„[...] [D]ie Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt zu machen - einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“, ist die 2000 in der Lissabonstrategie formulierte Ausrichtung der EU. Mit der Betonung des sozialen Zusammenhalts in der EU setzte die Lissabonstrategie erneut den Fokus
auf Dienstleistungen des Gemeinwohls. Mit diesen beiden Punkten begann ein Prozess, in dem die Europäische Kommission den Diensten von allgemeinem Interesse (DAWI), in Deutschland auch mit Daseinsvorsorge übersetzt,
einen Platz in der Wirtschafts- und Wettbewerbsordnung der EU zukommen lässt. Im weiteren Verlauf stellten sich zahlreiche Probleme bei der Auslegung und Anwendung des Begriffes der DAWI, v.a. im Zusammenhang mit der Anwendung des Art. 86 Abs. 2 EGV, heraus. Insbesondere die Mitgliedstaaten (MS) protestierten vehement gegen das Tätigwerden der EK in diesem Bereich. Mit einem Grünbuch zu
Dienstleistungen von allgemeinem Interesse und dem darauf folgenden Weißbuch reagiert die
EK auf die politischen Widerstände und andere Anwendungsprobleme. Dabei bestehen nach wie
vor Unklarheiten bei der Verwendung der Begrifflichkeiten ebenso wie bei der Anwendung der Ausnahmen von wettbewerbspolitischen Regelungen nach Art. 86 Abs. 2 EGV. Die Arbeit will daher untersuchen welche organisationsformen der gemeinwohlrelevanten Dienste bei der Umsetzung der Wettbewerbspolitik durch die EK angewandt werden können, um sowohl für EK als auch für die MS Klarheit bei der Anwendung des Art. 86 Abs. 2 EGV zu schaffen. Im Schwerpunkt wird dann untersucht welche Organisationsformen für die gemeinwohlrelevanten Dienste im Einklang mit der europäischen Wettbewerbspolitik stehen. Es wird also auch stets betrachtet, wie die EK diese Organisationsformen in die Umsetzung einbeziehen kann. Abschließend erfolgt eine Bewertung der Nutzungsmöglichkeiten der Organisationsformen
und der Umsetzungsstrategie der EK im Allgemeinen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Begriffliche Einordnung der Daseinsvorsorge
- 2.1 Juristische Einordnung
- 2.1.1 Daseinsvorsorge
- 2.1.2 „Service Public“
- 2.1.3 Dienste von allgemeinem Interesse
- 2.2 Daseinsbegriff in der politischen Praxis
- 2.3 Wirtschafswissenschaftliche Einordnung
- 2.1 Juristische Einordnung
- 3 Umsetzung der Wettbewerbspolitik bei Aufgaben der Daseinsvorsorge in der EU
- 4 Organisationsmöglichkeiten der Daseinsvorsorge in der europäischen Wettbewerbspolitik
- 4.1 Organisationsansätze der Daseinsvorsorge
- 4.1.1 Regulierung
- 4.1.2 Wettbewerb
- 4.1.3 Gemischtwirtschaftliche Unternehmen
- 4.1.4 Eignung im Rahmen der europäischen Wettbewerbspolitik
- 4.2 Organisationsmodelle der Daseinsvorsorge
- 4.2.1 Versorgermodell
- 4.2.2 Universaldienstmodell und Betreibermodell
- 4.2.3 Versorgermodell mit Regulierung
- 4.2.4 Qualitätsicherungsmodell
- 4.2.5 Quersubventionierungsmodell
- 4.2.6 Eignung der Modelle im Rahmen der europäischen Wettbewerbspolitik
- 4.1 Organisationsansätze der Daseinsvorsorge
- 5 Abschließende Bewertung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Organisationsformen gemeinwohlrelevanter Dienste im Kontext der europäischen Wettbewerbspolitik. Ziel ist es, Klarheit in der Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EGV für die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten zu schaffen.
- Begriffliche Einordnung der Daseinsvorsorge (Daseinsvorsorge, Service Public, Dienste von allgemeinem Interesse)
- Umsetzung der Wettbewerbspolitik der EU bezüglich gemeinwohlrelevanter Dienste
- Organisationsmodelle der Daseinsvorsorge im Einklang mit der europäischen Wettbewerbspolitik
- Bewertung der Organisationsformen und der Umsetzungsstrategie der Europäischen Kommission
- Analyse der Anwendung von Art. 86 Abs. 2 EGV
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 (Einleitung): Die Einleitung beschreibt die Ausrichtung der EU auf einen wettbewerbsfähigen Wirtschaftsraum und den damit verbundenen Fokus auf Dienstleistungen des Gemeinwohls. Sie benennt die Herausforderungen bei der Auslegung und Anwendung des Begriffs „Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“ (DAWI) und formuliert die Zielsetzung der Arbeit.
Kapitel 2 (Begriffliche Einordnung der Daseinsvorsorge): Dieses Kapitel beleuchtet die juristische, politische und wirtschaftswissenschaftliche Einordnung des Begriffs Daseinsvorsorge im Vergleich zu „Service Public“ und „Diensten von allgemeinem Interesse“. Es analysiert verschiedene juristische Ansätze und die damit verbundenen Herausforderungen.
Kapitel 3 (Umsetzung der Wettbewerbspolitik bei Aufgaben der Daseinsvorsorge in der EU): Dieses Kapitel beschreibt die Umsetzung der Wettbewerbspolitik der EU in Bezug auf gemeinwohlrelevante Dienste.
Kapitel 4 (Organisationsmöglichkeiten der Daseinsvorsorge in der europäischen Wettbewerbspolitik): Dieses Kapitel analysiert verschiedene Organisationsansätze und -modelle für gemeinwohlrelevante Dienste im Kontext der europäischen Wettbewerbspolitik, um deren Eignung zu bewerten.
Schlüsselwörter
Daseinsvorsorge, Service Public, Dienste von allgemeinem Interesse (DAWI), europäische Wettbewerbspolitik, Art. 86 Abs. 2 EGV, Gemeinwohl, Regulierung, Wettbewerb, Organisationsmodelle, Europäische Kommission, Mitgliedstaaten.
- Quote paper
- Andrea Hanisch (Author), 2007, Daseinsvorsorge und Wettbewerb in der EU, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/119329