Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Intensivpädagogik
2. Intensivpädagogik im Rahmen der Inklusion
3. Fazit
4. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Fernsehprogramm, auch das deutsche, bietet zahlreiche Reality-Shows wie
z.B. Die strengsten Eltern der Welt oder Teenager außer Kontrolle - Letzter Ausweg Wilder Westen. Die Jugendlichen werdenunter einem Vorwand von den Eltern weggeschickt und landen dann in einem Entwicklungsland bei den „strengsten Eltern der Welt“. Weitere treffen in der Wildnis auf die deutschamerikanische Familientherapeutin Annegret Fischer Noble. Die Veranstalter schickendie sogenannten kriminellen Großstadtgangster und Oberzicken zuder Resozialisierung in solche Gebiete fern ab ihrer Familien. Das abweichende Verhalten der jungen Menschen halten die Kameras fest. Die Zuschauer dieser Sendungen erlangen einen vermeintlichen Einblick in ein Erziehungskonzept abseits von der Pädagogik in der Schule oder in dem Kindergarten. Bezüglich dieser Settings tritt die Frage nach dem Sinn einer besonderen Erziehung von nicht therapiewilligen Kindern und Jugendlichen auf. Innerhalb der Jugendhilfe existiert ein Konzept, welches den Reality-Shows nahekommt. Dieses Konzept wird in dem Bereich der Erziehung als intensive sozialpädagogische (Einzel-) Betreuung tituliert und in der Fachliteratur als Intensiv- oder auch als Individualpädagogik beschrieben.
1. Intensivpädagogik
Laut dem Duden gibt es drei für diesen vorliegenden Kontext relevante Bedeutungen des Wortes intensiv. Zum einen bedeutet es gründlich, auf etwas konzentriert, zum anderen stark, kräftig und durchdringend und zum Dritten eingehend, sehr genau zu erfassen und zu durchdringen suchend. Verknüpft man die Nutzung des Wortes wie in der Medizin, beispielsweise mit dem Bild von einer Intensivstation oder einer Intensivmedizin in dem Krankenhaus, dann meint man die Bereiche, in denen sich die Menschen in einer kritischen oder lebensbedrohlichen Situation befinden und ständig medizinisch überwacht werden bzw. müssen. Beim Fortsetzen der Bedeutungen, sind die intensivpädagogischen Einrichtungen für die Kinder und die Jugendlichen, welche eine besondere Erziehung bedürfen und ebenfalls überwacht werden sollten.
In dem Jahr 1990 entstand in dem Sozialgesetzbuch die Hilfeform der „intensiven Sozialpädagogischen Einzelbetreuung“(SGB VII §35). Dies war eine Form der Begleitung der Minderjährigen, die zeit- und kostenintensiver ist als die überkommenen ambulanten Erziehungshilfen. Hieraus ergab sich eine Assoziation des Wortes intensiv mit den Hilfen zu der Erziehung.
Bezüglich einer festgelegten Erklärung von Intensivpädagogik gibt es keine in der Praxis einheitlichen Definition. In der Fachliteratur erscheint keine offensichtliche Grenze zu der Individualpädagogik. Fischer und Ziegenspeck geben eine folgende Definition für die Intensivpädagogik an:
„Intensivpädagogik ist praktische Gesamtheit und Reflexion einer intensiven sozialpädagogischen Betreuung, die durch soziale und natürliche Bezüge sowie durch die Auseinandersetzung von Kindern und Jugendlichen mit ihrer Umwelt und sich selbst in Verhaltens- und Bewusstseinsveränderungen erfolgt. Intensivpädagogik bildet Entwicklungsprozesse handlungs- und erlebnisorientierten Erfahrungslernens im sozialen Begründungszusammenhang betreuter Lebensformen ab.“ (Fischer, Ziegenspeck 2009, S.11).
Des Weiteren meinen Fischer und Ziegenspeck:
„mit der Darstellungsabsicht intensivpädagogischer Maßnahmen [...] aber keineswegs entschieden sein [soll], dass sich Hilfen zur Erziehung nicht auch unter dem Begriff Individualpädagogik sinnvoll analysieren lassen“(Fischer, Ziegenspeck 2009, S.12).
Die dargestellte Unklarheit bezüglich Begriffsdisput entstand laut Lorenz
„aus der autarken und zu wenig dialogischen Beschäftigung mit der Materie durch Akteure auf allen Seiten und den unterschiedlichen Ebenen“ (Lorenz 2008, S.95) .
Die Frage wer dem Klientel angehört, die einer Intensivpädagogik bedarf, kann mit einer allgemeinen Übereinstimmung beantwortet werden. Die zugehörigen Studien sind zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kinder und Jugendlichen in den Settings, die als besonders intensiv gelten, den Risikofaktoren der Entwicklung ausgesetzt sind. Dazu gehören beispielsweise die familiären Spannungen und Konflikte, die Gewalterfahrungen, eine Vernachlässigung, ein niedriger Bildungsstand der Eltern oder deren psychische Erkrankungen und vor allem eine Diskontinuität in dem Lebenslauf (vgl. Enser 2007; Schwabe, Stallmann, Vust 2013, S. 90ff; Baumann 2012). Baumann versuchte dieses Klientel zu benennen:
„Hoch-Risiko-Klientel, welches sich einer durch Brüche geprägten negativen Interaktionsspirale mit dem Hilfesystem, den Bildungsinstitutionen und der Gesellschaft befindet und diese durch als schwierig wahrgenommene Verhaltensweisen aktiv mitgestaltet" (Baumann 2014).
Aus der pädagogischen Sicht sind z.B. gewaltförmige Verhaltensweisen, die gegen körperlich unterlegenen Kindern oder auch Erwachsenen sind, als besonders kritisch zu betrachten. Zugehörig ist auch der Drogenkonsum in den Einrichtungen und die Weitergabe oder der Handel damit. Baumann zählt auch die häufigen Entweichungen gepaart mit riskanten Verhaltensweisen, die extremen Formen der Selbstgefährdung oder das Zündeln erweitert zu der Brandstiftung dazu.
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- Arbeit zitieren
- Anne Gusinde (Autor:in), 2021, Intensivpädagogik. Umsetzung intensivpädagogischer Maßnahmen im Rahmen der Inklusion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1193717
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