Leseprobe
Inhaltsverzeichnis:
Zwischen Verfolgung und Toleranz: Die Juden in Brandenburg- Preußenim 17. und 18. Jahrhundert
1. Einleitung
2. kurze Vorgeschichte
3. Judenpolitik- vom Großen Kurfürsten bis Friedrich II.
3.1 Judenpolitik unter dem Großen Kürfürsten
3.2 Der erste preußische König und seine Ansicht von Politik bezüglich der Juden
3.3 Verschärfung der Judenpolitik unter Friedrich Wilhelm I.
3.4 Friedrich II.- weitere Einschränkungen der jüdischen Bevölkerung
4. Wohlhabende Hofjuden, gebildete Juden und Aufklärer- die Wegbereiter des modernen Judentums
5. Zusammenfassung
1. Hinführung zum Thema:
Im Laufe unserer Geschichte hat die jüdische Bevölkerung wie kaum ein anderes religiöses Volk auf der Welt, immer wieder den Hass von Mitmenschen zu spüren bekommen. Ob es in Palästina war oder auch in Europa zur Zeit des Mittelalters bis hin zum Dritten Reich, es gab überall Vertreibungen, Diskriminierung, Unterdrückung oder sogar Ermordungen des jüdischen Volkes. Auch heute noch gibt es furchtbare Kämpfe zwischen Juden und anderen religiösen Völkern, man braucht nur den Blick nach Israel wenden. Der Hamas Sprecher Abu Zuhari äußerte zum Beispiel am 17.12.2004 Ziel sei es: „Jerusalem mit dem Schwert Mohammeds zu erobern , so dass kein Jude in ganz Palästina mehr am Leben bleibt, um mit den abgeschlagenen Köpfen der Juden eine Pyramide über Arafats Grab zu errichten.“1 Dieses Zitat, das aus dem Jahre 2004 stammt erinnert eher an Kriegsverwüstungen des Mittelalters oder der frühen Neuzeit, als Leichen in Städten und Dörfern aufeinander gestapelt wurden, um den Feind abzuschrecken. Auch Preußen wurde als Militärstaat bezeichnet, der grausame Kriege führte z.B. gegen Frankreich oder Schlesien. Die Frage stellt sich also wie man sich in Brandenburg- Preußen gegenüber anderen Religionen, speziell dem Judentum, verhalten hat.
Diese Ausarbeitung wird Aufschluss darüber geben, warum viele Juden Anfang des 17.Jahrhunderts nach Brandenburg- Preußen siedelten, wie die preußische Toleranz im Gegensatz zu anderen Staaten aussah und warum es gerade für Brandenburg- Preußen wichtig war jüdische Bevölkerung ins Land zu holen. Des Weiteren wird geklärt, warum auch in diesem Staat Ausrufe von Diskriminierung und Verfolgung laut wurden und welch unterschiedliche Meinungen der Hof und das einfache Volk gegenüber der jüdischen Bevölkerung besaßen.
Am Schluss soll noch ein kurzer Einblick ins 19.Jahrhundert folgen, aus dem hervorgehen soll, wie sich die Situation der Juden, aufgrund von Reformen zu Anfang dieser Zeit anfing zu verbessern, nicht nur im Bezug auf Preußen. Werke, die sich intensiv mit der Geschichte der Juden im 17. und 18. Jahrhundert befasst haben, sind zum Beispiel die verschiedenen Bände von Selma Stern oder die Ausgabe des Bildarchivs Preußischen Kulturbesitzes. Auch an- dere Autoren wie Peter Freimark oder Erika Herzfeld beschäftigten sich mit dem jüdischen Volk zu dieser Zeit. Der aktuelle Forschungsstand gewährt kaum neue Einblicke, als die, die Selma Stern oder die anderen Autoren in ihren Abhandlungen schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts darlegten. Die Wissenschaftler sind sich beim Thema der Juden von Brandenburg- Preußen im allgemeinen recht einig, so findet man oft ähnliche Formulierungen oder sogar Zitate des anderen Autoren.
Diese Ausarbeitung stützt sich somit auf die verschiedenen Werke, musste aber, aufgrund der Vielzahl an historischen Faktoren, auf die Geschichte der Juden in Brandenburg- Preußen des 17.- und 18. Jahrhunderts beschränkt werden.
2. Kurze Vorgeschichte
Die jüdische Bevölkerung verlor ihre staatliche Existenz durch die Zerstörung des Staates Judäa durch die Römer im Jahre 70 n.Chr. Von nun an begann für die Juden ein Leben im Exil und sie siedelten verstreut über die Länder des damaligen römischen Imperiums.2 Die Juden in Europa führten ein Leben an der Seite katholischer oder später auch protestantischer Herrscher und waren größtenteils deren Willkür unterworfen. Die größte Judenfeindlichkeit und Willkür durch das Christentum lässt sich anhand der Kreuzzüge belegen, in denen Kreuzritter auf den Weg in die heilige Stadt besonders jüdische Ansiedlungen oder generell Gemeinden Andersgläubiger niedermetzelten und grausame Blutbäder anrichteten.
Später gab es dann auch, zur Zeit des Mittelalters, größere Vertreibungswellen zum Beispiel in Spanien oder anderen europäischen Ländern. Dennoch war die jüdische Bevölkerung enorm wichtig für die Obrigkeit, denn diese unterhielten Beziehungen ins Ausland zu Luxusartikeln wie Tabak, Honig oder verschiedenen Gewürzen und seltene Stoffe. Menschen des jüdischen Glaubens wurde jedoch bis in die frühe Neuzeit hinein der Zunfteintritt und somit das Handwerk verboten, außerdem waren sie ausgeschlossen von sämtlichen hohen Ämtern. Die Juden durften mit Einschränkung Handel betreiben und trugen somit ebenfalls zur Entwicklung der Städte bei, gerade auch durch ihre Beziehungen ins Ausland.
Dennoch stand die jüdische Bevölkerung im Abseits der Gesellschaft und nur wenige erlangten Wohlstand oder sogar hohes Ansehen bei den Adligen bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts. In Städten wie Frankfurt errichtet man sogar Ghettos, um die Juden von der übrigen Bevölkerung auszugrenzen.
Nun war es der Staat Preußen, besonders unter Friedrich II., der sich öffentlich durch mehr Toleranz auszeichnen wollte. So äußerte sich Friedrich II. zum Beispiel so:
„Alle Religionen seind gleich und guht, wan nuhr die Leute, so sie pro- fesieren, ehrliche Leute seindt; und wen türken und heiden kähmen und wollten das Land peuplieren, so wollen wier sie Mosqueen und Kirschen bauen.“
Ob sich Preußen durch diese öffentliche Toleranz von allen anderen Staaten in Europa unterscheidet oder inoffiziell nur eigene machtpolitische Interessen gerade im Hinblick auf die jüdische Bevölkerung verfolgt, wird auf den kommenden Seiten dieser Hausarbeit näher erörtert werden.
3. Judenpolitik- Vom Großen Kurfürst bis Friedrich II.
3.1. Judenpolitik unter dem Großen Kurfürst
Im Jahr 1671, unter der Herrschaft von Kurfürst Friedrich Wilhelm (16401688), begann die neuere Geschichte der Juden in Preußen.3 Der Große Kurfürst entschloss sich nämlich ein Jahrhundert nach den letzten Vertreibungswellen wieder Juden ins Land zu holen. So gestattete er 50 wohlhabenden jüdischen Familien, die aus Wien vertrieben worden, die Niederlassung in der Mark Brandenburg.4
Es gab jedoch schon vor 1671 einzelne jüdische Familien im preußischen Reich, zum Beispiel in den Grafschaften Mark und Ravensburg und im Herzogtum Kleve. Verboten war allerdings bis zu diesem Jahr die Ansiedlung von Juden in der Provinz Brandenburg, in Pommern und Ostpreußen, sowie in Gebieten rund um Magdeburg und Halle.5
Friedrich Wilhelm verfolgte die Politik sein Land zu bevölkern und somit für wirtschaftlichen Aufschwung zu sorgen, denn anfangs waren hochwertige landwirtschaftliche Produkte durch schlechte Böden in Brandenburg eher selten, ebenso wie Rohstoffe.
Für andere Staaten sollte diese Politik natürlich in erster Linie Offenheit und Toleranz gegenüber Immigranten zeigen, doch in dem Niederlassungsedikt vom 21.Mai 1671 schrieb der Kurfürst:
„ [.. ,]Die Beförderung Handels und Wandels [...]“ wären wichtig und dies könne erreicht werden durch „[...] reiche[n], wohlhabende[n] Leu- te[n] [.] welche ihre Mittel ins Land bringen und hier anlegen woll- ten[.].6
Aus dieser Äußerung geht hervor, dass es für den Großen Kurfürst sicherlich nicht nur reine Nächstenliebe war, die vertriebenen Familien aus Wien aufzunehmen und er und seine Nachfolger legten die jüdische Lebensweise in der Mark Brandenburg und später in Brandenburg- Preußen durch die Judenordnung7 genau fest. Sie wurden geduldet, waren jedoch von der Gesellschaft weitgehend isoliert und wurden oft von der christlichen Gemeinde regelrecht angefeindet. Juden die Ende des 17. Jahrhunderts nicht wohlhabend waren, lebten meist in sehr ärmlichen Verhältnissen und hatten kaum Chancen auf gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Aufstieg, eben auch durch die festgelegte Judenordnung des Herrschers.
Diese so genannte Judenordnung wurde genau beschrieben in dem erwähnten Niederlassungsedikt vom 21.Mai 1671.
Auf den ersten Blick erschien dieses Edikt natürlich sehr tolerant und aufgeschlossen gegenüber den Juden zur damaligen Zeit, denn es gewährte die Niederlassung an beliebigen Orten, sowie Schutz durch den Staat. Es durften Häuser gekauft werden, Juden bekamen Familiennamen und stehende Gewerbe und hatten nach außen hin auch das Recht auf Religionsfreiheit.8
Doch muss man nun dieses Edikt etwas genauer betrachten, um zu verstehen, dass speziell die jüdische Bevölkerung nicht aus reiner Menschenfreundlichkeit ins Land geholt wurde. Man gewährte ihnen nämlich lange nicht das Recht so zu leben wie es die preußische Gesellschaft zur damaligen Zeit kannte. So durften Juden zwar ins Land kommen, jedoch war ihr Aufenthalt auf 20 Jahre begrenzt.9 Auch die erbauten Häuser durften von Christen, gegen Erstattung der Kosten, zurück gefordert werden. Für den Schutz der Juden durch den Staat mussten hohe Schutzgelder entrichtet werden und sie zahlten auch doppelte Zölle wie die übrigen Bürger. Allgemein wurde der wirtschaftliche Spielraum gering gehalten, denn von Zünften und somit vom organisierten Handwerk waren sie ausgeschlossen.10 Der Erwerb der jüdischen Bevölkerung sollte ausschließlich durch Handel erworben werden und dabei wurden erst mal noch keine größeren Einschränkungen von Friedrich Wilhelm gemacht, was sich aber unter seinen Nachfolgern noch rasch ändern sollte.
Jedoch muss man sagen, dass die Expansion der Juden in Europa am stärksten war, gerade um 1671 und somit unter der Herrschaft Friedrich Wilhelms, der es diesen 50 jüdischen Familien ermöglichte ins Land zu kommen. Juden hatten außerdem auch den Vorteil keinen Leibzoll in Brandenburg zu zahlen, wie es anderorts üblich war. Sieht man sich nun die weiteren Jahre an, so verdoppelte sich von 1700 bis 1750 die Zahl der jüdischen Bevölkerung auf über 2000, um 1784 schon 3670 Mitglieder aufzuweisen.11
Man kann also sagen, ein Grundstein für den späteren enormen wirtschaftlichen Aufschwung wurde von Friedrich Wilhelm gelegt, der damit begann Immigranten wie die französischen Hugenotten oder jüdische Familien wie die aus Wien ins Land zu holen, um von Ihnen zu profitieren.
[...]
1 www.israel.heute.com vom 17.12.2004
2 Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz (Hrsg.): Juden in Preußen. Ein Kapitel deutscher Geschichte, Dortmund 21981
3
4 Reinhard Rürup: Juden in Preußen- Probleme ihrer Geschichte, in : Juden in Preußen. Ein
Kapitel deutscher Geschichte, hrsg. v. Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Dortmund 21981, S. 30-38
5 Peter Freimark (Hrsg.): Juden in Preußen- Juden in Hamburg , Hamburg 1983
6 Selma Stern: Der Preußische Staat und die Juden , Tübingen 1961, (Bd. 1), S.13
7 Annegret H. Brammer: Judenpolitik und Judengesetzgebung in Preußen 1812 bis 1847, Berlin 1987
8
9 Freimark: Juden in Preußen
10 Freimark: Juden in Preußen
11 J. Friedrich Battenberg: Die Juden in Deutschland vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts , Oldenbourg 2001, (Enzyklopädie deutscher Geschichte; Bd. 60)
- Arbeit zitieren
- Sue Lorenz (Autor:in), 2008, Juden in Brandenburg-Preußen im 17. und 18. Jahrhundert. Zwischen Verfolgung und Toleranz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1193147
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