Ein problemorientierter Diskurs der Postkolonialismusdebatte in der Geschichtswissenschaft


Hausarbeit, 2011

16 Seiten, Note: 1,1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Aktuelle Forschungsmeinungen
2.1 „Jenseits des Eurozentrismus“
2.2 Postkoloniale Soziologie und Sozialwissenschaften

3. Anwendung in der deutschen Geschichtswissenschaft
3.1 In der Forschung
3.2 Im universitären Alltag
3.3 In der Geschichtsdidaktik

4. Fazit

Literatur

1. Einleitung

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass eine Fülle von Publikationen zu den Themen Postkolonialismus und Eurozentrismus existiert. Diese Fülle ist kaum mehr zu überblicken. In der Debatte um den Postkolonialismus fällt auf, dass sie vor allem theoretischer Natur ist. Anstatt neue Erkenntnisse anzuwenden, wird eher die gesamte Geschichtswissenschaft in Frage gestellt. Überspitzt formuliert, sind sowohl die aufklärerischen Gedanken, als auch der europäische Universalitätsanspruch Ursache allen Übels auf der Welt.1 Dadurch kommt die Frage nach Schuldzuweisungen auf, sowohl bei den Autoren, als auch beim Leser. Dieser Eindruck entstand ebenfalls im Gespräch mit den Teilnehmern des absolvierten Seminars.

Bei der notwendigen Auswahl und Eingrenzung der Literatur wurde der Schwerpunkt auf die im Seminar besprochene Artikel gelegt. Im 1. Kapitel werden die verwandten Arbeiten vorgestellt.

Das zweite Kapitel zieht den Bezug zur Geschichtswissenschaft. Es wird untersucht inwieweit die post colonial studies Anwendung in der Forschung und im universitären Alltag finden.

Anschließend werden die Erkenntnisse der Geschichtsdidaktik in die Diskussion eingebettet.

Ziel der vorliegenden Arbeit soll die kritische Betrachtung der vorherrschenden Forschungsmeinung sowie deren Anwendung und auch Anwendbarkeit in der Geschichtswissenschaft sein.

2. Aktuelle Forschungsmeinungen

2.1 „Jenseits des Eurozentrismus“

Im folgenden soll ein kurzer Einblick in die verwendete Literatur gegeben werden. Wie bereits angedeutet, ist es aufgrund der Flut von Veröffentlichungen unmöglich einen umfassenden aktuellen Forschungsstand aufzuzeigen.

Von besonderer Bedeutung für die vorliegende Arbeit ist der von Sebastian Conrad und Shalini Randeria herausgegebene Sammelband „Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften“2, da gleich mehrere Artikel daraus verwandt wurden.

In ihrer Einleitung machen Conrad und Randeria klar, dass es ihr Ziel ist Europa und seine Geschichte nicht mehr losgelöst vom Rest der Welt zu begreifen, besonders seit dem 19. Jahrhundert sei dies nicht mehr vertretbar, so die Autoren. So folgt eine Definition des Begriffes „Eurozentrismus“. Conrad und Randeria verstehen darunter

„ die mehr oder weniger explizite Annahme [...], daß die allgemeine historische Entwicklung, die als charakteristisch für das westliche Europa und das nördliche Amerika betrachtet wird, ein Modell darstellt, an dem die Geschichten und sozialen Formationen aller Gesellschaften gemessen und bewertet werden können. Die Spezifi tät und historischen Unterschiede nichtwestlicher Gesellschaften werden dementsprechend in einer ‚ Sprache des Mangels’ beschrieben und als Defizite behandelt.3

Es werden verschiedene Optionen Geschichte neu zu denken vorgestellt und mit Beispielen aus der Vergangenheit untermauert. Ziel des Sammelbandes soll „ die Suche nach einer relationalen Perspektive auf die Geschich te der Moderne4 sein, jenseits der bisherigen Gegenüberstellung von Europa und seinem Anderen.

Beim Lesen entsteht ein merkwürdiger Eindruck von Distanz, wenn von „dem Westen“ gesprochen wird. Der Leser stellt sich darüber hinaus die Frage nach einer Ursachenforschung der vorgestellten geschichtlichen Situationen. Die Einbettung in den historischen Kontext wird vermisst. Zudem fällt auf, dass kaum differenziert wird, ob einige durch den Kolonialismus eingeführten Veränderungen positiv zu werten sind bzw. positiv wahrgenommen werden.

Im Anschluss untersucht Steven Feierman die Möglichkeit die Geschichte Afrikas aufzuschreiben5. Zunächst gibt Feierman einen Einblick in die vergangenen Forschungsdebatten über Afrika. Auch wenn Afrika als Kontinent mit vielen verschiedenen Völkern, Kulturen, Sprachen und Traditionen verstanden wird, stellt sich das Problem der richtigen Begriffe und deren Anwendung. „Der Kern des Problems ist in diesem Falle [...] der unreflektierte Gebrauch eines Wortes – ‚Zivilisation’ – mit tiefen europäischen Wurzeln.“6 Darüber hinaus konstatiert er, dass für Europa geltende Maßstäbe der Entwicklung nicht auf Afrika anwendbar sind.7 „Die Kategorien, die in vorgeblich allgemeine sind, sind in Wirklichkeit besondere, und sie beziehen sich auf die Erfahrungen des modernen Europa.“8 Infolgedessen stellt sich die Frage, ob westliche Geisteswissenschaftler „überhaupt in der Lage seien, den Anderen zu beschreiben, oder ob sie nicht vielmehr [...] ‚ontologischen Imperialismus’ betrieben, in dem die Andersheit verschwindet und zum Teil des Selben wird.“9 Feierman kommt zu dem Schluss, dass die Aufgabe für Historiker nicht nur sein wird, möglichst viele afrikanische Geschichten zu hören und aufzuschreiben, sondern diese auch in den Kontext von Macht und Autorität zu setzen sind und dann werden „die Probleme gerade erst begonnen“10 haben.

Auch Dipesh Chakrabaty zeigt in seinem Artikel „Europa provinzialisieren“11 auf, mit welchen Schwierigkeiten die westliche Geschichtswissenschaft konfrontiert ist, wenn sie die indische Geschichte (auf-)schreiben will. Antihistorische Geschichten und Mythologien werden z.T. unreflektiert methodologisch verwandt und aufgeschrieben. Der Autor spricht von Unterwerfung.12

[...]


1 Vgl. Juneja, Monica: Dibatte zum “Postkolonialismus” aus Anlass des Sammelbandes Jenseits des Eurozentrismus von Sebastian Conrad und Shalini Randeria. In: WerkstattGeschichte Bd. 34, Hamburg 2003, S. 93.

2 Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini (Hg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt, New York 2002.

3 Conrad; Randeria: Geteilte Geschichten, S. 12.

4 Ebd., S. 14.

5 Feierman, Steven: Afrika in der Geschichte. In: Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini (Hg.): Jenseits des Eurozentrismus: postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaft. Frankfurt/Main 2002, S. 50-83.

6 Ebd., S. 57.

7 Vgl. Ebd., S. 59f. und S. 63.

8 Ebd., S. 66.

9 Ebd., S. 66.

10 Ebd., S. 79.

11 Chakrabaty, Dipesh: Europa provinzialisieren. Postkolonialität und die Kritik der Geschichte. In: Conrad, Sebastian; Randeria, Shalini (Hg.): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften. Frankfurt, New York 2002, S. 283-312.

12 Vgl. Ebd., S. 303.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Ein problemorientierter Diskurs der Postkolonialismusdebatte in der Geschichtswissenschaft
Hochschule
Universität Hamburg  (Erziehungswissenschaft)
Veranstaltung
Einführung in die Geschichtsdidaktik am Beispiel des Interkulturellen Geschichtslernens
Note
1,1
Autor
Jahr
2011
Seiten
16
Katalognummer
V1189403
ISBN (eBook)
9783346622938
ISBN (Buch)
9783346622945
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Didaktik, Postkolonialismus, Geschichte, Geschichtswissenschaft, Geschichtsdidaktik, Eurozentrismus, postkoloniale Soziologie, postkoloniale Sozialwissenschaft, Soziologie, Sozialwissenschaft
Arbeit zitieren
Sandra Rehle (Autor:in), 2011, Ein problemorientierter Diskurs der Postkolonialismusdebatte in der Geschichtswissenschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189403

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