„Ich weiß nicht, ob ich meinen André hier lassen soll, bei euch geht es ja wild zu!“, äußerte
die Mutter meines Freundes mit Stirnrunzeln, als sie das Treiben auf meinem 8. Geburtstag
beobachtete. Diese Worte schnappte ich eher zufällig auf, als ich kurz am Rand des
Kampfschauplatzes um Luft rang. „Wieso sollte sie ihn denn nicht da lassen, das hier ist doch
völlig normal?“, dachte ich mir noch, bevor ich mich wieder ins Getümmel stürzte. Ich packte
mir einen meiner Freunde und riss ihn zu Boden, fünf andere warfen sich auf uns, die
Prügelei war in vollem Gang und wir liebten es. Es gab kaum einen Schultag, an dem es keine
Rauferei gegeben hätte, aber die Geburtstage waren unsere absoluten Highlights. Wir nutzten
jede Gelegenheit, uns zu bekämpfen, den anderen niederzuringen und uns auf dem Boden zu
wälzen. Ob wir uns dabei verletzten? Ich kann mich nicht daran erinnern, aber wenn, dann
kann es nicht so schlimm gewesen sein, denn unsere Eltern versuchten gar nicht erst, uns zu
stoppen. Ich meine mich zu erinnern, wie meine Mutter an meinem besagten 8. Geburtstag
ihrer besorgten auswärtigen Freundin (sie kannte solche Raufereien einfach nicht) mit einem
Schmunzeln versicherte, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, da wir, wenn wir uns
erst einmal ausgetobt hätten, ganz friedliche Jungen seien.
Das stimmte, wir waren eine tolle Truppe, zwanzig Jungs und fünf Mädchen,
zusammen in einer Klasse einer kleinen Dorfgrundschule. Die meisten von uns kannten sich
schon vom Kindergarten her und jeder war akzeptiert. Es war wirklich so, jeder hatte seine
Rolle, sein Talent, seine Eigenart, wofür er gemocht wurde. Da waren die ganz Cleveren, die
Starken, der Stärkste, die Clowns und Chaoten. Jeder hatte irgendwie seinen Platz, um den er
sich keine Sorgen zu machen brauchte, man durfte so sein, wie man war. Das änderte sich
schlagartig mit dem Einstieg in die Realschule. Auf einmal war man nicht mehr sicher, alles
war anders und besonders mir fehlte etwas – das Kämpfen. So etwas gab es plötzlich nicht
mehr. Andere Mitschüler ärgerten sich, stichelten und machten fiese Bemerkungen, aber
niemand warf sich auf den anderen, kämpfte mit ihm, errang einen Sieg oder eine Niederlage
und klärte so die Situation. Den alten, mir wohl bekannten „Wolfsrudelweg“ gab es nicht
mehr. Er war der, meiner Meinung nach, „friedlichere Weg“ und funktionierte, ohne dass es
jemals jemand so festgelegt hätte, folgendermaßen: [...]
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- 1 Definitionen und Aggressionsmodelle
- 1.1 Definition von Aggression, Gewalt und Gewaltprävention
- 1.1.1 Definition von Aggression
- 1.1.2 Definition von Gewalt
- 1.1.3 Definition von Gewaltprävention
- 1.2 Aggressionsmodelle
- 1.2.1 Triebtheorien
- 1.2.2 Frustrations-Aggressions-Hypothese
- 1.2.3 Lerntheoretische Erklärungen
- 1.2.4 Anomietheorie
- 1.2.5 Etikettierungstheorie
- 1.2.6 Sozialökologischer Ansatz
- 1.3 Resümee
- 1.1 Definition von Aggression, Gewalt und Gewaltprävention
- 2 Wirkt Raufen und Kämpfen aggressionsfördernd?
- 2.1 Fallbeispiele
- 2.2 Projekt: Gangs
- 2.2.1 Spielablauf
- 2.2.2 Studentenmeinungen
- 2.3 Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Frage, inwieweit Raufen und Kämpfen gewaltpräventiv wirken kann. Im Mittelpunkt steht die Analyse der komplexen Beziehung zwischen körperlicher Auseinandersetzung, Aggression und Gewaltprävention. Dabei werden verschiedene Aggressionsmodelle beleuchtet und anhand von Fallbeispielen sowie einer durchgeführten Studie untersucht, ob Raufen und Kämpfen tatsächlich Aggressionen fördert oder möglicherweise sogar eine gewaltpräventive Funktion hat.
- Definition und Abgrenzung der Begriffe Aggression, Gewalt und Gewaltprävention
- Analyse verschiedener Aggressionsmodelle und deren Relevanz für die Thematik
- Untersuchung der möglichen gewaltpräventiven Wirkung von Raufen und Kämpfen
- Betrachtung von Fallbeispielen und einer durchgeführten Studie zur Klärung der Frage, ob Raufen und Kämpfen Aggressionen verursacht
- Diskussion der kontroversen Ansichten zur Rolle von Raufen und Kämpfen in der Gewaltprävention
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 bietet eine theoretische Grundlage für die Arbeit, indem es die Begriffe Aggression, Gewalt und Gewaltprävention definiert und verschiedene Aggressionsmodelle vorstellt. Es wird dabei auf die unterschiedlichen Perspektiven und Definitionen eingegangen, die in der Wissenschaft vertreten werden. Zudem wird die Frage aufgeworfen, inwieweit Raufen und Kämpfen im Kontext der einzelnen Modelle als gewaltpräventiv betrachtet werden können.
Kapitel 2 beleuchtet anhand eines Fallbeispiels und einer durchgeführten Studie die Frage, ob Raufen und Kämpfen tatsächlich Aggressionen verursacht oder möglicherweise sogar eine gewaltpräventive Funktion hat. Es werden die Ergebnisse der Studie analysiert und in Bezug zu den zuvor vorgestellten Theorien gesetzt.
Schlüsselwörter
Aggression, Gewalt, Gewaltprävention, Aggressionsmodelle, Raufen, Kämpfen, körperliche Auseinandersetzung, gewaltpräventive Wirkung, Fallbeispiele, Studie, Studentenmeinungen, soziale Interaktion, Konfliktlösung, Verhaltensforschung.
- Quote paper
- Jonas Weinmann (Author), 2008, Raufen und Kämpfen - Eine gewaltpräventive Maßnahme?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118624