With love’s light wings did I o’erperch these walls,
For stony limits cannot hold love out,
And what love can do, that dares love attempt:
Therefore thy kinsmen are no stop to me.
(II.ii.66-69)
Diese Worte richtet Romeo in der berühmten Balkonszene von Shakespeares Tragödie Romeo and Juliet an seine Angebetete, als er sein kühnes Eindringen in den Garten ihrer Eltern rechtfertigt. Romeo verkörpert den Idealtyp des sogenannten courtly lovers, der sich in eine, gewöhnlich, unerreichbare Frau verliebt hat, sie ohne Rücksicht auf sich selbst anbetet und aufgrund der Nicht-Erfüllung seiner Sehnsucht zum Leiden gezwungen wird. Mag diese Liebesauffassung auch einem heutigen Leser etwas befremdlich erscheinen, so galt sie noch im 17. Jahrhundert als Prototyp der vollkommenen Liebe. Die Ursprünge dieser Liebesform reichen bis in die spätklassische Zeit der griechischen Geschichte zurück, als sich vor allem Platon und dessen Schüler Aristoteles mit den Begriffen Liebe und Freundschaft auseinander setzten und ihre Anschauungen der Nachwelt überlieferten. Im 11. Jahrhundert etablierte sich in der Provence abrupt die troubadour poetry, die unter Bezugnahme auf platonisches Gedankengut die courtly love propagierte. In der Folgezeit entstanden zahlreiche literarische Werke, die sich jenem Liebesideal verschrieben und es auf ihre individuelle Art vertraten. Vor allem der Einfluss des Italieners Francesco Petrarca im 14. Jahrhundert galt als stilprägend, weshalb nun der petrarkistische Liebende als der typische courtly lover gesehen wurde. In seiner Tragödie Romeo and Juliet verhandelt William Shakespeare die Tradition der höfischen Liebe, wendet sich jedoch wenige Jahre später einer neueren und zeitgenössischen Liebessemantik zu, der worldly love. Deren Ursprung reicht ebenfalls bis in die Antike zurück, allerdings stellt sie den Genuss des Partners in den Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
- Ursprung und Wandel des Liebesideals der Frühen Neuzeit
- Entwicklung und Systematisierung von Liebeskonzepten
- Platonische und aristotelische Kosmologie
- Große Kette der Wesen
- Platonische Liebesvorstellung
- Wandel des Liebesideals
- Petrarkistische Einflüsse
- Courtly love
- Worldly love
- Funktionalisierung der Liebe
- Liebessemantik im Mittelalter
- Von der Idealisierung zur Paradoxierung
- Platonische und aristotelische Kosmologie
- Realisierung der Liebestypen in A Midsummer Night's Dream
- Vertreter der amore contemplativo
- Oberon und Titania
- Theseus und Hippolyta
- L'amore onesto und ihre Darsteller
- Lysander und Hermia
- Demetrius und Helena
- L'amore lascivo: Bottom und Titania
- Vertreter der amore contemplativo
- Verhandlung der Liebeskonzepte in Shakespeares Tragödien
- Idealtyp der courtly love: Romeo and Juliet
- Romeos Beziehung zu Rosaline
- Romeos Reifung durch Juliets Einfluss
- Juliets Erwiderung der Liebe
- Vereitelung des Liebesglücks
- Unverständnis und Hilflosigkeit der Autoritäten
- Fate als bestimmende Macht
- Vollendung der Liebesbeziehung im Tod
- Übergang zur worldly love: Antony and Cleopatra
- Einfluss der römischen ratio: Antony in Rom
- Machtpolitische Interessen
- Interpenetration von virtus und voluptas
- Im Bann der voluptas: Cleopatras Ägypten
- Genusssucht und Refugium
- Cleopatras Persönlichkeit
- Charakteristika der Liebesbeziehung
- Misstrauen und Zweifel am Liebesverhältnis
- Tod als einziger Ausweg
- Einfluss der römischen ratio: Antony in Rom
- Idealtyp der courtly love: Romeo and Juliet
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Entwicklung des Liebesideals in der Frühen Neuzeit und dessen Darstellung in ausgewählten Werken Shakespeares. Sie verfolgt die Entstehung und Transformation von Liebeskonzepten von der Antike bis zur beginnenden Moderne.
- Entwicklung des Liebesideals von der Antike bis zur Frühen Neuzeit
- Einfluss von Platon, Aristoteles und Petrarca auf das Liebesverständnis
- Unterscheidung zwischen "courtly love" und "worldly love"
- Darstellung verschiedener Liebestypen in Shakespeares "A Midsummer Night's Dream"
- Analyse der Liebeskonzepte in Shakespeares Tragödien "Romeo and Juliet" und "Antony and Cleopatra"
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 beleuchtet den Wandel des Liebesideals von der Antike bis zur Frühen Neuzeit. Kapitel 2 systematisiert verschiedene Liebeskonzepte, beginnend mit der platonischen und aristotelischen Kosmologie, und differenziert zwischen "courtly love" und "worldly love". Kapitel 3 analysiert die verschiedenen Liebesformen in Shakespeares "A Midsummer Night's Dream". Kapitel 4 untersucht die "courtly love" in "Romeo and Juliet" und den Übergang zur "worldly love" in "Antony and Cleopatra", wobei der Fokus auf dem Antagonismus zwischen Rom und Ägypten liegt.
Schlüsselwörter
Courtly love, Worldly love, Platonische Liebesphilosophie, Aristotelische Kosmologie, Petrarkismus, Shakespeare, Romeo and Juliet, Antony and Cleopatra, A Midsummer Night's Dream, Liebessemantik, Frühe Neuzeit.
- Arbeit zitieren
- Markus Friedrich (Autor:in), 2007, Lieben und Lieben lassen - Die Konstitution und Transformation des Liebesideals der Frühen Neuzeit und dessen Verhandlung in charakteristischen Werken Shakespeares, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119257