Mediziner-Ausbildung im Osmanischen Reich des 18. und 19. Jahrhunderts


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

18 Seiten, Note: 1,25


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II „Alte“ Autoritäten der medizinischen Lehre
II.1 Der Einfluss medizinischer Lehrer aus früheren Jahrhunderten
II.2 Djãlinus/ Galen
II.3 Al-Rãzi/ Rhazes
II.4 Ibn Sinã/Avicenna
II.5 Ibn al-Nafis

III Osmanische Mediziner-Ausbildung an der Süleymaniye
III.1 Die Einrichtung der medizinischen Medrese
III.2 Der Lehrbetrieb an der Süleymaniye
III.3 Die Frage nach der Sektion von Leichen

IV Reformen in der medizinischen Ausbildung
IV.1 Wissenstransfer zwischen Ost und West
IV.2 Die Entstehung der modernen militärmedizinischen Fakultät
IV.3 Ein weiteres Beispiel für die Verwestlichung: Die Hamidianische Kinderklinik .15

Zusammenfassung

Literatur

I Einleitung

Im 18. und 19. Jahrhundert war die Medizin und damit auch die Ausbildung von Ärzten im Osmanischen Reich tiefgreifenden Veränderungen unterworfen. In diesem Zeitraum spielte sich ein Übergang ab von der klassischen medizinischen Lehre der Osmanen, die sich auf Autoritäten vergangener Jahrhunderte bis hin zur Spätantike berief, zu einer Heilkunde, die von westlich-europäischen Einflüssen, etwa aus Österreich, Deutschland und Frankreich geprägt war.

Diese Veränderungen will die vorliegende Arbeit exemplarisch am Beispiel Istanbuls darstellen. Vorgestellt wird zu diesem Zweck zunächst die medizinische Medrese der Süleymaniye, die bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts eine bedeutende Ausbildungsstätte für osmanische Ärzte war. Alsdann werden die Einflüsse aus Europa und die vom Osmanischen Staat angestrengten Reformen beschrieben, die nachhaltig auf die Mediziner-Ausbildung und die Ausübung der Heilkunde einwirkten. Am Beispiel der modernen militärmedizinischen Fakultät und des Hamidianischen Kinderkrankenhauses in Istanbul wird die Umsetzung der Reformen verdeutlicht.

Besonderes Augenmerk gilt dabei auch der Frage, inwieweit die im 18. und 19. Jahrhundert nachdrücklich vorangetriebene Neuausrichtung in der Medizin ausschließlich fachlichen Entwicklungen Rechnung trug und welche Rolle bei ihrer Umsetzung auch rein politische Erwägungen spielten.

Zunächst werden allerdings einige der Autoren vorgestellt, die mit ihren Lehren und Ansichten die osmanische Medizin lange Zeit prägten.

II „Alte“ Autoritäten der medizinischen Lehre

II.1 Der Einfluss medizinischer Lehrer aus früheren Jahrhunderten

Als der osmanische Reisende Evliya Çelebi 1682 nach Edirne kam, besuchte er auch die Külliye Beyazids II. Hier befand sich seinerzeit eine Medizin-Schule. Ebendort befindet sich heute ein Museum, das – aufbauend unter anderem auf den Schilderungen Evliyas – einen recht anschaulichen Eindruck von der ärztlichen Kunst im Osmanischen Reich vermittelt. Evliya schreibt davon, dass die Studenten dieser medizinischen Medrese unter anderem von Aristoteles, Platon und Galen sprachen und sich auf deren Lehre beriefen.1 Dies ist nur ein Beleg dafür, wie „alte“ Autoritäten die Medizin des Osmanischen Reiches noch im 17. Jahrhundert prägten. Auch in den folgenden zwei Jahrhunderten waren die Einflüsse von Forschern, die zum Teil in der Antike gelebt hatten, in der Ausbildung und Praxis osmanischer Ärzte noch deutlich erkennbar.

Um diese Einflüsse auf die Medizin zumindest schlaglichtartig zu verdeutlichen, sollen im folgenden einige dieser Autoren vorgestellt werden. Die Darstellung ist ausdrücklich beispielhaft und erhebt keinesfalls Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist jedoch notwendig, um den Stand der medizinischen Wissenschaft zu dokumentieren, wie er vor den später in dieser Arbeit geschilderten Reformen vorlag.

II.2 Djãlinus/ Galen

Galen gilt als letzter bedeutender Autor der griechischen Antike auf dem Gebiet der Medizin. Geboren wurde er im Jahr 129 unserer Zeitrechnung in Pergamon in Kleinasien (dem heutigen Bergama), gestorben ist er 199 Rom. Galen war Anatom und Physiologe ebenso wie praktischer Arzt, Chirurg und Pharmakologe. Er war einer der wichtigsten und einflussreichsten Medizin-Gelehrten seiner Zeit.2

Islamischen Gelehrtenkreisen wurden Galens Werke bekannt, nachdem sie im 7. bis 9. Jahrhundert ins Arabische übersetzt worden waren.3 Unter seinen Schriften sind allein 15 Bücher über Anatomie, von denen sechs noch auf Arabisch erhalten sind. Seine Kenntnisse über den Bau des Körpers hat Galen wahrscheinlich zumindest teilweise durch das Sezieren zweier menschlicher Leichen in Ägypten gewonnen.4

II.3 Al-R ãzi/ Rhazes

Rhazes gilt als einer der wichtigsten Ärzte und Alchimisten der islamischen Welt. Seine Bedeutung ist vergleichbar mit der des Hippokrates.5 Rhazes wird als der erste bedeutende freidenkende islamische Philosoph bezeichnet. Er lebte von 854 bis 925 bzw. 935. Geboren wurde er in Rayy nahe dem heutigen Teheran. Rhazes war in den Wissenschaften der alten Griechen ausgebildet und sah die Medizin als einen Teil der Philosophie an.6

Tätig war Rhazes sowohl als praktischer Mediziner und Lehrer wie auch als Wissenschaftler. In der Literatur wird seine gute wissenschaftliche Arbeitsweise hervorgehoben. Demnach hat Rhazes seinerzeit in der Medizin einen empirischen Ansatz neu eingeführt.7

In seinen Abhandlungen setzte er sich zum Beispiel mit der Therapie von Harnblasen- und Nierensteinen auseinander. Sehr bekannt wurde auch ein Aufsatz von ihm über Pocken und Masern.8

II.4 Ibn S inã/Avicenna

Avicenna wurde 980 in Afshana bei Bukhãrã geboren und starb 1037 in Hamadãn. Als Quellen über sein Leben dienen vor allem Avicennas Autobiographie sowie die Aufzeichnungen seines Freundes und Sekretärs. Demnach galt er als außergewöhnlich intelligent, war Autodidakt in Naturwissenschaften und Medizin und ließ angeblich schon als 16-Jähriger berühmte Ärzte unter seiner Anleitung arbeiten. Zeitweise bekleidete Avicenna politische Ämter, größtenteils verdiente er seinen Lebensunterhalt aber durch ärztliche Tätigkeit.

Avicenna folgte dem enzyklopädischen Konzept der Wissenschaften aus dem alten Griechenland, wonach Philosophie und Naturwissenschaften eine Einheit bilden. Er verfasste nicht nur medizinische und philosophische Werke, sondern auch Schriften aus Chemie, Physik, Astronomie und Mathematik. Sein Werk ist nur unvollständig erhalten.9

Große Bedeutung maß Avicenna dem Herz und seinen Blutgefäßen bei: In einer Abhandlung über die Gefäße beschrieb er zum Beispiel Untersuchungsmethoden, Lage der Blutgefäße, Möglichkeiten der Blutentnahme, die dafür notwendige Sterilisation und Verbandstechnik.

Das bedeutendste heilkundliche Werk, das Ibn Sinã verfasste, ist der Kanon der Medizin (Hãnun fi `l-Iibb). Darin stellt er das gesamte medizinische Wissen seiner Zeit zusammen und reichert es an mit eigenen Beobachtungen. Der .kanun galt über sieben Jahrhunderte als Grundlage medizinischer Lehre und Praxis.10 In späteren Jahrhunderten setzten sich zum Beispiel da Vinci oder Paracelsus mit Avicennas Ansichten auseinander.11 Sein medizinischer Kanon bestand aus fünf Büchern. Im ersten beschrieb er allgemein den menschlichen Körper, Krankheit, Gesundheit, und Behandlungsmethoden. Das zweite Buch enthält eine Pharmakologie der Pflanzen, im dritten geht es um Pathologie. Abhandlungen über Fieber, Symptome und Diagnostik, Chirurgie, Tumoren, Wunden, Frakturen, Bisse, Gifte sind im vierten Teil enthalten, während sich das fünfte Buch mit der Herstellung von Arzneimitteln befasst.

[...]


1 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

2 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

3 Vgl. ebd., S. 402 und Hassan Kamal: Encyclopedia of Islamic Medicine. Kairo, 1975, S. 305.

4 Vgl. Kamal, a.a.O., S. 304.

5 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

6 Vgl. Goodman, L.E.: Al-Razi. In: Encyclopedia of Islam, New Edition. Vol. VIII. Hrsg. C.E. Bosworth u.a. Leiden, 1995, S. 474.

7 Vgl. ebd., S. 474.

8 Vgl. Kâhya, a.a.O., S. 44.

9 [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten]

10 Vgl. ebd., S. 941.

11 Vgl. ebd., S. 945.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Mediziner-Ausbildung im Osmanischen Reich des 18. und 19. Jahrhunderts
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Geschichte und Kultur des Nahen Orients sowie für Turkologie)
Veranstaltung
Hauptseminar: Kultur und Erziehung im Osmanischen Reich während des 19. Jahrhunderts
Note
1,25
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V119327
ISBN (eBook)
9783640235490
Dateigröße
675 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mediziner-Ausbildung, Osmanischen, Reich, Jahrhunderts, Hauptseminar, Kultur, Erziehung, Osmanischen, Reich, Jahrhunderts, Medizinstudium, Wissenschaft im Osmanischen Reich, Wissenschaft im Islam, Islamische Wissenschaft
Arbeit zitieren
Nicolas A. Zeitler (Autor:in), 2005, Mediziner-Ausbildung im Osmanischen Reich des 18. und 19. Jahrhunderts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119327

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