Die spanische Bombe

Die Hohenzollernkandidatur in Spanien


Seminararbeit, 2008

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die spanische Revolution und der Weg zur Hohenzollernkandidatur
2.1 Die spanische Revolution 1868
2.2 Die spanische Thronfrage

3 Bismarck, Preußen und die Genese der Hohenzollernkandidatur

4 Frankreich und die Hohenzollernkandidatur
4.1 Frankreichs Außenpolitik in Spanien nach der Septemberrevolution
4.2 Frankreichs Reaktion auf die Hohenzollernkandidatur

5 Die Absichten Bismarcks in der Kontroverse Becker/Kolb

6 Schlussbetrachtung

7 Quellen- und Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Hohenzollernkandidatur in Spanien 1870 und der daraus resultierenden Konfrontation zwischen Preußen und Frankreich. Die zentrale Frage hierbei ist, wieso aus der Frage um den vakanten spanischen Thron ein Konflikt zwischen Preußen und Frankreich entstand.

Als erstes wird auf die spanische Revolution und die damit einhergehende Thronfrage eingegangen. Der zweite Abschnitt beschäftigt sich mit dem Verhalten Bismarcks und Preußens bei der Aufnahme der Kandidatur des Erbprinzen Leopolds von Hohenzollern- Sigmaringen. Anschließend wird die französische Reaktion auf die Kandidatur dargestellt mit dem Schwerpunkt, wieso Frankreich so viel Anstoß an einer solchen Kandidatur nahm. Der letzte Abschnitt behandelt die Forschungskontroverse zwischen Josef Becker und Eberhard Kolb, wobei der Fokus auf die Intention und Voraussicht Bismarcks bei der Forcierung der Kandidatur gelegt ist.

Die Quellenlage zu diesem Themenkomplex ist äußerst umfangreich und zum größten Teil auch vollständig. Neben den Akten der auswärtigen Politik Preußens, sowie den gesammelten Werken Bismarcks, stehen Quelleneditionen von Richard Fester und Jochen Dittrich zur Verfügung, die genauen Einblick über die Korrespondenzen zwischen Spanien, Preußen und Frankreich in den Jahren von 1868 bis 1870 geben.

Des Weiteren ist die Thronkandidatur in der Literatur breit behandelt worden, so dass ein guter Überblick über die Ereignisse gegeben ist. Insbesondere die Werke von Herbert Geuss, Eberhard Kolb und Josef Becker bieten eine Fülle von Informationen zugleich muss zwischen den Publikationen der Autoren differenziert werden, da sie von unterschiedlichen Standpunkten das Thema behandeln.

Zum einen wird der mentalitätsgeschichtliche Aspekt im Verhalten der Franzosen erörtert, zum anderen wird versucht Bismarcks Intentionen in der Kandidatur näher zu beleuchten.

2 Die spanische Revolution und der Weg zur Hohenzollernkandidatur

2.1 Die spanische Revolution 1868

In der spanischen Geschichte war das 19. Jahrhundert durch ständig wechselnde Regierungen geprägt, so dass es als die Ära der Militärputsche (pronunciamentos) bezeichnet wird.[1] Die ständigen Machtwechsel gipfelten 1868 in der „glorreichen Septemberrevolution“ (la gloriosa), die Manfred Kossok als den Höhepunkt der Revolutionsbewegung im Spanien des 19. Jahrhunderts bezeichnet.[2] Den Anfang machte ein pronunciamento der Marine in Cadiz am 17. September 1868.[3] An die Spitze der Bewegung setzte sich der populäre General Juan Prim. Es bildeten sich Revolutionsausschüsse (Juntas Revolucionarias), die auf lokaler Ebene die Bevölkerung aufforderten, sich der Aufstandsbewegung anzuschließen. Somit blieb die Revolution kein bloßer Militärputsch, sie war, im Gegensatz zu den zahlreichen Putschen zuvor, auch eine Bewegung von unten.[4] Isabella II. verließ mit ihrer Familie das Land und fand Asyl bei Napoleon III. Mit der Bildung einer provisorischen Regierung am 4. Oktober 1868 unter dem Vorsitz des Generals Francisco y Dominguez Serrano wurden die Juntas aber wieder aufgelöst, da man Separatismusbestrebungen entgegen wirken wollte.[5] Die Regierung sah als Staatsform eine konstitutionelle Monarchie vor. Die Folgezeit war geprägt von innenpolitischen Problemen und von der Suche nach einem neuen spanischen König. Die Revolution endete 1874 mit der Restauration der Bourbonendynastie unter Isabellas Sohn Alfons XII (1874-1885).

2.2 Die spanische Thronfrage

Die Revolution brachte eine Verschlechterung im außenpolitischen Verhältnis zu Frankreich, da einerseits die Politiker der provisorischen Regierung ein Gegengewicht gegen die französische Hegemonie schaffen wollten, anderseits Frankreich mit der Vertreibung Isabellas einen Bundesgenossen verloren hatte.[6] Nichtsdestotrotz musste bei der ausstehenden Thronfrage Rücksicht auf die Interessen Frankreichs genommen werden, da, laut Kleinmann, ein Entgegenwirken eine weitere außenpolitische Belastung neben der Kuba-Krise und der römischen Frage zur Folge gehabt hätte.[7]

Die Bedingungen, welche ein Kandidat zu erfüllen hatte, sind hierbei allein im macht- und interessenpolitischen Kontext zu sehen. Es sollte eine Person sein, die weder die Revolution „verraten“, noch Napoleon provozieren würde, noch durfte er international sowie national schwach sein, was soviel bedeutet, dass er die Mehrheit in der verfassungsgebenden Cortes zusammenbringen und Sympathien in der Gesellschaft finden konnte. Es gab insgesamt sechs Kandidaten, die ernsthaft in Erwägung gezogen worden sind, von denen aber nur drei zur Disposition standen.[8]

Die erste Möglichkeit bestand in der restaurativen Lösung durch die Rückkehr Isabellas II. oder – was mit der Zeit immer mehr Form annahm – in Person ihres zwölfjährigen Sohnes Alfons, des Prinzen von Asturien. Diese Lösung wurde ebenso wie die karlistische Kandidatur in Gestalt des Don Carlos (VII.) von der neuen Regierung strikt abgelehnt, da einerseits die Ziele der Revolution verraten worden wären (Restauration eines Bourbonen), und es vermutlich anderseits zu einer erneuten Spaltung Spaniens gekommen wäre (Erinnerung an die Karlistenkriege in den 1830er Jahren). Die dritte Möglichkeit bestand in der Ernennung eines spanischen Volkskönigs, als solcher bot sich der ehemalige Ministerpräsident und General Baldomero Espatero an. Allerdings war dieser, laut Kleinmann, dieser weder international noch national gefestigt, so dass es vermutlich zu keiner Konsolidierung der inneren und der der äußeren Verhältnisse gekommen wäre.[9]

Der vierte Anwärter auf den spanischen Thron war der Herzog von Montpensier, Antoine Marie Philippe Louis de Orléans. Dieser war der jüngste Sohn des Bürgerkönigs Louis Philippe de Orléans und verheiratet mit Luisa Fernanda, der jüngeren Schwester Isabella II. Er hatte die Septemberrevolution finanziell unterstützt,[10] wohl mit der erklärten Absicht, spanischer König zu werden.[11] Seine Anhängerschaft in den spanischen Parteien war nicht unerheblich (hinter ihm stand die Unión liberal), sie reichte aber mutmaßlich nicht aus, um die erforderliche Mehrheit in der Cortes zu finden. Er war auch insofern chancenlos, als Napoleon sich vehement gegen ihn ausgesprochen hatte und im Falle seiner Wahl sogar mit militärischen Interventionen gedroht hatte.[12]

Die aussichtsreichsten Kandidaten auf den spanischen Thron gehörten den Königshäusern Savoyen, Braganza/Sachsen-Coburg-Gotha und Hohenzollern- Sigmaringen an. Der Rückgriff auf die savoyardischen Prinzen war nahe liegend, da nach dem spanischen Erbfolgekrieg das Haus Savoyen als spanische Auxiliardynastie galt.[13] Mögliche Kandidaten waren der Herzog von Genua und der Herzog Amadeo von Aosta. Ersterer löste bei der provisorischen Regierung aufgrund seines Alters Bedenken aus und Herzog Amadeo trug, solange der italienische Kronprinz kinderlos war, den Mannesstamm Victor Emmanuels.[14]

Portugal und das Haus Hohenzollern- Sigmaringen sind nach der Deutung Steefels als Doppelkandidatur anzusehen.[15] König Ferdinand von Portugal und gleichzeitig Herzog von Sachsen-Coburg war verheiratet mit Maria II. von Portugal. Nach dessem Tod folgten ihre beiden Söhne Peter V. und Ludwig I. auf den Thron. Die portugiesische Thronfolge brachte zudem die Aussicht auf die iberische Einheit, denn mit der Annahme der spanischen Krone durch Ferdinand wäre Ludwig, der portugiesische König, sein Erbe gewesen. Als Nachfolger Ferdinands kamen jedoch auch seine beiden Töchter in Frage. Da die älteste Tochter mit dem Kronprinzen von Sachsen vermählt war, schied sie für die Thronfolge aus. Somit wäre Antonia, Ferdinands jüngste Tochter, auf den spanischen Thron gelangt, die jedoch mit dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern- Sigmaringen verheiratet war. Eine Thronbesteigung Ferdinands bot somit die Möglichkeit der Etablierung eines Hohenzollern- Königtums in Spanien.[16] Leopold von Hohenzollern- Sigmaringen kam aber nicht erst nach der Septemberrevolution 1868 als Thronprätendent ins Gespräch, schon 1866 brachte ihn Georg von Werthern, ehemaliger Sekretär der preußischen Gesandtschaft in Madrid, bei einem Abendessen mit Mitgliedern der liberalen Union ins Gespräch. Vermutlich erzählte er dem späteren Kopf der provisorischen Regierung und engen Vertrauten Prims, Don Eusebio Salazar y Mazarredo, von den Vorteilen Leopolds für Spanien.[17] Insofern kann Kleinmann zugestimmt werden, wenn er Leopold als „Kandidaten der ersten Stunde“ einstuft.[18]

Es waren diese drei Kandidaten, die den außenpolitischen Zielsetzungen der provisorischen Regierung entsprachen. Um Spaniens internationale Stellung gegenüber Frankreich aufzuwerten, war es demnach notwendig, dass der Kandidat aufgrund seiner dynastischen und nationalen Herkunft mit einer europäischen Großmacht verbunden war, so dass er dieses Prestige auf Spanien übertragen konnte. Die Wahl eines italienischen Prinzen hätte zur Folge gehabt, dass Napoleon III. Rücksicht auf Spanien hätte nehmen müssen, da er Italien als möglichen Bündnispartner in einer angestrebten Tripelallianz nicht verlieren wollte. Ein spanischer König aus der portugiesischen Linie hätte die Interessen Englands berührt und mit der Schaffung einer Iberischen Union wäre ein Machtgefüge entstanden, welches in keinem Fall derart von dem Hegemoniestreben Frankreichs bedroht gewesen wäre, wie Spanien allein.[19]

[...]


[1] Bernecker, Walther L.: Spanische Geschichte. Vom 15.Jahrhundert bis zur Gegenwart. 4. Aufl. München 2006, S. 57.

[2] Kossok, Manfred: Die spanische Revolution von 1868 bis 1874. In: Bartel, Horst u.a. (Hrsg.): Evolution und Revolution in der Weltgeschichte. Ernst Engelberg zum 65.Geburtstag. Berlin 1976 Bd.1, S. 96.

[3] Bernecker 2006, S. 67.

[4] Konetzke, Richard: Spanien, die Vorgeschichte des Krieges von 1870 und die deutsche Reichsgründung. In: HZ 214 (1972), S. 584.

[5] Konetzke 1972, S. 585.

[6] Kleinmann, Hans-Otto: Die spanische Thronfolge in der internationalen Politik vor Ausbruch des deutsch- französischen Krieges. In: Kolb, Eberhard (Hrsg.): Europa vor dem Krieg von 1870. Mächtekonstellationen- Konfliktfelder- Kriegsausbruch. München 1987, S. 142.

[7] Kleinmann 1987, S. 143.

[8] Kleinmann 1987, S. 143.

[9] Kleinmann 1987, S. 144.

[10] Konetzke 1972, S.586.

[11] Kleinmann 1987, S.144.

[12] Kleinmann 1987, S. 144.. Sein Duell im März 1870 mit Enrique de Borbón machte allerdings endgültig seine Ambitionen auf den Thron zu nichte.

[13] Kleinmann 1987, S.145.

[14] Kleinmann 1987, S.145.

[15] Steefel, Lawrence D.: Bismarck, the Hohenzollern Candidacy, and the origins of the Franco-German war of 1870. Cambridge (Mass.) 1962, S. 37.

[16] Konetzke 1972, S. 587f.

[17] Steefel 1962, S. 22f.

[18] Kleinmann 1987, S. 145.

[19] Kleinmann 1987, S. 145.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die spanische Bombe
Untertitel
Die Hohenzollernkandidatur in Spanien
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar: Deutschland und Frankreich im 19. Jahrhundert
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
20
Katalognummer
V118953
ISBN (eBook)
9783640225378
ISBN (Buch)
9783640227075
Dateigröße
460 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bombe, Proseminar, Deutschland, Frankreich, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Johannes Thoböll (Autor:in), 2008, Die spanische Bombe, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118953

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Die spanische Bombe



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden