Der Begriff des Politischen im Theater. Christoph Schlingensiefs Aktion "Bitte liebt Österreich – Erste europäische Koalitionswoche (2000)"


Trabajo, 2019

18 Páginas, Calificación: 1,3

Anónimo


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Begriff des Politischen im Theater
2.1 Historische Entwicklung des politischen Theaters
2.2 Der Begriff des Politischen im Gegenwartstheater

3. Bitte liebt Österreich (2000) – Das Politische an Christoph Schlingensiefs Containeraktion

4. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem Politischen im Theater insbesondere mit den Merkmalen, die das Postdramatische Theater zu einem Politischen machen und wird der Frage nachgehen, wie sich das Politische im heutigen Theater formiert. Dazu werde ich zunächst auf den Begriff des Politischen eingehen und in einem kurzen historischen Überblick die Entwicklung und Wandlung dieses Begriffs darstellen, um anschließend das heutige Begriffsverständnis genauer zu beleuchten. Die Forschung zum heutigen Begriffsverständnis ist noch nicht abgeschlossen, er befindet sich gegenwärtig noch in seiner Formierung und wird sich in den nächsten Jahrzenten weiterhin formen und verändern,1 deswegen werde ich im zweiten Teil dieser Arbeit versuchen die Theorien auf ein praktisches Beispiel zu übertragen und anhand von Christoph Schlingensiefs Aktion Bitte liebt Österreich – Erste europäische Koalitionswoche (2000) zu erläutern und zu festigen.

2. Der Begriff des Politischen im Theater

Eine allgemeingültige Definition für ‚Politisches Theater‘ zu finden ist schwierig. Der Begriff wurde in unterschiedlichen Epochen von verschiedenen Personen immer wieder aufgefasst. Erika Fischer-Lichte macht gleich vier verschiedene Begriffsverständnisse von politischem Theater aus: Theater kann erstens grundsätzlich als politisch angesehen werden, da es sich um eine öffentliche Veranstaltung handelt in der zwei Gruppen “aufeinandertreffen und ihre Beziehung aushandeln”. Somit ist jede Theateraufführung im sehr weiten Sinne politisch. Des Weiteren ist Theater für sie politisch, “wenn es die prinzipielle Veränderbarkeit von Mensch und Welt voraussetzt und davon ausgehend eine bestimmte Wirkung auf die Beziehung zwischen Menschen bzw. zwischen Mensch und Welt zu erzielen sucht.” und als drittes, wenn ein allgemeines, historisches oder aktuelles gesellschaftliches Ereignis oder Phänomen Gegenstand der Inszenierung ist. Das vierte Begriffsverständnis behandelt explizit das heutige Theater und bezieht sich auf eine besondere Ästhetik, die das Theater politisch macht. Diese Ästhetik soll den Zuschauer dazu bewegen sich selbst in seiner politischen Position zu reflektieren.2 Auf die Ästhetik werde ich im weiteren Verlauf dieser Arbeit noch genauer eingehen.

Brigitte Marschall, die das Theater zwischen 1950 und den 1970er Jahren betrachtet, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis und bricht ihre Definition auf zwei wesentliche Merkmale herunter: „Politisches Theater behandelt gesellschaftliche Phänomene, historische Ereignisse und aktuell politische Konflikte. Zum Selbstverständnis dieses Theaters gehört eine spezifische Ästhetik, die den Zuschauer zur Reflexion seiner politischen Position zwingt“3

2.1 Historische Entwicklung des politischen Theaters

Historisch gesehen gibt es zwischen Theater und Politik schon immer eine Verbindung. Bereits das Theater im alten Griechenland war mit der Politik verknüpft. Die Polis im antiken Athen führte im 5. Jahrhundert v. Chr. jedes Jahr Festspiele auf, die dem Gott Dinysos geweiht waren. Aus dieser politischen Gemeinschaft gingen die Anfänge des Theaters hervor.4
Im 18. Jahrhundert wurde das Theater zunehmend institutionalisiert. Schauspielhäuser, wie das Hamburger Nationaltheater 1767, wurden gegründet und feste Ensemblegruppen organisierten sich. Das Theater funktionierte immer mehr als ein Forum bürgerlicher Öffentlichkeit5, „auf dem die vom erstarkenden Bürgertum getragenen sittlichen und politischen Grundhaltungen der Aufklärungsbewegung öffentlich wurden.“6 Gotthold Ephraim Lessing, der damals Dramaturg am Hamburger Nationaltheater war, verfasste in seiner Hamburgischen Dramaturgie die neuen Ziele und Aufgaben des Theaters. Die Dichtung Goethes und Lessings ging selbstverständlich von einem didaktischem moralisch-politischem Zweck der Dichtung aus, das Theater diente als ‚moralische Lehranstalt‘.7
Für eine Veränderung und größere Bedeutung im Hinblick auf das heutige Verständnis des Politischen im Theater sorgte zunächst Piscator und später Brecht. Piscator wollte das Theater wieder zur ‚politischen Tribüne‘ machen und mit seinem Theater in die Politik und das aktuelle Geschehen eingreifen.8 Als Gegenentwurf zur Volksbühne und unter den Eindrücken, die er als Soldat im Ersten Weltkrieg gemacht hatte9, gründete er in den frühen 1920er Jahren ein Proletarisches Theater. Dies sollte als „Propagandamittel zur revolutionären Aktivierung der Arbeitermassen“ dienen.10 Im Gegensatz zum bürgerlichen Theater sah er „Theater nicht als Spiegel der Zeit, sondern als ein Mittel die Zeit zu verändern.“11 Großen Einfluss auf das neue Theater Piscators hatten außerdem neue Techniken und moderne Darstellungsmöglichkeiten., wie der Film, Lautsprecher, Licht und Projektionen. Piscators Vision war die ‚Piscator-Bühne‘, die er auch als ‚Theatermaschine‘ bezeichnete und eine Verschmelzung von Publikum und Bühne bewirken sollte. Dem Zuschauer wurde so das Gefühl gegeben in eine Szene hineingerissen zu werden, der er nicht entkommen kann.12
Unter starkem Einfluss Piscators begann Bertolt Brecht Ende der 1920 seine Theatertheorien zu entwickeln. Er postuliert gesellschaftliche Prozesse durch verfremdete Darstellung im Theater sichtbar zu machen. Auch wenn er sich selbst als Gegner des bürgerlichen Theaters, wie es Lessing postuliert hat, bezeichnet, spielt für sein Theater dennoch der Gedanke Belehrung und Unterhaltung zur gleichen Zeit auf die Bühne zu bringen eine bedeutende Rolle.
Das politische Theater bei Piscator und Brecht versteht sich als Negation von bestehenden politischen Verhältnissen13, sowie allgemein des bürgerlichen Individuums und des Illusionstheaters.14 „Wird das Theater als Kunst verstanden, kann es daher nicht seine Aufgabe sein, die Natur nachzuahmen und eine Illusion der Wirklichkeit herzustellen.“15

2.2 Der Begriff des Politischen im Gegenwartstheater

Im Zuge der Studentenbewegungen in den 1960er Jahren setzt auch im Theater zunehmend eine Politisierung ein. Das Verhandeln von politischen Themen auf der Bühne nahm zu und neue Theatertexte, die dezidiert einen politischen Anspruch formulierten, kamen auf. Dokumentarstücke, wie Der Stellvertreter (Rolf Hochhuth, 1963) oder In der Sache J. Robert Oppenheimer (Heiner Kipphardt, 1964), arbeiten mit historisch-politischen Ereignissen. Das dokumentarische Theater verwirft tradierte Werte und Formvorstellungen und strebt politische Willensbildung an. Behandelt werden aktuelle oder allgemeine politische und soziale Ereignisse oder Phänomene Um eine Wirklichkeitsbezug herzustellen, wird dokumentarisches Material verwendet.16

[...]


1 Fischer-Lichte, Erika: Politisches Theater. In: Fischer-Lichte, Erika/Kolesch, Doris/Warstat, Matthias: Metzler Lexikon Theatertheorie, Stuttgart 2014, S. 262.

2 Ebd. S. 258.

3 Marschall, Brigitte: Politisches Theater nach 1950. Wien 2010, S. 17.

4 Fischer-Lichte, Erika: Ästhetik der Performativen. Frankfurt am Main 2005, S. 93.

5 Geschichte des Dramas 1, S. 13ff.

6 Ismayr, Wolfgang: Das politische Theater in Westdeutschland, Meisenheim am Glan 1977, S. 13.

7 Ebd. S. 21.

8 Ismayr: Das politische Theater in Westdeutschland, S. 21.

9 Schwaiger: Bertolt Brecht und Erwin Piscator. S. 11ff.

10 Ismayr: Das politische Theater in Westdeutschland, S. 20.

11 Ebd. S. 21.

12 Schwaiger: Bertolt Brecht und Erwin Piscator, S. 11ff.

13 Gilcher-Holtey, Ingrid/Kraus, Dorothea/Schößler, Franziska (Hg.): Politisches Theater nach 1968. Regie, Dramatik und Organisation. Frankfurt/Main 2006, 25f.

14 Fischer-Lichte: Geschichte des Dramas 2, S. 170.

15 Fischer-Lichte: Geschichte des Dramas 2, S. 166.

16 Marschall: Politisches Theater nach 1950, S. 17ff.

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Der Begriff des Politischen im Theater. Christoph Schlingensiefs Aktion "Bitte liebt Österreich – Erste europäische Koalitionswoche (2000)"
Universidad
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg
Calificación
1,3
Año
2019
Páginas
18
No. de catálogo
V1191137
ISBN (Ebook)
9783346636935
ISBN (Libro)
9783346636942
Idioma
Alemán
Palabras clave
begriff, politischen, theater, christoph, schlingensiefs, aktion, bitte, österreich, erste, koalitionswoche
Citar trabajo
Anónimo, 2019, Der Begriff des Politischen im Theater. Christoph Schlingensiefs Aktion "Bitte liebt Österreich – Erste europäische Koalitionswoche (2000)", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191137

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