Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlagen des Change-Prozesses
2.1 Definition
2.2 Emotionen im Change-Prozess
3. Change Communication
3.1 Definition
3.2 Erfolgsfaktoren der Change Kommunikation
3.3 Aufgaben der Change Kommunikation
3.4 Mit Methoden und Medien Emotionen im Change-Prozess managen
3.4.1 Mit Informationen Fakten schaffen
3.4.2 In Diskussionen Dampf rauslassen
3.4.3 Partizipation schafft Schwung nach oben
3.4.4 Verstärkung des Erreichten ermöglicht Stabilität
3.5 Grenzen der Change Communication
4. Fazit
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Change is about changing people, not organisations.“ (Julia Balogun, 2001)
Ob Reorganisation, Prozessoptimierung, Outsourcing, Fusion oder Verkauf des Unternehmens - alle Change Prozesse haben zwei Dinge gemeinsam: 1. In der heutigen Arbeitswelt passieren sie in kürzeren Abständen, als es noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war. Wandel gehört heute zum Alltagsgeschäft der Organisationen. 2. Das Risiko des Scheiterns ist groß. 50 % aller ChangeManagement-Prozesse werden für gescheitert erklärt, jeder fünfte wird schlecht umgesetzt und nur 38 % der Mitarbeiter1 fühlen sich gut eingebunden. (vgl. Mutaree, 2018, S. 42) Warum ist das so? Bevorstehende Veränderungsprozesse können Gefühle wie Unsicherheit, Angst, Verleugnung bis hin zu Widerstand auslösen. Werden die Menschen mit ihren Gefühlen und Bedürfnissen im Change-Prozess nicht ernst genommen, steigt das Risiko des Scheiterns. Kommunikation spielt dabei eine entscheidende Rolle. 80 % aller Veränderungsprozesse scheitern an einer mangelnden oder schlechten Kommunikation. (vgl. Schick, 2010, S. 9)
Die vorliegende Arbeit fragt danach, was Kommunikation im Change-Prozess - auch Change Kommunikation genannt - leisten kann. Im Fokus stehen die Emotionen, die das Befinden der Stakeholder bestimmen. Ziel der Arbeit ist es zu zeigen, an welchen Stellschrauben eine erfolgreiche Change Kommunikation ansetzen und mit welchen Mitteln sie den Wandel positiv gestalten kann.
Im ersten Abschnitt liegt der Fokus auf den Grundlagen des Change-Prozesses. Zunächst erfolgt eine Definition des Begriffs, bevor die Rolle der Emotionen im Veränderungsprozess näher betrachtet wird. Change Kommunikation ist Inhalt des darauffolgenden Kapitels. Nach der Definition des Begriffes werden ihr Erfolgsfaktoren vorgestellt. Sie lassen sich in strategische und operative Faktoren unterteilen. Zusätzlich ist es notwendig, die Aufgaben der Change Kommunikation zu benennen, um im weiteren Schritt Beispiele für konkrete Methoden und Medien zu erläutern, die es ermöglichen, Emotionen im Veränderungsprozess zu managen. Zum Gesamtbild der Möglichkeiten einer Change Kommunikationen gehört auch die Darstellung ihrer Grenzen. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung der Erkenntnisse im Fazit ab.
2. Grundlagen des Change-Prozesses
Im folgenden Abschnitt werden die Begriffe Change-Prozess und ChangeManagement definiert sowie die Rolle der Emotionen im Veränderungsprozess erläutert.
2.1 Definition
Ein Change-Prozess oder Veränderungsprozess kann verschiedene Formen annehmen. Geht es darum, Abläufe zu verändern, um Kosten zu sparen, schneller zu produzieren, effizienter und harmonischer zusammenzuarbeiten, geschieht der Change-Prozess auf der organisationsinternen Ebene. Megatrends wie die Digitalisierung, der Fachkräftemangel oder der Klimaschutz, aber auch Krisen die aktuell kursierende Corona-Pandemie, sind externe Faktoren, die Unternehmen zur Veränderung bzw. Anpassung drängen, um am Markt bestehen zu können. (vgl. Deutinger, 2017, S. XIV sowie Krämer / Pfitzenmeyer, 2020) Somit sind Unternehmen sowohl Akteure als auch Betroffene des Wandels. (vgl. Mast, 2020, 425f.)
Darüber hinaus unterscheiden sich Change-Prozesse hinsichtlich ihrer Intensität. Niedrige Intensität haben solche Veränderungen, die in Teilbereichen oder einzelnen Teams vorangetrieben werden. Sind jedoch nicht nur ein Teil, sondern die gesamte Belegschaft betroffen, steigt die Intensität. Diese langfristigen Veränderungen zielen darauf ab, die kognitive Dimension, also die Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitarbeiter zu verändern. Change-Prozesse mit hoher Intensität berühren neben der kognitiven auch die emotionale Dimension der Mitarbeiter, indem sie starke Gefühle wie Angst und Widerstände erzeugen können. (vgl. Deutinger, 2017, XIVff.) Geht es um die Planung, Initiierung, Realisierung, Reflexion und Stabilisierung eines Change-Prozesses, handelt es sich um das Change-Management. (vgl. Kostka / Mönch, 2009, S. 9)
Um zu erklären, wie Change-Prozesse verlaufen, haben Wissenschaftler unterschiedliche Modelle entwickelt. Die seit Jahrzehnten am häufigsten rezipierten Modelle sind das „3-Phasen-Modell“ von Kurt Lewin (1947) und das „8-Stufen-Modell“ von John Kotter (1995). Diese Modelle wurden aufgrund ihres statischen Ablaufs kritisiert. Weiterhin würden viele Change-Prozesse scheitern, weil diese Modelle die Emotionen und die Betroffenen zu wenig berücksichtigen würden. Die vorliegende Arbeit schließt sich dieser Kritik an und fokussiert deshalb im nächsten Schritt den Verlauf der Emotionen im Veränderungsprozess.
2.2 Emotionen im Change-Prozess
Karl Wimmer (2001) postuliert: „Es gibt keinen Wandel ohne Emotionen“. Emotionen im Change Prozess zu beachten, ist notwendig, weil sie es sind, die Menschen in Bewegung setzen. Starke Gefühle sind nicht zwingend schlecht für einen Change-Prozess. Entscheidend ist, welches Vorzeichen die Gefühle haben -also ob sie positiv/angenehm oder negativ/unangenehmsind.Sind sie positiv, sind die Menschen dazu bereit den Change-Prozess mitzugehen; bei negativem Vorzeichen reagieren sie mit Ablehnung bis hin zu Widerstand. (vgl. Mast, 2020, S. 428) Da es das Ziel des Change-Prozesses ist es, Veränderungen in den Einstellungen und im Verhalten der Mitarbeiter zu bewirken, bremsen negative Gefühle den Wandel aus oder lassen ihn gar scheitern.
Gefühle im Wandelniedrig halten zu wollen, führt zu negativen Konsequenzen bis hin zum Scheitern des Prozesses. Werden starke Gefühle hingegen zugelassen und ernstgenommen, wirken entwickelte Lösungskonzepte auf die Betroffenen realitätsnah, wodurch Vertrauen und Commitment entstehen und eine erfolgreicheUmsetzung wahrscheinlicher wird. (vgl.Wimmer, 2001, S. 4)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Mögliche emotionale Verarbeitungskette von Veränderung In Anlehnung an Wimmer, 2001, S. 5 und Deutinger, 2017, S. 50
Wimmer macht acht Phasen aus, die ein System im Veränderungsprozess durchläuft(siehe Abbildung 1). Die erste Phase „Stabilität“ ist bei den Mitarbeitern verbunden mit dem Gefühl der Zufriedenheit. In der zweiten Phase bahnt sich der Wandel an; die Menschen spüren, dass „etwas im Busch“ ist. „Vorahnungen, Sorgen, Ängste“ lassen es zu, dass Gerüchte kursieren und Unsicherheit entsteht. Die nächste Phase ist geprägt durch „Schock, Verleugnung“. Die Mitarbeiter gehen davon aus, dass der Wandel nicht so schlimm werden wird. Mit „Abwehr, Wut, Ärger“ versuchen Mitarbeiter in der vierten Phase das Alte bzw. Bewährte zu schützen. Wird deutlich, das Gegenwehr zwecklos ist und der nichtsdestotrotz Veränderungsprozess vorangetrieben wird, fügen sie sich in der fünften Phasen „Frustration, Depression“ dem Unvermeidlichen und werden passiv. In der sechsten Phase „Trauer, Abschied“ löst sich die Belegschaft von dem Alten und akzeptiert den Wandel. Nach dem Abschied öffnet sie sich dem Neuen und gleitet in die siebte Phase „Öffnung, Neuorientierung“ über. In der letzten Phase wird wieder Stabilität hergestellt. Der Prozess der inneren Verarbeitung ist abgeschlossen und Vertrauen wieder hergestellt. (vgl. ebd. S. 5ff.)
Obwohl Änderungsprozesse nicht exakt diese Emotionskette durchlaufen, ist es wichtig, dass sich „die Veränderungsverantwortlichen am Puls des emotionalen Geschehens sind und quasi mitschwingen, aber gleichzeitig die nötige reflexive Distanz wahren können.“ (Wimmer, 2001, S. 7) Es gilt das Credo: „Mit dem Widerstand, nicht gegen ihn gehen.“ (Doppler und Lauterburg 2002)
3. Change Communication
Zunächst wird der Begriff Change Kommunikation definiert und im Anschluss ihre Erfolgsfaktoren und Aufgaben vorgestellt. Darüber hinaus werden für die berufliche Praxis Methoden und Medien benannt, mit denen sich erfolgreich Emotionen im Veränderungsprozess managen lassen.
3.1 Definition
Change Kommunikation wird definiert als ein sozialer Prozess, der die Voraussetzungen, Ziele und Inhalte des Change-Prozesses in den Mittelpunkt stellt. (vgl. Ebert-Steinhübel, 2013, S.3) Das Ziel ist die Vermittlung des gemeinsamen neuen Verständnisses der Organisation. (vgl. Ebert-Steinhübel, 2013, S. 3) Deutinger betont die Rolle der Kommunikation im Change-Prozess:
„Kein Change wird je Erfolg haben, wenn nicht eine kommunikativ geplante, organisierte und bedürfnisgerechte Kommunikation zu den Betroffenen und Beteiligten aufgebaut ist.“ (Deutinger, 2016, In: Deutinger, 2017, S. 3)
Veränderungskommunikation richtet sich einerseits an interne Empfänger, also alle Mitarbeiter und Führungskräfte. Andererseits ist auch die Umwelt der Organisation daran interessiert, Informationen über den Change-Prozess zu erhalten. Somit bezieht die Change Kommunikation auch externe Stakeholder wie zum Beispiel Kunden, Banken, Wettbewerber oder Politik mit ein. (vgl. ebd. S. 8f.)
3.2 Erfolgsfaktoren der Change Kommunikation
Zu unterscheiden sind solche Erfolgsfaktoren, die bei der strategischen Entwicklung des Kommunikationskonzepts zu berücksichtigen sind und solche die bei der operativen Umsetzung der Kommunikation positive Wirkung zeigen.
Mast nennt drei Dimensionen, die die Grundanforderungen der Change Kommunikation darstellen (siehe Abbildung 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Erfolgsfaktoren der Change Kommunikation (Mast, 2020, S. 432)
Die Kommunikationsstrategie sollte sich an den Interessen der Stakeholder orientieren. Grundlage dafür ist eine Analyse dieser Personengruppe. Aus der Identifizierung und Charakterisierung lässt sich ableiten, wie die Kommunikation die unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen bedienen sollte. (vgl. Kaune / Wagner, 2016, S. 34) Ein strategisches Kommunikationskonzept ist heute nicht mehr linear zu denken. Vielmehr basieren die Überlegungen „auf einem flexiblen, dialogorientierten Management von Beziehungen. Sie suchen systematisch nach Chancen, die sich im Verlauf der Change-Prozesse ergeben, und nutzen sie.“ (Mast, 2020, S. 433)
Die zweite Grundanforderung verbindet Change Kommunikation mit der Unternehmenspolitik. Lips spricht an der Stelle von notwendiger „Kongruenz“, die Kommunikation schaffen sollte. Das Ziel muss es sein, die verschiedenen Unternehmensfaktoren wie Systeme, Kommunikation, Personen und Kultur, mit dem Veränderungsprozess in Einklang zu bringen. (vgl. Lips, 2012, S. 270) Stimmen die Aussagen der Kommunikatoren hingegen nicht überein, löst das widersprüchliche Gefühle aus. (vgl. Kaune / Wagner, 2016, S. 35)
„Führungskräfte und Multiplikatoren agieren als Kommunikatoren“ lautet die dritte Dimension der Erfolgsfaktoren. Change Kommunikation und Change Leadership sind für Mast eng miteinander verbunden. Führungskräften und Multiplikatoren kommt eine Schlüsselrolle zu, denn:
„(...) sie haben die unverzichtbare Funktion der Interpretation und Transformation von Visionen, Zielen und Vorgaben in die Welt der Mitarbeiter sowie die Aufgabe, eventuelle Widersprüche zwischen den geforderten Veränderungen und der Realität an den Arbeitsplätzen zu beseitigen oder zumindest zu erklären“ (Mast, 2020, S. 434)
Geht es darum, Verhaltensänderungen herbei zu führen, spielen Führungskräfte eine entscheidende Rolle. Ihr Einfluss wird auf 61 % beziffert. Im Vergleich: Der Einfluss von formalen Medien der Kommunikation (zum Beispiel Newsletter, Intranet) liegt bei 7 %. (vgl. Quirke, 2008. In Deutinger, 2017, S. 31)
Für eine erfolgreiche Umsetzung der Change Kommunikation auf der operativen Ebene sprechen Gerg und Trinczek fünf Empfehlungen aus: 1. Kommunikation im Change-Prozess stellt gezielt und systematisch Redundanz her. Das Ziel des Wandels sollte so oft wie möglich kommuniziert werden. 2. Für Gerg und Trinczek ist Face-to-Face-Kommunikation ein unabdingbares Mittel, um eine gemeinsame Sprache und Deutung der neuen Bedingungen und Umstände zu entwickeln. Steigt die Intensität des Veränderungsprozesses sollte auch die Face-to-Face- Kommunikation intensiver eingesetzt werden. 3. „Es ist unmöglich, sein Verhalten neu zu orientieren, ohne die Sprache neu auszurichten.“ (Gerg / Trinczek, 2005, S. 54) Begriffe und Symbole sollten in der Change Kommunikation sorgsam eingesetzt werden. Denn mit ihnen wird das Neue vermittelt und organisiert. In Metaphern sehen Gerg und Trinczek die Chance, die neue Sprache zu veranschaulichen. 4. „Bad news are better than no news“ - ein Schweigen der Führungsebene im Veränderungsprozess kann negative Auswirkungen haben. Deshalb sollten Kommunikatoren nicht zu lange auf vollständige Informationen warten. Höhere Priorität hat eine zügige und sich häufig wiederholende Kommunikation. 5. Auch wenn die getroffenen Entscheidungen unpopulär sind, sollten sie nicht wegkommuniziert oder beschönigt werden, da sonst die Glaubwürdigkeit der Führungskräfte leiden könnte. Authentische Kommunikation mildert Ängste und damit die Ungewissheit der Betroffenen - auch wenn sie schlechte Nachrichten übermittelt. (vgl. ebd., S. 53ff.)
3.3 Aufgaben der Change Kommunikation
Deutinger (2017) formuliert drei Kernaufgaben der Change Kommunikation. An erster Stelle steht die Information. Die Kommunikation sollte über den gesamten Change-Prozess zeitnah, zielgruppengerecht und fortlaufend erfolgen. Um die Menschen im Veränderungsprozess mitnehmen zu können, ist zweitens ein Involvement der Beschäftigten unabdingbar. Die Aufgabe ist es, nicht nur Topdown zu kommunizieren, sondern mit den Mitarbeitern in den Dialog zu treten und auf ihre Fragen und Gefühle einzugehen. Eine Partizipation wird ermöglicht, indem transparent gemacht wird, auf Basis welcher Kriterien Entscheidungen getroffen wurde. Die dritte Kernaufgabe ist die Beratung der Führungskräfte. Von ihnen wird viel abverlangt. Sie sollen „eine Gesamtsicht einnehmen, eine Vision verfolgen, die richtigen Schritte setzen, mit Emotionen gut umgehen können, die passenden Worte zum richtigen Zeitpunkt finden, alles im Griff haben.“ (Deutinger, 2017, S. 10)
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