Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Chancen, Möglichkeiten und Grenzen für die Individualhotellerie


Bachelor Thesis, 2008

51 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Aufbau der Arbeit
1.3 Begrifflichkeiten

2 Der Hotelmarkt in Deutschland
2.1 Strukturmerkmale, Überkapazitäten und Kategorien
2.2 Trends und Entwicklungen
2.2.1 Änderung des Gästeverhaltens
2.2.2 Verdrängung der Individualhotels durch die Markenhotellerie
2.3 Zusammenfassung

3 Ausgewählte Probleme der Individualhotellerie
3.1 Problematik der Betriebsgröße
3.2 Mangelnde Professionalisierung
3.2.1 Standardisierung
3.2.2 Mitarbeiterführung
3.2.3 Planung und Kontrolle
3.2.4 Marketing
3.2.5 Finanzierung und Investition

4 Kernkompetenzen der Individualhotellerie
4.1 Flexibilität der Organisation bei Nachfrageänderungen
4.2 Individualität und Persönlichkeit eines Individualhotels

5 Potentielle Maßnahmen zum Aufbau einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit
5.1 Qualitätsmanagement
5.1.1 „Q“-Initiative
5.1.2 Die Norm ISO EN 9001:2000 ff.
5.1.3 Das EFQM For Excellence-Modell
5.1.4 Kosten von Zertifizierungssystemen
5.2 Spezialisierung und Profilierung
5.3 Nischenstrategie
5.4 Der regionale Aspekt beim Marketing
5.5 Kreative Mitarbeiterführung am Beispiel des Hotels Schindlerhof in Nürnberg
5.6 Produkt- und Dienstleistungsinnovation
5.7 Netzwerke und Kooperationen

6 Grenzen beim Aufbau einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit

7 Zusammenfassung

8 Fazit und Ausblick

Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Innovationsprozess im Hotel Schindlerhof

1 Einleitung

1.1 Problemstellung

Laut dem IHA Branchenreport „Hotelmarkt 2008“ belegen Studien die seit Jahren schwankenden Zimmerpreise der deutschen Hotellerie mit einer Höchstmarke von 85 Euro im Jahr 2006, verglichen mit anderen Ländern ein sehr niedriges Niveau. Hoteliers in Deutschland konnten Ihre Preise von 2006 zu 2007 um lediglich 0,2% erhöhen, im gesamt europäischen Raum waren es im selben Zeitraum hingegen beachtliche 5,5%.1

Während die Zimmerpreise in 2007 im Vorjahresvergleich stagnierten, nahmen die Kosten zu. So machen die Erhöhung der Nahrungsmittelpreise wie Milch, Mehl, und alkoholische Getränke dem Hotelier zusehends zu schaffen. Als überaus gravierend wirkten sich in 2007 die steigenden Energiepreise, insbesondere von Strom und Öl, auf die Kostenpositionen der Hotels aus. Hinzu kommt die vom Gast zu tragende Mehrwertssteuererhöhung.2

Trotz der aufgezählten Schwierigkeiten, ist zu beobachten, dass internationale Hotelketten in Deutschland investieren.3 Gleichzeitig schließen sich immer mehr Einzelhotels bestehenden Kooperationen an oder gründen solche Zusammenschlüsse.4 Der Einfluss dieser zur Markenhotellerie zusammen- gefassten Ketten und Kooperationen wächst mit ungebremster Dynamik.5 Dadurch findet ein Verdrängungswettbewerb statt, unter dem insbesondere die kleinen vornehmlich einzelbetrieblich organisierten Hotels leiden.6 Diese werden zumeist vom Inhaber und seiner Familie geführt - deren „Management by Erfahrung“ erweist sich oftmals als schlechte Organisationsform, genauso wie der bei KMUs weit verbreitete patriarchalische Führungsstil, bei dem der Inhaber bzw. seine Familienmitglieder unter anderem strategische Entscheidungen alleine treffen und so über Wohl und Wehe des Betriebes bestimmten.7

In diesem Zusammenhang wird von Munke das Überprüfen bestehender Strukturen und Denkmuster gefordert.8

Diese Arbeit soll verschiedene Wege aufzeigen, der wachsenden Konkurrenz durch die verbundenen Hotels standzuhalten, und diskutiert neben den Kompetenzen der Individualhotellerie auch Probleme, Chancen und ausgewählte Möglichkeiten zum Aufbau einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit. Dies insbesondere im Hinblick auf den steigenden Druck der Markenhotellerie.

1.2 Aufbau der Arbeit

Aufgrund des vorgegebenen Seitenrahmens ist es dem Autor nicht möglich, das weitläufige Thema und die einzelnen Punkte dieser Arbeit voll umfassend in ihrer wissenschaftlichen Komplexität zu beleuchten. Sie soll vielmehr aktuelle Entwicklungen, Tendenzen und Ideen aufspüren, zusammenfügen, komprimiert beschreiben, sowie durch Quellenverweise ihre Existenz belegen.

Hierbei wird eine Auswahl an Möglichkeiten und Ansätzen diskutiert, die dem Hotelier für das Fortbestehen seines Betriebes Hilfe und Idee sein können.

Im ersten Kapitel werden eingangs die aktuellen Probleme der Individualhotellerie im Überblick beschrieben, sowie der Aufbau der Arbeit erläutert. Abschließend werden einige tourismusspezifische Begriffe erklärt.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem deutschen Hotelmarkt und gibt einen Überblick bestehender Strukturen und Merkmale. Diese stellen teilweise eine Verbindung zu den im Anschluss beschriebenen Entwicklungen und Trends in Bezug auf das Gästeverhalten und den Hotelmarkt her. Dieses Kapitel dient der erweiterten Einführung in das Thema und bildet die Basis für die künftige Analyse.

Anschließend werden im dritten Kapitel die bestehenden und typischen Probleme der Individualhotellerie erörtert, bevor dann im darauf folgenden vierten Kapitel ausgewählte Kompetenzen eines Individualhotels zusammengefasst werden.

Das fünfte Kapitel stellt Möglichkeiten und Chancen dar, die zum Aufbau einer nachhaltigen Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung sein können. Ideen und in der Praxis oft realisierte Wege werden, unter Berücksichtigung einiger Kompetenzen der Individualhotellerie, erklärt. Beispielhaft wird teilweise das Hotel Schindlerhof (Nürnberg) aufgeführt. Hierin sieht der Autor den Kern der Arbeit.

Im sechsten Kapitel soll geklärt werden, inwieweit dem Aufbau einer Wettbewerbsfähigkeit Grenzen gesetzt sind.

Abschließend wird im siebten und letzten Kapitel eine zusammenfassende Betrachtung der Arbeit gegeben sowie daraus ein Fazit gezogen.

1.3 Begrifflichkeiten

Henschel unterscheidet zwischen Hotellerie im engeren und Hotellerie im weiteren Sinne. Während letzteres Gasthöfe, Pensionen, Hotels und Hotel Garnis umfasst, versteht man unter Hotellerie im engeren Sinne nur Hotels und Hotel Garnis als Betriebsart.9 Der Autor bezieht sich in der vorliegenden Arbeit, insbesondere ab Kapitel 3, auf die Hotellerie im engeren Sinne.

In der Hotellerie wird grundsätzlich unterschieden zwischen Individualhotels und Kettenhotels. Erstere „(…) sind Einzelhotels, die stark vom Unternehmer und seiner Persönlichkeit geprägt sind sowie sehr unterschiedliche Konzeptionen verfolgen.“10 Geprägt ist ein solches Hotel durch eine flache Hierarchie sowie ein niedriges Niveau von Arbeitsteilung und Delegation. Der Unternehmer trägt als Inhaber das volle finanzielle und wirtschaftliche Risiko des Betriebes.11 Individualhotel ist gleichbedeutend mit dem Begriff Privathotel zu verwenden. Der Fokus innerhalb der Individualhotellerie liegt in dieser Arbeit auf Klein- und Mittelhotels und schließt die großen Hotels - wie zum Beispiel das Estrel Berlin - aus, da sie nicht die für die kleinen Hotels typischen Merkmale aufweisen, sondern vielmehr konzernähnlich strukturiert und organisiert sind. Als Großhotels gelten solche mit mindestens 100 Zimmern.12

Als Kettenhotels bezeichnet man „(…) Hotels nationaler oder internationaler Hotelgesellschaften bzw. Hotelkonzerne, die in unterschiedlichen Rechtsformen oder Formen der Betriebsführung geführt werden und eine bestimmte, einheitliche Konzeption, meist im Sinne einer Marke verfolgen.“13 Typisch für die Kettenhotels ist eine gemeinsame zentrale Leitung, die zum Teil die Bereiche Buchhaltung, Administration und Marketing vereint. Weiterhin kennzeichnend für das Kettenhotel ist eine Entkoppelung der Organisationsform, sprich eine Trennung von Immobilie und Betriebsführung. Am häufigsten finden sich hier Managementhotels oder per Franchise geführte Betriebe wieder.14

Da sich Hotelketten und Kooperationen ihrem Agieren auf dem Markt nach zunehmend ähneln und die Unterschiede verwischen, werden sie unter dem Begriff der Markenhotellerie zusammengefasst.15 Darunter versteht man Gesell- schaften, die mit einer eigenen Dachmarkenstrategie am deutschen Hotelmarkt operieren und über mindestens vier Hotels verfügen, wovon sich mindestens eines in Deutschland befindet.16

2 Der Hotelmarkt in Deutschland

2.1 Strukturmerkmale, Überkapazitäten und Kategorien

Der Hotelmarkt Deutschland ist in seiner Struktur zweigeteilt: zum einen gibt es den Mittelstand mit seinen kleinen, mittelständischen und einzeln geführten Betrieben und zum anderen existieren die zu Großgesellschaften und internationalen Konzernen zusammengeschlossenen Hotels. Der Anzahl der Betriebe nach hielt die Markenhotellerie in 2004 einen Anteil von 8,7% am gesamten klassischen Beherbergungsgewerbe17 in Deutschland, 2007 waren es bereits 11,1%. Der Umsatzanteil der Markenhotellerie betrug in 2004 genau 49% und im Jahre 2007 runde 55%. Betrachtet man diese Zahlen, so fällt unweigerlich auf, dass die wenigen Markenhotels den größten Umsatz in der Hotellerie erwirtschaften und ihre Stellung auf dem deutschen Hotelmarkt innerhalb der letzten vier Jahre stark ausbauen konnten.

Ein wesentliches Merkmal der deutschen Hotellerie ist das Problem der Überkapazitäten. Täglich bleiben annähernd eine Million Betten ungenutzt.18 Einer moderat steigenden Nachfrage steht eine auch weiterhin stark zunehmende Bettenkapazität gegenüber.19 Dabei schneiden die Gasthöfe mit einer Bettenauslastung von unter 25% am schlechtesten, die Hotels mit durchschnittlich etwas über 40% am besten ab.20

Um dem Gast bei der Vielzahl unterschiedlichster Leistungsangebote eines Hotels Orientierungshilfen zu bieten, gibt es seit 1996 ein bundeseinheitliches Klassifizierungssystem des Deutschen Hotel- und Gaststätten-Verbandes (DEHOGA). Insgesamt sind heute 7.614 der 35.941 in Deutschland ansässigen Hotels klassifiziert.21 Es ist die größte und am weitesten verbreitete Einteilung der Hotelbetriebe nach Kategorien in Deutschland. Von den rund 7.600 Betrieben befinden sich 60% im 3-Sterne-Bereich.

Neben der Typisierung durch den DEHOGA existieren auch solche die Faktoren Mitarbeiter und Servicequalität einschließenden Bewertungen. Genannt seien hier beispielhaft der VARTA-Führer sowie der ARAL-Schlummer-Atlas.

2.2 Trends und Entwicklungen

Im Folgenden werden Trends und Entwicklungen der deutschen Hotellerie dargestellt. Als Trend gilt eine Entwicklungstendenz, die statistisch und durch Beobachtung festgehalten wird und sich im Allgemeinen auf einen Zeitraum von mindestens fünf Jahre bezieht.22

2.2.1 Änderung des Gästeverhaltens

Um die Jahrtausendwende gingen vermehrt Änderungen der Nachfrage einher, wie anhand der gesammelten Literatur festzumachen ist. Der Trend zum kürzeren und häufigeren Reisen, neben dem kurzfristiger werdenden Buchungsverhalten, ist Ausdruck einer wachsenden Mobilität, Flexibilität und Kurzfristigkeit: er äußert sich nach Born im „hybrid-paradoxen Reisendenden“23 und ist eine Erscheinung der letzten Jahre. Oder wie Gruner einstmals formulierte: „Luxus versus Askese“.24 Diese Ausrücke umschreiben den überaus flexibel handelnden Reisenden, der heute eine Luxuskreuzfahrt bucht und im kommenden Jahr eine Bergwanderung durch das Himalaja-Gebirge beabsichtigt. Die Berechenbarkeit des Reiseverhaltens bricht völlig weg. Übertragen auf das Hotelgewerbe bedeutet dies, dass sich der Hotelier seiner Stammklientel nicht mehr in dem Maße sicher sein kann und darf, wie noch vor der Jahrtausendwende. Einhergehend lässt sich eine Polarisierung der Nachfrage beobachten; entweder Low-Budget oder First Class.25 Davon negativ betroffen ist der große Teil der klein- und mittelständisch organisierten Betriebe (KMUs), welche sich mit ihren Leistungsmerkmalen eher zwischen den Polen bewegen.

Der Gast wünscht komplexe Angebote, vergleicht Preise, fordert mehr Qualität für das gleiche oder weniger Geld, und orientiert sich zunehmend am Umweltgedanken und verantwortungsvollem Umgang mit den Ressourcen. Gleichzeitig nimmt die Reisehäufigkeit sowohl im Beruf als auch im privaten Bereich zu.26 Damit steigen die Reiseerfahrung und das Anspruchsniveau. Diese führen zu kritischeren Gästen und zwangsläufig zu einer erhöhten Beschwerdehäufigkeit. Auf den Fernreisen durch die Welt lernt der Mensch neue Kulturen, Religionen und Traditionen kennen. Das dadurch geformte Interesse an ausländischen Werten äußert sich in der gestiegenen Nachfrage nach Thaimassage, Ethnofood und Co. - sie boomen und sind beliebt wie nie zuvor.27 Eine weitere Entwicklung findet sich in der gestiegenen Nachfrage nach Erlebnissen und Emotionen, und nach dem Faktor (Marken-) Sicherheit.28 Das

Markenvertrauen29 spielt dabei eine überaus große Rolle. Denn nur wer sich auf eine Marke verlassen kann, wird sich ihr gegenüber loyal verhalten und Produkte dieser Marke konsumieren. Das Markenvertrauen zu den Hotelketten scheint ungebrochen, verzeichnen sie doch einen steten Auslastungszuwachs.30

Der Trend dieses Jahrtausends schlechthin wird mit dem Begriff Wellness umschrieben. Viele Hoteliers nutzen die Gunst der Stunde und umwerben ihren Betrieb als Wellness-Oase oder Hotel mit Wellness-Landschaft, ungeachtet dessen, dass sie nur eine Sauna und ein Solarium, vielleicht noch einen Whirlpool im Angebot haben: es „(..) besteht die Gefahr, das ‚Wellness’ zusehends zu einem Allerwelts-Label ohne klaren Inhalt wird.“, schreibt der Hotelverband Deutschland (IHA) in seinem Branchenreport „Hotelmarkt 2005“ und konnte diese Feststellung auch in der aktuellen Ausgabe 2008 bekräftigen. Denn von den fast 1.000 Hotels in Deutschland, die mit dem Begriff Wellness werben, sind ungefähr 200 - 300 seriöse und dem Label gerecht werdende Betriebe.31 Seit wenigen Jahren findet eine Professionalisierung bei den Wellness-Hotels statt. Neue kreative Angebote bemühen sich um neue Gäste. Dabei ist im Bereich Wellness ein taufrischer aus dem US-amerikanischen Raum entstammender Trend auszumachen: Medical Wellness. Diese Nouvelle Couleur der Wellnessbewegung verbindet subjektives Wohlbefinden, Prävention und ärztlich begleitete Gesundheit.32

Eine in der Tourismusbranche viel diskutierte Entwicklung ist das Älterwerden der Gesellschaft, der demographische Wandel, was an den vielen touristischen Angeboten festzumachen ist, und sich in der zunehmenden Anzahl der in der Fachliteratur zu findenden Veröffentlichungen widerspiegelt.33 Gab es 1950 einen Anteil der über 60-jährigen von lediglich 14,6% an der Gesamtbevölkerung, wird das Verhältnis im Jahre 2050 voraussichtlich bei 36,7% liegen.34 Vielerorts ist zu lesen, dass die Best Ager (über 50-jährige) die Zukunft des Marktes sind. Innerhalb dieser Gästegruppe ist ein so genanntes Down Aging zu beobachten. Das bedeutet, dass die älter werdenden Menschen sich selbst zusehends jünger fühlen, und auch entsprechende Angebote wahrnehmen können möchten. Seniorenteller und auf alte Menschen abgestellte Marketingaktivitäten und Dienstleistungen werden nicht vom Gast über 50 gewünscht.35 In der Praxis wird das Alter meist als alleiniges Kriterium zur strategischen Ausrichtung herangezogen, ohne die sich verschiebenden Lebensphasen zu beachten.36 Sich an diesen zu orientieren und das Alter lediglich als richtunggebende Komponente einfließen zu lassen, ist aber der richtige Weg, denn nicht nur die Anzahl der Älteren ändert sich, sondern ebenso ihre Wünsche, Ansprüche und Reisemotive.37

Der Grad, in dem sich ein Hotelier diesen Bedürfnisänderungen anzupassen in der Lage sein wird, entscheidet also mitunter über den zukünftigen Erfolg seines Betriebes.

2.2.2 Verdrängung der Individualhotels durch die Markenhotellerie

Die Entwicklung der Markenhotellerie schreitet mit ungebremster Dynamik fort, stellt die TREUGAST Solutions Group in ihrem neuen Werk „Trendgutachten Hospitality 2008“ fest. Dies wird unterstrichen durch die neuesten Zahlen des Hotelverbandes Deutschland.38 Demzufolge ist die Zahl der Betriebe innerhalb der Markenhotellerie seit dem Jahre 2000 von 2.301 auf 3.974 (2007) angestiegen. Im letzten Jahr vereinigte die Markenhotellerie unter ihrem Dach 341.231 Zimmer, verfügte innerhalb des klassischen Beherbergungsgewerbes somit über einen Marktanteil von 38%. Der relativ hohe Zimmeranteil pro Hotel (86 Zimmer) ist auf den Einfluss der Kettenhotellerie zurückzuführen, welche allgemein eine hohe Anzahl Zimmer pro Hotel vorsieht. Betrachtet man den Umsatz-Marktanteil der Markenhotellerie von über 55%, so wird deutlich, dass sie auf dem gesamten deutschen Hotelmarkt eine dominierende Position einnimmt. Allein die zehn größten Hotelketten Deutschlands hatten im Jahr 2006 zwar nur einen Anteil von 2,4% an der Gesamtzahl aller Hotelbetriebe, jedoch bestritten sie einen Zimmeranteil von etwas über 15% und einen Umsatzanteil von gar 25%.39

Es wird hierbei deutlich, dass vermehrt die wenigen großen Unternehmen den Markt beeinflussen. „Globalisierung ist ein Prozess an dem hauptsächlich die Konzerne teilhaben“, schreibt Henschel in ihrem 2005 erschienenen Buch „Hotelmanagement“.40 Täglich verlautbart die AHGZ neue Schlagzeilen geborener Hotelprojekte und -eröffnungen der Giganten. Der Vorstoß der Konzerne und Ketten ist immens.

Interessant und für die Einzelhotels überaus beängstigend ist der bestehende Zusammenhang zwischen Größe und Auslastung: mit zunehmender Betriebsgröße steigt auch die Auslastung. Das heißt, insbesondere die kleineren Hotelbetriebe mit weniger als 100 Betten, vor allem aber diejenigen Betriebe mit weniger als 30 Betten, haben mit den hohen Leerständen zu kämpfen. Zusammengenommen sind dies 34.578 Betriebe aus der Hotellerie (Anzahl der Betriebe insgesamt: 35.941).41

Wie bereits angedeutet, werden die Betriebe in Deutschland unter dem Einfluss der Konzerne größer.42 Damit steigt auch der Wettbewerbsdruck auf die kleinen Hotels, die darüber hinaus den gewachsenen Ansprüchen der Gäste nicht mehr genügen können. Noch mehr Druck entsteht durch das Gesetz der Economies of Scale, welches den Ketten vorbehalten ist, und hilft, ihre Kosten niedrig zu halten. Marktsegmentierung und Anpassung des Angebots an die Gästewünsche wird von den Großen in der Hotellerie professionell betrieben und konsequent umgesetzt. Diesen Aktivitäten schaut die Individualhotellerie praktisch hinterher, teilweise wohl aus finanziellem Grund, teilweise aber auch aus Mangel an Kenntnis.

2.3 Zusammenfassung

Die deutsche Hotellandschaft ist geprägt durch klein- und mittelständische Unternehmen. Annähernd 34.600 Betriebe (= 96%) verfügen im Jahre 2007 über weniger als 100 Zimmer. Gasthöfe und Pensionen kommen kaum über eine Bettenauslastung von 30% hinaus.43 Zahlenmäßig überwiegen deutlich die 3- Sterne-Häuser, gefolgt von den 4-Sterne-Hotels. Seit der Jahrtausendwende treten verstärkt internationale Hotelketten in den deutschen Markt. Sie verdrängen durch aggressive Expansionsstrategien die kleinen Hotellerie- betriebe. Diese Expansionen führen insbesondere gekennzeichnet durch professionelle Marktsegmentierung und Markenpolitik zu Konzentrations- prozessen, denen die KMUs (auf den ersten Blick) wenig entgegenzusetzen in der Lage sind. Markenvertrauen kommt den Big Playern in der Hotelbranche zugute, da kleine Betriebe ihr Hotel bisher nicht systematisch als Marke aufgebaut haben. Das Aufspüren von Trends und die durchgehende Anpassung des Angebots an diese Entwicklungen erfordern zunehmend professionelles Management. Daran mangelt es den Kleinen in der Branche. Häufig sind zur Anpassung an Trends außerdem Investitionen in die Immobilie (Umbau, Erweiterung) erforderlich. Meist fehlt den KMUs die dazu nötige Finanzkraft. Kleine Hotels, Gasthöfe und Pensionen erliegen weiterhin einem Marktbereinigungsprozess. Jedoch sind Individualhotels, die in Qualität investieren, keine austauschbaren Produkte anbieten und Standards vorweisen können, wettbewerbsfähig(er).44 Somit gilt für die Kleinen der Hotellerie: „Klasse statt Masse“.

3 Ausgewählte Probleme der Individualhotellerie

3.1 Problematik der Betriebsgröße

Die geringe Größe der meisten Individualhotels wirkt sich kostenseitig auf viele Bereiche des Betriebes negativ aus. Sinnvolle Aktivitäten können oft nicht durchgeführt werden, weil sie schlicht und ergreifend zu teuer sind. So haben Marketingmaßnahmen oft einen Grundpreis, ebenso bedarf jedes Hotel einer technischen Basisausstattung, einige Hotelreservierungssysteme rechnen sich erst ab einer bestimmten Zimmeranzahl, IT-gestütztes Revenue- wie auch Yield- Management ist gleichfalls nur in größeren Betrieben rentabel, Vertriebs- konditionen fallen schlechter aus als bei den Kettenhotels.45

Ein weiteres für die KMUs täglich gegenwärtiges Problem sind die hohen Warenkosten. Zu geringe Verbrauchsmengen an Lebensmitteln, Reinigungs- materialen und Wäsche inhibieren kostengünstiges Einkaufen. Dieses Problem haben die Kettenhotels nicht. Durch den zentralen Einkauf können sie von Mengenrabatten und dem Economies of Scale profitieren. In großen Hotels übernehmen ganze Bereiche Aufgaben wie zum Beispiel das Controlling, Marketing oder Reservation. In kleinen Hotels gibt es diese separaten Bereiche nicht.46 Auf einem unzureichenden Niveau werden diese Aufgaben zumeist sporadisch und en passant vom Inhaber und Betreiber wahrgenommen, weil sie sonst finanziell nicht zu bewältigen wären.47 Ebenso erweist sich die Kapitalbeschaffung für kleine gastgewerbliche Betriebe als schwierig, da Banken häufig nicht bereit sind, das hohe Risiko mitzutragen, und da die Betriebe die geforderten Sicherheiten oft nicht stellen können. Finanzierungen aus einbehaltenen Gewinnen sind vielfach unzureichend.48 Ein weiterer Nachteil besteht außerdem darin, dass ein Individualhotel auf Grund der geringen Größe keine Räumlichkeiten für größere Tagungsgruppen vorweisen kann. Daraus lässt sich ableiten, dass sich die Akquise neuer Kunden für das Tagungsgeschäft auf eine kleinere Menge der sich auf dem Markt befindlichen Firmen beschränken muss.

3.2 Mangelnde Professionalisierung

Durchleuchtet man die Fachpresse der Hotelbranche, so stößt der Leser unweigerlich auf das Thema Professionalisierung. Viele Hotels, Gasthöfe oder Pensionen in Deutschland befinden sich seit mehreren Generationen in familiärer Führung.

[...]


1 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 17.

2 Vgl. August, F. u.a. (2008), S. 14 f.

3 Vgl. August, F. u.a. (2008), S. 41.

4 Vgl. Henschel, K. (2004), S. 91.

5 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 97.

6 Vgl. Henschel, K. (2004), S. 98 f, sowie S. 109.

7 Vgl. Freyer, W. (2006), S. 148; vgl. dazu auch Henschel, K. (2005), S. 247 f.

8 Vgl. Munke, A. (2008); vgl. dazu auch Stauß, S. (2008d).

9 Henschel, K. (2005), S. 5.

10 Henschel, K. (2005), S. 18.

11 Freyer, W. (2006), S. 148.

12 Vgl. Henschel, K. (2005), S. 13 f.

13 Henschel, K. (2005), S. 17 f.

14 Freyer, W. (2006), S. 148 f.

15 Vgl. Henschel, K. (2004), S. 91.

16 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 96.

17 Klassisches Beherbergungsgewerbe = Hotellerie, darunter versteht man Hotels, Hotel Garnis, Gasthöfe und Pensionen, siehe Henschel (2005).

18 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 22.

19 Vgl. Henschel, K. (2004), S. 95.

20 Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 39.

21 O.V. (2008a), Internet: www.hotelsterne.de.

22 Groß, M. S. (2004), S. 130.

23 Born, K. (2007); vgl. dazu auch Frehse, J. (2001), S. 421 f.

24 Gruner, A. (2000); vgl. dazu auch Eisenstein, B., Gruner, A. (2003), S. 271 f.

25 Henschel, K. (2005), S. 42.

26 August, F. u.a. (2008), S. 50.

27 Vgl. Gruner, A. (2000).

28 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 104.

29 „Markenvertrauen kennzeichnet den Grad, in dem sich ein Konsument auf eine Marke verlassen kann. Ein hohes Maß an Markenvertrauen reduziert die wahrgenommenen Kaufrisiken.“ (Esch, F.-R., 2007).

30 Vgl. Henschel, K. (2005), S. 51; siehe dazu auch Kapitel 2.1, S. 4 dieser Arbeit.

31 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 55.

32 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 56.

33 Vgl. Born, K. (2007).

34 Statistisches Bundesamt (2007), S. 28 ff.

35 Vgl. Linne, M., Dreyer A., Endreß, M. (2007), S. 13.

36 Vgl. Linne, M., Dreyer A., Endreß, M. (2007), S. 12; sowie S. 33 f.

37 Vgl. Linne, M., Dreyer A., Endreß, M. (2007), S. 11 ff.

38 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 96 - 103.

39 Vgl. August, F. u.a. (2008), S. 39; vgl. dazu auch Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 22, eigene Berechnungen.

40 Henschel, K. (2005), S. 43.

41 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 22.

42 Durchschnittl. Anzahl Betten pro Hotel in der Hotellerie gesamt (gerundet): 2004; 41 Betten / 2005; 42 Betten / 2007; 44 Betten; siehe dazu Luthe, M. (2005), S. 18; Bohne, H., Luthe, M. (2006), S. 18; Bohne, H.,

43 Vgl. Bohne, H., Luthe, M. (2008), S. 39.

44 Vgl. Henschel, K. (2005), S. 32. Luthe, M. (2008), S. 23., eigene Berechnungen.

45 Vgl. Henschel, K. (2008), S. 27 ff.

46 Vgl. Henschel, K. (2005), S. 33.

47 Vgl. Freyer, W. (2006), S. 148.

48 Vgl. Henschel, K. (2005), S. 287.

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Details

Title
Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Chancen, Möglichkeiten und Grenzen für die Individualhotellerie
College
University resin university for applied sciences
Grade
1,7
Author
Year
2008
Pages
51
Catalog Number
V119166
ISBN (eBook)
9783640225965
ISBN (Book)
9783656057604
File size
879 KB
Language
German
Keywords
Chancen, Möglichkeiten, Grenzen, Individualhotellerie, Aufbau, Wettbewerbsfähigkeit
Quote paper
Jochen Vukas (Author), 2008, Nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit. Chancen, Möglichkeiten und Grenzen für die Individualhotellerie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119166

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