Die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens im 19. Jahrhundert

Eine Untersuchung


Hausarbeit, 2021

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1.0- Das bayerische Wallfahrtswesen beeinträchtigende Einflüsse durch politische und wirtschaftliche Umstände

2.0 - Die Wallfahrt als profanes Ereignis

3.0- Die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens durch die Heiligenverehrung
3.1 - Auswirkung des „Wunders“ auf die Wiederbelebung
3.2- Die Fortführung des Marienkultes und sein Einfluss auf das Wallfahrtswesen 8 4.0 - Die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens durch infrastrukturelle und verkehrstechnische Verbesserungen

4.1- Beeinflussung der Wiederbelebung durch infrastrukturelle Anpassungen bayerischer Wallfahrtsorte
4.2 - Beeinflussung der Wiederbelebung durch die Erfindung der Eisenbahn

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Nach staatlichen Restriktionen gegen die Wallfahrtsbewegung stellt sich die Frage, welche Faktoren die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens in Bayern im 19. Jahrhundert beeinflussten und förderten.

Um diese Fragestellung beantworten zu können, setzt sich die vorliegende Hausarbeit mit Gegebenheiten auseinander, die das bayerische Wallfahrtswesen im Hinblick auf seine Wiederbelebung im 19. Jahrhundert beeinflussten. Es soll analysiert werden, wie sich bestimmte Umstände positiv auf das Wallfahrtswesen auswirkten und warum diese für seine Wiederbelebung mitbestimmend waren. Hierzu soll sich zunächst mit der politischen und wirtschaftlichen Situation Bayerns im 19. Jahrhundert beschäftigt werden. Dies soll einen Eindruck darüber vermitteln, in welchem gesellschaftlichen Kontext sich das Wallfahren in der genannten Zeitperiode einordnete und mit welchen Komplikationen sich das Wallfahrtswesen um seine Wiederbelebung konfrontiert sah. Weiterführend wird sich damit befasst, inwiefern sich der Wallfahrtscharakter durch wirtschaftliche Umstände im 19. Jahrhundert veränderte und hierdurch gleichzeitig die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens stimulierte. Außerdem soll betrachtet werden, zu welchem Ausmaß im 19. Jahrhundert die Heiligenverehrung durch Wallfahrer praktiziert wurde und wie die Aufrechterhaltung dieses Ritus die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens in Bayern positiv beeinflusst wurde. Zuletzt wird beleuchtet, inwieweit der infrastrukturelle und verkehrstechnische Ausbau mit dem Wallfahrtswesen zusammenhängt und zu einem gesteigerten Interesse am Wallfahren führte.

Kapitel 1.0 beschäftigt sich damit, in welchem Maß politische Neigungen und Entscheidungen gegen das Wallfahrtswesen seiner Wiederbelebung entgegenstanden. Weiterhin wird erläutert, auf welche Weise die Industrialisierung eine Neubelebung des Wallfahrens hemmte. Weiterführend wird in Kapitel 2.0 analysiert, durch welche Entwicklungen sich der Charakter der Wallfahrt in Bayern von einem religiös motivierten abwendete und dazu tendierte, das Wallfahren zu einer weltlichen Veranstaltung umzugestalten. Hierzu wird sich mit verschiedenen Möglichkeiten des Amüsements im Zusammenhang mit Wallfahrten und deren Einfluss auf die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens beschäftigt. Anschließend wird untersucht, wie die Einstellung der Wallfahrer zur Heiligenverehrung in Bezug auf das Bestehen der „Wunder“ für eine Aufrechterhaltung des bayerischen Wallfahrtswesens sorgte. Hierzu wird das Phänomen des Marienkultes thematisiert, das für das Aufrechterhalten der Wallfahrt ein entscheidender Faktor war. Zuletzt behandelt die Hausarbeit die Art infrastruktureller Veränderungen bayerischer Wallfahrtsorte und wie einflussreich diese, zusammenhängend mit der Erfindung des Verkehrsmittels Eisenbahn, auf das Fortbestehen des Wallfahrtswesens in Bayern waren.

Die Begriffe „Wall- und Pilgerfahrt“ werden in dieser Hausarbeit trotz vermeintlicher Diskrepanzen im Verständnis beider Termini synonym verwendet.

1.0 - Das bayerische Wallfahrtswesen beeinträchtigende Einflüsse durch politische und wirtschaftliche Umstände

Es ist anzunehmen, dass sich die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens in Bayern vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert aufgrund politischer und wirtschaftlicher Einflüsse kompliziert gestaltete. Im Zeichen der Aufklärung wurde das „Wunder als eine Art Selbsttäuschung [abgelehnt]“1. Selbst von staatlicher Ebene aus wurden „die vielfältigen Erscheinungen der Heiligen- und Marienverehrung [und] des Wunderglaubens [...] als abergläubisch“2 angesehen. Dadurch, dass die Verehrung von Heiligenbildern auf politische Ablehnung traf, wurde das Wallfahrtswesen in Bayern auf indirektem Wege seines Sinnes beraubt. Der religiöse Aspekt der Pilgerreise schien durch die Nichtanerkennung „von oben“ obsolet geworden zu sein. Diese Entwicklung äußerte sich im Folgenden durch die „Aufhebung der Klöster und dem Wegfall von Gnadenorten“3. Dies ist am Beispiel des oberbayrischen Wallfahrtsortes Hohenpeißenberg zu sehen. Durch die Auflösung des Klosters Rottenbuch erhielt die Wallfahrtstätte keine finanzielle Unterstützung mehr und verlor für Wallfahrer seine Attraktivität.4 Ebenso wurde das Franziskanerkloster in Altötting 1802 durch den Reichsdeputationshauptschluss aufgehoben und hierdurch Wallfahrten zu diesem Ort verhindert.5 Somit kann behauptet werden, dass der Interessensverlust am Wallfahrtswesen dem Eintreten neuer politischer Strukturen zu verdanken ist. Für die katholische Kirche schien es herausfordernd gewesen zu sein, neben den weltlichen Regierungen eine ebenso autoritäre Stellung im Herrschaftsgefüge einzunehmen und hierdurch den Interessensverlust an religiösen Ritualen wie dem Wallfahren gering zu halten. Eric Hobsbawm erläutert, dass die katholische Politik die Rolle der „totalen Opposition“6 einnehmen musste und dieser die „Verteidigung der Religionsausübung“7 zugewiesen war. Die aufsteigende „katholische Erneuerungsbewegung, die [...] das Wallfahrten und die Marienverehrung förderte“8, erscheint nach Hobsbawms Aussagen demnach logisch. Diese kirchliche Bewegung diente dem Ziel, einen ebenbürtigen Status neben dem Staatsapparat innezuhaben und die Säkularisierung aufzuhalten.

Nachdem die staatlichen Verbote gegen Wallfahrten gelockert wurden,9 gab es aufgrund wirtschaftlicher Veränderungen des 19. Jahrhunderts in Deutschland, bzw. Bayern, Schwierigkeiten, das Wallfahrtswesen wiederzubeleben. Es kann angenommen werden, dass sich das Wallfahrtswesen nach seiner Restriktionsphase unter anderem durch die aufkeimende Industrialisierung mühsam erholte. Wanderungsbewegungen wie die Binnenwanderung, bei der Menschen aus dem ländlichen Raum in Industrie- und Ballungsgebiete auswanderten,10 können als Faktor für eine geminderte Frequentierung von Gnadenorten fungieren. „Wie die neue Organisation der Arbeit, [im Gegensatz zu üblichen landwirtschaftlichen Tätigkeiten,] so muß auch die ,Freizeit‘ erst erlernt werden.“11 Dies bedeutet, dass sich der Arbeitnehmer in städtischen Betrieben an eine Trennung von Arbeitszeit und Freizeit gewöhnen musste, da diese Trennung im landwirtschaftlichen Bereich nicht existierte, um sich Freiraum für eine Pilgerfahrt zu schaffen. Da der Arbeitgeber die wirtschaftliche Existenz seines Betriebes als Primärziel ins Auge fasste, blieb dem Arbeitnehmer mutmaßlich wenig freie Zeit, um eine Wallfahrt antreten zu können. Durch die „Urbanisierung städtischer Arbeits- und Lebenswelt“12 trat die Religiosität bei in Ballungsgebieten beschäftigten Menschen zusätzlich in den Hintergrund. Ebenso führt Barbara Stambolis an, dass „kirchliche Feste [...] in der Arbeiterschaft [...] nicht die Selbstverständlichkeit [besaßen], die sie in der ländlichen Bevölkerung bewahrt hatten“13. Sie erläutert, dass es zu Konflikten zwischen der Arbeitspflicht und dem Willen, seine Religion auszuüben, kam.14 Obwohl die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens in Bayern durch genannte industrielle und wirtschaftliche Einflüsse negativ beeinflusst wurde, erlebte sie aufgrund verschiedener Faktoren dennoch eine intensive Zunahme.

2.0 - Die Wallfahrt als profanes Ereignis

Dass das Aufsuchen bayerischer Gnadenstätten im 19. Jahrhundert trotz Wallfahrtsrestriktionen nicht nachließ, lag daran, dass „Bittgänge und Wallfahrten auch gegen [...] staatliches Verbot

[...]


1 Hopfenzitz, Josef. Wallfahrten. ZwischenDonau undMittelfranken in Vergangenheit und Gegenwart. Lindenberg im Allgäu 2013. S. 28.

2 Blessing, Werner K. Reform, Restauration, Rezession. Kirchenreligion und Volksreligiosität zwischenAufklärung und Industrialisierung. In: Geschichte und Gesellschaft: Volksreligiosität in der modernen Sozialgeschichte. 11 (1986). S.100.

3 Hopfenzitz2013.S.29.

4 Vgl. Habermas, Rebekka. WallfahrtundAufruhr. Zur Geschichte des Wunderglaubens in derfrühenNeuzeit. Frankfurt/Main; New York 1991. S. 180.

5 Vgl. Czerny, Helga. Die Wittelsbacher und der WallfahrtsortAltötting. Tradition und Traditionsbildung im bayerischennerrscherhaus. Regensburg2018. S. 126.

6 Hobsbawm, Eric J. Das lange 19. Jahrhundert: Das imperiale 'Zeitalter. 1875-1914. Bd. 3. Darmstadt 2017. S. 121.

7 Ebd.

8 Habermas. 1991. S. 186.

9 Vgl. Blessing. 1986. S. 102.

10 Vgl. Henkel, Gerhard. Der ländliche Raum. Gegenwart und Wandlungsprozesse seit dem 19. Jahrhundert in Deutschland. Studienbücher derGeographie. Stuttgart2020. S. 58.

11 Kaschuba, Wolfgang. Lebenswelt undKultur der Unterbürgerlichen Schichten im 19. und 20. Jahrhundert. München 1990. S. 22.

12 Ebd. S. 21.

13 Stambolis, Barbara. ReligiöseFestkultur. Zu Umbruch, Xeujormierung und Geschichte katholischerFrömmigkeit in der Gesellschaft des 19. und 20. Jahrhunderts. In: Geschichte und 'Gesellschaft: Kommunikationsgeschichte. 2/27 (2001). S. 259.

14 Vgl. ebd. S. 259-260.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens im 19. Jahrhundert
Untertitel
Eine Untersuchung
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg  (Department Geschichte)
Veranstaltung
Proseminar "Ferne Ziele – Nahes Heil: Franken und Bayern als Ausgangspunkt und Ziele von Wallfahrten"
Note
1,0
Autor
Jahr
2021
Seiten
15
Katalognummer
V1194939
ISBN (eBook)
9783346637727
ISBN (Buch)
9783346637734
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wallfahrtswesen, Wallfahrt, Wallfahren, Pilgerfahren, Pilgerfahrt, Pilgertum, Pilgerwanderung, Pilgern, Bayern, 19. Jahrhundert, Neueste Geschichte, Untersuchung, Wiederbelebung, Pilgerwesen, Bayerische Geschichte, Religion, Maria, Heiligtum, Zielort, Wallfahrtsort, profan, Infrastruktur, Wunder, Verkehr, verkehrstechnischer Wandel, Altötting, Marienkult, Restriktion, Staat, Gnadenort, Gemeinde, Wirtshaus, Bier, Fromm, Frömmigkeit, Hader, Laberweinting, Deggendorf, Stätte, Reise, Eisenbahn, Kirche, katholisch, katholische Kirche, Rottenbuch, Kloster, Franken
Arbeit zitieren
Christoph Rothemund (Autor:in), 2021, Die Wiederbelebung des Wallfahrtswesens im 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1194939

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