Ciceros Kampf um seinen Palast. Kontext und Argumentationsstrategie der Rede "de domo sua"


Hausarbeit, 2017

14 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung:

Historischer Kontext:
Cicero und Politik:
Cicero vs. Clodius:

De domo sua – Argumentationsstrategie:
Juristische Ebene:
Emotionale Ebene:

Fazit:

Literaturverzeichnis:
Quellen/Übersetzungen:
Forschungsliteratur:

Einleitung:

Man stelle sich nun einmal vor, man kehrt nach 17 Monaten aus dem Ausland in die Heimat zurück und findet sein trautes Heim, ein prunkvolles, auf dem Gründungshügel Roms, dem Palatin befindlichen Palast, gekennzeichnet von Brandschatzung und Plünderung vor. So muss es Cicero ergangen sein, als er 57 v. Chr. aus dem, so sagt er, selbstgewähltem Exil in seine Heimatstadt Rom zurückkehrte. Ein Teil seines Grundstückes wurde verkauft, ein anderer Teil dem Heiligtum der Göttin Libertas geweiht. Wer war für diesen Verlust verantwortlich? Es war der Volkstribun P. Clodius Pulcher. Der Mann, wegen dem Cicero aus Rom geflohen war. Der Widersacher, der Erzfeind, der Todfeind, der nach der lex de capite ciuis Romani durch das zweite Gesetz, der lex de exsilio Ciceronis 1 , Ciceros Rückkehr aus dem zunächst freiwilligen Gang ins Exil unmöglich machte. Glaubhaft also, dass sich durch diese Emotion in der Verhandlung gegen Clodius, für Cicero ein „überragendes Meisterwerk“2 seiner von mächtiger Leidenschaft inspirierten „Redegewalt“3 entstanden ist, dass „der Jugend nicht schuldig bleiben dürfe“.4 Eine Ansicht die in der Nachwelt und bei Historikern nicht immer auf Zustimmung stößt. Doch weshalb geht die Meinung des Interpreten und seiner Analytiker auseinander?

Oft wird die ausschweifende Wortfülle der Rede kritisiert, die kaum den eigentlichen Sachverhalt versucht zu klären. Die Entscheidung der pontifices zugunsten von Cicero, sei nicht durch die Erbringung von juristisch fundierten Argumenten begründet, sondern lediglich über die Macht der Emotion möglich gemacht. Konnte Cicero dieses Rededuell tatsächlich nur über die emotionale und leidenschaftliche Ebene für sich entscheiden? Weshalb konnte er durch die juristischen Argumente allein kein positives Gutachten erwarten?

Um die Argumentationsstrategie der Rede „de domo sua“, die am 29. September 57 vor dem Kollegium der Pontifices gehalten wurde analysieren zu können, muss man vorerst zwei wichtige Untersuchungen vornehmen. Den Kern der Rede - das Fundament seiner Argumente – bilden 1. die Angriffe auf Clodius vor politisch- rechtlichem und persönlichem Hintergrund, und 2. die Selbstinszenierung seiner Person und Charakterisierung seines Schicksals als Sorge um das Allgemeinwohl der res publica. Welches Verhältnis herrschte also zwischen den Rednern Clodius und Cicero? Lassen sich bereits vor dem Exil mögliche Angriffsflächen für Cicero finden, um seine Position während des Rededuells zu stärken?

Historischer Kontext:

Cicero und Politik:

Um einen Umriss zu gewährleisten, der in seiner Gesamtheit komplex und für die anschließende Analyse der Rede sinnig erscheint, müssen wir zurück ins Jahr 64 v. Chr. blicken. Cicero erhält bei der Wahl um das Consulat die Stimmen sämtlicher Centurien5 und wird - wie es das Gesetz vorschreibt - für ein Jahr lang Consul Roms. Dabei muss man klar vor Augen führen, dass dies ein Höhepunkt im Leben eines homo novus - einem „Neuling in Rom“6 – ist. Es ist das höchste Amt, die Spitze des römischen Staates, welches gerade einmal für ein Viertel aller formal qualifizierten Bewerber und erfolgreichen Praetoren erreichbar wurde.7

Ciceros gefährlichste Mitbewerber für das Amt des Consuls waren Gaius Antonius und L. Sergius Catilina.8 Gaius Antonius, dem Martin Jehne ein „etwas ungefestigtes Naturell“ nachsagt9 und Catilina, der bereits im Jahre 65 eine Ablehnung der Consulatsbewerbung erhielt10. Wie wir bereits erfahren haben, wurde Cicero als erster in das höchste Amt gewählt, gefolgt von Antonius, der somit zum zweiten Consul und Kollegen Ciceros wurde.11 Catilina ging mit leeren Händen aus. Als er sich für das Folgejahr 63 bewarb12 und für eine Wahl- und somit auf Lebzeit vom Consulat ausgeschlossen wurde13, zeigte er sich als schlechter Verlierer. Aus Verzweiflung und Demütigung über die Nichtberücksichtigung für das Amt des Consuls, versuchte Catilina Umstürzler und ebenfalls Gescheiterte um sich zu einer Revolutionsarmee zu schüren.14 Schnell fand sich eine Verschwörung gegen das optimatische System zusammen, die durch Unruhen und Gewalttaten versuchte sich Gehör zu verschaffen und ihre beanspruchten Positionen zu erlangen.15 Nachdem zunehmend Beweise und Zeugen eine geplante bewaffnete Aktion in Rom mit Catilina an der Spitze bestätigten, sollte eine einberufene Senatssitzung mit Cicero als Leiter, am 5. Dezember 63 über das Urteil der Catilinarier entscheiden.16

Der allgemeine Tenor war die Todesstrafe, jedoch erinnerte der designierte Praetor C. Ceasar an die Lex Semporia, wonach “ein Gerichtshof mit der Befugnis, einen römischen Bürger zum Tode zu verurteilen, nur durch einen Volksbeschluss eingesetzt werden darf“.17 Ein Gesetz welches für Cicero im weiteren Verlauf noch von großer Bedeutung sein sollte.

Die Stimme des Caesar fand Anklang und sorgte für ein Umdenken bei den Senatoren. Jedoch gelang es dann dem designierten Volkstribun Cato, der bekannt war für seine Unerbittlichkeit, diese nachdenkliche Stimmung durch seine oratio gleich wieder zu kippen. Er schmückte die Forderung einer sofortigen Hinrichtung hinter der Sicherheit des Staates und dem Egoismus der Senatoren, die einen Angriff auf den Staat zu verkennen schienen. Noch am selben Tag sprach Cicero das Urteil vor großer Menschenmenge über das Forum: vixerunt 18 – Sie haben gelebt.

Was ihn zunächst mit Stolz füllte und zu einem kompromisslosen Verteidiger des Staates gegen Abtrünnige machte, sollte Cicero schon bald zum Verhängnis werden, denn er ließ – wovor Praetor Caesar schon warnte, römische Bürger ohne Verurteilung durch ein Volksgericht töten und verstieß somit gegen die Basisrechte der römischen Bürger.19 Während Cicero als ehemaliger Consul und nunmehr Consular20 sich mit der Verteidigung seiner Consulatspolitik beschäftigen, und enorm an Einfluss einbüßen musste21, bildete sich um Gaius Iulius Caesar als Consul des Jahres 59 v. Chr.22, das sogenannte „erste Triumvirat“. Eine politische Vereinbarung unter Caesar, Pompeius und Crassus, die Entscheidungen politischer Art nur im Verbund und in Übereinstimmung möglich machte.23 Auch Cicero sollte nach Caesars Bestreben diesem Machtkartell beiwohnen, jedoch lehnte Cicero ab,24 da er auf seine eigene politische Entscheidung verzichten, indem er sich auf eine popular basierende Seite der Politik schlagen müsste25. Dies und die Tatsache, dass eine solche politische Vereinbarung ein „Verstoß gegen das Prinzip der flexiblen, situativen Allianzbildung im römischen Adel war (...)“26, machte das Zusammenwirken mit Caesar und dem Triumvirat für Cicero zu einer moralischen Unmöglichkeit.27

[...]


1 Vgl. Stroh, Rechtsproblem und der Aufbau von Ciceros Rede De domo sua, S. 1.

2 Zit. nach Cicero, vgl. Stroh, Rechtsproblem, S. 1.

3 Zit. Ebd., S. 1.

4 Zit. Ebd., S. 1.

5 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 64.

6 Vgl. Jehne, Marcus Tullius Cicero, S. 1.

7 Vgl. Ebd., S. 255.

8 Vgl. Ebd., S. 256.

9 Vgl. Ebd., S. 256.

10 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 65.

11 Vgl. Ebd., S. 65.

12 Vgl. Ebd., S. 77.

13 Laut römischen Gesetz erhält man lediglich zwei Mal die Chance auf eine Bewerbung für das Amt des Consuls.

14 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 77.

15 Vgl. Jehne, Marcus Tullius Cicero, S. 256.

16 Vgl. Ebd., S. 257.

17 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 91.

18 Vgl. Jehne, Marcus Tullius Cicero, S. 257.

19 Vgl. Ebd., S. 258.

20 Vgl. Ebd., S. 256.

21 Vgl. Ebd., S. 259.

22 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 109f.

23 Vgl. Jehne, Marcus Tullius Cicero, S. 259.

24 Vgl. Ebd. S. 259.

25 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 110f.

26 Zit. nach Jehne, Marcus Tullius Cicero, S. 259.

27 Vgl. Gelzer, ein biographischer Versuch, S. 111.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Ciceros Kampf um seinen Palast. Kontext und Argumentationsstrategie der Rede "de domo sua"
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Worte sind Waffen - Cicero als Politiker
Note
1,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
14
Katalognummer
V1185817
ISBN (eBook)
9783346618023
ISBN (Buch)
9783346618030
Sprache
Deutsch
Schlagworte
cicero, de domo sua, Argumentationsstrategie cicero, cicero exil, cicero vs. clodius, Worte sind waffen, Kampf um Palast, Cicero Rede, Analyse Cicero
Arbeit zitieren
Jannik L. (Autor:in), 2017, Ciceros Kampf um seinen Palast. Kontext und Argumentationsstrategie der Rede "de domo sua", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1185817

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