Meine Diplomarbeit stellt eine Konfliktanalyse von Anton Pavlovič Čechovs Drama „Čajka“ (1896) dar.
Ich lernte dieses Stück kennen, als ich an der Universität von Irkutsk im Jahr 2000 ein Semester studierte und wir dort sowohl die „Möwe“ im Unterricht lasen, als auch einer Aufführung im Theater von Irkutsk beiwohnten. Mir gefiel das Drama auf Anhieb, und so hatte ich später die Idee, meine Diplomarbeit darüber zu verfassen.
Außer meiner persönlichen Motivation gibt es auch noch eine wissenschaftliche. Čechovs Drama „Die Möwe“ entstand bereits im 19. Jahrhundert, aber das in diesem Werk zentrale Thema „Konflikte“ ist gerade heute hochaktuell. Egal, mit welcher Gesellschaftsebene man sich beschäftigt – der Familie, einer sozialen Schicht, politischen Parteien, dem internationalen System -, Konflikte sind in der heutigen Welt ein alltägliches Phänomen. Eine Untersuchung dieses Phänomens, z.B. auf der Basis eines literarischen Textes, ist sehr lohnend.
Da Čechovs Werken oft vorgeworfen wird, „[…] undramatisch, handlungsarm, ohne Kommunikation […]“ (Leithold 1989, 11) zu sein, könnte dies fälschlich zu der Schlussfolgerung verleiten, dass, wo keine Kommunikation vorhanden ist, es auch keine Konflikte geben kann. Die wissenschaftliche Legitimation und Relevanz meiner Arbeit basieren auf folgender Aussage Leitholds (1989, 54 ): „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Sobald Menschen an einem Ort aufeinander treffen, kommt es unweigerlich zu (verbalen oder nonverbalen) Kommunikationsformen. Dadurch steigt das Konfliktpotential.
Ob Čechov wirklich „[…] undramatisch, handlungsarm, ohne Kommunikation […]“ (Leithold 1989, 11) ist, ist zu hinterfragen. Leithold (1989, 180) führt die Aktualität der Dramen Čechovs auf folgende Ursachen zurück: „Die Thematisierung moderner Bewusstseinskonflikte und ihre verschlüsselte wie vielschichtige Umsetzung in eine adäquate dramatische Form machen die Brisanz und Aktualität der Dramen Čechovs aus.“
Čechov gelingt es in seinem Drama „Čajka“ außerdem brillant darzustellen, wie Menschen ständig um ihre eigenen Sorgen und Nöte kreisen, die ihrer Mitmenschen vergessen und vergeblich um Konfliktlösungen ringen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Konflikttheorien
- 2.1. Zum Konfliktbegriff
- 2.2. Geschichte der Konflikttheorien
- 2.2.1. Georg Simmel (1858-1918)
- 2.2.2. Max Weber (1864-1920)
- 2.2.3. Weitere Ansätze
- 3. Konflikte in A. P. Čechovs Drama „Čajka“
- 3.1. Das „Dreieck“: Treplev – Trigorin – Arkadina
- 3.1.1. Konfliktsituation
- 3.1.2. Analyse
- 3.1.2.1. Treplev und Arkadina
- 3.1.2.2. Treplev und Nina
- 3.1.2.3. Treplev und Trigorin
- 3.1.2.3.1. Exkurs: Duelle
- 3.1.2.4. Treplev
- 3.1.2.5. Nina und Trigorin
- 3.1.2.6. Kurzzusammenfassung
- 3.2. Soziale Konflikte
- 3.2.1. Šamraev und Arkadina
- 3.2.2. Medvedenko
- 3.2.3. Generationskonflikte
- 3.2.3.1. Nina
- 3.2.3.2. Maša
- 3.3. Intrapersonelle Konflikte
- 3.3.1. Maša
- 3.4. Latente Konflikte
- 3.4.1. Nina und Arkadina
- 3.5. Polina Andreevna - ein Sonderfall
- 4. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit analysiert die Konflikte in Anton Tschechows Drama „Die Möwe“. Die Arbeit untersucht verschiedene Konflikttypen und -theorien im Kontext des Stücks und beleuchtet deren Darstellung im 19. Jahrhundert sowie deren heutige Relevanz.
- Analyse verschiedener Konflikttypen (interpersonal, sozial, intrapersonal, latent)
- Anwendung von Konflikttheorien auf die Dramenhandlung
- Die Darstellung von Kommunikation und deren Einfluss auf Konflikte
- Generationskonflikte und soziale Spannungen in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts
- Die Rolle der Figuren und ihrer Beziehungen im Kontext der Konflikte
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Thematik ein und begründet die Wahl des Dramas „Die Möwe“ als Untersuchungsgegenstand. Kapitel 2 beschreibt verschiedene Konflikttheorien, die im weiteren Verlauf der Arbeit angewendet werden. Kapitel 3 analysiert die verschiedenen Konflikte in Tschechows Drama, unterteilt in verschiedene Kategorien wie das Dreieck Treplev-Trigorin-Arkadina, soziale Konflikte, intrapersonelle Konflikte und latente Konflikte. Die Analyse konzentriert sich dabei auf die zentralen Figurenbeziehungen und ihre Konflikte.
Schlüsselwörter
Anton Tschechow, Die Möwe, Konfliktanalyse, Konflikttheorien, Interpersonale Konflikte, Soziale Konflikte, Intrapersonale Konflikte, Kommunikation, Drama, 19. Jahrhundert, Literaturanalyse.
- Arbeit zitieren
- MMag. Eva Winkler (Autor:in), 2003, Konflikte in Anton Pavlovič Čechovs Drama „Čajka“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119201