Fleischkonsum als soziales Konstrukt. Wieso Männer mehr Fleisch konsumieren als Frauen


Dossier / Travail de Séminaire, 2021

18 Pages, Note: 1,0


Extrait


1 INHALTSVERZEICHNIS

1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Hauptteil
3.1 Das Mensch/Tier-Verhältnis im historischen Kontext
3.2 Gründe wieso Männer eher zu Fleisch greifen als Frauen
3.2.1 Anti-Diskriminierung
3.2.1.1 Definition Speziesismus
3.2.1.2 Zusammenhang Speziesismus und Sexismus
3.2.2 Wie Medien den Diskurs und somit Realität schaffen
3.2.2.1 Geschichtlicher Werdegang: Fleischkonsum und Männlichkeit
3.2.2.2 Fleischkonsum und Männlichkeit heute: Diskursanalyse
3.2.2.2.1 Tierisches Protein für einen männlichen Körper
3.2.2.2.2 Grillen als Distinktionsmittel

3.2.2.2.3 Frauen entscheiden affektiv

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

EINLEITUNG

Im Januar 2021 erschien der neue „Fleischatlas 2021“, in welchem die Ergebnisse der neuesten Umfragen und Statistiken zum Thema Fleischkonsum veröffentlicht wurden. In dieser Ausgabe wird ersichtlich, dass sich die jüngere Generation immer mehr gegen den Fleischkonsum ausspricht und die Fleischindustrie aus unterschiedlichen Gründen negiert. Mehr als zwei Drittel der 15- bis 29-Jährigen sehen ein immenses Problem in Bezug auf die derzeitige Klimakrise und entscheiden sich daher für eine vegetarische Lebensweise (vgl. Fleischatlas 2021, S.6). Doch nicht nur das Bewusstsein und der Lebensstil der jüngeren Generationen verändert sich, auch Frauen tragen zu einer ausschlaggebenden Erkenntnis in der Statistik bei. Hierbei geht der Trend des Fleischkonsums ebenfalls nach unten, während im Gegensatz dazu Männer mehr Fleisch konsumieren, in Deutschland rund doppelt so viel Fleisch pro Tag wie Frauen (vgl. ebd., S. 11). Während es sich bei den 15- bis 29-Jährigen 30,6% der Befragten um junge Männer handelt, die sich vegetarisch ernähren, machen 69,4% junge Frauen aus (vgl. ebd., S. 35).

Anhand dieses kleinen Einblicks durch den „Fleischatlas 2021“ wird im Folgenden durch die vorliegende Hausarbeit versucht zu veranschaulichen, welche soziologischen Hintergründe zu dieser deutlichen Unterscheidung in dem Fleischkonsum zwischen Frauen und Männern in westlichen, industrialisierten Gesellschaften führen könnten. Es soll anhand dieser Vergeschlechtlichung verdeutlicht werden, wie Essverhalten sozial konstruiert wird und nicht nur ein rein biologischer Prozess ist.

Um einen genaueren Blick auf einzelne Mechanismen und die derzeitigen Gegebenheiten des 21. Jahrhunderts werfen zu können, wird in Kapitel 1 auf den historischen Kontext des Mensch/Tier*-Verhältnisses und der damit zusammenhängende Fleischkonsums eingegangen. Hierbei geht es darum aufzuzeigen, dass bereits im antiken Griechenland der Umgang mit Tieren und der Konsum deren Fleischs im Diskurs war und von großen Denken thematisiert wurde. Daraufhin wird die Entwicklung im Mittelalter, welche bekannt dafür war, dass sie Tiere deutlich von Menschen abgrenzte und somit eine Objektivierung der Tiere weit verbreitet war. Der Blick auf das 19. Und 20. Jahrhundert bringt nicht nur einen Umschwung in der Emanzipation der Frau, sondern auch im Umgang und dem Stellenwert des Tiers, doch durch die Industrialisierung und der damit zusammenhängende Wohlstand [1]Im Folgenden werden mit dem Ausdruck 'Tier' alle Spezies bis auf den Homo Sapiens zusammengefasst und Anfang der Massentierhaltung wächst auch der Fleischkonsum beachtlich. Wo es vorher um Notwendigkeit ging, beginnt in dieser Epoche der Konsum des Fleischs als Ausdruck des sozialen Status.

Nach dieser chronologischen Darstellung, werden zwei wesentliche Faktoren im Zusammenhang mit der Vergeschlechtlichung des Fleischs genannt. Zum Einen die Wichtigkeit der Frauenrechtsbewegung, welche neues Bewusstsein für jegliche Formen der Diskriminierung und der damit einhergehenden Unterdrückung und Herrschaftsverhältnisse schaffte und zum Anderen das wichtigste Medium zur Herstellung von Realität und Wahrheit in einer Gesellschaft: der gesellschaftlich stattfindende Diskurs.

Nachdem vorerst der Begriff ,Speziesismus‘ in Kapitel 2 definiert wird, stellt das Kapitel der Diskriminierungsformen von Frauen und Tieren eine Theorie zu der Frage auf, wie Sexismus und Speziesismus (Diskriminierung von Tieren) zusammenhängen und wieso das ein Grund dafür ist, wieso eher Frauen als Männer die Neigung dazu haben sich für Tierrechte einzusetzen und somit die fleischlose Ernährung präferieren.

In Kapitel 3 wird mit den Ansätzen der Diskursanalyse von Jäger herausgearbeitet, wie das Normalitätsbild entstand, dass Fleisch hauptsächlich Männernahrung sei. Nachdem eine kurze Einleitung zu Jägers Diskursanalyse präsentiert wird, wird veranschaulicht, wie sich seit der Frauenrechtsbewegung das Bild des geschlechtsspezifischen Fleischkonsums veränderte und welche soziologischen Hintergründe bestehen.

Daraufhin wird auf das 21. Jahrhundert übergegangen und mittels der Untersuchung von Artikeln aus den Online-Zeitschriften „Women's Health“ und „Men's Health“ auf der einen Seite aufgezeigt, welchen Einfluss die Diskurse bzw. Wahrheiten des 19. Und 20. Jahrhunderts auf den heutigen Fleischkonsum und dessen Verknüpfung mit dem Geschlecht hat und auf der anderen Seite durch welche Mittel Medien ihre Leser*innen in bestimmten Richtungen der Denkweisen, Handlungen und Einstellungen lenkt und somit eine Frau/Mann-Dichotomie verstärkt.

3 HAUPTTEIL

3.1 Das Mensch/Tier-Verhältnis im historischen Kontext

Um die Leitfrage genauer zu untersuchen und in einen Kontext der derzeitigen gesellschaftlichen Gegebenheiten zu beziehen, soll es in diesem Teil um die Theorien beziehungsweise Gedankengänge des Umgangs mit Tieren und dem Verhältnis zwischen Mensch und Tier im Verlauf der Geschichte gehen. Es soll die Frage beantwortet werden, was das Tier im Laufe der Geschichte für einen Stellenwert in der Gesellschaft hatte.

Bereits in der Antike haben große Denker das Mensch/Tier-Verhältnis durch ihre Theorien analysiert. So wird durch Aristoteles der Begriff des Logos und der Phone in den Diskurs aufgenommen, welcher den Menschen zu einem politischen Wesen macht, gleichzeitig das Tier als bloßes über die Stimme verfügbares Wesen degradiert (vgl. Aristoteles 1994: 1253a). Hierbei wurde der erste Schritt in die hierarchische Abhebung vom Mensch zum Tier getan, der erste wesentliche Schritt zu einer Mensch/Tier-Dichotomie. Als Gegenspieler dieser Abgrenzung gilt Pythagoras, welcher das Tier aus ethischen Gründen nicht als Lebensmittel und dem Mensch unterlegen klassierte. Durch seinen Einfluss wurde die fleischlose Ernährung auch als pythagoreisch bezeichnet (vgl. Chimaira Arbeitskreis 2011, S.11).

Im Mittelalter nimmt trotz großer Anhängerschaft der pythagoreischen Lebensweise im antiken Griechenland die Spaltung des Tiers vom Menschen zu. Insbesondere durch René Descartes wird das Tier als geistloses, mechanistisches Wesen dargestellt (vgl. ebd., S.10), wodurch eine Abstumpfung im Umgang mit den Tieren in der mittelalterlichen Gesellschaft fundiert und legitimiert wurde.

Diese Sichtweise änderte sich erst durch den in England geborenen Naturforscher Charles Darwin im 19. Jahrhundert. Durch ihn wurde das Bild des Tieres als rein mechanisches Objekt durch das eines fühlenden Lebewesens ersetzt (vgl. Sparn 2015, S. 24). In England wurde daraufhin auf Gesetze bestanden, die das Tier vor Leid behüten sollten. Dies stellte den Beginn vieler Tierschutzbewegungen dar und somit eines neuen Stellenwertes der Tiere. Jeremy Bentham verwirft Rechtfertigungen der Mensch/Tier-Dichotomie, welche auf den Fragen ,Können sie denken?[4] und ,Können sie sprechen[4] basieren. Er möchte die Frage ,Können sie leiden‘ in den Mittelpunkt des Diskurses stellen und somit ebenfalls das unnötige Tierleid mindern (vgl. Chimaira Arbeitskreis, S. 10). Auch Theodor Geiger wirkt im Jahre 1931 mit seinem Werk ,Das Tier als geselliges Subjekt[4] dem Objekt-Symbol des Tieres entgegen und plädiert darauf, das Tier als fühlendes Subjekt anzuerkennen (vgl. Bujok 2008, S. 5118).

Während es in der Antike und im Mittelalter zwar Debatten über das Mensch-Tier­Verhältnis und den moralischen Wert des Tieres insbesondere in Bezug auf Leidfähigkeit und Ernährung gab, das allgemeine Bild jedoch das Tier als dem Menschen moralisch untergegliedert veranschaulicht, ist die frühe Moderne geprägt von einem Umschwung. Das Tier wird auf ethischer Ebene emporgehoben und die Fähigkeit des Leidens und Fühlens anerkannt. Allgemein gibt es einen Umschwung in der Gesellschaft: Diskriminierungen jeglicher Art werden gesellschaftlich stark negiert und die durch die Industrialisierung entstandene Abgrenzung und Zerstörung zur Natur (und somit auch zu den Tieren, da diese im Gegensatz zu den Menschen als Teil der Natur definiert werden) wird stark kritisiert.

Obwohl sich das Bewusstsein der Menschen in Bezug auf die Tiere verbesserte, stieg auch der Wohlstand der Menschen durch die Industrialisierung und somit bekamen die Menschen die Möglichkeit größere Mengen an Fleisch für weniger Geld zu konsumieren. Wo vorher Fleisch als ein Status der Wohlhabenden war, gehört es nun zur Normalität für Menschen aller Schichten und Klassen. Durch diesen Wandel stieg die Lust nach Fleisch enorm. Ab 1950 bis 1980 stieg die der Konsum pro Kopf stark an, wobei Skandale wie der Rinderwahn diesen leicht wieder zurückwarf. Allgemein ist jedoch ein stetiger Wachstum zu beobachten. Erst 2011 ist eine deutliche Absenkung der Kurve zu erkennen (vgl. Heinrich-Böll-Stiftung 2018, S.10). Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine neue Tendenz der Ernährung heraus. Hierbei

Von großer Bedeutung bei diesen statistischen Beobachtungen und insbesondere für diese Arbeit ist allerdings die Beobachtung, dass obwohl der Trend Richtung Vegetarismus und Veganismus geht, der Pro-Kopf-Wert kaum verändert wurde. Dies lässt sich dadurch erklären, dass eine Gegengruppe ebenfalls an Wachstum gewonnen hat: Viele Männer ernähren sich überdurchschnittlich viel von Fleischprodukten (vgl. ebd., S. 12). Dieses Phänomen lässt an die zu Anfang präsentierte statistische Darstellung anknüpfen.

Es ist ein deutlicher Zusammenhang erkennbar, dass der Fleischkonsum in der industriellen westlichen Gesellschaft stark mit sozialen Phänomenen zusammenhängt. Hierbei tendieren Frauen eher zum Vegetarismus und Männer zum Fleischkonsum. Im folgenden Abschnitt meiner Arbeit möchte ich auf denkbare Gründe eingehen.

[...]

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Fleischkonsum als soziales Konstrukt. Wieso Männer mehr Fleisch konsumieren als Frauen
Université
Technical University of Darmstadt  (Institut für Soziologie)
Cours
Zum Verhältnis von Ernährung und Geschlecht
Note
1,0
Auteur
Année
2021
Pages
18
N° de catalogue
V1187799
ISBN (ebook)
9783346620408
ISBN (Livre)
9783346620415
Langue
allemand
Mots clés
Fleischkonsum, Ernährung, Carnismus, soziales Konstrukt, Männer, Frauen, Fleisch, Konsum, Geschlecht, Gender, Mensch, Tier, Diskriminierung, Speziesismus, Sexismus, Medien, Diskurs, Diskursanalyse, Distinktionsmittel, Distinktion, Affekt
Citation du texte
Laura Scheckenbach (Auteur), 2021, Fleischkonsum als soziales Konstrukt. Wieso Männer mehr Fleisch konsumieren als Frauen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1187799

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