Die Numider. Kultur, Geschichte, Wandlungen


Dossier / Travail de Séminaire, 2008

26 Pages, Note: 1,3

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

2. Die nomadische Lebensweise und die Numider

3. Geschichte der Numider
3.1. Die punische Zeit
3.2. Die Zeit der numidischen Könige
3.3. Die römische Kaiserzeit

4. Die Einflüsse der mediterranen Welt auf die Kultur der Numider
4.1. Karthago und die punischen Facetten
4.2. Der Hellenismus
4.3. Die römische Lebensart

5. Schlussfolgerungen

6. Quellenverzeichnis

7. Literaturverzeichnis

1. Einführung

Das „Reitervolk“ der Numider hat in der Antike eine äußerst interessante und wechselhafte Geschichte. Zu ihnen zählen die Mauretanier im Westen, die Masaesyler in der Mitte und die Massyler an der Grenze zum Gebiet Karthagos.[1] Die Geschehnisse vor dem 3. Jh. v. Chr. sind nur durch archäologische Zeugnisse nachzuvollziehen. Die ersten Quellen über die Numider stammen aus Zeit der Auseinandersetzungen zwischen Karthago und den Griechen auf Sizilien. Hier stehen jedoch nur Einzelpersonen im Interessensfeld der Autoren, nicht jedoch das ganze Volk mit Sitten und Traditionen oder Lebensweise.[2]

Bereits an dieser Stelle muss deshalb auf das Quellenproblem hingewiesen werden, das eine historische Beschäftigung mit der numidischen Geschichte mit sich bringt. Es gibt keine Literatur, die dieses Volk selbst verfasst hätte und die Informationen über die Lebensweise der Einheimischen sind häufig auch bei antiken Quellen nur sekundär, da kaum ein Autor Nordafrika und die Menschen dort selbst kannte. Zudem wiederholen sich die Angaben deshalb immer wieder[3]. Da eine schriftliche Überlieferung Karthagos vollständig fehlt, kann von dieser den Numidern am nähesten stehenden Größe ebenfalls keine Information gewonnen werden. „Die schriftliche Überlieferung ist mangelhaft und, wenn vorhanden, aus fremden, nicht numidischen und nicht karthagischen Quellen und kaum zeitgleich. Deswegen kann man sie nicht kritiklos als wahre Geschichte lesen. Vieles kann aber auch als politische Propaganda verstanden werden“[4]

Den Hauptzweig der Forschung um die westlichen Gebiete Nordafrikas bilden vor allem die französischen Untersuchungen. Da Frankreich ab der 1885 stattgefundenen Berliner Afrika-Konferenz Herr über Nordafrika war und die dortigen Staaten erst nach dem 2. Weltkrieg unabhängig wurden, finden sich die Hauptwerke der Nordafrikaforschung in französischer Sprache und im französischen Interessensfeld. Den Grundstein legte die Arbeit von Gsell, Geschichte des antiken Nordafrika, die ab 1913 in 5 Bänden erschien. Dieses sehr umfangreiche Werk beginnt mit Karthago und schließt die gesamte Antike ein. Diesem Vorbild folgten Burians 1964 erschienener Aufsatz, sowie Juliens Geschichte Nordafrikas, ebenfalls 1964. Alle drei Werke befassen sich mit der Geschichte Nordafrikas, lassen die archäologischen Quellen, sowie über reine Geschichte hinaus gehende Kultureinflüsse jedoch beinahe vollständig außen vor. Daneben erschienen bereits ab Beginn des 20. Jahrhunderts hauptsächlich Werke, die sich mit speziellen Problemen der Forschung befassten, so den Inschriften (Thieling 1911 u.a.), den Einflüssen verschiedener mediterraner Großmächte (Ferguson 1969, Ward-Perkins 1975 u.a.) sowie den archäologischen Nachweisen und vor allem der Provinzpolitik Roms in diesem Bereich (Gutsfeld 1989, Raven 1993 u.a.).

Das Ziel meiner Arbeit ist es aus diesen zahlreichen Arbeiten einen, angesichts des Umfanges der Arbeit, kurzen Überblick über die Geschichte der numidischen Gebiete zu geben und die Einflüsse der mediterranen Großmächte aufzuzeigen, die hier vor allen anderen wirkten. Am Schluss möchte ich damit ein Bild vom antiken Nordafrika zeichnen, dass es in der Spätantike als eine Mischung vieler Kulturen darstellt, doch durch seine Eigenheiten und „Mischverhältnisse“ auch einzigartig macht und seine Bedeutung für das Römische Reich hervorhebt.

Nordafrika ist ein inselartiges Gebiet, das sich geographisch durch den Atlas und die Wüste vom Rest Afrikas abgrenzt. Nur durch wenige Täler ist der Atlas zu durchqueren und das Küstengebiet vom Inneren des Kontinents aus zu erreichen.[5] Das beschriebene Gebiet ist in seiner Oberflächenstruktur recht gesplittet. Dort finden sich flache Landschaften, vor allem an den Küsten, Berge, durchzogen von Tälern, und auch hügelige steppenähnliche Gebiete. Die mediterranen, atlantischen und saharischen Klimaeinflüsse beschränken den Regenfeldbau auf höchstens 4 Monate im Jahr. „Je günstiger dabei die Reliefvoraussetzungen mit Becken, weiten Tallandschaften und Randebenen sind, umso höher ist der Grad der Nutzungsmöglichkeiten.“ Mit einer Bewässerungswirtschaft ist der Anbau von Getreide, Wein und Gemüse möglich, Olivenbäume wachsen hier von Natur aus, auch in den trockeneren Gebieten. Eine effektive Wirtschaft in den Gebirgen ist nur für Familien und lokale Märkte möglich, eine Nutzung für Export und Versorgung größerer Bevölkerungsteile ist ausgeschlossen. „Das Übergangsgebiet zwischen Wüste und Steppe ist altes Kampfgebiet zwischen sesshafter und nomadisierender Bevölkerung. Im Maghreb manifestiert sich hierin auch der Verfall oder das Aufblühen mediterraner Kulturlandschaften. In Zeiten des Vordringens saharischer Nomaden schrumpften häufig die Kulturen der Sesshaften stark zusammen.“ „Zusammenfassend kann man feststellen, daß der gesamte Maghreb als westliche Variante des Orients in Nordafrika eine Kontaktzone mediterraner und saharischer Einflüsse darstellt, die sowohl physisch-geographisch als auch kulturgeographisch beide Einflusssphären widerspiegelt.“[6] Aus der Geographie dieses Gebietes geht seine Nutzung durch die autochthone Bevölkerung hervor und die heute noch dort ansässigen Stämme geben zahlreiche Informationen über die Lebensweise der antiken Nomadenstämme. Diese soll in groben Zügen im nächsten Kapitel dargestellt werden, um sie der historischen Übersicht voranzustellen.

2. Die nomadische Lebensweise und die Numider

Die autochthonen Bewohner des Landes führten ursprünglich überwiegend eine nomadische Lebensweise, d.h. sie zogen mit ihren Herden zu den Weideflächen und kannten kaum feste Ortschaften, in denen sich das alltägliche Leben abspielte. Im westlichen Nordafrika gab es jedoch Nomaden und Sesshafte mit allen Zwischenformen.[7] Die Nomaden kannten keinen Ackerbau, „Fleisch und Getreide waren ihr Grundnahrungsmittel“. „Die sich aus den Zwängen der Weidewirtschaft ergebende Mobilität der Nomaden gehört zu deren markantesten Eigenschaften.“[8]

Trotz dieser unstetig erscheinenden Lebensweise gab es innerhalb der Stämme gesellschaftlich differenzierte Verhältnissen, die sich anhand von Reichtum manifestierten. Dieser wurde an Vieh, Weideland oder Getreuen gemessen.[9] Dabei stellte die Familie die kleinste gesellschaftliche Einheit, die Sippe die nächst größere und der Stamm die größte dar. Sie alle waren notwendig, um dem Einzelnen Schutz und Zusammenhalt zu bieten, aber Verantwortung und Besitz wuchsen vom kleinsten zum größten Teil. Die Selbstständigkeit der kleineren Gruppen war in Friedenszeiten alltäglich, die Zusammenarbeit der größeren in Kriegszeiten notwendig. „In friedlichen Zeiten wuchs die Bedeutung der Ältesten der Nomadengruppen, die die wirtschaftlichen und sozialen Belange innerhalb der Gemeinden selbstständig regelten, während die Bedeutung der übrigen Macht- und Verwaltungsorgane in den Hintergrund trat.“ Eine Familie ist dabei auch als Zusammenschluss von fernen Verwandten über einen gemeinsamen Vorfahr zu verstehen. „Die Struktureinheiten, die in der Literatur als Gentes, Sippen, Abteilungen, Unterstämme, Stämme usw. bezeichnet werden, stellten in der Regel komplizierte Gebilde mit einem vertikal mehrschichtigen und horizontal vielgliedrigen Stammbaum dar.“[10] Das Vieh war Familien-, die Weideflächen hingegen Stammeseigentum.[11] Dies war notwendig um die Versorgung aller zu gewährleisten, ohne über Einzelnes in Streit zu geraten. Da die Familien das ganze Jahr zusammenlebten, wurde das Vieh unter ihnen aufgeteilt, um allen Nahrung und Kleidung zu bieten. Alle Familien hingegen zogen Jahr für Jahr zu den Weideflächen, die je nach Jahreszeit am besten genutzt werden konnten, und so waren diese Gebiete als Stammeseigentum besser zu nutzen.

Die Stämme selbst wurden von Königen angeführt, neben ihnen gab es jedoch auch einen Rat der Stammesältesten. Der Nachfolger des Königs war jedoch nicht der älteste Sohn, sondern der älteste Bruder des Königs. Dies wurde erst durch Massinissa im 3. Jh. v. Chr. geändert.[12]

„Die klimatischen Veränderungen bringen immer wieder Hirtenstämme der Sahara auf den Weg nach Norden in eine bessere Zukunft. Sie sprechen die gleiche Sprache, nutzen die gleichen Wege und haben das gleiche Ziel: die fruchtbaren Ebenen an der Mittelmeerküste sowie das milde Klima der Vorberge und Hochebenen, in dem Getreide, Gemüse und Früchte ohne Bewässerung gedeihen.“ Diese Wanderungen stellen bereits den ersten Schritt zum sesshaften Leben mit festem Acker- und Weideland dar, da die Nomaden die positiven Seiten, die Bequemlichkeit und den Luxus dieser Möglichkeit nicht mehr ihrem harten und entbehrungsreichen Leben unterordnen wollten. Dabei blieben die Stammesstruktur und die alten Traditionen, wie feste Bestattungsplätze, erhalten.[13]

Die Numider, die zu den nomadischen Völkern Nordafrikas zählen, kannten auch eine eigene Schrift, die jedoch selten Verwendung fand und auch nur in wenigen Beispielen überliefert ist. Dies deutet auf eine repräsentative Wertstellung hin, der Schrift scheint eine gewisse Wirkung nach außen zugeschrieben worden zu sein. Selbst die meisten Grabinschriften mit numidischen Eigennamen sind häufig in punischer oder lateinischer Schrift verfasst. Die numidische Schrift ist vor allem aus Bilinguen mit karthagischem oder lateinischem Gegenstück bekannt. „Man könnte daraus auf eine politisch kurzzeitige Verwendung schließen, die das Eigene, Selbstständige nach außen zeigen wollte, während sonst eher die Anpassung an die Kultur der Nachbarn vorherrschend war.“ Es ist eine Konsonantenschrift mit vokalischen Anlauten entgegen der punischen mit vokalischen Auslauten. Sie besteht aus geometrischen Buchstaben ähnlich denen südsemitischer Sprachen.[14] Den semitischen Völkern wird die Einführung des Alphabets zugeschrieben. In Nordafrika konnte nachgewiesen werden, dass die Stämme im 3. Jahrtausend v. Chr. einwanderten und die semitische Sprache mitbrachten. Ihr Zustrom aus dem Osten erklärt auch die Verwandtschaft zum Altägyptischen.[15]

Als Beispiel des numidischen Städtewesens möchte ich an dieser Stelle ein paar Sätze über Thougga einfügen, da die Stadt eine der besterforschten Siedlungen in Nordafrika darstellt, abgesehen von bekannten größeren Städten wie Karthago, Utica oder Leptis Magna. Thougga liegt in der Hochebene südlich des Medjerda-Tales, ca. 100 km von Karthago entfernt. Es war ein bedeutender Ort des numidischen Reiches, auch wegen der Grenznähe zu Karthago. Im oberen Stadtteil konnte die numidische Siedlung nachgewiesen werden, im unteren fanden sich hingegen römische Tempel, Theater, Thermen und Villen. „Die Römer bauten unterhalb des primitiven Dorfes Kapitol und Forum gewissermaßen zur Kontrolle der einheimischen Bevölkerung.“ An dem selbem Platz wie das römische Kapitol hatte sich zuvor das numidische mit Versammlungsplatz und Tempeln befunden. Die kleinteilige numidische Siedlung zeigt ihre ältesten Spuren in Gräbern aus dem 16. Jh. v. Chr. Es fanden sich zwei numidische Nekropolen auf dem Hügelkamm oberhalb der Stadt und am Fuß des Stadtberges. Numidische Nekropolen gibt es auch im karthagischen Umland einzeln ohne Siedlungen an prädestinierten Plätzen. Dies passt zu der nomadischen Lebensweise als Kennzeichnung des Zentrum eines Stammes an einem heiligen Platz, an diesem verbrannte der Stamm seine Toten und bestattete sie in der näheren Umgebung.[16] Thouggas älteste Epochen sind jedoch nur bei Grabbauten und dem Forum fassbar.[17]

Es lässt sich sagen, dass die Numider trotz ihrer unsteten Lebensweise bereits vor dem Eintreffen der Karthager in Nordafrika permanente und befestigte Handelszentren im Inneren Nordafrikas angelegt hatten, welche auch dem Schutz der Bevölkerung des Umlandes im Kriegsfall dienten.[18]

„That so little was known by the ancient Greeks and Romans about the interior of north-west Africa suggests that the inhabitants kept themselves to themselves, practising a subsistence economy which provided them with everything they needed – a mixed economy, with the emphasis on crops where crops might be easily grown, and on animals where they could not.”[19]

[...]


[1] Plin. nat. hist. 5, 17; Sall. Bel. Iug. 19, 4; Hiesel, Karthago, S. 61;.

[2] Hiesel, Karthago, S. 64.

[3] Burian, Einheimische Bevölkerung, S. 422; Gutsfeld, Römische Herrschaft, S. 16. Als Beispiel soll auf Plin. nat. hist. 5, 6 hingewiesen werden, der in seinen Beschreibungen über die Geographie Nordafrikas auf ältere Quellen zurückgreift, was aus prodidiere hervorgeht.

[4] Hiesel, Karthago, S. 60.

[5] Thieling, Hellenismus in Kleinafrika, S. 1.

[6] Mensching - Wirth, Nordafrika, S. 67 - 74.

[7] Fushöller, Tunesien und Ostalgerien, S. 11.

[8] Arist. Pol. 1256; Gutsfeld, Römische Herrschaft, S. 15 – 16, 19.

[9] König, Nomaden, S. 26.

[10] König, Nomaden, S. 28 - 29; Fushöller, Tunesien und Ostalgerien, S. 11; Alföldi, Numidisches Königreich, S. 45.

[11] König, Nomaden, S. 27.

[12] Liv. 29, 29; Burian, Einheimische Bevölkerung, S. 431, 434; Alföldi, Numidisches Königreich, S. 45.

[13] Hiesel, Karthago, S. 64.

[14] Hiesel, Karthago, S. 61 – 62; Burian, Einheimische Bevölkerung, S. 432; Rössler, Numider, S. 90 - 95.

[15] Brett – Fentress, Berbers, S. 14 - 15.

[16] Hiesel, Karthago, S. 62 - 63.

[17] Khanoussi – Strocka, Thugga, S. 120 - 125.

[18] Strabo 3, 1, 824.

[19] Raven, Rome in Africa, S. 12.

Fin de l'extrait de 26 pages

Résumé des informations

Titre
Die Numider. Kultur, Geschichte, Wandlungen
Université
http://www.uni-jena.de/  (Institut für Altertumswissenschaften)
Cours
Rom und Karthago
Note
1,3
Année
2008
Pages
26
N° de catalogue
V119217
ISBN (ebook)
9783640222278
Taille d'un fichier
519 KB
Langue
allemand
Mots clés
Numider, Karthago
Citation du texte
Anonyme, 2008, Die Numider. Kultur, Geschichte, Wandlungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119217

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