Digitale Transformation der Arbeitswelt. Auswirkungen von Homeoffice auf Führung und Unternehmenskultur


Thèse de Bachelor, 2022

93 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Anhangsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Abgrenzung des Themas
1.3 Aufbau der Arbeit

2. Grundlagen der Arbeit5
2.1 Herausforderung Digitale Transformation - Das Arbeiten von Zuhause
2.1.1 Legal-Definition von Telearbeitsplätzen und rechtliche Grundlagen
2.1.2 Aktueller Stand / Statistiken in Deutschland
2.1.3 Technische Voraussetzungen
2.1.4 Allgemeine Vor- und Nachteile
2.2 Betrachtung diverser personalpolitischer Instrumente
2.2.1 Mitarbeiterführung
2.2.1.1 Begriffsdefinition und die Rolle von Motivation
2.2.1.2 Führungstheorien
2.2.1.3 Übersicht klassischer Führungsstile anhand von Führungskontinua
2.2.1.4 Theoretische Grundlagen interkultureller Führung
2.2.2 Unternehmenskultur
2.2.2.1 Begriffsdefinition und Funktionen der Unternehmenskultur
2.2.2.2 Zusammenhang von Personalentwicklung und Unternehmenskultur
2.2.2.3 Beschreibung von Unternehmenskulturmodellen und Typisierungsmethoden von Unternehmenskulturen

3. Auswirkungen von Homeoffice auf Führungsmethoden und Unternehmenskultur
3.1 Die digitale Transformation als Wettbewerbsfaktor
3.2 Auswirkungen von Homeoffice auf bestehende Methoden in der Personalführung
3.2.1 Herausforderungen bei der Personalführung im Homeoffice
3.2.1.1 Change-Management im Unternehmen
3.2.1.2 Führen auf Distanz und die Ergänzung führungstheoretischer Ansätze
3.2.1.3 Kompetenzprofil eines Digital Leaders
3.2.2 Führungstools und -methoden im Homeoffice
3.3. Auswirkungen von Homeoffice auf bestehende Modelle der Unternehmenskultur
3.3.1 Kontrolle ist gut, Vertrauen ist besser?
3.3.2 Definition und Dimensionen einer digitalen Unternehmenskultur
3.3.3 Gestaltung von Unternehmenskulturen mit Culture Hacks

4. Die Gefahren der digitalen Arbeitswelt

5. Abschlussbetrachtung

Anlage 1: Zusammenfassendes Transkript #1

Anlage 2: Zusammenfassendes Transkript #2

Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anteil der im Homeoffice beschäftigten in Deutschland vor und während der Corona-Pandemie 2020 und 2021

Abbildung 2: Regionales Homeoffice Potenzial

Abbildung 3: Bedürfnispyramide nach Maslow

Abbildung 4: Kontinuums-Theorie nach Tannenbaum und Schmidt

Abbildung 5: Wertevergleich zwischen China und Deutschland

Abbildung 6: Das CVF-Model

Abbildung 7: Das 8-Phasen Modell nach John Kotter übertragen auf Anforderungen des digitalen Zeitalters

Abbildung 8: Ergänzung führungstheoretischer Ansätze

Abbildung 9: KODE Kompetenz Atlas

Abbildung 10: Die Acht Dimensionen digitaler Unternehmenskultur

Abbildung 11: Schematisches Organisationsmodell von Spotify 2012

Anhangsverzeichnis

Anhang 1: Interview mit Abteilungsleiter eines Technologie-/ Umweltkonzerns VIII

Anhang 2: Interview mit Personalleiterin eines Immobilienverwaltungskonzerns XIII

1. Einleitung

1.1 Relevanz des Themas

Das Tempo des Wandels war noch nie so schnell. Und dennoch wird es nie mehr so langsam sein.“ (Justin Trudeau). Mit dieser paradoxen Aussage macht Kanadas Premierminister auf dem World Economic Forum in Davos (2018) darauf aufmerksam, dass die digitale Revolution Gesellschaft und Wirtschaft mit enormer Geschwindigkeit transformieren wird. Sämtliche Wirtschaftsbranchen stehen vor der Herausforderung, Prozesse und Unternehmensstrukturen zu digitalisieren, um nicht den Anschluss zu verlieren. Disruptive Technologien werden den Markt in den nächsten Jahren revolutionieren und es liegt am strategischen Management der Unternehmen, mit neuen Trends mitzugehen, die Chancen der Digitalisierung zu nutzen und von den Vorteilen zu profitieren. Das Internet of Things, Machine Learning, Robotik, Big-Data, Automatisierung oder Künstliche Intelligenz zählen zu den Kerntechnologien, die den digitalen Wandel vorantreiben und eine Transformation der bestehenden Strukturen erfordern. Experten prognostizieren, dass die Welt in den nächsten zehn Jahren mehr Veränderung erfahren wird als in den vergangenen 100 Jahren. Durch die Digitalisierung hat sich die Gesellschaft grundlegend verändert, der Arbeitsalltag ohne die Nutzung von Computern und Smartphones ist nicht mehr vorstellbar. Neue Technologien haben somit einen großen Einfluss auf die Art und Weise, wie im Unternehmen gearbeitet wird.

Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war zu beobachten, dass neue Technologien bestehende Strukturen in Unternehmen veränderten. Beispielsweise führte die Erfindung des fließenden Stroms dazu, dass auch nachts effektiv gearbeitet werden konnte. Mit der Einführung einer Nachtschicht in Industriebetrieben entstand ein Zusammenhang zwischen Veränderungen der Arbeitsbedingungen und neuen disruptiven Technologien. In einem Zitat von Mark Twain heißt es: Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich. Durch neue technologische Möglichkeiten befindet sich die Gesellschaft in einem Prozess der Entgrenzung von Arbeit. Das Erbringen von Arbeitsleistung ist in vielen Branchen möglich, ohne dass der Mitarbeiter vor Ort ist. Diese Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit verbinden viele mit dem Begriff des Homeoffice. Die traditionelle Form der Arbeit, die auf der Präsenzanwesenheit des Mitarbeiters im Unternehmen beruht, steht vor einem fundamentalen Veränderungsprozess.

Doch neben den bevorstehenden Technologieschüben gibt es weitere Faktoren, die die Arbeitswelt von Morgen beeinflussen. Bedingt durch den demografischen Wandel verlassen geburtenstarke Jahrgänge nach und nach den Arbeitsplatz. Die Folge daraus ist ein immer stärker auftretender Fachkräftemangel, da weniger Erwerbstätige in das Arbeitsleben eintreten, wie austreten. Unternehmen stehen vor der Aufgabe und konkurrieren darum, neue Generationen in den Arbeitsmarkt zu integrieren und für sich zu gewinnen. Die sogenannten „Digital Natives“ sind schon seit dem frühen Kindesalter mit digitalen Endgeräten aufgewachsen und sehen diese als Selbstverständlichkeit, auch im Arbeitsleben, an. Der Faktor des demografischen Wandels hat somit Auswirkungen auf neue Arbeitsformen wie Homeoffice.

Obwohl die technischen Möglichkeiten seit einigen Jahren flexible Arbeitsformen ermöglichen, wurde das Homeoffice durch die im Frühjahr 2020 ausgebrochene Corona-Pandemie zum erzwungenen Trend. In dieser Extremsituation wurden Beschäftigte dazu angehalten, wenn möglich, aus dem Homeoffice heraus zu arbeiten, um soziale Kontakte sowie die Verbreitung des Virus zu verhindern. Durch das von der deutschen Regierung verabschiedete Infektionsschutzgesetz ist Homeoffice erstmals zur gesetzlichen Pflicht geworden. Viele Unternehmen wurden ohne Vorbereitungen mit dem neuen Arbeitsmodell konfrontiert, kamen jedoch mit der Umstellung zurecht und in den Genuss der Vorteile, die Homeoffice hat. Es hat den Anschein, dass erst durch den Ausbruch der Pandemie Potenziale des Mobilen Arbeitens erkannt wurden. Es entstand ein regelrechter Hype um das Homeoffice in der neuen Arbeitswelt. Mit diesem Hype einhergehend verstärkten sich Debatten und Studien rund um agile Arbeitsmethoden. Aktuell ist ein Rückgang von pandemiebedingten Maßnahmen zu beobachten und die pandemische Notlage endet. Es bleibt zu beobachten, ob sich der Rückgang der pandemiebedingten Maßnahmen korrelativ zu dem Beschäftigungsgrad im Homeoffice verhält.

Durch die sich verändernden Rahmenbedingungen stehen Führungskräfte vor neuen Herausforderungen, da Führung fortan vermehrt über digitale Tools stattfindet. Das Verständnis von Führung verändert sich und mit dem Begriff „Digital Leadership“ ist eine Debatte entstanden, die Führung im Prozess der digitalen Transformation thematisiert. Als Antwort auf das volatile Verhalten der Märkte steht die Personalführung vor neuen Herausforderungen und Führungskräfte haben einen Vorbildcharakter bei der Umsetzung von Visionen, die Unternehmen besitzen. Um die digitale Transformation im Unternehmen meistern zu können, müssen sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter, an einem Strang ziehen und gemeinsam eine digitale Kultur pflegen und formen. Die tief verwurzelte Präsenzkultur in Deutschland transformiert im Zuge des digitalen Wandels zu einer digitalen Unternehmenskultur.

1.2 Abgrenzung des Themas

Grundannahme im Rahmen der Bachelorarbeit mit dem Titel „Digitale Transformation der Arbeitswelt - Auswirkungen von Homeoffice auf Führung und Unternehmenskultur“ ist, dass neue und flexible Arbeitsformen wie Homeoffice ihr Potenzial nur dann entfalten können, wenn Strukturen und Prozesse bereits digitalisiert sind oder sich im Prozess der Digitalisierung befinden. Auswirkungen von Homeoffice auf Führung und Unternehmenskultur sind im weiteren Sinne als durch Digitalisierung und Flexibilisierung der Arbeitswelt bedingte Konsequenzen für Führung und Unternehmenskultur zu verstehen.

Der Fokus der Ausarbeitung liegt in der Beschreibung bzw. dem Herauskristallisieren von Herausforderungen und Chancen, die Homeoffice und damit verbundene Digitalisierungsprojekte für Führung und Unternehmenskultur bereithalten.

1.3 Aufbau der Arbeit

Zu Beginn der Ausarbeitung wird die Relevanz des Themas, die These der Arbeit, die Abgrenzung des Themas und der Aufbau der Arbeit dargestellt. Die Grundlagen der Arbeit befassen sich im ersten Gliederungspunkt mit allgemeinen Fakten zum Thema Homeoffice. Dazu zählt die rechtliche Einordnung, Statistiken zur Nutzung von Homeoffice sowie die technischen Voraussetzungen, die nötig für eine erfolgreiche Umsetzung von Homeoffice sind. Des Weiteren werden erste Vor- und Nachteile von Homeoffice erwähnt. Die darauffolgenden Punkte betrachten die Grundlagen von personalpolitischen Instrumenten, bestehend aus Führung und Unternehmenskultur. Dabei wird der Führungs- und Motivationsbegriff definiert und beschrieben. Im Anschluss werden die traditionellen Führungstheorien erläutert, gefolgt von einer Darstellung der verschiedenen Führungsstile. Führung im interkulturellen Kontext rundet den Grundlagenteil von Führung ab. Der letzte Punkt in den Grundlagen der Arbeit handelt im ersten Gliederungspunkt von einer Begriffsdefinition sowie einer Darstellung der Funktionen einer Unternehmenskultur. Nach der Beschreibung der Wechselwirkung von Personalentwicklung und Unternehmenskultur, schließt eine Beschreibung von Modellen und Typisierungsmethoden von Unternehmenskulturen den Grundlagenteil ab. Das 3. Kapitel bildet den Hauptteil der Ausarbeitung. Der erste Punkt beschreibt dabei die Notwendigkeit einer digitalen Transformation im Unternehmen mit Betrachtung der aktuellen Marktveränderungen. Im darauffolgenden Punkt werden die Auswirkungen von Homeoffice auf Führung betrachtet. Dabei wird im ersten Unterpunkt der Change-Prozess behandelt, welchen eine Führungskraft anführt. Im zweiten Unterpunkt wird das benötigte Kompetenzprofil von Digital Leadern dargestellt. Der dritte Unterpunkt ergänzt Führungstheorien aus dem Grundlagenteil und beschreibt das Phänomen der Führung auf Distanz. Im letzten Unterpunkt werden mögliche Führungstools und -methoden für Führungskräfte vorgestellt. Im dritten Punkt des Hauptteils werden Auswirkungen von Homeoffice auf Modelle der Unternehmenskultur behandelt. Dabei stellt der erste Punkt Merkmale einer Präsenzkultur, Merkmalen einer Vertrauenskultur im Zusammenhang mit mobiler Arbeit gegenüber. Im darauffolgenden Teil werden die Dimensionen einer digitalen Unternehmenskultur beschrieben. Culture Hacks, die sich eine Veränderung von Unternehmenskulturen als Ziel nehmen, schließen den Hauptteil ab. Nachdem im vierten Kapitel Gefahren einer digitalen Arbeitswelt beschrieben werden, bildet eine Abschlussbetrachtung das Ende der Arbeit ab.

2. Grundlagen der Arbeit

2.1 Herausforderung Digitale Transformation - Das Arbeiten von Zuhause

2.1.1 Legal-Definition von Telearbeitsplätzen und rechtliche Grundlagen

Erstmals im Jahre 2016 wurde im Zuge einer Novellierung der Arbeitsstättenverordnung der Begriff „Telearbeit“ definiert. Nach dieser Definition handelt es sich bei der Telearbeit um „vom Arbeitgeber fest eingerichtete Arbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte, wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist“ ( Verordnung über Arbeitsstätten. Bundesregierung und Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, 2004).

In der Realität sind die meisten Heimarbeitsplätze jedoch nicht vom Arbeitgeber ausgestattet worden. Da in vielen Unternehmen Home-Office nicht vollumfänglich möglich ist und eher als Ausnahme angesehen wird, sieht man auch über kostspielige Investitionen in die Heimarbeit hinweg. Es stellt sich nun die Frage, ob die Arbeitsstättenverordnung in Kraft treten kann, wenn ein Großteil der Beschäftigten keinen, wie in der Legal- 5

Definition vorgesehenen, Telearbeitsplatz besitzt. Demnach würde am Homeoffice-Arbeitsplatz kein Arbeitsschutz gelten. Doch gemäß der europarechtskonformen Auslegung des Zweiten Artikels der Arbeitsstättenverordnung sowie der Betrachtung von Paragraf 618 Abs.1 BGB gilt das Homeoffice auch als Telearbeit, selbst wenn der Arbeitsplatz nicht vom Unternehmen ausgestattet wurde (Vgl. Schwede, 2019).

Im Grundsatz gibt es drei Arten von Telearbeit, zwischen denen unterschieden wird. Bei der ausschließlichen Telearbeit bzw. häuslichen Telearbeit erbringt der Mitarbeiter regelmäßig seine Arbeitsleistung an einem festen Arbeitsplatz, welcher in der privaten Wohnung eingerichtet wurde (vgl. Müller, 2022, S. 23). Bei der hybriden Variante der Telearbeit, auch alternierende Telearbeit genannt, erbringt der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung abwechselnd zwischen Betriebsstätte und häuslichem Arbeitsplatz (vgl. Müller, 2022, S. 23). Bei beiden Varianten erledigt der Arbeitnehmer seine Arbeit, zumindest zeitweise, von Zuhause aus. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich dabei der anglisierte Begriff des Homeoffice durchgesetzt. Dieser ist zu unterscheiden von der letzten Variante: Mobile Telearbeit. Dabei arbeitet der Arbeitnehmer zwar außerhalb der Betriebsstätte, allerdings nicht an einem festen Arbeitsplatz. Das sog. Mobile Office kann sich dabei in Zügen, Hotels oder ähnlichem befinden.

Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie versuchte man durch das Eindämmen von sozialen Kontakten Infektionsketten zu durchbrechen und somit niedrige Inzidenzwerte zu erreichen. Dabei sollten nicht nur private Kontakte eingeschränkt werden, denn auch im beruflichen Umfeld können Infektionen entstehen. Die pandemische Notlage wurde mit dem Infektionsschutzgesetz gesetzlich festgehalten. Mit dem Inkrafttreten der temporär geltenden Verordnung wurde Homeoffice in Deutschland verpflichtend. Demnach müssen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit bieten, Arbeitsleistung von Zuhause zu erbringen, wenn dem keine betriebsbedingten Gründe gegenüberstehen (vgl. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Deutscher Bundestag, 2000). Dabei steht es dem Arbeitnehmer nicht zu,
das Angebot abzulehnen, wenn er keinen triftigen Grund hat (vgl. Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen. Deutscher Bundestag, 2000). Mit der im Infektionsschutzgesetz verankerten Homeoffice-Pflicht war das Arbeiten von Zuhause im Zeitraum von Ende Januar bis voraussichtlich 20. März 2022 erstmals verpflichtend. Im Gegensatz zur Gesetzgebung in den Niederlanden war die Anordnung von Homeoffice nur durch den Arbeitgeber möglich.

2.1.2 Aktueller Stand / Statistiken in Deutschland

Der Begriff „Homeoffice“ erfuhr erst in den vergangenen Jahren an Popularität. Obwohl die technischen Voraussetzungen für Homeoffice bereits vor der Pandemie existent waren, kann die Pandemie als eine Art Auslöser für den Hype um mobiles Arbeiten gesehen werden.

Abbildung 1: Anteil der im Homeoffice beschäftigten in Deutschland vor und während der Corona-Pandemie 2020 und 2021

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hans-Böckler-Stiftung, 2021, online

Wie in Abbildung 1 dargestellt, kann ein sprunghafter Anstieg der Anzahl an Beschäftigten im Homeoffice beobachtet werden. Während vor der Pandemie lediglich vier % der Beschäftigten von Zuhause aus arbeiteten, stieg der Anteil bis 27%. Während des ersten Lockdowns im April arbeiteten somit über ein Viertel der Beschäftigten remote. Während der warmen

Monate flachte der Anteil ab, stieg jedoch wieder bis 24% in der Winterjahreszeit 2021. Vor allem in Großunternehmen ist ein hoher Anteil an Homeoffice möglich. Betrachtet man mögliche Potentiale, so lässt sich festhalten, dass 56% der Beschäftigten die Möglichkeit haben, zumindest zeitweise von Zuhause aus zu arbeiten (vgl. Jean-Victor Alipour, Oliver Falck, Simone Schüller, 2020).

Doch es ist wichtig zu betrachten, dass die Potentiale für Heimarbeit von Faktoren wie Unternehmensgröße, Branche, aber auch geographischem Standort bzw. der wirtschaftlichen Stärke von Regionen abhängen.

Abbildung 2: Regionales Homeoffice Potenzial

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Corona Datenplattform, 2021

In der Abbildung stehen dunkelblaue Regionen für geographische Standorte mit hohem Potenzial für Homeoffice, während hellblaue Regionen für niedrige Potenziale stehen. Dabei lässt sich aus Abbildung 2 8 entnehmen, dass ein sehr starker Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland herrscht. In Ballungsräumen wie Stuttgart oder Köln ist das Potenzial für Homeoffice deutlich über dem Durchschnitt, während im östlichen Teil des Landes niedrige Potentiale zu erkennen sind. Man kann der Karte ebenfalls entnehmen, dass Heimarbeit eher in städtischen Regionen möglich ist, während ländlichere Gebiete eher weniger von zu Hause arbeiten.

Des Weiteren lässt sich ein Zusammenhang aus Möglichkeit zum Homeoffice und Bildungsgrad bzw. Einkommen feststellen: Hochschulabsolventen haben demnach fast doppelt so oft die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten (vgl. Jean-Victor Alipour, Oliver Falck, Simone Schüller, 2020). Die Erklärung für diesen Zusammenhang ist, dass Homeoffice für Beschäftigte in operativer Tätigkeit betriebsbedingt schwieriger umsetzbar bzw. nicht möglich ist.

2.1.3 Technische Voraussetzungen

Ohne neue digitale Technologien und mobile Endgeräte wäre das ortsunabhängige Arbeiten nicht möglich. Durch den rasanten technischen Fortschritt in der IT-Branche können Computer oder Handys von jedermann genutzt werden. Um jedoch im Unternehmen einen reibungslosen Ablauf beim Erbringen der Arbeitsleistung zu garantieren, muss die technische Infrastruktur gegeben sein. Es ist also Aufgabe des Unternehmens, gewisse technische Voraussetzungen zu erfüllen, um Homeoffice möglich zu machen.

„Über Cloud-Systeme und VPN-Clients ist der Zugriff auf unternehmensinterne Daten via Notebook oder Smartphone von unterwegs jederzeit möglich“ (Hammermann, Andrea / Stettes, Oliver, 2015, S.6). Die Grundvoraussetzung für funktionierendes Arbeiten von Zuhause ist somit das Internet. Ohne Internetzugang können Daten nicht abgerufen werden und Kommunikation wäre nur mit dem Mobilfunk möglich. Mithilfe von VPN- Clients kann der Rechner im System des Unternehmens Daten abrufen, obwohl er sich physisch nicht im Unternehmen befindet und im Netzwerk eingeloggt ist. Moderne Cloudsysteme können Unmengen an Daten speichern und jederzeit abrufen. Der Datenserver des Unternehmens befindet sich zwar in der Betriebsstätte, mit VPN-Clients und dem Internet kann der Mitarbeiter trotzdem auf diese zugreifen (vgl. Institut für Angewandte Arbeitswissenschaft, 2020, S.17). Neben der digitalen Infrastruktur eines Unternehmens muss auch sichergestellt werden, dass Mitarbeiter über die nötige Ausstattung verfügen, um Homeoffice betreiben zu können. Zur Mindestausstattung gehört dabei die IT-Sicherheit, eine Definition von verbindlichen Standards an Datensicherheit sowie dem Bereitstellen von digitalen Endgeräten wie Laptops, Handys, Maus, Tastatur, Kamera sowie Monitor (vgl. Institut für Angewandte Arbeitswissenschaft, 2020, S. 18).

2.1.4 Allgemeine Vor- und Nachteile

Ein zentral zu erwähnender Vorteil von mobilem Arbeiten ist die damit einhergehende Flexibilität, welche in zweierlei Richtungen erhöht wird: Einerseits eröffnet sie die Möglichkeit, die Arbeitszeit für private Zwecke zu unterbrechen, andererseits ist auch das Erledigen von beruflichen Aufgaben in der privaten Zeit möglich. Homeoffice ist somit ein Personalmanagement-Tool, welches die Grenze von Arbeit und Privat als durchlässiger erscheinen lässt (vgl. Grunau, Phillip / Ruf, Kevin / Steffes, Susanne / Wolter, Stefanie, 2019, S.4). In diesem Kontext wird häufig die Verbesserung der Work-Life-Balance als Vorteil angepriesen. Des Weiteren erscheint ein Unternehmen für potenzielle Bewerber attraktiver, wenn die Möglichkeit für mobiles Arbeiten besteht. Wenn der Arbeitsplatz nicht bzw. kaum an einen geographischen Standort gebunden ist, so ist es nicht zwingend notwendig, dass sich der Wohnort des Mitarbeiters in unmittelbarer Nähe befindet. Der „Bewerber-Pool“ an potenziellen Fachkräften erweitert sich enorm. Auch die Fahrzeitersparnis ist angesichts steigender Sprit- und Energiepreise ein Vorteil zugunsten des mobilen Arbeitens. Ein grundlegender Nachteil von Homeoffice ist die Tatsache, dass nicht jede Berufsgruppe die Möglichkeit hat, im Homeoffice zu arbeiten. Während Produktionsarbeiter ihre Arbeitsleistung zwingend vor Ort erbringen müssen, können Beschäftigte in der IT-Branche aus dem Homeoffice arbeiten. Auch müssen stets notwendige technische Voraussetzungen erfüllt sein. Die Art der Tätigkeit und das Vorhandensein von technischer Infrastruktur haben somit einen großen Einfluss auf den Prozess der Entscheidungsfindung von Führungspersonen, wenn es um die Frage geht, ob bzw. inwieweit im Homeoffice gearbeitet werden kann. Ein weiterer Nachteil kann die o.g. Flexibilität bzw. Fusion aus beruflichem und privatem Umfeld sein, denn für Arbeitnehmer könnte es wichtig sein, dass eine Trennung aus beruflichem und privatem stattfindet. Auch der Aspekt des Datenschutzes ist ein Nachteil des Mobile Office, denn unternehmensinterne Daten befinden sich nicht mehr auf dem (sicherheitsgeschützten) Gelände des Unternehmens, sondern auf dem Heimarbeitsplatz, zu welchem auch externe Personen Zugang haben können.

2.2 Betrachtung diverser personalpolitischer Instrumente

2.2.1 Mitarbeiterführung

2.2.1.1 Begriffsdefinition und die Rolle von Motivation

Grundsätzlich wird der Begriff von Führung in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Zum einen handelt es sich um die Führung von gesamten Unternehmen (Mesosysteme), also um die strategische Ausrichtung oder Management-Entscheidungen, die Unternehmen ein langfristiges Zukunftsbild verleihen. Zum anderen wird der Begriff als „Führung der Mitarbeiter“ verstanden (Individualsysteme). Im Kontext dieses Kapitels werden Theorien und Aufgaben der Mitarbeiterführung behandelt.

Bevor der Begriff definiert wird, muss darauf hingewiesen werden, dass „Führung“ ein wertneutraler Begriff ist und es keine einheitliche Definition gibt. Mitarbeiterführung kann als „eine zielorientierte, wechselseitige Verhaltensbeeinflussung von Mitarbeitern, die dazu bewegt werden sollen, Ziele des Unternehmens zu verfolgen“ (Scherm & Süß, 2016, S. 183), definiert werden. Das Ziel von Führungspersonen ist also die positive Leistungsbeeinflussung der Mitarbeiter im Sinne der Unternehmensziele. Dabei herrscht allerdings stets eine Korrelation zwischen Führendem und Geführtem. Die Interaktion der beiden Akteure ist von verschiedenen Einflussfaktoren geprägt und es entstehen unterschiedliche Führungssituationen (vgl. Scherm & Süß, 2016, S.184). Die Führungsperson versucht das Verhalten des Mitarbeiters zu beeinflussen, doch auch der Mitarbeiter beeinflusst die Art der Führung und das Verhalten der Führungsperson. Daher wird in diversen Führungstheorien stets das Verhalten von Führendem sowie Geführtem beschrieben und analysiert.

Neben der Koordination und dem Kontrollieren der Arbeitsleistung stellen die Steigerung der Motivation mit Hilfe von Anreizen sowie der Ermöglichung von Bedürfnisbefriedigung die grundlegenden Aufgaben der Führung dar (vgl. Scherm & Süß, 2016, S.181). Das Wort „Motivation“ stammt aus dem lateinischen und bedeutet „Bewegung“. „Motivation ist die Aktivierung eines Prozesses, welcher durch das Motiv ausgelöst wurde (Träger, 2021, S.134). Der Begriff des Motives stammt ebenfalls aus dem lateinischen und bedeutet „Anlass“ oder „Beweggrund“.

Im Folgenden werden theoretische Grundlagen zur Motivation erläutert. Es wird unterschieden zwischen zwei Arten von Motivation. Bei der extrinsischen Motivation handelt es sich um äußere Reize wie Belohnungen oder Bestrafungen, bei der intrinsischen Motivation entsteht die Intention des Mitarbeiters aus ihm selbst heraus, beispielsweise das Verantwortungsbewusstsein oder die Entscheidungsfreiheit (vgl. Träger, 2021, S.134). Allerdings handelt jeder Mensch aus unterschiedlichen Motiven und Anreize wirken von Person zu Person unterschiedlich. Während bei vielen Mitarbeitern die Entlohnung der wichtigste Anreiz für Arbeitsmotivation ist, gibt es auch Mitarbeiter, die eher nach Macht bzw. Einfluss im Unternehmen streben. Es gibt eine Vielzahl an Inhaltstheorien, welche sich mit der Frage auseinandersetzen, wie Motivation beim Mitarbeiter entsteht und welche Anreize dafür verantwortlich sind. Bei der populären Bedürfnispyramide nach Maslow werden diese mit Hilfe einer Pyramide zusätzlich in Rangordnung bzw. hierarchisch dargestellt.

Abbildung 3: Bedürfnispyramide nach Maslow

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die ersten drei Stufen werden als Defizitbedürfnisse bezeichnet. Ein körperliches Bedürfnis ist beispielsweise Hunger oder der Sexualtrieb des Menschen. Gilt dieser als gestillt, so strebt der Mensch nach Sicherheit bzw. nach dem Ausbleiben von Angst. Gilt auch dieses Bedürfnis als befriedigt, so versucht man Anschluss in sozialen Gruppen zu finden. Die zwei obersten Stufen werden als Wachstumsbedürfnisse gekennzeichnet. Bevor der Mensch nach Selbstverwirklichung strebt, sind Bedürfnisse wie Respekt oder Kompetenz wichtig für ihn. „Eine wichtige Annahme der Theorie sind die Stufen und der hierarchische Aufbau: Erst wenn die untere Bedürfnisklasse befriedigt ist, kann jeweils die nächste obere Bedürfnisklasse aktiviert werden (vgl. Becker, 2018, S.29). Diese Annahme lässt jedoch außer Acht, dass man beispielsweise den Sozialkontakt sucht, obwohl man durstig ist. Die strickte Abgrenzung in Stufen wird eher als alltagsuntauglich gesehen. Trotzdem kann die Theorie nach Maslow dazu verwendet werden, um Potenziale für Mitarbeitermotivation im Unternehmen ausfindig zu machen. Daher hat sie sich in der Praxis erfolgreich verbreiten können (vgl. Becker, 2018, S.29).

Eine weitere, weit verbreitete, Inhaltstheorie zur Motivation ist die Zwei- Faktoren-Theorie nach Herzberg. Wie der Name der Theorie bereits verrät, unterscheidet diese Inhaltstheorie zwischen zwei Faktoren, welche zu Motivation bzw. in diesem Falle Zufriedenheit führen können. Die sog.

Hygienefaktoren sind Faktoren, welche auf die Rahmenbedingungen im Unternehmen bezogen sind (vgl. Träger, 2021, S.138). Beispielsweise führen gute Arbeitsbedingungen sowie ein angemessenes Entgelt zu erhöhter Mitarbeitermotivation. Ein Zusammenspiel mit den sog. Motivatoren führt der Theorie nach zur Auslösung von Zufriedenheit. Motivatoren sind Faktoren, die sich auf den Inhalt der Arbeit beziehen (vgl. Träger, 2021, S.138). Dazu zählt beispielsweise die Möglichkeit zum Aufstieg im Unternehmen oder das Tragen von Verantwortung. Hat ein Mitarbeiter zwar ein hohes Einkommen, allerdings kaum Verantwortung und Aufstiegsmöglichkeiten, wirkt sich dies negativ auf die Motivation aus. Auch der umgekehrte Fall hat dies zur Folge: Ein hohes Einkommen führt nicht zwangsläufig zu hoher Motivation. Gibt es für den Mitarbeiter keinerlei Aussicht auf Aufstieg oder Anerkennung im Unternehmen, so sinkt die Motivation. Erhöhte Mitarbeitermotivation führt nicht nur zu einer Leistungssteigerung, sondern auch zu besserer Mitarbeiterbindung sowie Akquisition.

2.2.1.2 Führungstheorien

Der Führungsbegriff ist heterogen und es gibt bis heute keine klar von der Wissenschaft als gültig erklärte Theorie zur Führung von Mitarbeitern. Im Folgenden sollen diverse Führungsansätze beschrieben werden, um den theoretischen Hintergrund bei der Interaktion zwischen Führendem und Geführtem zu erläutern. „Führungstheorien sind theoretische Ansätze zur Erklärung von Führung mit dem Ziel der Beeinflussung des Mitarbeiterverhaltens“ (Scherm & Süß, 2016, S.142). Dabei wird differenziert zwischen sog. Eigenschaftstheorien, Verhaltenstheorien sowie Situationstheorien. Es erfolgt daraufhin eine weitere Differenzierung in drei Dimensionen der Forschung.

Die Eigenschaftstheorie ist die traditionellste Theorie, da sie davon ausgeht, dass die Eigenschaften der Führungsperson maßgeblich für den Führungserfolg sind. Bis in die 1940er Jahre war dies die zentrale Auffassung von Führung. Der Führende muss bestimmte Charaktereigenschaften besitzen, um überhaupt in der Lage zu sein, Einfluss auf den zu Führenden zu haben. Besonders bekannt ist in diesem Zusammenhang die Theorie des „Great Man“ (Great-Man-Theorie). Nach diesem Forschungsansatz haben Führungspersonen angeborene Charaktereigenschaften, die nicht jedermann besitzen kann. Dreh- und Angelpunkt dieser Theorie ist also die Frage, welche Charaktereigenschaften ein erfolgreicher Führer im Gegensatz zu einem erfolgslosen Führer besitzt (vgl. Lippold, 2021b, S.21). Ralph Stogdill stellte in einer Übersichtsarbeit im Jahre 1974 eine Reihe an Eigenschaften dar, welche in bestimmten Führungssituationen die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg erhöhen würden. Dazu zählen: das Streben nach Verantwortung; Ehrgeiz und Beharrlichkeit bei der Zielerreichung; Risikobereitschaft und Originalität bei der Lösung von Problemen; Initiative und Zugehen auf andere; Selbstvertrauen und Selbsterkenntnis; Bereitschaft, Konsequenzen zu tragen; Stresstoleranzen; Frustrationstoleranz; die Fähigkeit, andere Menschen zu beeinflussen; die Fähigkeit, soziale Strukturen zu schaffen (vgl. Stippler et al., S.17). Diese eindimensionale Führungstheorie greift allerdings zu kurz. Natürlich ist es von Vorteil, wenn die Führungsperson über positive Charaktereigenschaften verfügt und es ist sicherlich nicht jede Person in der Lage, erfolgreich Teams zu führen. Allerdings ist es schwierig, sich auf eindeutige Charaktereigenschaften zu einigen. Außerdem fehlt in dieser Theorie der situative Aspekt von erfolgreicher Führung. Das Verhalten des Geführten wird außer Acht gelassen und die Interaktion zwischen beiden Akteuren wird nicht analysiert.

In der Verhaltenstheorie (verhaltenstheoretischer Ansatz) ist nicht der Charakter der führenden Person ausschlaggebend für Führungserfolg, sondern dessen Verhalten in bestimmten Situationen. Dieser Führungsansatz ist eng verbunden mit den verschiedenen Führungsstilen, welche das konstante Verhalten der Führungsperson gegenüber den Mitarbeitern beschreibt (Wagner, 2020, S.569). Eine Übersicht der klassischen Führungsstile erfolgt im darauffolgenden Gliederungspunkt. Durch diese neue theoretische Auffassung der Führung kam man zu der Erkenntnis, dass Führungsverhalten erlernbar ist und dem Führenden diese Kompetenz nicht durch seinen Charakter gegeben ist. Untersucht man also bestimmte Verhaltensweisen, welche in verschiedensten Situationen zu Führungserfolg führen, können Managementtrainings entwickelt werden, welche zukünftige Führungskräfte dazu schulen, ihre Führungstätigkeit auf den erfolgreich postulierten normativen Führungsstil auszurichten (vgl. Becker, 2013, S.350).

In diesem Zusammenhang war der Ohio-Leadership-Quadrant prägend für die Forschung im Bereich Führungstheorien. In dieser Theorie werden zwei Grunddimensionen der Führung definiert: Leistungs- bzw. Aufgabenorientierung (Initiating Structure) und Mitarbeiter bzw. Beziehungsorientierung (Consideration). Die genannten Dimensionen werden dabei nicht als gegensätzlich betrachtet, sondern können gemeinsam harmonieren. Die Folge daraus ist ein Verhalten der Führungsperson, welches sowohl leistungsorientiert als auch beziehungsorientiert zu gleich sein kann (vgl. Lippold, 2021a, S.34). Legt man diese Dimensionen einem Koordinatensystem zugrunde, so entstehen vier Quadranten, welche verschiedene Führungsstile beschreiben. Verhält sich eine Führungskraft nicht beziehungsorientiert, dafür aber leistungsorientiert, so handelt es sich um einen autoritären Führungsstil. Ist die Führung beziehungsorientiert ausgerichtet und gleichzeitig nicht leistungsorientiert, handelt es sich um einen bürokratischen Führungsstil.

Situative Führungsansätze nehmen es sich zur Aufgabe, Kritikpunkte eigenschafts- und verhaltensorientierter Ansätze zu überwinden. Mittelpunkt dieser Forschungstheorie ist die Annahme, dass in unterschiedlichen Situationen jeweils ein anderer Führungsstil zum größtmöglichen Führungserfolg führt. Die Führungsperson fungiert dabei als eine Art Chamäleon, welches sich den Situationen anpasst und seine Führungstätigkeiten den erforderten Bedingungen angleicht (vgl. Becker, 2013, S.360).

Die Kontingenztheorie nach Fiedler beschreibt ein situationstheoretisches Modell, welches das Ziel verfolgt, eine optimale Ergänzung aus Führungsperson und ihrer optimalen Führungssituation zu finden. Im Mittelpunkt der Theorie stehen die drei Kernvariablen Führungsstil, Führungserfolg und Führungssituation (vgl. Lippold, 2021b, S.37). Für die Bestimmung des Führungsstils der FK nutzt Fiedler eine Messskala, welche in Fiedlers „Leader Match Konzept“ erläutert wird (vgl. Stippler et al., 2010, S.9). Der sog. Least Preferred-Coworker-Wert (LPC-Wert) wird mit Hilfe einer Skala ermittelt. Die sich gegenüberliegenden Pole „Aufgabenorientierung“ und „Beziehungsorientierung“ befinden sich an den Endpunkten der Skala, die gesamte Skala umfasst 18 Gegenpaare (vgl. Stippler et al., 2010, S.10). Ziel der Theorie ist das Vorhersagen von Führungserfolg in unterschiedlichen Situationen. In einem Kontinuum der situativen Günstigkeit (favorability) werden die Variablen „leader-member- relations“, „task structure“ sowie „position power“ herangezogen. Dabei wirkt sich die Führender-Geführter-Beziehung am stärksten auf die Günstigkeit einer Situation aus, die Autorität der FK am geringsten (vgl. Stippler et al., 2010, S.10f).

2.2.1.3 Übersicht klassischer Führungsstile anhand von Führungskontinua

Ein Führungsstil kann als typische Art und Weise des Umgangs eines Vorgesetzten gegenüber seinen Mitarbeitern beschrieben werden. Damit sind sie als zeitlich überdauernde und wiederkehrende Muster zu begreifen, die situativ und konsistent sind (Maier, Prof. Dr. Günter W., 2018, online). Allerdings gibt es nicht einen spezifischen Führungsstil: viel mehr ist es, wie bereits im situationsabhängigen Ansatz beschrieben, abhängig von den Begebenheiten, wie man das Führungsverhalten optimal gestaltet. Es gibt eine Reihe an verschiedenen Führungsstilen, welche das Verhalten von Leadern beschreiben. Der Psychologe Kurt Lewin entwickelte hierbei die zwei komplementären Stile der Führung: autoritär und demokratisch. In der folgenden Kontinuums-Theorie bilden Kurt Lewins gegensätzliche Führungsstile die extremen Pole der Führung.

Die Kontinuums-Theorie nach Tannenbaum und Schmidt geht von beobachtbarem Führungsverhalten aus, welches in einem bipolaren Kontinuum mit sieben Verhaltensklassen nach dem Ausmaß der Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter eingeordnet wird (vgl. Becker, 2013, S.353).

Abbildung 4: Kontinuums-Theorie nach Tannenbaum und Schmidt

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Eigene Abbildung in Anlehnung an Becker (2013): S.353. Beim autoritären Führungsstil trifft der Vorgesetzte allein Entscheidungen, außerdem wird auch die Ausführung von Aufgaben kontrolliert. Der patriarchische Führungsstil ähnelt dem autoritären Führungsstil, unterscheidet sich aber in dem Punkt, dass der Führende seine Mitarbeiter auch von den Entscheidungen überzeugen möchte. Charakteristisch für den beratenden Führungsstil ist, dass die Führungsperson zwar Entscheidungen trifft, allerdings Fragen der Mitarbeiter zulässt und fordert, um deren Akzeptanz zu gewinnen. Der konsultative Stil erlaubt den Mitarbeitern Meinungsäußerungen zu tätigen, bevor der Entscheidungsprozess endet. Beim partizipativen Führungsstil werden Anregungen und Ideen der Mitarbeiter gesammelt, die letzte Entscheidung trifft trotzdem der Vorgesetzte. Der delegative Führungsstil verfolgt den Ansatz, Gruppen Entscheidungen treffen zu lassen. Im Vorhinein gibt die Führungsperson allerdings das Problem bekannt und grenzt den Spielraum der Entscheidungen ein. Den größten Entscheidungsspielraum besitzt die Gruppe beim kooperativen Stil: Der Vorgesetzte ist in diesem Fall lediglich ein Koordinator beim Entscheidungsprozess (vgl. Hintz & Graevenstein, 2020, S.26f). Zu beobachten ist ein Trend, der Mitarbeitern immer größere Verantwortungen überträgt. Selbstlernende Organisationen und hybride Arbeitsmodelle, die auf Vertrauen beruhen, finden in vielen Unternehmen Anwendung. Die Art der Führung verschiebt sich innerhalb des Führungskontinuums zunehmend in Richtung demokratischer Führung.

2.2.1.4 Theoretische Grundlagen interkultureller Führung

Führung von Mitarbeitern im interkulturellen Kontext birgt zusätzliche Herausforderungen und Konfliktpotenzial. Interkulturelle Führungssituationen entstehen, wenn sich Führungsverantwortliche und Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen begegnen (vgl. Rump & Eilers, 2019, S.80). Das Verständnis von Mitarbeiterführung wird von Kultur zu Kultur unterschiedlich aufgefasst und bestimmte Stile der Führung werden beispielsweise in Europa häufiger praktiziert als in Asien. Im Folgenden werden die theoretischen Grundlagen der Kulturdimensionen nach Geert Hofstede erläutert. Im Anschluss erfolgt ein Vergleich der Werte zwischen China und Deutschland.

Die Idee hinter dem weit verbreiteten Schema der Kulturdimensionen nach Geert Hofstede ist, nationale Kulturen mit Hilfe von kulturellen Dimensionen zu messen. Dabei geht es darum, nationale Kulturen anhand von „Fragestellungen, denen alle Individuen weltweit gegenüberstehen, für die sie aber unterschiedliche Lösungen wählen, zu messen“ (Engelen & Tholen, 2014, S.31). Die Machtdistanz wirft die Frage auf, inwieweit eine Kultur die Ungleichheit der Macht akzeptiert und wird in PDI angegeben. Die Dimension Individualismus vs. Kollektivismus gibt an, ob in einer Kultur eher das Ich-Gefühl oder das Wir-Gefühl verbreitet ist (IDV).

[...]

Fin de l'extrait de 93 pages

Résumé des informations

Titre
Digitale Transformation der Arbeitswelt. Auswirkungen von Homeoffice auf Führung und Unternehmenskultur
Université
Heilbronn University
Note
1,7
Auteur
Année
2022
Pages
93
N° de catalogue
V1189855
ISBN (ebook)
9783346623638
ISBN (Livre)
9783346623645
Langue
allemand
Mots clés
digitale, transformation, arbeitswelt, auswirkungen, homeoffice, führung, unternehmenskultur, culture hacks, Distanz, Vertrauen, Kompetenzprofil, Wirtschaft, digitalisierung, Heimarbeit, Interview, Meetings, Grundlagen
Citation du texte
Fabian Göddert (Auteur), 2022, Digitale Transformation der Arbeitswelt. Auswirkungen von Homeoffice auf Führung und Unternehmenskultur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1189855

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