, S.1364-1365.

[10] Hinsichtlich Newtons Dynamik blicken der Wissenschaftler und der Philosoph in entgegengesetzte Richtung: Beschäftigt sich der Wissenschaftler mit den Fragen nach den Konsequenzen, so stellt sich der Philosoph die Fragen nach der Bedeutung. Dennoch ist der Glaube die Voraussetzung, die das philosophische Denken unbrauchbar macht. Die Philosophie braucht die Bildung als auch die Wissenschaft, da diese ergänzende Waffen der Philosophie bilden. (Vgl. Whitehead, Alfred North: Denkweisen, (hg.) Stascha Rohmer, Frankfurt am Main 2001.)

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Grund und Gang spekulativen Denkens
Hochschule
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald  (Philosophisches Institut )
Veranstaltung
Henrich-Bewusstes Leben
Note
2.0
Jahr
2008
Seiten
13
Katalognummer
V118493
ISBN (eBook)
9783640215935
ISBN (Buch)
9783640215980
Dateigröße
1013 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Analyse des Begriffs der Spekulation und der diesbezüglichen Gedankengänge bei Dieter Henrich ist zum größten Teil deutlich und überzeugend.
Schlagworte
Grund, Gang, Denkens, Henrich-Bewusstes, Leben
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Anonym, 2008, Grund und Gang spekulativen Denkens, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118493

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