In dieser Arbeit soll PEGIDA aus bewegungstheoretischer Sicht beleuchtet werden. Dabei geht es weniger um die Frage, ob PEGIDA eine Neue Soziale Bewegung ist. Es wird sich zeigen, dass selbst die Antworten der etablierten Bewegungsforschung auf diese Frage durchaus ambivalent ausfallen. Vielmehr sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu klassischen sozialen Bewegungen herausgearbeitet werden.
„Die Angstbürger“ – so betitelte DER SPIEGEL im Dezember 2014 einen seiner Artikel und beschrieb damit die Anhänger von PEGIDA. Die Bewegung, die sich ungekürzt „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ nennt, spaltete 2014/15 die Bundesrepublik: Der Aufmarsch von zeitweise 25.000 Protestbürgern, die mit populistischen Slogans die etablierte Politik anprangerten und gegen Ausländer hetzten stieß auf heftige Reaktionen von Politik, Medien und Gegendemonstranten. Protestbewegungen sind in Deutschland kein neues Phänomen; mehr als 20.000 Demonstranten keine Außergewöhnlichkeit. Was war also anders? Warum beschäftigte die lokale Protestbewegung PEGIDA eine ganze Nation, ganz Europa, die Welt?
Die deutsche Beteiligungskultur hat sich seit Beginn der partizipatorischen Revolution der 1960er Jahre maßgeblich verändert. Neben der Erweiterung des Partizipationsrepertoires fand eine Veränderung der Beteiligungsmuster weg von konventioneller Mitwirkung durch Wahlbeteiligung oder Parteimitgliedschaften hin zu unkonventionellen Beteiligungsformen statt. Neue Soziale Bewegungen, die spätestens in den 1970er Jahren zur beliebten Form nicht-institutioneller politischer Mitwirkung wurden und die politische Protestkultur prägten, bilden heute einen festen Bestandteil des Systems politischer Interessensvermittlung. Die Bewegungsforschung, deren Erfolg eng mit dem Aufkommen der Neuen Sozialen Bewegungen verbunden ist, sah in u.a. der Ökologiebewegung, Frauenbewegung oder der Friedensbewegung einen Motor der Gesellschaft. Aufgrund der Bildungsexpansion und steigendem Wohlstand, so die Theorie, rückten postmaterielle Werte und Bedürfnisse in den Mittelpunkt, die durch die Forderung nach Veränderungen realisiert wurden. Diese Sichtweise auf soziale Bewegungen mag ihren normativen Reiz haben, wurde 2014 jedoch von der politischen Realität eingeholt. Anders als die progressiven sozialen Bewegungen der vergangenen Jahre, strebten die PEGIDA-Anhänger keinen sozialen Wandel an, sondern wollten ihr Land vor der Überfremdung, also einem Wandel bewahren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politische Partizipation: keine Demokratie ohne Beteiligung
- Über Entstehung und Formen bürgerlicher Beteiligung
- Beteiligung im Wandel
- Neue Soziale Bewegungen und ziviler Protest
- Neue Impulse in der Bewegungsforschung
- Theoretische Ansätze über Entstehung und Erfolg sozialer Bewegungen
- PEGIDA
- Eine Chronik der Ereignisse
- Das Phänomen PEGIDA aus bewegungstheoretischer Sicht
- PEGIDA - eine Neue Soziale Bewegung von rechts?
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Phänomen PEGIDA aus bewegungstheoretischer Sicht und analysiert die Bewegung im Kontext der politischen Partizipation und der Entwicklung Neuer Sozialer Bewegungen. Ziel ist es, Gemeinsamkeiten und Unterschiede von PEGIDA zu klassischen sozialen Bewegungen aufzuzeigen und den Mobilisierungserfolg der Bewegung aus rechtsgerichteter Perspektive zu untersuchen.
- Politische Partizipation und ihre Bedeutung für die Demokratie
- Entwicklung und Wandel der Beteiligungsmuster in der deutschen Gesellschaft
- Theoretische Ansätze zur Entstehung und zum Erfolg sozialer Bewegungen
- Charakterisierung von PEGIDA und dessen Abgrenzung zu klassischen Neuen Sozialen Bewegungen
- Bewertung von PEGIDA aus Sicht der Bewegungs- und Protestforschung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt das Phänomen PEGIDA vor und erläutert die Relevanz des Themas. Sie beleuchtet die Kontroverse um die Bewegung und die Frage nach deren Besonderheit im Vergleich zu anderen Protestbewegungen.
Das zweite Kapitel widmet sich der politischen Partizipation und ihrer Bedeutung für die Demokratie. Es beleuchtet die verschiedenen Formen der Beteiligung, ihren Wandel im Laufe der Zeit und die unterschiedlichen theoretischen Perspektiven auf Partizipation.
Im dritten Kapitel werden Neue Soziale Bewegungen als Form nicht-institutioneller politischer Mitwirkung betrachtet. Es werden die Entstehung, die Entwicklung und die theoretischen Ansätze zur Erklärung dieser Bewegungen beleuchtet.
Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Bewegung PEGIDA und ihrer Chronik. Es analysiert das Phänomen PEGIDA aus bewegungstheoretischer Sicht und untersucht, ob und inwieweit PEGIDA als eine Neue Soziale Bewegung von rechts betrachtet werden kann.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Themen Politische Partizipation, Neue Soziale Bewegungen, Protestforschung, Bewegungstheorie, Rechtspopulismus und PEGIDA.
- Citation du texte
- Helena Quis (Auteur), 2020, PEGIDA - Ein rechtes Phänomen aus bewegungstheoretischer Sicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185160