Welchen Einfluss haben Schulnoten auf die sozialen Beziehungen innerhalb einer Schulklasse?

Qualitativer Forschungsbericht


Forschungsarbeit, 2021

31 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Theoretischer Hintergrund
Soziale Beziehungen in der Schulklasse
Die Bedeutung von Noten im Schulalltag
Die soziale Bedeutung von Noten in der Schulklasse

Durchführung, Analyse und Interpretation
Hypothesen für das Forschungsprojekt
Forschungsdesign
Vorgehensweise
Fragebogen
Untersuchungsergebnisse
Schlussfolgerungen
Die Analyse des Untersuchungsprozess

Ethische Fragen und Validität
Ethische Fragen
Validität

Forschungstagebuch

Selbstreflexion

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Einleitung

Im Rahmen des Masterstudiums für Lehramt in der Sekundarstufe Lehrveranstaltung befassen sich die Studierenden in der Lehrveranstaltung mit dem Titel „Forschungspraktikum: Qualitative Methoden der Bildungsforschung“ mit aktuellen Themen, Methoden und Ergebnissen der Forschung im Bereich der Schulbildung. Zudem wird eine eigene Forschung im Bereich des Schul- und Bildungsgeschehens geplant, durchgeführt, ausgewertet und interpretiert. Diese Erkenntnisse sind für Lehrkräfte von großer Relevanz, da diese unter einem ständigen Entwicklungsprozess stehen und sie durch die Beschäftigung mit der Bildungsforschung auch ihre eigene Fortbildung sowie Unterrichtsgestaltung an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen anlehnen können. Die kritische Betrachtung dieser Ergebnisse ist wie in jedem Wissenschaftszweig stets unter Berücksichtigung der Gütekriterien hochwertiger Forschung durchzuführen, wie es auch bei der eigenen Forschungsarbeit umgesetzt wird, um die Erkenntnisse hochwertigen Standards entsprechend zu gestalten. Im Bereich der Bildung ist außerdem Rücksicht auf den jeweiligen Kontext zu nehmen, da die Erkenntnisse aus anderen Ländern oder aus anderen Schultypen nicht automatisch auf internationaler Ebene bedeutend sein müssen.

Innerhalb der Seminargruppe der Lehrveranstaltung wurden verschiedene Themenschwerpunkte gesetzt, die im Unterrichts- und Schulkontext von Bedeutung sind. Aus einer Vielzahl von möglichen Themengebieten wurde eines gewählt und die folgende Forschungsfrage formuliert:

„Welchen Einfluss haben Schulnoten auf die sozialen Beziehungen
innerhalb einer Schulklasse?“

Da es sich bei der vorliegenden Thematik um eine sehr vielschichtige handelt, wurden nach der Lektüre bestehender Forschungsberichte und theoretischer Erkenntnisse mehrere Hypothesen formuliert:

1. SchülerInnen umgeben sich am liebsten mit SchülerInnen, die ähnliche Schulleistungen wie sie selbst erbringen.
2. Beliebte SchülerInnen sind tendenziell leistungsstärker.
3. Je nach Einstellung des Klassenkollektivs können besonders gute oder besonders schlechte Noten ein Grund für Mobbing sein.

Der vorliegende Forschungsbericht hat zum Ziel, eine Antwort auf die Forschungsfrage sowie Interpretationen zu den aufgestellten Hypothesen anhand einer qualitativen Forschung zu finden und diese im vorliegenden Bericht entsprechend darzustellen.

Theoretischer Hintergrund

Bevor die praktische Forschungsarbeit begonnen werden kann, gilt es einige theoretische Grundlagen und Begriffe zu klären, um auch die aufgestellten Hypothesen besser nachvollziehen zu können.

Soziale Beziehungen in der Schulklasse

Soziale Beziehungen, sowie deren Entstehung, Entwicklung und Dynamik sind höchst komplexe Prozesse und besonders in Schulklassen, wo eine Vielzahl an unterschiedlichen Persönlichkeiten Tag für Tag gezwungenermaßen aufeinandertreffen, sind sie derartig vielschichtig und individuell, dass allgemeine Aussagen häufig schwer zu treffen sind.

Für die Beantwortung der Forschungsfrage sind die Entwicklung von Mobbing und Ausgrenzung beziehungsweise im Gegenzug dazu der Statuserwerb der Beliebtheit sowie generelle Prozesse der Gruppenbildung von Bedeutung.

Gemäß des Prinzips der Homophilie sind sich Studien größtenteils einig, dass SchülerInnen dazu neigen, stärkeren Kontakt mit denjenigen zu suchen, deren schulische Leistungen ähnlich der eigenen sind (Dunkake, 2015) (Zander, Kreutzmann, & Hannover, 2017). Jedoch spielen noch weitere Faktoren eine Rolle bei der Wahl der Peers. Neben dem Zugehörigkeitsgefühl können auch situativ benötigte Ressourcen durch den Kontakt beschaffen werden (Beispiel: jemand, der einen regelmäßig die Hausübung abschreiben lässt), sowie die Selbst- und Identitätsregulation. Das Zugehörigkeitsgefühl kann auf diversen Ebenen stattfinden, in jedem Fall gibt es jedoch etwas, was diejenigen SchülerInnen miteinander verbindet, seien es Interessen und Hobbys, das Herkunftsland, das Geschlecht oder eben auch ähnliche schulische Leistungen (Zander, Kreutzmann, & Hannover, 2017).

Die Bedeutung von Noten im Schulalltag

Das Beurteilen der in der Unterrichtszeit und in expliziten Prüfungssituationen erbrachten Leistungen der Schülerinnen und Schüler ist im österreichischen Regelschulsystem verpflichtend durchzuführen. Schulnoten dienen der Kommunikation des Leistungsstandes der Schülerin oder des Schülers gegenüber ihnen selbst aber auch externen Personen (Eltern, andere Lehrpersonen, potentielle Arbeitgeber, Direktorinnen und Direktoren an weiterführenden Schulen, etc.) und sollen vereinfacht ausdrücken, was die betroffene Person im jeweiligen Unterrichtsgegenstand geleistet hat. Die Definition der Noten sowie die gesetzlichen Regelungen ihrer Vergabe sind in der Leistungsbeurteilungsverordnung (LBVO) zu finden, wobei sie passagenweise einigen Gestaltungs- und Interpretationsfreiraum für die Lehrpersonen übrig lässt (Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, 2019).

Im individuellen Rahmen können Noten sehr unterschiedliche Gefühlslagen in den jeweiligen SchülerInnen auslösen. Je nachdem, welche Bedeutung man selbst (oder das soziale und/oder familiäre Umfeld) der Bildung und Schulnoten zumisst, können die Reaktionen auf besonders gute oder besonders schlechte Noten sehr individuell ausfallen. Oswald (2009) hat untersucht, wie sich Noten auf das Selbstwertgefühl der SchülerInnen auswirkt und ist zu dem Entschluss gekommen, dass gute Noten nicht nur zu einer Steigerung des Selbstvertrauens führen, sondern auch die Anerkennung innerhalb der Klasse erhöht, was zu einer weiteren indirekten Steigerung des Selbstwertgefühls führt. Ein starkes Selbstwertgefühl ist nicht nur wichtig für die persönliche Entwicklung und Charakterbildung, sondern ist auch eine Eigenschaft, die erwiesenermaßen die Gefahr, zum Opfer von Mobbingattacken zu werden (Olweus, 1996).

Die soziale Bedeutung von Noten in der Schulklasse

Zwar gibt es Einiges an Literatur und Forschung zu sozialen Prozessen in Schulklassen, jedoch gibt es nur wenige Studien über den Einfluss der Noten auf diese. Gemäß des Prinzips der Homophilie sind sich Studien größtenteils einig, dass SchülerInnen dazu neigen, stärkeren Kontakt mit denjenigen zu suchen, deren schulische Leistungen ähnlich der eigenen sind (Dunkake, 2015) (Zander, Kreutzmann, & Hannover, 2017). Gleichzeitig wurde aber festgestellt, dass der Einfluss der Noten in die sozialen Prozesse innerhalb einer Klasse je nach Schultyp variiert und demnach in den städtischen Mittelschulen, oftmals sogenannten Brennpunktschulen, weniger Bedeutung hat als in Gymnasien oder in ländlichen Mittelschulen (Dunkake, 2015). Gleichzeitig wurde auch ein immer weiter abnehmender Einfluss der Noten auf die sozialen Beziehungen mit steigendem Alter der SchülerInnen festgestellt (Wolter & Seidel, 2017).

Während Oswald (2009) herausfand, dass beliebte SchülerInnen im Durchschnitt auch die leistungsstärkeren sind, weist Steinheider (2014) darauf hin, dass überdurchschnittlich gute Noten und Hochbegabung wiederum zu Ausgrenzung und schlechten Beziehungen führen können. Demnach legen die bisherigen Forschungsergebnisse nahe, dass die spezifischen Werte und Einstellungen des Klassenkollektivs bestimmen, ob gute Noten ein Grund für Beliebtheit oder Unbeliebtheit werden. Auch in der Mobbingforschung wurde festgestellt, dass jedes Merkmal ein Grund für Mobbing werden kann (Jost, 1999, zit. n. Steinheider, 2014), je nachdem, ob es innerhalb der Klassengemeinschaft als erstrebenswert geachtet wird, oder nicht. Somit wurde auch nachgewiesen, dass der Einfluss der Noten in die sozialen Prozesse innerhalb einer Klasse je nach Schultyp variiert und demnach in den städtischen Mittelschulen, oftmals sogenannten Brennpunktschulen, weniger Bedeutung hat, als in Gymnasien oder ländlichen Mittelschulen (Dunkake, 2015). Gleichzeitig wurde auch ein abnehmender Einfluss der Noten auf die sozialen Beziehungen mit steigendem Alter der SchülerInnen festgestellt (Wolter & Seidel, 2017).

Aufgrund der mehrfach nachgewiesenen Tendenz, die eigenen Schulleistungen an die der näheren Bezugspersonen innerhalb der Klasse anzugleichen (Zimmermann, 2017), ist es für die KlassenlehrerInnen interessant herauszufinden, welche soziale Bedeutung die Schulnoten in der jeweiligen Klasse innehaben. Dies könnte nicht nur zum Verständnis von sozialen Prozessen in der Klasse, sondern auch zur Erklärung vom oftmals beobachteten „Under-Achieving“ von begabten SchülerInnen dienen. Wenn es im Klassenkollektiv aktuell als „cool“ und erstrebenswert klingt, der Schule einen niedrigen Stellenwert zuzuschreiben, wenig zu lernen und schlechte Noten zu erhalten, würde man Gefahr laufen, ausgegrenzt zu werden. Bekannt ist, dass der Peergroup in den Jugendjahren eine besonders hohe Bedeutung zukommt und die Akzeptanz im sozialen Umkreis daher sehr wichtig für die Entwicklung, den Selbstwert und das Leben der Heranwachsenden hat (Steinheider, 2014). Angesichts dessen kann es als logische und individuell rational erscheinende Handlung betrachtet werden, mit dem „Trend“ der schlechten Noten zu gehen und lieber schwächere Leistungen zu erbringen und weniger Engagement zu zeigen, als man es eigentlich schaffen könnte.

Durchführung, Analyse und Interpretation

Nach intensiver Recherche und Lektüre steht fest, dass soziale Beziehungen und Mobbing in Schulklassen sehr vielschichtig und multifaktoriell sind. Um nur einen kleinen – bisher eher wenig erforschten – Faktor zu fokussieren, wurde folgende Forschungsfrage ausgewählt:

„Welchen Einfluss haben Schulnoten auf die sozialen Beziehungen
innerhalb einer Schulklasse?“

Dabei geht es darum, herauszufinden, inwiefern besonders gute oder besonders schlechte Schulnoten von MitschülerInnen beachtet und bewertet werden und ob sie das Potential haben, zum Grund für systematisches Mobbing zu werden. Anhand eines qualitativen Forschungsdesign soll herausgefunden werden, ob ein struktureller Zusammenhang zwischen Beliebtheit in der Klasse und Notendurchschnitt nachgewiesen werden kann. Zudem werden etablierte kleinere Freundes- und Sozialgruppen innerhalb einer Klasse auf ihre Homogenität bezüglich der Schulnoten der Mitglieder überprüft.

Der Zweck der Forschungist es, die Dynamiken der Gruppenbildung und sozialen Prozesse innerhalb einer Schulklasse ein Stück weit besser nachvollziehen zu können. Die qualitative Forschung soll einen Ausgangspunkt für weitere Untersuchungen darstellen, die auch in die Diskussion über die Abschaffung der Schulnoten einbezogen werden können.

Hypothesen für das Forschungsprojekt

Anhand der Literaturrecherche und der Analyse bisheriger Forschungen zu diesem oder ähnlichen Themen, konnten mehrere Hypothesen aufgestellt werden:

1. SchülerInnen umgeben sich am liebsten mit SchülerInnen, die ähnliche Schulleistungen wie sie selbst erbringen.
2. Beliebte SchülerInnen sind tendenziell leistungsstärker.
3. Je nach Einstellung des Klassenkollektivs können besonders gute oder besonders schlechte Noten ein Grund für Mobbing sein.

Forschungsdesign

Erforscht wird dieses Thema anhand der Befragung einer 2. Klasse einer städtischen Mittelschule in Oberösterreich. In dieser Klasse treffen überdurchschnittlich begabte und fleißige SchülerInnen auf welche, die in mehreren Fächern ungenügende Leistungen erbringen. Womöglich nicht optimal ist das unausgeglichene Verhältnis von Buben und Mädchen: von den insgesamt 25 Kindern sind 18 männlich und 7 weiblich. Bereits bekannt sind die Durchmischung von sämtlichen sozialen Schichten, ein hoher Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund, einige soziale Verhaltensauffälligkeiten gewisser SchülerInnen sowie bereits bekannte Mobbingfälle und starke Machtunterschiede innerhalb der Klasse. Aufgrund dieser großen sozialen und notenbezogenen Heterogenität erscheint mir diese Klasse als interessantes Sample.

Der Forschungszeitraum ist das Frühjahr 2021, während in den Schulen ein Corona-Maßnahmen-bedingter Schichtbetrieb stattfindet. Dies ist insofern beachtenswert, als dass die SchülerInnen seit Monaten nicht ihre komplette Klasse treffen, sondern sie stets in der Halbklasse unterrichtet werden. Da es aber eine 2. Klasse ist, kennen sich die SchülerInnen aus dem Vorjahr und dem Regelunterricht im Herbst 2020 sehr gut. Die meisten wohnen im selben Ort, sodass es möglich und wahrscheinlich ist, die Freundschaften auch über die Unterrichtszeit hinaus zu pflegen.

Vorgehensweise

Die qualitative Forschung stützt sich auf die Befragung einer Schulklasse. Anhand eines anonym gehandhabten Fragebogens wird die Beliebtheit der SchülerInnen untereinander festgestellt. Diese Beliebtheit wird mit dem errechneten Notendurchschnitt in der aktuellen Schulnachricht (Februar 2021) in Beziehung gestellt, sodass der Frage nachgegangen werden kann, wie die Schulnoten der beliebtesten oder unbeliebtesten SchülerInnen im Vergleich mit dem Klassendurchschnitt ausfallen.

Ergänzend zu dieser Untersuchung werden anonyme Statements der SchülerInnen eingeholt, in denen sie in eigenen Worten erklären sollen, inwiefern sie auf die Schulnoten ihrer MitschülerInnen achten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Welchen Einfluss haben Schulnoten auf die sozialen Beziehungen innerhalb einer Schulklasse?
Untertitel
Qualitativer Forschungsbericht
Hochschule
Pädagogische Hochschule Oberösterreich
Note
1
Autor
Jahr
2021
Seiten
31
Katalognummer
V1191795
ISBN (eBook)
9783346625717
ISBN (Buch)
9783346625724
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schulnoten, Mobbing, Schule, Schulklasse, Gruppendynamik, Soziale Beziehungen, Jugendliche, Peergroup, Beziehungen im Klassenzimmer
Arbeit zitieren
Laura Gomboc (Autor:in), 2021, Welchen Einfluss haben Schulnoten auf die sozialen Beziehungen innerhalb einer Schulklasse?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1191795

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