Robotik in der Realschule. Einführung in die Robotik mit Hilfe des fischertechnik Computing ROBO Mobile Sets


Epreuve d'examen, 2008

90 Pages, Note: 1,5


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Auf dem Weg zur Automatisierung
2.1 Ursprünge der Automatisierung
2.1.1 Der Mensch ein Technologe (Vom Werkzeug zur Maschine)
2.1.2 Automaten der Antike und des 18. Jahrhunderts
2.1.3 Der erste programmierbare Computer
2.2 Steuern und Regeln
2.2.1 Steuern
2.2.2 Regeln
2.2.2.1 Die automatische Regelung
2.2.2.2 Die automatische Regelung im 17. und 18. Jahrhundert
2.3 Die Kybernetik – ein bindendes Glied
2.3.1 Der kybernetische Vorgang in Mensch und Maschine
2.3.2 Kybernetik - die Brücke zwischen den Wissenschaften

3 Automatisierung und Roboter
3.1 Grundlagen heutiger Automatisierung
3.1.1 Automatisierung gestern und heute
3.1.2 Ziele und Aufgaben der Automatisierungstechnik
3.1.3 Das Grundprinzip der Automatisierung
3.1.4 Das Rückkopplungsprinzip
3.1.5 Anwendungsfelder der Automatisierung
3.2 Von der Vision zum Einsatz von Robotern
3.2.1 Von der manuellen Massenproduktion zur Vision von Robotern
3.2.2 Handhabungstechnik als Erfüllungsgehilfe
3.2.3 Handhabungseinrichtungen
3.3 Roboter, deren Wissenschaft und Anwendung
3.3.1 Der erste Roboter
3.3.2 Robotik, die Wissenschaft der Roboter
3.3.3 Geburtsstunde des Begriffs Roboter
3.3.4 Vorfahren der Roboter
3.3.5 Anwendung der Robotertechnik

4 Didaktische Überlegungen
4.1 Allgemeinbildender Technikunterricht
4.1.1 Legitimation und Intention des allgemein bildenden Technikunterrichts..
4.1.2 Gegenstandsbereiche des allgemein bildenden Technikunterrichts
4.2 Informationstechnische Bildung
4.2.1 Informationstechnik als Bestandteil technischer Sachsysteme
4.2.2 Informationstechnik als Gegenstandbereich des allgemein bildenden Technikunterrichts
4.2.3 Informations- und Kommunikationstechnik im Technikunterricht
4.3 Roboter erobern die Schule
4.3.1 Roboter auf der Ebene kybernetischer Modelle
4.3.1.1 Variante Eigenbau
4.3.1.2 Variante Baukasten
4.3.2 Eine Durchführungsmöglichkeit
4.3.2.1 Die First LEGO League

5 Schlussbemerkung

6 Literaturverzeichnis

7 Abbildungsverzeichnis

1 Einführung

„Sprechende Lego- Roboter für Schulen“ pries die Werbetafel auf der CeBit 2008, Halle 9, Stand B35, an. Wissenschaftler der Universität des Saarlandes stellten dieses Jahr auf der weltweit größten Informations- und Telekommunikationstechnologie- Messe in Deutschland eine Sprachsteuerungssoftware für Lego- Roboter vor. Wie demonstriert wurde, macht diese Software es möglich, mobilen Kleinrobotern mündliche Anweisungen zu geben, woraufhin die Roboter Gegenstände ansteuern, sie ergreifen und den Befehlenden bringen.

Die Robotik wird vielfach als Schlüsseltechnologie des dritten Jahrtausends bezeichnet. Laut der Studie „World Robotics 2007“ hatte die Wissenschaft der Roboter Ende 2007 weltweit eine beachtliche Anzahl eingesetzter Roboter vorzuweisen. Die Zahlen bewegten sich in der Industrie im Bereich von einer Million, im Servicebereich um die 40.000. Besonders die Anzahl der Service Roboter, so das „IFR Statistical Department“, wird sich bis 2010 verdoppeln.

Folglich erscheinen Roboter sehr verbreiten und für die gegenwärtige Lebenswelt von wesentlicher Bedeutung zu sein.

Unbeantwortet bleibt nun die Frage, wie Roboter mit Schule in Verbindung zu bringen sind. Zunächst einmal, ob die Thematik Robotik überhaupt einen für das schulische Lernumfeld der Realschule relevanten Gegenstandsbereich darstellt und wenn, wie sich dieser realisieren lässt.

Wie dem Titel zu entnehmen ist, befasst sich die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit mit der Einführung der Robotik in der Realschule. Der Stellenwert der Robotik, als Schlüsseltechnologie des dritten Jahrtausends, legitimiert von sich aus noch nicht eine Einführung im Rahmen des allgemein bildenden Technikunterrichts. Zunächst müssen die Inhalte der Thematik Robotik auf ihre Relevanz hinsichtlich einer allgemeinen technischen Bildung, überprüft werden. Erst danach können unterschiedliche Möglichkeiten der Umsetzung erdacht und im Sinne technischer Bildung, bezüglich ihrer Fruchtbarkeit erörtert werden. Aus dem Untertitel dieser Arbeit geht bereits hervor, dass insbesondere einer dieser möglichen Wege eingehender betrachtet wird.

Die ersten beiden Kapitel stellen den wissenschaftlichen Teil, die fachliche Grundlegung, der Arbeit dar. Sie beinhalten die theoretischen Hintergründe auf einem fachlich angemessenen Niveau. Das dritte Kapitel bildet den didaktischen Rahmen und stellt somit einen Bezug zur späteren Bildungs- und Unterrichtsarbeit her.

Das erste Kapitel beschäftigt sich anfangs mit den Ursprüngen der Automatisierung. Um das Wesen der Automatisierung zu begreifen sind geschichtliche Hintergründe, die Ursprünge der Automatisierung aufzeigen, bedeutend. Sukzessiv entwickelten sich verschiedene Teilgebiete, die im Verlauf dieses Kapitel aufgeführt werden. Sie führten zu der Automatisierung als Ganzes, wie sie heute vorliegt und viele Bereiche der gegenwärtigen Lebenswelt bestimmt.

Der Fokus des zweiten Kapitels ist prinzipiell auf Roboter gerichtet. Anfangs werden jedoch die Grundlagen der inzwischen vorfindbaren Automatisierung aufgezeigt, um daraufhin den Zusammenhang zwischen der Automatisierung und Robotern darzulegen. Im Anschluss wird ein Bogen von der anfänglichen Vision von Robotern, über deren Funktion innerhalb der Automatisierung bis zur wissenschaftlichen Disziplin Robotik, gespannt. Die Wissenschaft der Roboter hat in der Entwicklung bereits wesentliche Fortschritte erzielt. Roboter haben inzwischen zum Teil die Fabrikhallen verlassen und erobern ganz andere Bereiche. Wie es dazu kam und welche Anwendungsfelder diese unterdessen erschließen, behandelt der letzte Teil dieses Kapitels.

Das dritte Kapitel, der didaktische Rahmen der Arbeit, führt zunächst den Technikunterricht als allgemein bildenden Unterricht auf. Da sich die Robotik der Informationstechnik zuordnen lässt, wird im Anschluss daran die Stellung der Informationstechnik innerhalb technischer Sachsysteme untersucht. So kann deren mögliche Relevanz für eine allgemeine technische Bildung überprüft werden.

Im dritten, bedeutenden Teil dieses Kapitels werden Möglichkeiten aufgeführt, mit Hilfe der informationstechnische Aspekte der Robotik erschlossen werden können. Insbesondere eine dieser Möglichkeiten, Gegenstandsbereiche der Robotik im Technikunterricht umzusetzen, wird detaillierter in Erwägung gezogen. Dabei handelt es sich um ein Bauset der „Computing“ Reihe mit der Bezeichnung „ROBO Mobile“, aus dem Hause fischertechnik. Das Kapitel schließt mit einem möglichen Rahmen, innerhalb dem informationstechnische Inhalte der Thematik Robotik im Sinne technischer Bildung, Einzug in das schulische Lernumfeld der Realschule erhalten könnte.1

2 Auf dem Weg zur Automatisierung

2.1 Ursprünge der Automatisierung

In der Entwicklung der Technik lassen sich drei Stufen bezüglich des Entwicklungsstandes der Energieerzeugung unterscheiden. Erst mit der dritten Stufe war eine Automatisierung im eigentlichen Sinne realisierbar.

Während für die erste Stufe menschliche oder tierische Muskelenergie, Wind-, Wasser- und Feuerkraft kennzeichnend sind, wird die zweite mit der Erfindung der Dampfmaschine eingeleitet. Die dritte Stufe beginnt mit der Entwicklung elektrischer Stromerzeugung, die letztendlich die Grundlage für die elektrische Steuerung der ersten elektrischen Rechenmaschine bis hin zur Entwicklung des ersten Einchip- Mikroprozessors war. Die rasche Entwicklung der Mikroelektronik fand zahlreiche Anwendungsbereiche in industriellen Regelungs- und Steuerungssystemen. Da mit Hilfe von Computern Information in Form von Daten verarbeitet werden kann, bilden sie einen unentbehrlichen Bestandteil der heutigen Automatisierung. Zwar ermöglichte erst die dritte Stufe die Verwirklichungen der Automatisierung, jedoch basiert sie auf Teilbereichen die sich ebenso in den ersten beiden Stufen herausbildeten. Um die Automatisierung als Ganzes zu verstehen, ist es daher erforderlich sich zunächst mit den Ursprüngen zu befassen.

2.1.1 Der Mensch ein Technologe (Vom Werkzeug zur Maschine)

Der Mensch unterscheidet sich von allen anderen Lebewesen aufgrund der Befähigung, Materialien, Naturkräfte, Naturgesetze und Erscheinungen der physischen Welt zu seinem Nutzen einzusetzen. Er nutzt diese Fähigkeit um sich selbst künstliche Hilfsmittel zu schaffen, die es ihm ermöglichen, seine Umwelt seiner Zielsetzung entsprechend, zu gestalten.

Mittels Beobachtung und Verstand schufen sich bereits Steinzeitmenschen einfache Werkzeuge, beispielsweise Jagdwaffen oder Steinbohrer, die ihre Leistungsfähigkeit und ihre natürlichen Kräfte steigerten. Durch Herstellung und Nutzung von Werkzeugen wurden Menschen zu Technologen, die zunehmend Handarbeit durch Maschinenarbeit zu ersetzen wussten. Der Keil, der Hebel, die Rolle, das Feuer, das Rad usw. waren wichtige Schritte, die jedes Mal Änderungen in Arbeits- und Herstellungsverhältnissen verursachten.

Im 15. Jahrhundert wandelten zunehmend Windmühlen oder Wasserräder in der Natur vorkommende Energieformen um, die für unterschiedliche Arbeiten, wie das Bewegen eines Mühlsteins, eingesetzt werden konnten.

Mit der beginnenden Mechanisierung Mitte des 18. Jahrhunderts konnte menschliche und tierische Muskelkraft zu vervielfacht werden. Zu verrichtende Arbeit wurde durch Nutzung von Hebelkraft und Energie nicht nur leichter und sicherer, sondern versetzte den Menschen ebenso in eine steuernde Position. Einfache mechanisierte Geräte wurden von ihm bedient, der Arbeitsablauf damit also gesteuert. Auch Produktionsmethoden konnten durch den Einsatz erster wasserkraftbetriebener Maschinen, wie die Spinnmaschine, verbessert werden. Mit der Bedienung von Maschinen war der Mensch allerdings räumlich und zeitlich noch an den zu steuernden Prozess gebunden.

2.1.2 Automaten der Antike und des 18. Jahrhunderts

Bereits unsere Vorfahren in der Antike haben sich mit der Problematik der räumlichen und zeitlichen Gebundenheit befasst und einige bemerkenswerte Systeme, wie bewegliche Masken, Figuren et cetera, entwickelt. Abbildung 1 veranschaulicht ein durchaus nennenswertes System von HERON von Alexandria. Wenn die Flamme auf dem Altar brannte, dehnte sich Luft durch die Hitze aus, wodurch Wasser aus dem ersten Behälter in den zweiten gedrückt wurde. Die Masse dieses Behälters überstieg nach einer gewissen Zeit die Masse des Gegengewichts, so dass die Türen über das Getriebe geöffnet wurden. Die Beherrschung einfacher, mechanischer Prinzipien, sowie Kenntnisse über Luftdruck und Spannkraft, ermöglichten die Entwicklung solch selbstständig arbeitender Systeme.

Etwa 100 Jahre und länger vor

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

Der automatische Türöffner unserer Zeitrechnung entstanden bereits solche mechanischen Systeme, die lediglich einer äußeren Anregung bedurften. Ohne jede weitere Steuerung trat eine gewünschte Ereignisabfolge ein. Automaten, wie der automatische Türöffner, wurden damals jedoch als Wunder zur Untermauerung von Machtpositionen oder zur Unterhaltung eingesetzt. Da ihre Nützlichkeit nicht im Vordergrund stand, wurden sie auch nicht in der Produktion eingesetzt.

Anfang des 14. Jahrhundert hatte mit der Erfindung der mechanischen Uhr, die Entwicklung der Feinmechanik begonnen. Die Uhrmacher des 18. Jahrhunderts nutzten diese Kenntnisse um Automaten, mithilfe komplexer Uhrwerke, Leben einzuhauchen. So auch ein bedeutender Erfinder namens JAQUES DE VAUCANSON, der im 18. Jahrhundert, auch bekannt als das goldene Zeitalter der Automaten, mehrere mechanische Automaten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2

Die Mechanische Ente entwickelte. Diese genialen Automaten konnten verschiedene Arbeitsschritte in der gewünschten Abfolge ausführen. Bei der in Abbildung 2 dargestellten mechanischen Ente, die vielfach als sein Meisterwerk bezeichnet wurde, handelt es sich um einen solchen Automaten. Diese Ente konnte Körner fressen, sie in einem künstlichen Darm „verdauen“ und in naturgetreuer Konsistenz wieder ausscheiden. Eine für die Zukunft bedeutendere Entwicklung war ein Webstuhl, für den VAUCANSON eine Vorrichtung konstruierte, die vollautomatisch arbeitete. Diese Vorrichtung wurde allerdings nie allgemein bekannt. Die Besonderheit stellten perforierte Papierstreifen dar, die den Durchlauf der Nadeln dieses Webstuhls kontrollierten. Sie enthielten Informationen in Form von unterschiedlich angeordneten Lochungen, die von dem Webstuhl gelesen und umgesetzt werden konnten.

Ende der 1790er Jahre vollendete JOSEPH JACQUARD seinen Entwurf, die Arbeit von Webstühlen zu automatisieren. Auf seine Erfindung bekam er 1802 ein Patent, weswegen automatisierte Webstühle von da an unter der Bezeichnung JACQUARD- Webstuhl bekannt wurden. Bei der Weiterentwicklung der Webstühle zu Einrichtungen, die auch in der Industrie einsetzbar waren, berücksichtigte JACQUARD allerdings auch VAUCANSONS Idee der automatischen Steuerung von Webstühlen.

Mit Hilfe aneinander gereihter Lochstreifen wurde die Tätigkeit dieser Maschinen gesteuert, wodurch sie anhand eines vorgegebenen Programms, ohne die unmittelbare Mitwirkung eines Webers, arbeiteten. Die Webstühle konnten auf diese Art und Wiese nicht nur gesteuert, sondern auch umgerüstet, also programmiert werden: Andere Informationen, bzw. anders angeordnete Lochungen auf einem Papierstreifen, bewirkten eine andere Umsetzung. Diese Art der Steuerung, die auf dem Einsatz von Lochstreifen oder Lochkarten basierte, sollte auch für den ersten programmgesteuerten Computer eine wesentliche Rolle spielen.2

2.1.3 Der erste programmierbare Computer

Nachdem mit der Erfindung der Dampfmaschine das Industriezeitalter im 19. Jahrhundert begonnen hatte, eröffneten die Entdeckung der Elektrizität und die Erfindung der Elektrotechnik schon bald weitere zahlreiche Möglichkeiten. Erste Versuche, den Arbeitsablauf von Maschinen elektrisch zu steuern, schlossen sich an.

Um zeitraubende Rechenvorgänge zu vereinfachen, wurden die ersten mechanischen Rechenmaschinen bereits im 17. und 18. Jahrhundert konstruiert. Die Erfindung der ersten elektrischen Rechenmaschine bzw., des ersten Computers im modernen Sinne geht auf eine reich verzweigte Entwicklungsgeschichte zurück. Als Grundlage für die Steuerung anfänglicher Rechenautomaten diente VAUCANSONS Erfindung, Löcher oder Schlitze zu nutzen, um in Kombination mit Nadeln, Taststiften oder Lichteinfall, mechanische Schalter auszulösen. Auch die sich parallel entwickelnden mathematischen Grundlagen, insbesondere die Zahlentheorie, spielten eine Rolle. Einen weiteren Zweig stellte die Erfindung des elektrischen Relais’ und dessen Weiterentwicklung als Verstärker und Koppler dar, die schließlich zu verschiedenen erforderlichen elektronischen Bauteilen führten.

Als Pionier in der Ära der Computermaschinen gilt der Mathematiker CHARLES BABBAGE. Schon lange fesselte ihn die Idee mechanische Rechenmaschinen vollständig zu automatisieren. Auf den Grundlagen von BABBAGE konstruierte SCHEUTZ, ein schwedischer Ingenieur, einen Automaten, der jedoch nur ein einziges Programm bewerkstelligen konnte. In einem weiteren Schritt wollte Babbage eine Maschine konstruieren, die nach der Eingabe eines Programms ihre Berechnungsschritte selbst organisieren konnte. Zur Programmierung der Aufgaben wollte er Lochkarten verwenden, wie sie bei den JACQUARD- Webstühlen zum Einsatz gekommen waren. Gedanklich war BABBAGE seiner Zeit weit voraus. Tatsächlich zeigten die Pläne seiner Maschine Anwendungsbereiche auf, die erst mit der Computertechnologie der 1950er Jahre aufkommen sollten. Eine Hürde stellte zu dieser Zeit jedoch die praktische Umsetzung dar. Seine theoretischen Grundlagen konnten auf keinerlei Weise in funktionierende Rechenmaschinen umgesetzt werden.

Erst mit der Entwicklung des Telefonrelais als neues Bauteil stand der technische Durchbruch bevor. KONRAD ZUSE, ein Deutscher, verwendete als erster Relais in Rechenmaschinen. Nach Versuchen mit seinen Rechnern Z1 und Z2 entwarf er 1939 eine Rechenmaschine, die nahezu komplett aus elektromagnetischen Relais bestand. Vollendet wurde sie 1941 und trug die Bezeichnung Z3. Bei dieser programmgesteuerten Rechenmaschine handelte es sich um den ersten Computer im eigentlichen Sinn. ZUSE gebührt somit die Ehre, die erste funktionstüchtige, automatische, elektrische Rechenmaschine, die von einem Programm gesteuert wurde, konstruiert zu haben. Bei ZUSES Computer handelte es sich um einen Binärrechner:

Binärsystem, auch Dual- oder Zweiersystem genannt, bezeichnet ein Zahlensystem, das nur auf den beiden Zahlenwerten 0 und 1 basiert. Diese

„Sprache“ zur Informationsspeicherung hatte bereits JACQUARD mit Hilfe von Lochkarten angewandt. Fehlte ein Loch an einer Stelle, bedeutete dies „0“, also keine Fadenhebung, während ein Loch, „1“, eine Fadenhebung von Kettenfäden bewirkte. Auch ZUSE nutzte zur Speicherung von Programmen Lochstreifen. Selbst in der Zukunft sollte das Binärsystem der Wegbereiter sein für Maschinen die logische Operationen durchführen konnten.

Ein Verwandter des legendären Z3, der Z22, wurde 1957 gebaut und bis 1971 an der Fachhochschule Karlsruhe für die Ausbildung im Programmieren eingesetzt. Obwohl der erste programmgesteuerte, frei programmierbare, binäre Rechner ZUSE zu verdanken ist, wurden seine Arbeiten erst 1960 veröffentlicht, waren also lediglich richtungweisend und haben nie die moderne Entwicklung der Computer beeinflusst.

Der erste elektronische Computer wurde in den USA entwickelt, kam erstmals 1945 zum Einsatz und trug den Namen ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Calculator). Dabei handelte es sich um den ersten rein elektronischen, digitalen Universalrechner. Dieser Computer trug zu Recht die Bezeichnung Großrechner. Immerhin bestand er aus 18 000 Elektronenröhren, verbrauchte circa 175kWh, nahm den Raum von 140 Quadratmetern ein und wog 30 Tonnen. Mit ihm war der eigentliche Durchbruch für die Automatisierung von Rechenvorgängen gelungen.

Die bahnbrechende Erfindung des Transistors 1947 ermöglichte schließlich den enormen Platz- und Energiebedarf von ENIAC drastisch zu reduzieren. Das bistabile Halbleiterelement, das seine Eigenschaft vom Leiter zum Nichtleiter äußerst schnell ändern kann, konnte zugleich die Speicher- und Computerkapazität außerordentlich vergrößern.

Die Erscheinung eines neuen elektronischen Bauteils, der integrierten Schaltung, führte 1971 zur Entwicklung des ersten Einchip- Mikroprozessors in den USA.

Bestehend aus einer kleinen Halbleiterscheibe, eröffnete dieser bald neue Dimensionen digitaler Gerätetechnik. Unsere heutige Welt ist ohne Mikrochips kaum mehr vorstellbar. Die rasende Entwicklung der Mikroelektronik brachte in vielen Bereichen, besonders für die Steuerung und Regelung automatischer Prozesse, zahlreiche Vorteile und Möglichkeiten mit sich. Bevor diese jedoch detaillierter dargestellt werden, ist eine genaue Unterscheidung zwischen den Begriffen „Steuern“ und „Regeln“ unerlässlich.3

2.2 2 Steuern und Regeln

2.2.1 Steuern

Der zentrale Aspekt beim Einsatz von Automaten oder automatisch gesteuerten Maschinen als technische Hilfsmittel des Menschen ist die Steuerung bzw. Regelung. Im alltäglichen Sprachgebrauch wird gewöhnlich kaum zwischen den Begriffen „Steuern“ und „Regeln“ unterschieden. In der Technik beschreiben sie jedoch unterschiedliche Sachverhalte.

Bereits die Automaten des 18. Jahrhunderts, wie die mechanische Ente, konnten gewünschte Ereignisse folgerichtig ausführen, deren Abfolge also kontrollieren bzw. steuern. Eingebaute Uhrwerksmechanismen sicherten dabei den zeitlich richtigen Ablauf einzeln auszuführender Schritte. Auch Nockenwellen konnten in Automaten eingesetzt werden, um eine richtige Folge von Arbeitsschritten zu erzielen. Eine weitere, flexiblere Möglichkeit, Systeme zu programmieren, stellen Informationsspeicher wie Lochkarten oder Bänder dar. Diese speichern die Information gewünschter Ereignisse und deren Abfolge, die ein System ausführen soll. Wird diese Information auf eine Maschine übertragen, kann sie auf diese Art und Weise gesteuert werden. Das deutsche Institut für Normung definiert Steuern folgendermaßen: „Das Steuern – die Steuerung ist der Vorgang in einem System, bei dem eine oder mehrere Größen als Eingangsgrößen, andere Größen als Ausgangsgrößen auf Grund der dem System eigentümlichen Gesetzmäßigkeit beeinflussen. Kennzeichend für das Steuern ist der offene Wirkungsablauf über das einzelne Übertragungsglied oder die Steuerkette.“4

Um einen Prozess in Gang zu bringen, wird eine äußere Anregung (Eingangsgröße) benötigt. Eine oder mehrere Eingangsgröße/n wirken auf die Steuereinrichtung, die daraufhin aufgabenmäßig den Prozess beeinflusst. Das Ergebnis des Prozesses ist/sind eine oder mehrere Ausgangsgröße/n. Der Wirkungsablauf erfolgt dabei über einzelne Übertragungsglieder bzw. die so genannte Steuerkette. Das Blockschaltbild in Abbildung 3 verdeutlicht die Steuerung eines Prozesses in einem stark vereinfachten Schema.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3

Offene Steuerung

Zwei der bereits erwähnten Automaten dienen im Folgenden als Beispiel. Bei VAUCANSONS mechanischer Ente löste ein Gewicht (Eingangsgröße), beispielsweise ein Maiskorn, Schluckvorgang, Verdauung (Prozess) und Ausscheidung (Ausgangsgröße) aus. Bei JACQUARDs Webstuhl gestaltet sich dies, wie Abbildung 4 veranschaulicht, etwas komplexer.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4

Schema des JAQUARD- Webstuhls

Durch eine Halterung (c) am Ende der Hakenstäbe (a) führten Kettenfäden (d). Die Hakenstäbe waren auf die Nadeln (b) verteilt. Trafen nun die Nadeln, während sie gegen den Stoßkörper (e) gedrückt wurden, auf ein Loch in einer Lochkarte, hängten sich die Hakenstäbe in den Hebestab (g) ein. Wurde dieser über das Zugseil (h) angehoben, erfolgte eine Fadenhebung der jeweiligen Kettenfäden. Bei jeder Anhebung des Hebestabes fand außerdem eine Vierteldrehung des Stoßkörpers statt, über den ein endloses Lochkartenband führte. Unterschiedliche Lochkarten ermöglichen aufgrund unterschiedlicher Informationen die Fertigung unterschiedlicher Muster in Textilien. Zusammenfassend lässt sich dies folgendermaßen darstellen: Die Nadeln (Eingangsgröße), die auf die Lochungen der Lochkarten treffen, bestimmen, welche Kettenfäden gehoben werden (Prozess), wodurch unterschiedliche Muster (Ausgangsgröße) entstehen.

In allen genannten Fällen, Uhrwerksmechanismen, Nockenwelle sowie Lochkarten oder Bänder, wird die Zeit der Ereignisabfolge, bzw. des Prozesses gesteuert. Für unterschiedliche Arbeitsschritte wurden zuvor vom Menschen bestimmte Zeiten festgelegt. Nach erfolgter Eingangsgröße läuft das jeweilige Programm ab und ruft nacheinander bestimmte Arbeitsschritte auf, ohne eventuelle Störungen zu berücksichtigen. Ist die festgelegte Zeit der Abtastnadeln auf eine oder keine Lochung zu treffen um, erfolgt sofort der nächste Arbeitsschritt. Daraus geht hervor, weshalb der Wirkungsablauf in einer Steuerung als offen beschrieben wird. Wird in ihn nicht eingegriffen, falls dies überhaupt möglich ist, läuft das Programm unerbittlich ab, ohne dass das befehlende Glied (Steuereinrichtung) verfolgt, ob im Prozess das stattfindet, was sie abgerufen hat.5

2.2.2 Regeln

Im Gegensatz zur Steuerung findet in einer Regelung eine Rückmeldung darüber statt, ob abgerufene Arbeitsschritte auch tatsächlich korrekt ausgeführt werden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei nicht auf der Steuerung der Zeit, sondern auf dem Abschließen der Arbeitsschritte. Zur Erklärung dient die Schilderung einer Begebenheit aus dem Alltag:

Ein Vater verbringt mit seinen Kindern einen Nachmittag an einem See. Da die Kinder Boot fahren möchten, rudern die drei auf den See hinaus. Bevor der Vater eine rote Boje als Ziel anvisiert, rudert er kreuz und quer. Zwar steuert er das Boot, allerdings verfolgt dieses keinen bestimmten Kurs. In dem Moment, in dem er sich jedoch die Boje als Ziel vornimmt, dirigiert er das Boot dort hin. Eine Kontrollinstanz, in diesem Beispiel das Gehirn des Mannes, regelt nun die Fahrt. Seine Augen überprüfen ob der Fahrtweg auch der Weg ist, der er sein soll, und melden dies der Kontrollinstanz Gehirn. Werden Informationen vollzogener Arbeitsschritte zurückvermittelt, spricht man von einer Regelung. Die Rückmeldung ist ein wichtiges Prinzip einer Regelung und wird als Rückkopplung bezeichnet.

Das deutsche Institut für Normung definiert Regeln folgendermaßen: „Das Regeln

– die Regelung – ist ein Vorgang, bei dem eine Größe, die zu regelnde Größe (Regelgröße), fortlaufend erfasst, mit einer anderen Größe, der Führungsgröße, verglichen und abhängig vom Ergebnis dieses Vergleichs im Sinne einer Angleichung an die Führungsgröße beeinflusst wird. Der sich dabei ergebende Wirkungsablauf findet in einem geschlossenen Kreis, dem Regelkreis, statt.“6

Im Falle des obigen Beispiels stellt somit das Boot die Regelgröße und das anvisierte Ziel, hier die Boje, die Führungsgröße dar. Die Augen (Messglied) des Vaters liefern die Information des Ist- Werts. Das Gehirn (Regeleinrichtung) des Mannes vergleicht Soll- und Istwert des Kurses und steuert dementsprechend die Armbewegung (Stelleinrichtung). So wird bei einer Abweichung, beispielsweise durch Wellen (Störgröße) die Regelgröße an die Führungsgröße angeglichen.

Bevor die Steuerung von Webstühlen automatisiert wurde, war es tatsächlich üblich, dass Kinder auf den Webstühlen saßen und auf die Harnischschnüre achtgaben, während Weber die Webstühle bedienten. Da es sich bei den automatisierten Webstühlen jedoch nur um eine Steuerung und keine Regelung handelte, wurde nur die zeitliche Abfolge, also der Ablauf, gesteuert. Um Störungen bei der Steuerung von Maschinen auszuschließen, können Menschen den Ablauf einzelner Arbeitsschritte überwachen und so beeinflussen, dass das gewünschte Ziel erreicht werden kann. Durch die Überwachungsfunktion bzw. den Eingriff von außen durch den Menschen wird die offene Wirkungskette dann zu einer geschlossenen. Dementsprechend bezeichnet man eine Regelung auch als geschlossene Steuerung. Das Prinzip des Regelns kann nun auch ohne menschliche Einwirkung, mit Hilfe unterschiedlicher, technischer Einrichtungen erfolgen. Solch ein Vorgang wird als automatische Regelung bezeichnet.

2.2.2.1 Die automatische Regelung

Eine automatische Regelung in einem System (Regelstrecke) dient dazu, eine messbare physikalische Größe (Regelgröße) auf einem bestimmten momentanen Wert (Soll- Wert) zu halten. Damit dies gewährleistet ist, wird die Regelgröße permanent von der Messeinrichtung überprüft und mit dem Soll- Wert verglichen. Abbildung 5 veranschaulicht solch einen geschlossenen, kreisförmig verlaufenden Regelvorgang.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In einem automatisch geregelten System wird der momentane Sollwert von einer Größe von außen (Führungsgröße) vorgegeben. Eine Störung (Störgröße) kann eine Abweichung des momentanen Wertes der Regelgröße (Istwert) von dem momentanen Sollwert hervorrufen. Wurde nach erfolgtem Messen der momentane Istwert ermittelt, kann dieser mit dem Sollwert verglichen werden. Daraus ergibt sich dann die Regelabweichung, die an den Regler (Regeleinrichtung) übermittelt wird. Der Regler führt daraufhin der Stelleinrichtung eine beeinflussende physikalische Größe zu. Die Stelleinrichtung schickt die variierte Regelgröße (Stellgröße) an die Regelstrecke. Die ursprüngliche Regelgröße wurde dadurch so verändert, dass sie an den Sollwert angeglichen werden kann. Aufgrund der Rückmeldung des Istwerts der Regelgröße kann einer Differenz zwischen Ist- und Sollwert sofort entgegengewirkt werden, was allgemein zu einer Systemstabilisierung führt. Bei dieser Rückmeldung handelt es sich um die Rückkopplung. Im Vergleich dazu wird ein offenes System, das keine Kenntnisse über den tatsächlichen Istwert erhält als Steuerungssystem bezeichnet. Bei der Steuerung kann das Prozessgeschehen nicht durch Informationen beeinflusst werden, die vom Prozess zurückgeleitet werden, da eine Rückkopplung nicht vorhanden ist. Die Steuerung kann aus diesem Grund auch als Sonderfall der Regelung ohne Rückkopplung gesehen werden.

2.2.2.2 Die automatische Regelung im 17. und 18. Jahrhundert

Wie schon bei den Automaten waren es auch im Hinblick auf Reglersysteme die klassischen Werke, die Wissenschaftler anregten, die Ideen der Antike weiterzuentwickeln. HERONS Entwicklung zur Kontrolle des Flüssigkeitsstandes kann als das erste geschlossene Steuerungssystem bezeichnet werden. Für verschiedene Reglersysteme wurde es zum Prototyp, unter anderem auch für den ersten Temperaturregler.

CORNELIS DREBBEL entwickelte im 17. Jahrhundert einen automatischen Temperaturregler, der Ähnlichkeit mit dem antiken Flüssigkeitsregler aufwies. DREBBELs Temperaturregler ermöglichte die Temperatur eines Ofens konstant zu halten. Präziser ausgedrückt, der Ofen konnte sich durch einen Temperaturregler selbst zu regulieren. Heute besteht der thermostatisch gesteuerte Regelkreis prinzipiell aus einer Heizanlage, die einem Raum Wärme zuführt, und einem Temperaturregler, auch Thermostat genannt. Überschreitet die Raumtemperatur (Regelgröße) einen zuvor festgelegten Wert (Soll- Wert), wird dies von einem Temperaturfühler (Messeinrichtung) registriert, worauf der Thermostat (Regeleinrichtung) die Heizanlage (Stelleinrichtung) abschaltet. Sinkt die Raumtemperatur unter den zuvor festgelegten Wert, schaltet der Thermostat die Wärmequelle wieder ein. Durch diese Vorgänge kann die Temperatur eines Raumes trotz äußerer Störeinflüsse aufrechterhalten werden.

Eine weitere automatische Regelung des 18. Jahrhunderts die die automatische Regulierung des Dampfes ermöglichte, war zur großen Zeit der Dampfkraft äußerst förderlich. Neben der Entwicklung der ersten praktisch nutzbaren Dampfmaschine 1769 ist der so genannte Fliehkraftregler eine weitere Errungenschaft, die JAMES WATT zu verdanken ist.

Unabhängig vom Standort oder den Launen der Natur hatte die Dampfmaschine erstmals eine Verfügung über Energie ermöglicht. Noch bevor diese jedoch als Antrieb der ersten Dampflokomotiven zum Einsatz kam, diente sie als stationäre Einheit um Maschinen in Fabriken anzutreiben. Somit bildete sie die Grundlage für die Entstehung großer Antriebsmaschinen.

Es ist bereits bekannt, dass bezüglich unterschiedlicher Entwicklungsstände der Energieerzeugung die zweite Stufe der Entwicklung der Technik durch die Erfindung der Dampfmaschine eingeleitet wird. Obwohl der Dampfmaschine also eine überaus große Bedeutung zukommt, wurde ihr im bisherigen Verlauf der Arbeit kaum Aufmerksamkeit gewidmet. Da die Dampfmaschine bereits automatisch geregelt wurde, wird sie erst an dieser Stelle aufgeführt.

WATT hatte die Erkenntnis, dass die Geschwindigkeit der Dampfmaschine auf gleiche Weise geregelt werden kann, wie sie im 18. Jahrhundert bei Mühlsteinen reguliert wurde. Diese Erkenntnis ermöglichte eine automatische Regulierung des Dampfes. WATTS Fliehkraftregler hielt unter Ausnutzung der Gewichtskraft, die Dampfzufuhr konstant, wodurch eine konstante Drehzahl bzw. ein stabiler Zustand hervorgerufen werden konnte. Die Einführung des Fliehkraftreglers war es also, die in der Nutzung der Dampfkraft den Übergang von der Fremdregelung zu einer automatischen Regelung ermöglichte. Die theoretischen Grundlagen dazu wurden allerdings erst Ende des 19. Jahrhunderts ermittelt.

Derartige selbst regelnde Systeme, die aufgrund einer Rückkopplung in einem Regelkreis die Stabilität eines Systems bzw. einen gewünschten Wert aufrecht oder konstant halten, fallen in den Aufgabenbereich der Kybernetik. Die Kybernetik wird im Folgenden Kapitel dargestellt. 7

2.3 Die Kybernetik – ein bindendes Glied

Bei der Kybernetik handelt es sich um eine eigene wissenschaftliche Disziplin, die für die Automatisierung ein essentielles Teilgebiet darstellt.

Der amerikanische Mathematiker NORBERT WIENER prägte Mitte des 20. Jahrhunderts den Begriff Kybernetik. 1948 erschien eines seiner Hauptwerke:

„Kybernetik oder die Regelung und Nachrichtenübertragung in Lebewesen und Maschinen“. Mit dem Inhalt dieses Buches waren die Definition einer neuen Wissenschaft, sowie das theoretische Fundament der Kybernetik geboren. Im Originaltitel taucht der Begriff „communication“ auf, der mit dem Wort „Nachrichtentechnik“ übersetzt wurde. Umgangssprachlich meint „Kommunikation“ die Übertragung einer Nachricht von einem Sender zu einem Empfänger. Durch die dabei übermittelte Information erhält der Empfänger eine Zufuhr an Wissen. Information ist jedoch mehr als das, was umgangssprachlich als Nachricht bezeichnet wird. WIENER begründete die Kybernetik folgendermaßen: „Information ist Information, weder Materie noch Energie.“8 Um seine Aussage zu untermauern, führt er einen Vergleich zwischen dem Output eines Computers der 40er Jahre und dem der Muskulatur durch: „Das mechanische Gehirn scheidet nicht Gedanken aus – wie die Leber ausscheidet – wie frühere Materialisten annahmen, noch liefert sie diese in Form von Energie aus, wie die Muskeln ihre Aktivität hervorbringen.“9 WIENER stellte damit die Information als eine weitere, selbstständige, neben die bisherigen Grundkategorien der Weltbeschreibung, Materie und Energie. Viele Systeme erzeugen unter Ausnutzung der Naturkräfte und Erscheinungen der physischen Welt, Energie oder leisten Arbeit im physikalischen Sinne. Solche Systeme bestehen aus Materie, die Stoffe umsetzen, wozu wiederum Energie benötigt wird. Lässt man die informationellen Prozesse dabei außer Acht, ist die Wirkungsweise dieser Systeme unklar. Information als dritte Grundkategorie lässt sich also nicht durch Materie oder Energie ersetzen bzw. nicht daraufhin zurückführen. Sie stellt ein Element dar, die eine Verbindung bisher getrennter Systeme ermöglicht. Erst durch das Medium „Information“ lassen sich Vorgänge komplexer Systeme steuern und regeln.

An dieser Stelle sei auch genannt, dass sich Information von den anderen beiden Grundkategorien unterscheidet: Materie und Energie lassen sich zum Teil ineinander überführen, wobei sich die Wirkungsweise stofflicher und energetischer Prozesse nicht verändert. Information kann zwar Prozesse wie eine Regulierung der Dampfzufuhr bei der Dampfmaschine auslösen, sie tritt dabei jedoch nicht als gleichwertiger Ersatz der beiden anderen Kategorien auf.

Es ist offensichtlich, dass der grundsätzliche Schlüsselbegriff der Kybernetik die Information ist. Alle weiteren wesentlichen Begriffe der Kybernetik wie Kommunikation, Regelung oder Datenverarbeitung beziehen sich darauf. Die Informationstheorie der Kybernetik lässt sich auch als spezielle Systemtheorie beschreiben, die sich mit Systemen befasst die Information gewinnen, verarbeiten, speichern, nutzen und übertragen. Diese Probleme der technischen Kybernetik führten dazu, dass sich im Rahmen der Kybernetik der Begriff Information zu einem reinen Strukturbegriff entwickelt hat. 10

2.3.1 Der kybernetische Vorgang in Mensch und Maschine

Die Kybernetik lieferte die Erkenntnis, dass Information als bewirkendes oder verbindendes Medium gesehen werden kann. Auf diese Informationstheorie verweisen bereits die Wurzeln des Begriffes.

Diese finden sich, wie so oft, in der griechischen Antike. Das Wort „kybernetes“ bezeichnet den Steuermann, der am Ende des Bootes sitzend, Verantwortung für die Einhaltung des richtigen Kurses trug. Der Steuermann überprüft, ob der Kurs des Bootes mit dem gewünschten Ziel (Außenwelt) übereinstimmt und gibt entsprechende Instruktionen an die Ruderer (Innenwelt) weiter. Ohne eine Übermittlung von Informationen könnte das Boot das gewünschte Ziel nicht erreichen. Das Medium Information ermöglicht also bisher getrennte Systeme, bzw. Außen- und Innenwelt, zu verbinden. Damit ein anvisiertes Ziel auch erreicht wird, nutzt der Steuermann Information wie folgt:

Zunächst beobachtet er den gegenwärtigen Zustand, also den Kurs, und gewinnt dadurch Information. Danach verarbeitet und vergleicht er diese mit der in seinem Gehirn bzw. Gedächtnis gespeicherten, das Ziel betreffenden, Information.

Anschließend nutzt er die daraus entstehende Information, indem er gezielte Instruktionen an die Ruderer gibt, also auf diese einwirkt, damit sich das Boot dem Kurs annähert der dem anvisierten Ziel entspricht. Der Informationsfluss bei dem gesamten Vorgang könnte als kreisförmiger Wirkungszusammenhang beschrieben werden. Einerseits geht keine Information verloren, andererseits besteht eine Rückwirkung, oftmals auch als Feedback bezeichnet. Auf diese Weise können Störungen der Umgebung, wie Strömungen oder Wellen, kontinuierlich ausgeglichen werden.

In Kapitel 2.2.2 wurde die Rückkopplung bereits als typisches Merkmal der Regelung aufgeführt. Da der ursprüngliche Ansatz der Kybernetik ein technischer und die technische Regelung ein wichtiger Bestandteil der Kybernetik ist, sind Regelkreis und Rückkopplung auch feste Bestandteile eines kybernetischen Vorgangs. Von einem kybernetischen Vorgang also dann gesprochen werden, wenn Steuervorgänge in dynamischen Systemen auf dem Prinzip der Rückkopplung beruhen, wodurch die jeweiligen Ziele bestmöglichst erreicht werden können.

Der Nachrichtentheoretiker KARL STEINBUCH formulierte 1965 den Satz: „Die Kybernetik wird den Menschen lehren, dass das menschliche Gehirn nicht der einzig mögliche Ort geistigen Geschehens ist.“11 Um technische Systeme zu steuern bzw. zu regeln, musste der Mensch geistige Arbeit, wie im Beispiel des Steuermanns beschrieben, leisten. Um die Steuerungs- und Kontrollfunktion des Menschen auf Maschinen zu übertragen, werden folglich technische Einrichtungen benötigt, die diese geistigen Aufgaben übernehmen. STEINBUCH machte mit seiner Äußerung klar, dass er keinen Unterschied in der Informationsverarbeitung zwischen Menschen und Maschinen akzeptierte. Seine Aussage stammt aus der Zeit der Revolution elektronischer Rechenmaschinen für deren Entwicklung der Kybernetik eine enorme Bedeutung zukommt. Maschinen wurden bekanntlich schon vor der Geburtsstunde der Kybernetik gesteuert und geregelt. Beispiele automatischer Regelungen wie bei einem Thermostat oder der Dampfmaschine stellen jedoch Entwicklungen dar, die ihrer Zeit voraus, ohne Kenntnisse über das eigentlich Wesen ihrer Wirkungsweise, entstanden waren.

[...]


1 Vgl. http://www.lehrer-online.de/687748.php?sid= 4826365545935776012090720 0720550 [Stand: 18.04.08]; http://www.ifrstat.org/downloads/20071023_Pressinfo_german.pdf [Stand 23.03.08]; Brockhaus Enzyklopädie (1967: 156)

2 Vgl. Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (1957: 9-10); Barth/ Maertens (1985: 9-10; 12-14; 18); Junge (1989: 4-5); Ichbiah (2005: 12; 16-18)

3 Vgl. Barth/ Maertens (1985: 16-17); Ichbiah (2005: 26); Sigvard (1980: 187-197); http://www.pcwelt.de/start/gaming_fun/archiv/108521/ [Stand: 25.02.08]

4 Deutsches Institut für Normung (1989: 91)

5 Vgl. Kaspers/ Küfner (1996: 53-55); Junge (1989: 5-8); Barth/ Maertens (1985: 14); Sigvard (1980: 194- 195)

6 Deutsches Institut für Normung (1989: 96)

7 Vgl. Proske (1971: 16); Kaspers (1996: 238-246); Junge (1989: 6-11); Cube (1971: 23-24); Sigvard (1980: 179-184 )

8 Wiener (1968: 166)

9 Wiener (1968: a. a. O.)

10 Vgl. Rophol (1979: 75; 112); Cube (1971: 28-29)

11 Steinbuch (1965: 358)

Fin de l'extrait de 90 pages

Résumé des informations

Titre
Robotik in der Realschule. Einführung in die Robotik mit Hilfe des fischertechnik Computing ROBO Mobile Sets
Note
1,5
Auteur
Année
2008
Pages
90
N° de catalogue
V118536
ISBN (ebook)
9783640212996
ISBN (Livre)
9783640213122
Taille d'un fichier
5013 KB
Langue
allemand
Mots clés
Robotik, Realschule
Citation du texte
Katja Schönfelder (Auteur), 2008, Robotik in der Realschule. Einführung in die Robotik mit Hilfe des fischertechnik Computing ROBO Mobile Sets, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118536

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