Der 1923 in Fürth geborene und 1954 an der Harvard University promovierte
Politikwissenschaftler Henry A. Kissinger gilt als einer der bedeutendsten Außenminister der
Vereinigten Staaten von Amerika. Möchte man seine Außenpolitik bewerten, ist es notwendig
sich die Veränderungen der auswärtigen Beziehungen gegen Ende der 1960er Jahre vor
Augen zu führen. Das Internationale System transformierte sich zu einem desintegrierten
Netzwerk bi-, multi- und transnationaler Beziehungen, welches den USA die Grenzen des
eigenen außenpolitischen Engagements aufgezeigte. Kissingers Aufgabe als Nationaler
Sicherheitsberater unter Präsident Richard M. Nixon (1969-1974) und anschließend während
der Watergate-Affäre und als Außenminister unter Nixons Nachfolger Gerald R. Ford (1974-
1977) war es, diese Grenzen zu erkennen sowie die amerikanische Außenpolitik als
Realpolitik neu zu definieren und auszurichten.
Der im Folgenden verwendete Begriff der Realpolitik meint eine (Außen)Politik, welche die
tatsächlich gegebenen Umstände, Chancen und Risiken innerhalb eines bestimmten Bereichs
betrachtet und anhand einer sachlichen, neutralen Analyse, frei von ideologischem oder
sonstigem wertorientierten Denken, Entscheidungen trifft.
Kissingers Realpolitik basierte dabei auf einem System aus Ordnung und Sicherheit. Erstmals
seit dem Zweiten Weltkrieg entwickelte diesbezüglich ein amerikanischer Politiker mit
überragendem akademischem Ruf ein pragmatisch-realistisches Verständnis von
Außenpolitik. Kissinger löste sich weitestgehend von dem festen Freund-Feind-Schema
seiner Vorgänger und setzte an den Anfang jeder großen Unternehmung eine klare Ziel-
Mittel-Bestimmung. Die sogenannte Balance- oder Gleichgewichtspolitik eröffnete die Chance zu großen außenpolitischen Erfolgen und war zugleich Grundlage für die moralischen
Verfehlungen Kissingers außenpolitischer Entscheidungen.
Der Harvard-Professor konnte Ende der 1960er Jahre auf umfangreiche theoretische
Kenntnisse, jedoch kaum auf außenpolitische Erfahrungen zurückgreifen. Seine
Geheimdiplomatie war geprägt von wenig Abstimmung mit supranationalen Institutionen und
beendete den Internationalismus der Nachkriegszeit.
Inhaltsverzeichnis
- Die Realpolitik der Kissinger-Ära: Pragmatismus und moralische Verwerfung
- Einleitung
- Die Realpolitik der Kissinger-Ära
- Innen- und außenpolitische Umstände
- Großmachtpolitik
- Südostasien
- Naher Osten
- Europa
- Lateinamerika
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Außenpolitik der Kissinger-Ära und untersucht, inwiefern sie sich durch einen pragmatischen, realpolitischen Ansatz auszeichnete, der gleichzeitig mit moralischen Verwerfungen einherging. Die Arbeit beleuchtet die innen- und außenpolitischen Umstände, die Kissingers Realpolitik prägten, sowie seine Strategien in verschiedenen Regionen der Welt, insbesondere im Kontext der Entspannungspolitik (Détente) gegenüber der Sowjetunion und China.
- Die Realpolitik der Kissinger-Ära im Kontext der innen- und außenpolitischen Umstände der späten 1960er und frühen 1970er Jahre.
- Kissingers pragmatische und realistische Herangehensweise an Außenpolitik.
- Die Rolle der Détente in der Kissinger-Ära und deren Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den USA, der Sowjetunion und China.
- Die Anwendung von Machtpolitik und der Einsatz von „moralisch verwerflichen“ Methoden in Kissingers Außenpolitik.
- Die Kritik an Kissingers Realpolitik und deren Auswirkungen auf die amerikanische Gesellschaft.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Kissinger-Ära ein und stellt die zentralen Fragen der Arbeit dar. Sie beleuchtet die Bedeutung von Henry A. Kissinger als Außenminister und die Veränderungen im internationalen System gegen Ende der 1960er Jahre. Das Kapitel „Die Realpolitik der Kissinger-Ära“ untersucht die innen- und außenpolitischen Umstände, die Kissingers Realpolitik prägten, und analysiert seine außenpolitischen Strategien in verschiedenen Regionen der Welt, darunter Südostasien, der Nahe Osten, Europa und Lateinamerika. Der Fokus liegt dabei auf der Détente und deren Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen den USA, der Sowjetunion und China. Das Fazit fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und diskutiert die Bedeutung von Kissingers Realpolitik für die amerikanische Außenpolitik.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Begriffen der Realpolitik, Détente, Machtpolitik, moralische Verwerfungen, Pragmatismus, innen- und außenpolitische Umstände, Vietnamkrieg, Watergate-Affäre, sowie der Rolle der USA, der Sowjetunion und Chinas im internationalen System.
- Quote paper
- Renard Teipelke (Author), 2008, Die Realpolitik der Kissinger-Ära, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/118991